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Rudolf Smend (Jurist)

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Carl Friedrich Rudolf Smend (*15. Januar1882 inBasel; †5. Juli1975 inGöttingen) war ein deutscherStaats- undKirchenrechtler.[1]

Leben

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Der Sohn des TheologieprofessorsRudolf Smend begann ab 1900 mit Studien an den UniversitätenBasel,Berlin,Bonn undGöttingen, welche er 1904 in Göttingen mit derPromotion und der preisgekröntenDissertation über das Verhältnis derpreußischen Verfassungsurkunde von 1850 zurbelgischen abschloss. Mit einer Arbeit über dasReichskammergerichthabilitierte er sich 1908 unterAlbert Hänel an derUniversität Kiel.

Rudolf Smend an derBerliner Universität bei derReichsgründungsfeier, Januar 1933

1909 erhielt Smend eine Berufung als außerordentlicher Professor inGreifswald; 1911 wurde er inTübingen zum ordentlichen Professor berufen. 1915 wechselte er nachBonn, und 1922 folgte der Ruf an dieFriedrich-Wilhelms-Universität nach Berlin. In dieser Zeit war Smend Mitglied der republikfeindlichenDeutschnationalen Volkspartei (DNVP).[2] In den Jahren 1927 bis 1929 wurde er in den Vorstand derVereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer gewählt.[3] Im Gegensatz zu anderen Deutschnationalen und anders als Carl Schmitt blieb er aber gegenüber dem aufkommendenNationalsozialismus auf Distanz. Auf Druck desReichserziehungsministeriums, das seinen Berliner Lehrstuhl für die Berufung des SS-JuristenReinhard Höhn freimachen wollte, musste Smend 1935 einen Ruf an dieUniversität Göttingen annehmen.[4] In Göttingen blieb er bis zu seinem Lebensende.

Nach dem Krieg war Smend der erste Nachkriegsrektor der Universität Göttingen und trug maßgeblich zur schnellen Wiederaufnahme des Lehr- und Forschungsbetriebes bei. Als Vertreter der Universitätstheologie unterzeichnete er im Oktober 1945 dasStuttgarter Schuldbekenntnis, „nicht mutiger“ gegen den Nationalsozialismus eingetreten zu sein. Von 1944 bis 1949 bekleidete er das Amt des Präsidenten derAkademie der Wissenschaften zu Göttingen. Auf seine Anregung hin wurde 1946 in Göttingen dasKirchenrechtliche Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland gegründet, dessen erster Leiter Smend war. Nach seinerEmeritierung (1951) setzte er sein kirchenrechtliches Seminar noch bis 1965 fort; das staats- und verfassungstheoretische sogar bis 1969. 1970 folgte ihm als Leiter des kirchenrechtlichen InstitutsAxel Freiherr von Campenhausen nach, dessen Nachfolge 2008Hans Michael Heinig antrat.

Smend wurden vier Ehrendoktortitel verliehen; zwei Festschriften wurden ihm dargebracht. Er war 1951 Mitbegründer der „Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht“ und gehörte 1948 zu den Herausgebern bei der Wiederaufnahme des „Archivs des öffentlichen Rechts“ und war Herausgeber derMonatsschrift für Deutsches Recht.[5] 1946–1955 gehörte Rudolf Smend dem Rat derEvangelischen Kirche in Deutschland an.

Wissenschaftliches Wirken

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Rudolf Smends wissenschaftliches Wirken widmete sich nach anfänglichen verfassungs- und rechtsgeschichtlichen Schriften später ausschließlich den beiden großen Gegenständen Staat und Kirche. Im Mittelpunkt stand dabei vor 1945 das Staats- und Verfassungsrecht und die Verfassungstheorie. Erst später wandte er sich auch verstärkt demKirchenrecht zu. Als sein Hauptwerk wird die Schrift „Verfassung und Verfassungsrecht“ (1928) angesehen. Grundlegend arbeitete er darin insbesondere seineIntegrationslehre heraus. Es ging ihm dabei darum, eine Theorie des Staates zu entwickeln, die nicht auf der Basis normativerDeduktion, sondernsoziologischer und geisteswissenschaftlicher Erkenntnis zu zeichnen ist. Er legte dem eineSoziallehre zu Grunde, die den Staat als geistige Realität versteht, die aus der Wechselwirkung individueller Lebensvorgänge aufgebaut ist. Auch ging es ihm darum, die staatsrechtlichen Grundbegriffe neu zu fassen und dabei den dynamisch-dialektischen Charakter des staatlichen Lebensprozesses zu betonen. Die Verfassung wird in der Smendschen Integrationslehre in ihrer Funktion für die Einheit des Staates gesehen. Die staatlichen Organe und Gewalten werden nicht als Substanzen ruhender Art, sondern als bewegende Kräfte verstanden.

Smend hat sich mit emotionalen Quellen der Herrschaft befasst, also beispielsweise mit Bedeutung und Wirkung vonFahnen,Nationalhymnen,Wappen, Sprachbildern oder historischen Bezügen. Sie sind es, die über soziale, religiöse oder weltanschauliche Grenzen hinweg integrieren können. Der Rechtsetzung und Rechtsprechung traute er eine solche integrierende Wirkung kaum zu. Sie seien etwas für Experten, in weiten Bevölkerungskreisen entfalteten sie aber keine Bindungswirkung. In Smends Befassung mit staatlichen Zeremonien, Symbolen und Ritualen ist sein christlich-evangelischer Hintergrund erkennbar, sie ist von der christlichen Erlebnisgemeinschaft beeinflusst, die über bestimmte Bilder, Handlungen und Formeln Identität stiftet.[6]

Als bekennende Anhänger der Smend-Schule lassen sich u. a.Hsü Dau-Lin,Ulrich Scheuner,Horst Ehmke,Konrad Hesse undPeter Häberle bezeichnen. Im Bereich derPolitikwissenschaften wird auchWilhelm Hennis dazu gezählt. Die immer noch anhaltende Fruchtbarkeit der Integrationslehre beruht nach Ansicht seiner Schüler darauf, dass sie den rechtlichenPositivismus und die Auflösung von Norm und Wirklichkeit überwindet und damit neue Arbeitsfelder erschließt.

Smends Thesen werden insbesondere von positivistischer Seite im Hinblick auf die Unschärfe der Begriffe, die Verbindung der Rechtsbegriffe mit inhaltlichen Wertvorstellungen und Maßstäben kritisiert. Die Integrationslehre wird kritisiert als ein Modell radikalen politischen Immanenzdenkens, soweit sie die eigene Wertgesetzlichkeit des staatlichen Integrationsprozesses in den Vordergrund stellt. Auch unterschätze die Integrationslehre die Eigenbedeutung des Rechts. Sofern sie als Staatstheorie angesehen wird, wird sie als uneindeutig und fragmentarisch kritisiert.

Smend stellte mit der Integrationslehre gewissermaßen den wissenschaftlichen Gegenpol zu derdezisionistischen TheorieCarl Schmitts dar, die dieser in seinem ebenfalls 1928 erschienenen StandardwerkVerfassungslehre vertrat. Die sich aus diesen gegensätzlichen Denk- und Forschungsansätzen entwickelnden Schulen waren in der bundesrepublikanischen Staatsrechtsdiskussion noch bis in die siebziger Jahre bedeutend und sind in Abstrichen sogar bis heute bemerkbar.

Der wissenschaftliche Nachlass von Rudolf Smend wird in derNiedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen aufbewahrt.

Rudolf Smends Sohn ist der gleichnamige, 1932 geboreneTheologe.

Auszeichnungen

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Schriften (Auswahl)

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  • Das Reichskammergericht. Geschichte und Verfassung. Böhlau, Weimar 1911; Neudruck: Scientia, Aalen 1965.Digitalisat.
  • Ungeschriebenes Verfassungsrecht im monarchischen Bundesstaat. In:Festgabe für Otto Mayer. Zum 70. Geburtstag dargebracht von Freunden, Verehrern und Schülern. Mohr, Tübingen 1916, S. 247–270.
  • Verfassung und Verfassungsrecht. Duncker & Humblot, München 1928.
  • Staatsrechtliche Abhandlungen. Duncker & Humblot, Berlin 1955; 4. Auflage 2010.
  • „Auf der gefahrenvollen Straße des öffentlichen Rechts“. Briefwechsel Carl Schmitt – Rudolf Smend 1921–1961, hrsg. v.Reinhard Mehring, Duncker & Humblot, Berlin 2010,ISBN 978-3-428-13753-4,Verlagsinformation.

Literatur

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Weblinks

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Commons: Rudolf Smend – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Werner S. Landecker:Smend's Theory of Integration. In:Social Forces.Band 29,Nr. 1, 1950,ISSN 0037-7732,S. 39–48,doi:10.2307/2572755,JSTOR:2572755 (englisch). 
  2. Michael Grüttner u. a.:Die Berliner Universität zwischen den Weltkriegen 1918–1945, Berlin 2012 (=Geschichte der Universität Unter den Linden, Bd. 2), S. 154.
  3. Tagungen und Vorstände Internetseite der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer.
  4. Anna-Maria Gräfin von Lösch:Der nackte Geist. Die Juristische Fakultät der Berliner Universität im Umbruch von 1933, Mohr Siebeck, Tübingen 1999, S. 394 ff.
  5. Prof. Dr. Rudolf Smend Ehrenpromotion verliehen am 15. Februar 1962 Freie Universität Berlin.
  6. SieheJürgen Hartmann, Bernd Meyer:Einführung in die politischen Theorien der Gegenwart.VS, Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005,ISBN 3-531-14909-1, S. 40–42.Online.
  7. Axel Freiherr von Campenhausen, Joachim E. Christoph:Gesammelte Schriften.Mohr Siebeck Verlag, Tübingen 1995,S. 480 (Online in der Google-Buchsuche). 
Personendaten
NAMESmend, Rudolf
ALTERNATIVNAMENSmend, Carl Friedrich Rudolf
KURZBESCHREIBUNGdeutscher Staats- und Kirchenrechtler
GEBURTSDATUM15. Januar 1882
GEBURTSORTBasel
STERBEDATUM5. Juli 1975
STERBEORTGöttingen
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