Ribose

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springenZur Suche springen
Strukturformel
D- und L-Ribose in Fischer-Projektion
Fischer-Projektion, offenkettige Darstellung
Allgemeines
NameRibose
Andere Namen
  • D,D,D-Aldopentose
  • L,L,L-Aldopentose
  • D-Ribose (SNFG-Symbol)
SummenformelC5H10O5
Kurzbeschreibung

farbloser Feststoff[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
PubChem993
WikidataQ59817493
Eigenschaften
Molare Masse150,13 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

0,80 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

90–95°C[1]

Löslichkeit

löslich in Wasser[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
keine GHS-Piktogramme

H- und P-SätzeH:keine H-Sätze
P:keine P-Sätze
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten beiStandardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Ribose (kurz:Rib) ist einZucker mit fünfKohlenstoff-Atomen, einePentose, und kommt alsD-Ribose in der Natur häufig vor, während dieenantiomereL-Ribose nur geringe Bedeutung hat.

D-Ribose ist Bestandteil der Bausteine vonRibonukleinsäure (RNS/RNA). In denNukleosiden ist die Ribose über das C1-Atom mit einerNukleobase verknüpft, so inAdenosin,Cytidin,Guanosin,Uridin undRibothymidin. Durch zusätzlichePhosphorylierung derHydroxygruppe (-OH) am C5-Atom entstehen die entsprechendenNukleotide. Das Rückgrat (Backbone) eines RNA-Makromoleküls bilden die überPhosphorsäureester-Bindungen miteinander verknüpften Ribose-Einheiten.

Mit „Ribose“ ist gewöhnlichD-Ribose gemeint. Von dieser unterscheidet sich dieD-Desoxyribose inDesoxyribonukleinsäure (DNA) nur am C2-Atom durch ein fehlendesSauerstoffatom. Über denPentosephosphat-Zyklus kann Ribose auch im menschlichen Organismus aus anderenMonosacchariden synthetisiert werden.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie und Isolierung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Der bedeutende ChemikerEmil Fischer erkannte, dass es neben den aus fünf Kohlenstoffatomen bestehenden KohlenhydratenXylose undArabinose noch ein weiteres Isomer (Epimer) geben müsse, dem er den Namen Ribose gab. Dieser ist ein Kunstname, kombiniert aus vertauschten Buchstaben des Namens Arabinose.Der aus den USA in Fischers Berliner Institut gekommene ForscherPhoebus Levene stellte die Weiche für eine in die Zukunft führende Schiene, was er damals jedoch nicht absehen konnte: er hydrolysierte aus Bäckerhefe "Hefenucleinsäure" und erhielt eine Ribose mitD-Konfiguration. Das Ergebnis wurde im Jahre 1909 in denBerichten der deutschen chemischen Gesellschaft beschrieben.[2]

Weitere Untersuchungen von Levene und W. A. Jacobs ergaben, dass der Zucker Ribose an heterocyclische Basen, z. B. Adenin, gebunden war, d. h. als Nukleosid vorlag. Wie oben beschrieben, sind an die Nukleoside Phosphat-Gruppen gebunden (Nukleotide).


Formel des Nukleosids Adenosin

Zur Herstellung größerer Mengen Ribose waren jedoch Levenes Verfahren zu aufwendig.Hellmut Bredereck erarbeitete verbesserte Methoden, indem er ein Enzym aus Süßmandeln zur Hydrolyse einsetzte. So konnte die Reaktionstemperatur abgesenkt werden.[3][4]

Synthesen

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

EinePartialsynthese vonL-Ribose, ausgehend von der ausGummi arabicum durch Hydrolyse erhältlichenL-Arabinose, wurde erstmals 1891 vonOskar Piloty und Emil Fischer beschrieben.[5]DieAldehydgruppe derLArabinose wird mitBromwasser zurL-Arabonsäureoxidiert. Durch Erhitzen mitPyridin in wässriger Lösung tritt dieEpimerisierung am C2-Atom ein, so dass man ein Gleichgewichtsgemisch derL-Arabonsäure mit derL-Ribonsäure erhält. Diese wird abgetrennt und zumLacton cyclisiert, welches im letzten Schritt mittelsNatriumamalgam zurL-Ribosereduziert wird.

Synthese von L-Ribose nach Oskar Piloty
Synthese vonL-Ribose nach Oskar Piloty

Die Reinigung derL-Ribose nach der Reduktion mit Natriumamalgam wurde durchWillem Alberda van Ekenstein undJan Johannes Blanksma verbessert.[6]Nachdem auchD-Arabinose durchWohl-Abbau der billigenD-Glucose zugänglich geworden war, stellten van Ekenstein und Blanksma auchD-Ribose nach der Fischer-Piloty-Methode her.[7]

Otto Ruff veröffentlichte im Jahre 1898 eine zweite Methode zur Umwandlung derD-Gluconsäure inD-Arabinose (Ruff-Abbau). Dabei wird das Calciumsalz der Carbonsäure (Calcium-D-gluconat) mitWasserstoffperoxid in Gegenwart von Eisensalzen oxidativdecarboxyliert.[8]

Eine wichtige Verbesserung der Synthese desD-Epimers war die elektrochemische Oxidation derD-Arabinose an derAnode unter Zusatz vonCalciumcarbonat. DieD-Arabonsäure kann als Calciumsalz isoliert und weiterverarbeitet werden.[9]

Paul Karrer und Mitarbeiter nutzten diese Reaktionsschritte für eine Synthese desLactoflavins.[10]

In neuerer Zeit ist auch dieL-Ribose wieder ins Blickfeld gerückt, da Derivate dieser Pentose für die Entwicklung von pharmazeutischen Wirkstoffen interessant sein könnten. So kann durchBiotechnologie ausL-ArabinoseL-Ribose hergestellt werden (vgl. mit Pilotys Synthese, siehe oben).[11]

Eigenschaften

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Ribose ist ein farbloser Feststoff mit einem Schmelzpunkt bei 90–95°C und ist in Wasser löslich.[1]

Die Konstitution und Strukturen derD-Ribose wurden über eine Kristallstrukturanalyse aufgeklärt. Erst im Jahre 2010 konnte man mittels Röntgenbeugungs- und NMR-spektroskopischer Methoden zeigen, dass die Moleküle in kristalliner D-Ribose einHalbacetal bilden und als Sechserring in einerPyranoseform vorliegen. Es existieren zwei isomere Formen, α-D-Ribopyranose und β-D-Ribopyranose, welche im Kristall in unterschiedlichen Verhältnissen enthalten sind.[12]

In Wasser gelöst behält Ribose die Pyranosestruktur zum Teil bei; außerdem werden – wie schon seit langem bekannt – in einem chemischen Gleichgewicht Fünferringe, d. h.Furanosen gebildet. In beiden Fällen sind α- und β-anomere Formen möglich.

Bei 31 °C liegt dasD-Ribose-Molekül zu 58,5 % in der β-D-pyranoiden, zu 21,5 % in der α-D-pyranoiden, zu 13,5 % in der β-D-furanoiden, zu 6,5 % in der α-D-furanoiden und zu 0,05 % in der offenkettigen Form vor.[13] In wässriger Lösung ist somit die β-Pyranoseform am häufigsten, da hier drei der vier Hydroxygruppen in äquatorialer Ebene liegen.

D-Ribose – Schreibweisen
KeilstrichformelHaworth-Schreibweise

α-D-Ribofuranose

β-D-Ribofuranose

α-D-Ribopyranose

β-D-Ribopyranose

Biologische Bedeutung und Biosynthese

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
D-Ribose imAdenosinmonophosphat (AMP)

D-Ribose ist, am C5-OH mit Phosphorsäure verestert, alsRibose-5-phosphat ein Glied des Kohlenhydratstoffwechsels. Seine Biosynthese erfolgt auf mehreren Wegen. Eine Vorstufe istRibulose-5-phosphat, eine andereGlycerinaldehyd-3-phosphat, welches mit einem C2-Fragment in einerTransketolase-Reaktion zum C5-Zuckerphosphat erweitert wird.[14]

Ribose ist ein Baustein derNukleoside undNukleotide. Ribosyl-Nukleosidphosphate spielen eine wichtige Rolle im Stoffwechsel von Zellen, beispielsweise als biologische Energieträger wieAdenosindiphosphat (ADP) undAdenosintriphosphat (ATP). Die Wirkunghormoneller und nervöser Signale in der Zelle kann durchcyclisches Adenosinmonophosphat (cAMP), das alssekundärer Botenstoff dient, verstärkt werden.

Zuckerfaltung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Schematische Darstellung einiger Konformationen der Ribofuranose (sugar pucker) in Nukleosiden (B =Nukleobase). Faltung aus der C1‘-O4‘-C4‘-Ebene heraus in Richtung C5‘ =endo, entgegengesetzt =exo.

D-Ribofuranose hat auch (ebenso wie ihreDesoxyform) biologisch als strukturelle Komponente vonNukleinsäuren Bedeutung. Ihr Furanosering liegt in den Nukleosiden nicht planar vor, sondern in einer gefälteten Struktur(sugar pucker). Dabei liegen entweder drei Atome (Twist-Form) oder vier Atome (Envelope-Form) des Fünfrings annähernd in einer Ebene. Je nachdem, ob das aus der Ebene herausgehobene Ring-Atom auf derselben Seite steht wie der Kohlenstoff in Position 5' oder aber entgegengesetzt, unterscheidet manendo- undexo-Konformationen. Bevorzugte Faltungen sind die C3'-endo-Konformation („Nord“-Form) und die C2'-endo-Konformation („Süd“-Form), da sie einen niedrigen Energiezustand haben. Die Konformationen sind jedoch nicht statisch, sondern können über Zwischenformen ineinander übergehen(puckering). Die verschiedenen Formen lassen sich durch das ursprünglich fürCyclopentan entworfene Modell derPseudorotation charakterisieren. Substituenten am Furanosegerüst beeinflussen die Zuckerfaltung. Die Zuckerfaltung hat Einfluss auf die Nukleinsäure-Sekundärstruktur. Ribofuranose tritt inRNA typischerweise in einer C3'-endo-Konformation auf. 2-Desoxyribofuranose (Desoxyribose) liegt in derA-DNA in der C3'-endo-Konformation und in derB-DNA in der C2'-endo-Konformation vor.[15]

Interstellares Vorkommen

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

In Meteoriten wurde im Jahre 2019 Ribose nachgewiesen.[16] Da dieses Kohlenhydrat für das Leben auf der Erde essenziell ist, stellt dieser Befund ein weiteres Mal die Frage nach derChemischen Evolution, d. h. wie sich das präbiotische "Leben" auf unserem Planeten entwickelt hat.

Nachweis

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Ribose lässt sich mit demBial-Reagenz nachweisen (einer Lösung vonOrcin undEisen(III)-chlorid in konzentrierterSalzsäure). Der Test ist positiv, wenn sich nach Zugabe von Bial-Reagenz zum Kohlenhydrat und nach Erhitzen eine grün-blaue Färbung einstellt. Außerdem lässt sich Ribose durch dieMolisch-Probe nachweisen.[17]

Weblinks

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
Commons: Ribose – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  1. abcdefEintrag zuCAS-Nr. 50-69-1 in derGESTIS-Stoffdatenbank desIFA, abgerufen am 11. September 2014. (JavaScript erforderlich)
  2. P. A. Levene, W. A. Jacobs. Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft, Jg. 1909, Bd. 42, 1201.
  3. Hellmut Bredereck:Darstellung der Nucleoside durch enzymatische Hydrolyse der Hefenucleinsäure; zugleich ein Beitrag zur Darstellung der d-Ribose. In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. Jg. 1938, Bd. 71, 408.doi:10.1002/cber.19380710237
  4. Hellmut Bredereck, Martin Köthnig, Eva Berger:Über die d-Ribose (Darstellung einer krystallisierten Anhydroribose), In: Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft. 1940, Bd. 73, 956.doi:10.1002/cber.19400730906
  5. Emil Fischer, Oscar Piloty:Ueber eine neue Pentonsäure und die zweite inactive Trioxyglutarsäure. In:Berichte der deutschen chemischen Gesellschaft.Band 24,Nr. 2, 1891,S. 4214–4225,doi:10.1002/cber.189102402322. 
  6. W. Alberda van Ekenstein, J. Blanksma:Über krystallisierte l-Ribose. In:Chemisch Weekblad Bd. 6, S. 373–375. Nach demReferat von Henle in Chemisches Zentralblatt Jg. 1908, Bd. 2, S. 1584.
  7. W. Alberda van Ekenstein, J. Blanksma:Über d-Ribose. In:Chemisch Weekblad Bd. 10, S. 664. Nach demReferat von Schönfeld in Chemisches Zentralblatt Jg. 1913, Bd. 2, S. 1562.
  8. Otto Ruff:Ueber die Verwandlung der d-Gluconsäure in d-Arabinose, In:Berichte der deutschen Chemischen Gesellschaft, Jg. 1898, Bd. 31, S. 1573.doi:10.1002/cber.18980310250
  9. Marguerite Steiger, Helvetica chimica Acta. Bd. 19, S. 189. In ihrer digitalisierten, im Internet zugänglichen Dissertation sind experimentelle Details ausführlich beschrieben.https://www.research-collection.ethz.ch/bitstream/handle/20.500.11850/133644/1/eth-20781-01.pdf
  10. Paul Karrer, B. Becker, F. Benz, P. Frei, H. Salomon, K. Schopp,Zur Synthese des Lactoflavins. In:Helvetica Chimica Acta. Jg. 1935, Bd. 18, S. 1435–1448.DOI:10.1002/hlca.193501801196
  11. M. Helanto, K. Kiviharju, T. Granström, M. Leisola, A. Nyyssölä:Biotechnological production of l-ribose from l-arabinose. In:Applied Microbiology and Biotechnology. Jg. 2009, Bd. 83, S. 77–83.
  12. Dubravka Šišak, L. B. McCusker, G. Zandomeneghi, B. H. Meier, D. Bläser, R. Boese, W. B. Schweizer, R. Gylmour, J. D. Dunitz.Die Kristallstruktur von D-Ribose – endlich! In: Angewandte Chemie, Jg. 2010, Bd. 122, 4605; Angewandte Chemie International Edition, Jg. 2010, Bd. 49, 4503.doi:10.1002/ange.201001266. Zitat aus dem Abstrakt: „Besser spät als nie! Die in unzähligen Biomolekülen erscheinende Furanose-Form vonD-Ribose kommt nicht in der kristallinen Verbindung vor.“
  13. Stephen J. Angyal:The Composition of Reducing Sugars in Solution. In:Advances in Carbohydrate Chemistry and Biochemistry. Jg. 1984, Band 42, S. 15–68,doi:10.1016/S0065-2318(08)60122-5.
  14. Peter Karlson et al., Kurzes Lehrbuch der Biochemie für Mediziner und Naturwissenschaftler, 13. Aufl., 1988, S. 218–230, Thieme, Stuttgart, New York.
  15. Wolfram Saenger:Principles of Nucleic Acid Structure. Serie:Springer Advanced Texts in Chemistry. Springer-Verlag, 1984, S. 17–21, S. 55 ff.doi:10.1007/978-1-4612-5190-3.
  16. Yoshihiro Furukawa, Yoshito Chikaraishi, Naohiko Ohkouchi, O. Ogawa, Daniel P. Glavin, Jason P. Dworkin, Chiaki Abe, Tomoki Nakamura:Extraterrestrial ribose and other sugars in primitive meteorites, In: PNAS Jg. 2019, Bd. 116, S. 24440–24445;https://www.pnas.org/content/116/49/24440
  17. Hanne Rautenstrauch, Anne Rebenstorff, Steffen Gudenschwager, Klaus Ruppersberg:Ein sicherer Kohlenhydratnachweis: Die neue Molischprobe für den Unterricht. In:Chemie in unserer Zeit. 30. Mai 2022,S. ciuz.202100036,doi:10.1002/ciuz.202100036. 
Normdaten (Sachbegriff):GND:4178074-7(lobid,OGND,AKS)
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Ribose&oldid=252498200
Kategorien:
Versteckte Kategorie: