Dieser Artikel behandelt dieRepublika Srpska in Bosnien und Herzegowina. Zur ehemaligenRepublika Srpska Krajina in Kroatien sieheRepublik Serbische Krajina, zurRepublika Srbija (Republik Serbien) sieheSerbien.
DieHauptstadt der Republika Srpska ist laut derVerfassung die StadtSarajevo, die selbst nicht in der Republika Srpska liegt.[4]Regierungssitz ist seit 1998 die StadtBanja Luka, der administrative, wirtschaftliche und kulturelle Hauptort mit fast 250.000 Einwohnern.[5][6]
Die Republika Srpska umfasst 24.857 km², das sind knapp 49 % des Staatsgebiets vonBosnien und Herzegowina. Ihr Gebiet umfasst den Norden und OstenBosniens und den Osten derHerzegowina. Zwischen den beiden Teilgebieten westlich und östlich vonBrčko besteht keine territoriale Verbindung. Der wenige Kilometer breiteKorridor, durch den sie in der Vergangenheit miteinander verbunden waren, gehört heute zumBrčko-Distrikt, der alsKondominium beider Entitäten unter direkter Kontrolle des Gesamtstaates steht. Die Grenzen der Republika Srpska umschließen die Föderation von Bosnien und Herzegowina im Norden und Osten. Das Gebiet der Republika Srpska grenzt im Norden anKroatien, im Osten anSerbien, im Südosten anMontenegro und wiederum kurz an Kroatien.
Die Republika Srpska wurde am 9. Januar 1992 unter dem NamenSrpska Republika Bosna i Hercegovina ausgerufen und erhielt am 12. August 1992 ihren heutigen Namen. Mit demDayton-Friedensabkommen von 1995 wurde die Republika Srpska als eine von zweiEntitäten des Gesamtstaates Bosnien und Herzegowina anerkannt.
Am 1. März 1992 erklärte sich dieRepublik Bosnien und Herzegowina nach einem Referendum von Jugoslawien unabhängig, welches ergab, dass über 99 % der Abstimmenden dies wünschten. Die Wahlbeteiligung lag nach einem Boykottaufruf durchRadovan Karadžić bei 67 %.[7]
ImAbkommen von Dayton 1995 wurde die Republika Srpska mit 49 % des Territoriums derRepublik Bosnien und Herzegowina als eine Entität des neu konstituierten StaatesBosnien und Herzegowina anerkannt. In dem Gebiet liegen Städte wieSrebrenica,Višegrad undFoča, deren bosniakische oder kroatische Bevölkerung vertrieben oder ermordet wurde. Die Wiederkehr der Vertriebenen ist unter anderem aufgrund des andauernden Nationalismus der Führung der Republika Srpska erschwert.[8][9][10]
Seit einiger Zeit gibt es in der Republika Srpska verstärkte Bestrebungen, sich von Bosnien-Herzegowina abzuspalten. Im Dezember 2021 beschloss das Parlament der Republika Srpska, sich vom Justiz- und Steuersystem sowie von der Armee von Bosnien und Herzegowina abzukoppeln. Die Opposition war der Abstimmung größtenteils ferngeblieben.[11] Im Juni 2023 beschloss das Parlament, auch das bosnische Verfassungsgericht nicht mehr anzuerkennen.[12] Im Juni 2024 wurde inBelgrad auf einer vonAleksandar Vučić undMilorad Dodik einberufenen „Allserbischen Versammlung“ eine „Deklaration zum Schutz der nationalen und politischen Rechte und der gemeinsamen Zukunft des serbischen Volkes“ verabschiedet, was mit der Ausrichtung auf eine „Serbische Welt“ („Srpski Svet“) eine Kampfansage an die bestehende Friedensordnung auf dem Balkan darstellt.[13][14]
Die Republika Srpska hatte zur Volkszählung 2013 1.228.423 Einwohner. Die größte Volksgruppe waren mit 1.001.299 Personen (81,5 %) dieSerben, wobei deren Anteil bedingt durch die Rückkehr von bosniakischen und kroatischen Flüchtlingen tendenziell bereits seit Ende der 1990er Jahre wieder gesunken war. Die Rückkehr der bosniakischen und kroatischen Flüchtlinge hat sich jedoch wieder verlangsamt.[15] Neben den Serben gelten auch Bosniaken mit 171.839 (14 %) undKroaten mit 29.645 Personen (2,4 %) als konstitutive Volksgruppen. Daneben leben auch 25.640 weitere Personen (2,1 %) in der Republika Srpska, die sich zu keiner der drei Nationalitäten bekennen.[16] Die Serben sind hauptsächlichserbisch-orthodox und verwenden sowohl diekyrillische als auch dielateinische Schrift. Die Bosniaken sind zumeistmuslimisch, die Kroatenkatholisch. Beide verwenden die Lateinschrift.
Die Bevölkerungsstruktur in der Republika Srpska ist geprägt durch dieethnischen Säuberungen während desBosnienkrieges. Hierbei wurden viele nicht-serbische Einwohner vertrieben oder ermordet mit dem Ziel, eine serbische Bevölkerungsmehrheit zu schaffen. Auf der anderen Seite flohen Serben aus anderen Landesteilen sowie aus Kroatien während und nach dem Krieg in die Republika Srpska. In großen Teilen der heutigen Entität bestand vor dem Krieg keine absolute serbische Bevölkerungsmehrheit, speziell im Osten (Višegrad,Foča,Srebrenica,Zvornik) und im Norden (Doboj,Derventa,Prijedor). In den meisten der genannten Gebiete waren stattdessen die Bosniaken die größte Volksgruppe.
Bereits zu Beginn des Krieges 1992 kam es zu zahlreichen Morden und anderen Verbrechen, unter anderem in den Gebieten um Višegrad,Prijedor undFoča. ImMassaker von Srebrenica wurden allein im Juli 1995 bis zu 8000 Bosniaken getötet. In anderen Gebieten war auch die serbische Bevölkerung von Vertreibungen und anderen Kriegsverbrechen betroffen.
VomInternationalen Strafgerichtshof wurden Mitglieder des Militärs sowie der politischen Führung wegen Kriegsverbrechen angeklagt und verurteilt.
Nach demAbkommen von Dayton haben alle Kriegsflüchtlinge das Recht auf Rückkehr in ihre Heimat.[15]
Wegen der prekären Situation im Hinblick auf die Rückgabe enteigneten Eigentums, der Ressentiments gegenüber den bosniakischen und kroatischen Rückkehrern, und wegen der Hindernisse durch die bosnisch-serbischen Behörden ist die große Mehrheit der vertriebenen Bosniaken und Kroaten nicht zurückgekehrt, und ein Teil von ihnen wünscht keine Rückkehr.[15]
DasParlament der Republika Srpska setzt sich aus zwei Kammern zusammen. Die Nationalversammlung umfasst 83 Abgeordnete. Daneben besteht einRat der Völker mit 28 Mitgliedern, in dem jeweils acht Serben, Bosniaken und Kroaten sowie vier Angehörige anderer Volksgruppen vertreten sind. Den Präsidenten und die Vizepräsidenten der Republika Srpska wählen die Bürger direkt.
Im Ergebnis der Wahlen vom Oktober 2002 konnten die bisherigen RegierungsparteienSDS undPDP trotz Stimmverlusten erneut zusammen mit derSDA die Regierung bilden.Premierminister wurde Anfang 2003Dragan Mikerević (PDP). Nach den Verfassungsänderungen vom April 2002 gehören der Regierung der Republika Srpska erstmals Bosniaken und Kroaten an. Neuer Präsident wurdeDragan Čavić (SDS). Ihm wurden erstmals ein Kroate (Ivan Tomljenović, SDP) und ein Bosniake (Adil Osmanović, SDA) als Vizepräsidenten zur Seite gestellt.
Premier Mikerević trat im Dezember 2004 aus Protest gegenSanktionen zurück, die derHohe Repräsentant der Staatengemeinschaft,Paddy Ashdown, wegen mangelnder Zusammenarbeit mit demKriegsverbrechertribunal in Den Haag über die Republika Srpska verhängt hatte. Sein Nachfolger war der ehemalige IndustrieministerPero Bukejlović (SDS). Die SDA wurde aus der Regierung gedrängt. 2005 definierte sich die PDP als Opposition, so dass die Regierung die Mehrheit in der Nationalversammlung verloren hat.
In den Wahlen vom Oktober 2006 löste dieSNSD (Allianz der Unabhängigen Sozialdemokraten) vonMilorad Dodik die SDS als stärkste Partei der Republika Srpska ab. Die SNSD konnte sowohl bei der Wahl für das gesamtstaatliche Repräsentantenhaus wie für die Nationalversammlung der Republika Srpska den Wähleranteil auf über 40 % verdoppeln. Die SDS, die früher um die 40 % der Stimmen auf sich vereinigte, fiel auf knapp 20 % zurück. Dieses Kräfteverhältnis blieb auch nach den Wahlen im Oktober 2010 annähernd bestehen.
Alle bisher darauffolgenden Wahlen wurden von den serbisch-nationalistischen Kräften um Milorad Dodik gewonnen, auch die jüngste Wahl im November 2025, wenn auch nur knapp mit rund 51 % der Stimmen. Siniša Karan, amtierender Innenminister und enger Vertrauter Dodiks, wird damit voraussichtlich Präsident.[17]
Aus der Sicht desHohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina derUNO,Christian Schmidt, habe eine Aussöhnung der Bevölkerungsgruppen, die sich im Bosnienkrieg gegenüberstanden, in den vergangenen 30 Jahren nur teilweise stattgefunden. Insbesondere die vorherrschenden politischen Kräfte um Milorad Dodik versuchten seit Jahren – auch mit Unterstützung autokratischer Herrscher wie Russlands Präsident Putin – die Republika Srpska von Bosnien und Herzegowina abzuspalten.[18] Dies würde die Region weiter destabilisieren und den fragilen Frieden von 1995 gefährden. Bosnien und Herzegowina sei derzeit als ein dysfunktionaler Staat anzusehen, der von einem angestrebten EU-Beitritt weit entfernt sei.[19]
Im August 2025 wurde Präsident Dodik vom bosnisch-herzegowinischen Bundesgericht zu einem Jahr Haft und einem sechsjährigen Verbot politischer Aktivitäten verurteilt. Er wurde daraufhin des Amtes enthoben.[19] Die Haftstrafe wurde jedoch in eine Geldstrafe umgewandelt.[20]
Die Republika Srpska besteht aus 63 Opštine (Verbandsgemeinden;bosnisch,kroatisch;Općine), die rot auf der Karte eingezeichnet sind. Das KondominiumBrčko, grün auf der Karte eingezeichnet, gehört formal zu beiden Entitäten, verwaltet sich jedoch weitgehend selbst.
Das Bestehen der Republika Srpska wird insbesondere von Seiten bosniakischer Parteien kritisiert. Beanstandet wird, dass es sich bei ihr um kein historisches Gebilde handele, sondern dass sie maßgeblich durch die von bosnischen Serben während des Krieges 1992 bis 1995 verübtenethnischen Säuberungen, darunterVölkermord in Srebrenica, entstanden und dann durch dasFriedensabkommen von Dayton alsEntität anerkannt worden sei. Andererseits ziehen einige Vertreter der bosnischen Serben die Existenzberechtigung Bosnien und Herzegowinas als unabhängiger Staat allgemein in Zweifel, da die Loslösung der Republik vonJugoslawien unter Völkerrechtlern umstritten und ohne die serbische Bevölkerung durchgeführt worden sei, die damals eine konstitutive Volksgruppe war, und somit niemals mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit in einemReferendum abgesegnet worden sei. Die Führung der bosnischen Serben hatte zu einem Boykott des Unabhängigkeitsreferendums 1992 aufgerufen und begonnen, auf die Eigenverwaltung der Serben hinzuarbeiten. Daneben wird auch darauf hingewiesen, dass Serben seit Jahrhunderten auf diesem Gebiet leben bzw. aus anderen Teilen von Bosnien und Herzegowina vertrieben wurden. Jedoch bestand vor 1992 nie ein dezidiert serbisches Staatsgebilde auf dem Gebiet des heutigen Bosnien-Herzegowina und viele Städte waren ethnisch durchmischt.
Von Seiten der Föderation Bosnien und Herzegowina wird eine stärkere Integration der Republika Srpska in den bosnischen Staatsverband gefordert. Deswegen und im Zuge der AbspaltungMontenegros vom Staatenbund mitSerbien sowie der Verhandlungen über eineSouveränität der unterUN-Verwaltung stehenden serbischen ProvinzKosovo wurden die Stimmen in der Republika Srpska für ein Unabhängigkeitsreferendum von Bosnien und Herzegowina wieder lauter.
Einer im Juni 2006 durchgeführten Meinungsumfrage[21] zufolge unterstützt eine Mehrheit der Bewohner der Republika Srpska ein solches Vorgehen. Da ein Unabhängigkeitsreferendum jedoch nicht imDayton-Abkommen, das die Verfassung von Bosnien und Herzegowina enthält, vorgesehen ist, wird dies von der internationalen Gemeinschaft abgelehnt. Dem wird von serbischer Seite entgegengehalten, dass eine Unabhängigkeit des Kosovo ebenfalls nicht mit einem geltenden internationalen Beschluss, derUN-Resolution 1244 von 1999, vereinbar sei, jedoch der Kosovo trotzdem zur teilweise anerkannten Unabhängigkeit 2008 geführt wurde.
In derRepublika Srpska sind die „Sprache des serbischen Volkes, die Sprache des bosniakischen Volkes und die Sprache des kroatischen Volkes“ Amtssprachen; die amtlichen Schriften sind Kyrillisch und Latein.[22]
In der Praxis wird die kyrillische Schrift in der RS weiterhin merklich verwendet, etwa in amtlicher Korrespondenz, auf Vordrucken und Belegen. Auf Verkehrsschildern werden Orts- und Straßennamen überwiegend zweischriftig dargestellt – kyrillisch in der Regel oberhalb und lateinisch unterhalb derselben Bezeichnung (mit vereinzelten Altbeständen). Im zeitlichen Umfeld des Bosnienkrieges war die kyrillische Schrift in der RS zeitweise konsequenter in Gebrauch als in Serbien selbst.[23]
Altes Wappen vom 9. Januar 1992 bis 16. Juni 2007Willkommenstafel der Republika Srpska inLukavica, einem Stadtteil vonSarajevo
Das Verfassungsgericht von Bosnien und Herzegowina hat am 31. Mai 2006 das Wappen und die Hymne der Republika Srpska sowie das Wappen, die Hymne und die Fahne der Föderation für verfassungswidrig erklärt. Das Urteil trat am 16. Juni 2007 in Kraft.[24]Während die Regierung der Republika Srpska die Ausarbeitung eines neuen, mit der Verfassung konformen Wappens in Auftrag gab[25] und übergangsweise ein sogenanntesEmblem einführte,[26] werden in der Föderation anstelle des alten Wappens die Hoheitszeichen des Gesamtstaates Bosnien und Herzegowina verwendet, was von der Republika Srpska kritisiert wird.
Die zuvor auch in der RS verwendete serbische HymneBože Pravde wurde im Juli 2008 durch die KompositionMoja Republika (Meine Republik) von Mladen Matović ersetzt.
DieArbeitslosenquote für die Republika Srpska wird mit ca. 50 % beziffert (zum Vergleich: Föderation von Bosnien und Herzegowina 41,6 %,[27] Gesamtstaat 43,3 %[28]). Berücksichtigt man die florierendeSchattenwirtschaft, so schätzenIWF undWeltbank die durchschnittliche reale Arbeitslosigkeit in der Republika Srpska auf etwa 20 bis 25 %. Das Durchschnittsnettoeinkommen im Juli 2013 in der Republika Srpska lag bei 803 KM (zum Vergleich in der Föderation Bosnien und Herzegowinas: 817 KM).[29][30]
↑Verfassung der Republika Srpska (PDF; 470 kB) Artikel 7: „Amtssprachen der Republika Srpska sind die Sprache des serbischen Volkes, die Sprache des bosniakischen Volkes und die Sprache des kroatischen Volkes.“ [abgerufen am 6. Juni 2016]
↑Marion Kraske: Die Aktualität von Srebrenica: Von der Leugnung des Genozids zur „Serbischen Welt“, in:Blätter für deutsche und internationale Politik, August 2024, S. 77–84, hier S. 80, ISSN 0006-4416