Im September 2000 wurde Süssmuth vom damaligen Minister des InnernOtto Schily zur Vorsitzenden einer Unabhängigen Kommission Zuwanderung berufen, die am 12. September 2000 eingesetzt wurde und der 21 Mitglieder angehörten. Stellvertretender Vorsitzender der Kommission warHans-Jochen Vogel. Auftrag der Kommission war es, ein Gesamtkonzept für ein neues Ausländerrecht zu erarbeiten. Die Ergebnisse dieser Arbeit wurden im Juli 2001 in Form eines Berichtes vorgelegt, der den TitelZuwanderung gestalten – Integration fördern trug. Die veröffentlichte Broschüre hatte 323 Seiten.[3]
Am 6. September 2005 wurde Rita Süssmuth zur neuen Präsidentin der staatlich anerkannten Berliner OTA Privathochschule berufen, heuteSRH Hochschule Berlin. Sie übergab die Position im Januar 2010 anPeter Eichhorn. Für ihr großes Engagement im Kampf gegen AIDS wurde Rita Süssmuth 2007 mit demReminders Day Award ausgezeichnet.
Rita Süssmuth war seit 1964 bis zu dessen Tod 2020 mit dem UniversitätsprofessorHans Süssmuth verheiratet und hat eine Tochter. Sie lebt inNeuss, wo sie seit 2022 Ehrenbürgerin ist. Sie ist fünffache Großmutter.[5]
Seit 1981 ist sie Mitglied derCDU. 1983 wurde sie Vorsitzende des Bundesfachausschusses für Familienpolitik der Partei. 1986 bis 2001 war sie Bundesvorsitzende derFrauen Union. Von 1987 bis 1998 war sie Mitglied im Präsidium der CDU.
Sie sprach sich im Januar 2021 fürArmin Laschet als neuen CDU-Vorsitzenden aus, welcher in ihrer Amtszeit als Bundestagspräsidentin für sie gearbeitet und z. B. Reden geschrieben hatte.
Im September 1989 zählte sie gemeinsam mitLothar Späth undHeiner Geißler zu der innerparteilichen Gruppierung, die beim CDU-Parteitag in Bremen eine Kandidatur gegen den CDU-Vorsitzenden Helmut Kohl erwog.[6] Im Dezember 1989 trat Süssmuth für eine gemeinsame Erklärung beider deutscher Staaten zur Anerkennung derpolnischen Westgrenze ein. Im Juli 1990 präsentierte sie einen „Dritten Weg“ im Streit um den§ 218 (Schwangerschaftsabbruch) zwischen Indikations- und Fristenlösung.[7][8] 1992 kritisierten die CDU-Bundestagsfraktion und Bundeskanzler Helmut Kohl ihre Initiative „Die letzte Entscheidung muss bei der Frau liegen“ zur Reform des Abtreibungsparagraphen. Im September 1992 scheiterte sie an der Union mit dem Vorhaben, die Bonner Abgeordneten zu einerDiätennullrunde umzustimmen.[9]
Im Juli 1993 verstimmte sie die CDU durch ihre Forderung nach Offenlegung des Kali-Fusionsvertrages im Zusammenhang mit dem von Stilllegung bedrohten ThüringerKalibergwerk Bischofferode.[10] Im Oktober 1993 warf Süssmuth dem Kandidaten der CDU für das Bundespräsidentenamt,Steffen Heitmann, vor, dienationalsozialistische Vergangenheit zu verharmlosen. Auf einerKlausurtagung des Parteivorstandes stimmte sie jedoch für Heitmann.[11]
1995 vertrat Süssmuth die Überzeugung, dass ohne Aufarbeitung der Vergangenheit der neuen Bundesländer keine Versöhnung möglich sei. Im Mai 1995 kritisierte sie scharf die imSparpaket der Bundesregierung geplanten Verschlechterungen bei derLohnfortzahlung im Krankheitsfall und beimKündigungsschutz sowie die Heraufsetzung desRenteneintrittsalters für Frauen auf 65 Jahre. Im Oktober 1996 setzte sie sich in einer Rede vor demBundesparteitag der CDU für die Einführung derFrauenquote innerhalb der CDU ein.[12][13] 1998 engagierte sie sich für die Errichtung einesHolocaust-Mahnmals in Berlin.[14]
Nach derVolkskammerwahl am 18. März 1990, der ersten demokratischen Volkskammerwahl überhaupt, wählte die VolkskammerSabine Bergmann-Pohl (CDU) zu ihrer Präsidentin. Bergmann-Pohl, Süssmuth und die Abgeordneten der Volkskammer bereiteten mit einem enormen Arbeitspensum den Weg zurWiedervereinigung, die am 3. Oktober 1990 um 0 Uhr in Kraft trat.[20]
Süssmuth initiierte Reformen des Bundestags: Ihr Vorstoß, eine Diätenerhöhung auszusetzen, fand 1992 noch keine Zustimmung unter den Abgeordneten. Im März 1993 unterstützten allerdings alle Fraktionen ihren Vorschlag, die Anzahl der rund 660 Bundestagsmitglieder auf 500 zu senken.[21]
In ihre Amtszeit fielen auch nach 1990/91 historische Debatten und Entscheidungen im Deutschen Bundestag: u. a. die Festlegung Berlins alsBundeshauptstadt, die Abstimmung zurVerhüllung des Reichstages im Jahr 1994 und die Debatte zurWehrmachtsausstellung im Jahr 1997.
Zwei Affären senkten ihre Popularität: Im März 1991 geriet sie im Zusammenhang mit der „Dienstwagen-Affäre“ in die Schlagzeilen. Ihr Ehemann habe, so der Vorwurf, denFahrdienst des Deutschen Bundestages benutzt. Die Bundestagsverwaltung stellte die Rechtmäßigkeit dieses Vorgangs fest.[22] Im Januar 1997 entlastete derÄltestenrat des Bundestags Süssmuth von dem Vorwurf, sie habe von 1993 bis 1996 dieFlugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung zu privaten Besuchen bei ihrer Tochter in derSchweiz genutzt.[23][24][25][26]
Nach derBundestagswahl 1998 endete dieÄra Kohl, und das erste rot-grüne Kabinett (Schröder I) kam an die Regierung. Die SPD stellte den Bundestagspräsidenten.Wolfgang Thierse wurde am 26. Oktober 1998 zu Süssmuths Nachfolger gewählt.[27]
Mit fast zehn Jahren war ihre Amtszeit die drittlängste in der Geschichte des Bundestages. NurEugen Gerstenmaier undNorbert Lammert hatten das Amt länger inne.
Am 26. September 1985 wurde sie alsBundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit (ab 6. Juni 1986: Bundesministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit) in die vonBundeskanzlerHelmut Kohl geführteBundesregierung berufen. Nach ihrer Wahl zur Bundestagspräsidentin schied sie am 25. November 1988 aus dem Kabinett aus. Sie forderte einen möglichst weit gefassten Gesundheitsbegriff und wandte sich gegen die Aufhebung des kassenärztlichen Schutzes beiAbtreibung.
Konfrontiert mitAIDS, setzte sie als Vorbeugungsmaßnahmen insbesondere aufärztliche Aufklärung und Beratung. Daneben propagierte sie gegen Widerstände in ihrer Partei die Verwendung von Kondomen zur Prävention. Kritisiert wurde sie dafür, dass ungeprüfte Medikamente fürBluter nicht zurückgerufen wurden. Zahlreiche Bluter in Deutschland waren durch ungeprüfte Medikamente mitHIV infiziert worden und starben. Genaue Zahlen sind nicht bekannt,Der Spiegel (41/1987) sprach von 1500 bis 2200 mit HIV infizierten Blutern.[28] Als Gesundheitsministerin initiierte sie im Jahr 1987 die Gründung der Nationalen AIDS-Stiftung und unterstützte die spätere Fusion mit derDeutschen AIDS-StiftungPositiv leben im Jahr 1996. War sie zunächst als Vorsitzende des Stiftungskuratoriums tätig, ist sie heute derenEhrenvorsitzende.
Über 27 Jahre war sie Präsidentin desDeutschen Volkshochschul-Verbandes und setzte sich für die Erwachsenenbildung und das lebenslange Lernen ein. Seit 2015 ist sie Ehrenpräsidentin des Verbandes.[29]
Süssmuth ist seit 2010 Präsidentin desKonsortiums derTürkisch-Deutschen Universität in Istanbul.[30] Das Konsortium besteht aus 38 deutschen Mitgliedshochschulen und demDeutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD). Es organisiert einen Austausch von Wissenschaftlern mit der Türkisch-Deutschen Universität. Die Mittel der deutschen Aktivitäten wurden vom damaligen Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) verwaltet.[31] Von der Universität bekam Süssmuth im März 2022 die Ehrendoktorwürde verliehen.[32]
Neben ihrer politischen Arbeit engagierte sich Süssmuth für viele Projekte aus der Zivilgesellschaft, so zum Beispiel als Präsidentin derEuropäischen Bewegung Deutschland (1994–1998) und Mitglied des Beirats bzw. Kuratoriums der gemeinnützigenBertelsmann Stiftung (1997–2007).[33] Für ihre Verdienste wurde sie vielfach geehrt.
Rita Süssmuth ist Mitglied im Beirat desDeutschen Solidaritätskomitees für einen freien Iran, das die Anliegen derVolksmudschahedin unterstützt. Auf journalistische Nachfrage wollte sie sich zu ihrer Rolle dort und den „Volksmudschahedin“ aktuell nicht äußern, in der Vergangenheit sagte sie, es gehe darum, sich für Frauenrechte, Freiheit und Demokratie im Iran starkzumachen.[34] Von 1997 bis 2019 war sie Vorsitzende des Kuratoriums derMcDonald’s Kinderhilfe Stiftung.[35] Seit 2021 ist sie Mitglied des Kuratoriums derAdalbert-Stiftung sowie Beirätin im gemeinnützigen Analyse- und BeratungshausPHINEO.[36] Des Weiteren schreibt das Ministerium für Kultur und Wissenschaft der Landesregierung Nordrhein-Westfalen seit 2021 den Rita-Süssmuth-Forschungspreis für exzellente Forschung mit Gender-Bezug aus.[37] Sie ist Vorstandpräsidentin des Vereins „EDUCATION Y - Bildung.Gemeinsam.Gestalten“ mit Sitz in Düsseldorf.[38] Süssmuth ist Ehrenmitglied im Zonta-Club Würzburg[39][40] und dem Verein Parité in den Parlamenten.[41] Von 2008 bis 2023 war sie Vorsitzende derDeutsch-Polnischen Wissenschaftsstiftung.[42]
2000–2002 Vorsitzende des Kosovo Democracy Team der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE)
2002–2004 Vorsitzende des Sachverständigenrates für Zuwanderung und Integration.
2003 leitet sie die Wahlbeobachtung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) während der Wahlen zur siebtenStaatsduma in der Russischen Föderation
Leitung der Wahlbeobachtung der OSZE in den USA; Präsidentschafts- und Parlamentswahlen
September 2005 bis Januar 2020 Präsidentin derSRH Hochschule Berlin (ehemalsOTA Hochschule), seitdem Ehrenpräsidentin
Von Januar 2006 bis Dezember 2023 war sie Präsidentin desDeutschen Polen-Instituts e. V., in Darmstadt. Ihr folgt als Präsident der ehemalige BundesaußenministerHeiko Maas.
seit 2009 Vorstandsmitglied der Stiftung Genshagen
1964Studien zur Anthropologie des Kindes in der französischen Literatur der Gegenwart unter besonderer Berücksichtigung François Mauriacs. Univ., Diss., Münster (Westfalen) 1964.
1968 Josef Speck (Hrsg.):Zur Anthropologie des Kindes. Untersuchungen und Interpretationen. Kösel Verlag, München 1968.
1985Frauen – der Resignation keine Chance. In:Sammlung wissenschaftlicher und politischer Texte 1980–1985. Verlag Schwann, Düsseldorf 1985,ISBN 3-590-18052-8.
1987AIDS. Wege aus der Angst. Hoffman und Campe, Hamburg 1987,ISBN 3-455-08668-3.
1987 Anneliese Lissner, Rita Süssmuth, Karin Walter (Hrsg.):Frauenlexikon: Traditionen, Fakten, Perspektiven. 2. Auflage. Herder Verlag, Freiburg 1989,ISBN 3-451-20977-2.
1997 Rita Süssmuth, Bernward Baule (Hrsg.):Eine deutsche Zwischenbilanz: Standpunkte zum Umgang mit unserer Vergangenheit. Aufsatzsammlung. Olzog Verlag, München / Landsberg am Lech 1997,ISBN 3-7892-9325-3 (Mit einem Vorwort von Roman Herzog).
2000Wer nicht kämpft hat schon verloren. Meine Erfahrungen in der Politik. Econ Verlag, München 2000,ISBN 3-430-18905-5.
2007Dennoch: Der Mensch geht vor. Für eine Umkehr in Politik und Gesellschaft. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2007,ISBN 978-3-579-06451-2.
2007 zusammen mitHermann Glaser:Bildung als globale Herausforderung. Zwei Statements – ein Gespräch. In:Robertson-von Trotha, Caroline Y. (Hrsg.):Kultur und Gerechtigkeit (= Kulturwissenschaft interdisziplinär/Interdisciplinary Studies on Culture and Society.Band2). Baden-Baden 2007.
2008Migration und Integration: Testfall für unsere Gesellschaft. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2008,ISBN 978-3-423-24583-8.
Reimar Oltmanns:Frauen an die Macht – Marie Schlei – Renate Schmidt – Irmgard Adam-Schwaetzer – Rita Süssmuth – Antje Vollmer. Protokolle einer Aufbruchsära. athenäums programm by anton hain, Frankfurt a/M, 1990,ISBN 3-445-08551-X.
Mira Beham:Rita Süssmuth. Ein Porträt. Heyne, München 1993,ISBN 3-453-04446-0.
Ursula Salentin:Ich bleibe Rita Süssmuth. Eine Biographie. Herder, Freiburg im Breisgau 1993,ISBN 3-451-04162-6.
Ulf Urban:Rita Süssmuth. Affären und Skandale. Bonus-Verl., Selent 2001,ISBN 3-935962-01-0.
Neue Frauenbewegung in Deutschland. Abschied vom kleinen Unterschied. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2008,ISBN 978-3-531-14729-1.
Jürgen Mittag:Vom Honoratiorenkreis zum Europanetzwerk: Sechs Jahrzehnte Europäische Bewegung Deutschland. In:60 Jahre Europäische Bewegung Deutschland. Berlin 2009, Seite: 12–28.Online (Memento vom 18. Januar 2012 imInternet Archive)
Johanna Klatt:Rita Süssmuth. Politische Karriere einer Seiteneinsteigerin in der Ära Kohl. Ibidem-Verlag, Stuttgart 2010,ISBN 978-3-8382-0150-4.
Anneliese Lissner, Rita Süssmuth, Karin Walter (Hrsg.):Frauenlexikon. Traditionen, Fakten, Perspektiven, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau; Basel; Wien 1988,ISBN 3-451-20977-2.
↑ursel sieber:„Sie hat sich nirgendwo durchgesetzt“. In:Die Tageszeitung: taz. 23. November 1988,ISSN0931-9085,S.5 (taz.de [abgerufen am 10. Oktober 2021]).
↑Thorsten Gödecker:Mohn-Preis für Rita Süssmuth. Auch ein Freundschaftsdienst. In:Neue Westfälische. 21. Januar 2015,S.3 (Kommentar).
↑Luisa Hommerich: Endlich frei. (PDF) Recherche-Serie zu den iranischen Volksmudschahedin und ihrer politischen Lobby in Deutschland. In: REPORTER:INNEN forum. ZEIT Magazin, 28. Oktober 2021, S. 13, 19, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 30. August 2023; abgerufen am 30. August 2023.
↑Cay Dobberke:„Männerfeinde sind wir nicht“. In:Der Tagesspiegel Online. 3. April 2014,ISSN1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 26. Dezember 2021]).
↑DGVN-Präsidium. Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen (DGVN), 12. November 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 23. Januar 2023.
(Aus Gründen des konfessionellen Proporzes wurde die FU bis ins Jahr 1969 von jeweils einer katholischen und einer evangelischen Vorsitzenden geleitet.)