Rudolf Noack
Rudolf Noack (*30. März1913 inHarburg,Preußen; †30. Juni1947 inRakitianka naheOrsk,[1]Russische SFSR,Sowjetunion), auch „Rudi“ gerufen, war ein deutscherFußballspieler. Der Offensivspieler desHamburger SV hat von 1932 bis 1945 an sechs norddeutschen Meisterschaften[2] der „Rautenträger“ mitgewirkt und in seiner Zeit alsKriegsgastspieler mit demFirst Vienna FC 1943 denTschammer-Pokal und die zweiösterreichischen Meisterschaften1943 und1944 gewonnen.[3] Noack wird in der HSV-Statistik von 1931 bis 1945 mit insgesamt 193 Ligaspielen geführt, in denen er 233 Tore erzielt hat.[4]
Karriere
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Vereine
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]„Rudi“ Noack kam vom Harburger „Mopsberg“ an der damaligen Elisenstraße (heute: Baererstraße), wo er mit den Nachbarskindern und späteren HSV-TeamkameradenRichard Dörfel undFriedo Dörfel als Straßenfußballer aufwuchs. Er begann als Junge aus dem Arbeitermilieu – sein Vater war Arbeiter bei den Phoenix-Gummiwerken – als Jugendspieler beimATSB-VereinHerta 09 Harburg. Er wechselte später zuRasensport Harburg und 1931 zumSV Harburg. Für den debütierte er mit fünf Treffern zum 6:4 gegen Victoria in der Nordmeisterschaft und das außergewöhnliche Talent war fortan Stadtgespräch und natürlich auch Thema am Rothenbaum.[5] 1931 ging der Ex-Seemann zum HSV, wohin sich auch Richard Dörfel von Viktoria Harburg verändert hatte. Noack spielte eine überragende Runde in der Saison1931/32 und erzielte bei 18 Ligaspielen 36 Tore und der HSV wurde mit 34:2 Punkten Meister in der Oberliga Nord und gewann danach auch die norddeutsche Meisterschaft. Bei den zwei Spielen gegen den Eimsbütteler TV (8:2) am 18. Oktober 1931 und den FC St. Pauli (7:0) am 31. Januar 1932 zeichnete er sich jeweils als vierfacher Torschütze aus.[6] Gegen den VfL Benrath (3:1) und den FC Schalke 04 (2:4) trug er im Mai 1932 seine ersten zwei von insgesamt 23 Endrundenspielen (16 Tore) um diedeutsche Fußballmeisterschaft für den HSV aus. Im Juni 1932 schloss sich der Arbeitslose mit seinem Kumpel Richard Dörfel demCfR Köln an. Sie kehrten im November 1932 wieder zurück, doch derWestdeutsche Spiel-Verband (WSV) sperrte die beiden Ex-Kölner bis April 1933. DerNorddeutsche Spiel-Verband (NSV) gab Dörfel vorzeitig frei, so dass Richard Dörfel wieder ab dem 27. November 1932 Punktspiele für den HSV austragen konnte; Noack blieb dagegen aber bis November 1933 gesperrt und durfte erst durch eine Begnadigung zum Start der Saison 1933/34 wieder für die Rothosen auflaufen.
Von1931 bis1942 und in der Saison1944/45 gehörte er demHamburger SV an und spielte zwischenzeitlich von1942 bis1944 für denFirst Vienna FC. Im April 1940 wurde er wegen nicht näher bezeichneter persönlichen Verfehlungen aus demNationalsozialistischen Reichsbund für Leibesübungen ausgeschlossen und er konnte erst wieder im Laufe der Saison 1941/42 in das HSV-Team zurückkehren. In der Saison 1939/40 kam Noack lediglich zu drei Ligaeinsätzen, in denen er zwei Tore erzielte und 1940/41 war er die gesamte Runde gesperrt.
In der Hamburger Mannschaft, in der er als halblinker Stürmer spielte und meist die Rolle desSpielmachers übernahm, fiel er durch Spielwitz und vollendete Technik, als Filigranfußballer, wie ihn das Hamburger Publikum bis dahin noch nicht zu sehen bekommen hatte, allerdings auch mit einem nicht eben stromlinienförmigen Charakter ausgestattet und durch seinen markanten dichten dunklen Haarschopf, welcher ihm den Beinamen „der Schwarze“ eingebracht hatte, auf. ImFußball Lexikon Hamburg wird eine Aussage vonErnst Happel zitiert, der ihn während des Krieges als Gastspieler von Vienna Wien mehrfach gesehen hatte: „Bis aufMatthias Sindelar, Österreichs berühmtester Fußballer aller Zeiten, war er besser als die Stars desWiener Wunderteams.“[7] Im Buch über den Norddeutschen Fußball-Verband aus dem Jahr 2005 ist zu Noack notiert: „Er war in spielerischer Hinsicht ein Vertreter des typischen südländischen Fußballs und der größte Fußballer und Techniker, der je im HSV war,“ so der Journalist Günther Rackow.[8]
Während desZweiten Weltkriegs spielte er nur noch selten für den Hamburger SV. AlsKriegsgastspieler – gemeinsam mit seinem früheren Hamburger MitspielerRichard Dörfel – gewann er am 31. Oktober 1943 inStuttgart mit demFirst Vienna FC denTschammerpokal gegen denLuftwaffen-Sportverein Hamburg mit 3:2n. V. Noack erzielte an der Seite von Richard Dörfel undKarl Decker zwei Treffer, unter anderem in der 113. Minute der Verlängerung den Siegtreffer zum 3:2.[9] Vier Monate zuvor schloss er mit dieser Mannschaft alsViertplatzierter die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft ab. Insgesamt hat er für Vienna in den zwei Endrunden 1943 und 1944 sechs Spiele mit drei Toren ausgetragen.
Während seiner HSV-Zugehörigkeit bestritt er 178 Meisterschafts- und 15 Pokalspiele und erzielte dabei insgesamt 233 Tore.[10] Laut dem Statistikwerk vonPrüß undIrle absolvierte Noack seine letzten drei Verbandsspiele für den HSV im November 1944 in der Gauklasse Hamburg gegen den FC St. Pauli (6:2), Victoria Hamburg (1:1) und Barmbecker SG (11:1) an der Seite seiner MannschaftskollegenWalter Warning,Erwin Seeler,Esegel Melkonian und Rudi Greifenberg.
Nationalmannschaft und Auswahl Nordmark
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Noack bestritt dreiLänderspiele für dieA-Nationalmannschaft und erzielte ein Tor. Sein Debüt gab er am 14. Januar 1934 inFrankfurt am Main beim 3:1-Sieg über dieNationalmannschaft Ungarns. Noack debütierte dabei wie auch MittelstürmerEdmund Conen. Es war das letzte Spiel vor der WM-Qualifikation am 11. März gegen Luxemburg. Er nahm – gemeinsam mitHans Schwartz vomSC Victoria Hamburg – an der vom 27. Mai bis 10. Juni 1934 in Italien ausgetragenenWeltmeisterschaft teil und kam einzig am 3. Juni im mit 1:3 verlorenenHalbfinalspiel gegen dieNationalmannschaft der Tschechoslowakei zum Einsatz; dabei gelang ihm mit dem Treffer zum 1:1-Ausgleich in der 62. Minute ein Tor. Sein letztes Länderspiel für denDFB bestritt er am 2. Mai 1937 inZürich beim 1:0-Sieg über dieSchweizer Nationalmannschaft. Der deutsche Angriff lief in Zürich in der Besetzung mitErnst Lehner,Fritz Szepan,Jakob Eckert, Noack undAdolf Urban auf. 14 Tage später, am 16. Mai, feierte die deutsche Elf in Breslau einen 8:0-Erfolg gegen Dänemark und es wurde damit der Mythos der „Breslau-Elf“ geboren. Deren Angriffsbesetzung setzte sich aus Lehner,Rudolf Gellesch,Otto Siffling, Szepan und Urban zusammen.
Noack, der als leicht erregbar und eigensinnig galt, hätte auch bedingt durch seinen außersportlichen Lebenswandel als Nichtraucher und Antialkoholiker zu einem Lieblingsspieler der ReichstrainerOtto Nerz undJosef Herberger avancieren können, was aber nicht der Fall war. Noacks ehemaliger HSV-KollegeRudolf Greifenberg sah andere Ursachen hinter der fortwährenden Nichtberücksichtigung und den anhaltenden Querelen um den populären Spieler und HSV-Publikumsliebling: „Rudi war ein Gerechtigkeitsfanatiker, er hat sich nichts gefallen lassen und auch Herberger seine Meinung gesagt. Vielleicht hatten die Sperren politische Gründe. Wir waren beide keine Kommunisten, aber gegen die Nazis, den Ruf hatten wir.“[3]
Mit der Gauauswahl Nordmark gewann er am 6. März 1938 in Erfurt mit 3:1 gegen die Südwestmannschaft das Finale um denReichsbundpokal. Im Angriff war der erfolgreiche Norden mitWilhelm Ahlers,Herbert Panse,Werner Höffmann, Noack undGustav Carstens dabei angetreten. Noack hatte seine Mannschaft in der zweiten Halbzeit mit 1:0 in Führung gebracht. In der Saison 1941/42 führte er die Nordmarkauswahl mit Siegen gegen Niederschlesien (3:0), Köln/Aachen (6:0) und nach einem 4:1 gegen Brandenburg im Wiederholungsspiel im Halbfinale am 27. September 1942 in Hamburg erneut in das Finale, wo er dann aber im November 1942 nicht spielte. Insgesamt wird er in der Statistik mit 16 Gauauswahlspielen mit 12 Toren gelistet.
Erfolge
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Dritter der Weltmeisterschaft 1934
- Tschammerpokal-Sieger 1943
- Torschützenkönig des Tschammerpokal-Wettbewerbs 1943(10 Tore; gemeinsam mitKarl Decker)
- Gaumeister Nordmark 1937,1938,1939
- Norddeutscher Meister 1932,1933
- Bezirksmeister Groß-Hamburg 1932,1933
Leben und Schicksal im Zweiten Weltkrieg
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Noack arbeitete wie sein Vater bei denPhoenix Gummiwerken in Harburg. Zwischenzeitlich fuhr er zur See und ließ sich auf dem Oberarmtätowieren. Wegen dieser Tätowierung durfte er seine Ärmel nie so weit hochkrempeln, dass diese sichtbar wurden; sie soll auch ein Nachteil bei seiner Nominierung für dieA-Nationalmannschaft gewesen sein.
Er wurde zumWehrdienst als Soldat eingezogen und als Flakhelfer in Mooswerder stationiert. Nach der Versetzung seines HSV-Vereinskollegen Richard Dörfel wurde Noack im Oktober 1942 nachWien abkommandiert. Das Ende des Zweiten Weltkriegs erlebte er inBöhmen. Der Obergefreite geriet insowjetischeKriegsgefangenschaft und starb in dieser am 30. Juni 1947 inRakitianka.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Werner Skrentny, Jens R. Prüß: Mit der Raute im Herzen. Die große Geschichte des Hamburger SV. Verlag Die Werkstatt. Göttingen 2008.ISBN 978-3-89533-620-1. S. 104/105.
- Andreas Meyer, Volker Stahl, Uwe Wetzner:Fußball-Lexikon Hamburg. Die Werkstatt, Göttingen 2007,ISBN 978-3-89533-477-1,S. 231–233 (396 S.).
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Rudolf Noack in der Datenbank von weltfussball.de
- Rudolf Noack in der Datenbank desDeutschen Fußball-Bundes
- Fußballer in Kriegsgefangenschaft: Ernst Seikowski und Rudolf Noack (PDF)
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Tim Cassel:Noak, Rudi. In:Franklin Kopitzsch,Dirk Brietzke (Hrsg.):Hamburgische Biografie.Band 3. Wallstein, Göttingen 2006,ISBN 3-8353-0081-4,S. 275.
- ↑Jens Reimer Prüß (Hrsg.):Tore, Punkte, Spieler : die komplette HSV-Statistik. zusammengestellt von Jens Reimer Prüß und Hartmut Irle. Die Werkstatt, Göttingen 2008,ISBN 978-3-89533-586-0,S. 45–82 (352 S.).
- ↑abLorenz Knieriem,Hardy Grüne:Spielerlexikon 1890–1963. In:Enzyklopädie des deutschen Ligafußballs.Band 8. AGON, Kassel 2006,ISBN 3-89784-148-7,S. 277.
- ↑Werner Skrentny, Jens R. Prüß: Mit der Raute im Herzen. Die große Geschichte des Hamburger SV. S. 458
- ↑Werner Skrentny, Jens R. Prüß: Mit der Raute im Herzen. S. 104
- ↑Jens Reimer Prüß (Hrsg.):Tore, Punkte, Spieler : die komplette HSV-Statistik. zusammengestellt von Jens Reimer Prüß und Hartmut Irle. Die Werkstatt, Göttingen 2008,ISBN 978-3-89533-586-0,S. 45–47 (352 S.).
- ↑Andreas Meyer, Volker Stahl, Uwe Wetzner:Fußball-Lexikon Hamburg. Die Werkstatt, Göttingen 2007,ISBN 978-3-89533-477-1,S. 231 (396 S.).
- ↑Bernd Jankowski, Harald Pistorius, Jens R. Prüß (Hrsg.: Bern Jankowski i. A. d. NFV): Fußball im Norden. 100 Jahre Norddeutscher Fußball-Verband Rund um den Ball. Buchdruckerei P. Dobler, Alfeld 2005.ISBN 3-89784-270-X. S. 230/231
- ↑Matthias Weinrich, Hardy Grüne: Deutsche Pokalgeschichte seit 1935. Agon Sportverlag. Kassel 2000.ISBN 3-89784-146-0. S. 101
- ↑Jens Reimer Prüß (Hrsg.):Tore, Punkte, Spieler : die komplette HSV-Statistik. zusammengestellt von Jens Reimer Prüß und Hartmut Irle. Die Werkstatt, Göttingen 2008,ISBN 978-3-89533-586-0,S. 343 (352 S.).
Personendaten | |
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NAME | Noack, Rudolf |
ALTERNATIVNAMEN | Noack, Rudi |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Fußballspieler |
GEBURTSDATUM | 30. März 1913 |
GEBURTSORT | Harburg, Deutsches Reich |
STERBEDATUM | 30. Juni 1947 |
STERBEORT | Rakitianka, Sowjetunion |