Rektor
Rektor (vonlateinischrector ‚Leiter‘) ist die Bezeichnung für ein kirchliches, akademisches oder schulisches Leitungsamt.
Kirchliche Ämter
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Römisch-katholische Kirche
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]AlsRector ecclesiae (Kirchenrektor) bezeichnet man im heutigen kirchenrechtlichen Sprachgebrauch denPriester, der als Leiter einer Kirche amtiert, die nichtPfarr- oderKlosterkirche ist.[1][2] Er wird normalerweise vomDiözesanbischof ernannt oder, wenn einem anderen dasVorschlags- oder Wahlrecht zusteht, von diesem eingesetzt bzw. bestätigt.[3][4]
Im älteren Sprachgebrauch, und zwar noch imCodex Iuris Canonici von 1917, sind allerdings mitrectores ecclesiarum in der Regel die amtierenden Pfarrgeistlichen gemeint. Im noch früheren, mittelalterlichen Sprachgebrauch bezeichnete derrector ecclesiae dagegen meist noch den Kirchherrn oderPfarrpatron, also den Inhaber derPfarrpfründe (praebende), der vielfach gerade nicht mit dem Pfarrpriester (pleban) identisch war, sondern bloß die Einkünfte (Kirchenzehnt) aus der Gemeinde bezog und davon nur einen Teil an den residierenden Pfarrgeistlichen abgab. Kirchherr konnte daher auch einMinorist oder sogar einLaie sein. Das4. Laterankonzil verbot im Jahre 1215 die bis dahin gängige Praxis, dass Pfarrpatrone nur ein Sechzehntel des Zehnten an den tatsächlich als Pfarrseelsorger tätigen Geistlichen (der in der Regel Vikar genannt wurde) weitergaben, und verpflichtete sie zur Sicherstellung des Lebensunterhalts des Geistlichen (can. 32).
Als Rektor wird weiter auch ein vom Bischof eingesetzterDiözesanpriester bezeichnet, der alsSuperior einer weiblichenKongregation bischöflichen Rechts (Ordensgemeinschaft) fungiert. Der Rektor oder Superior hat hier als Vertreter des Bischofs die Aufgabe, die Ordensleitung des Frauenordens anzuleiten und zu überwachen, und ist gegenüber denOberinnen der Gemeinschaft weisungsbefugt. Heutzutage gibt es diese Einrichtung nur noch selten, ein Beispiel ist der langjährigeGeneralvikar desBistums Regensburg,Wilhelm Gegenfurtner, der als Superior imMutterhaus derMallersdorfer Schwestern tätig ist. In der Regel liegt die oberste Leitung von Frauenordensgemeinschaften heute jedoch in den Händen derOrdensschwestern selbst. Der Rektor ist nicht mit demSpiritual oder Hausgeistlichen eines Frauenordens zu verwechseln, der alsBeichtvater und geistlicher Berater fungiert, aber keine Leitungsaufgaben in dem Orden wahrnimmt.
ImJesuitenorden werden auch die Leiter vonGymnasien oderPriesterseminarien Rektor genannt.
Anglikanische Kirche
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]BeianglikanischenKirchengemeinden wird zwischenParishes (Pfarrgemeinden), die finanziell selbständig sind, undMissions (Missionen), die vom Bistum subventioniert werden, unterschieden. In denparishes wird der ranghöchste Priester (Pfarrer) vom Gemeindevorstand berufen (mit Zustimmung des Bischofs) und meist mit dem Titel „Rektor“ (Leiter) bezeichnet; in Missionen werden die Priester vom Bischof berufen und wirken als dessen Vertreter, sie heißen daher dort „Vikar“ (Stellvertreter).
Alt-katholische Kirche
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In derAlt-katholischen Kirche wirdRector ecclesiae wie in derrömisch-katholischen Kirche gebraucht, dies jedoch erst seit der Nutzung derNamen-Jesu-Kirche alsKathedrale.
Akademische Ämter
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]An den meisten deutschenHochschulen ist der Rektor das gewählte akademische Oberhaupt. Ein Rektor kannProfessor sein, wird allerdings für die Zeit seiner Tätigkeit (anders als die meistenDekane oderProrektoren) von der üblichen Tätigkeit freigestellt. Er kümmert sich (im Gegensatz zumKanzler) um repräsentative Aufgaben sowie die Ausrichtung der Lehre und Forschung. Jüngere Hochschulverfassungen verwenden auch die BezeichnungPräsident. In den BundesländernBerlin,Brandenburg,Hamburg,Hessen,Niedersachsen,Saarland undSchleswig-Holstein sind die akademischen Oberhäupter der Universitäten allesamtPräsidenten, während inBaden-Württemberg,Mecklenburg-Vorpommern,Nordrhein-Westfalen,Sachsen undSachsen-Anhalt größtenteils die Bezeichnung Rektor üblich ist. InBayern,Bremen,Rheinland-Pfalz undThüringen gibt es keine einheitliche Regelung bezüglich der Leitungsgremien. Die Hochschulverfassung legt die Entscheidungsbefugnisse von Rektoren oder Präsidenten fest. Durch den Wegfall und die Übernahme der Aufgaben des Kanzlers verfügen Präsidenten in der Regel über mehr Entscheidungsbefugnisse als Rektoren, die traditionell von Entscheidungen des akademischen Senats der Hochschule abhängig sind.
DieLudwig-Maximilians-Universität München ist ein Beispiel für einen mehrfachen Systemwechsel; die ursprüngliche Rektoratsverfassung wurde 1976 durch eine Präsidialverfassung ersetzt; 14 Jahre später wurde wieder ein Rektor gewählt, schließlich ging 2006 die Leitung wieder an einen Präsidenten.[5]
Die traditionelleAnrede für Rektoren an Universitäten lautet: „Magnifizenz“. Diese Anrede wird an Traditionsuniversitäten bei offiziellen Anlässen noch gebraucht.
In derfrühen Neuzeit konnte der nominelle Rektor einer Universität auch der Landesfürst oder ein an der Universität immatrikulierter Adeliger sein, den die Universität auf diese Weise ehrte.
Schulen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Rektor ist in den deutschsprachigen Ländern die Amtsbezeichnung des Schulleiters an Grund-, Haupt- und Realschulen; sein Stellvertreter heißtProrektor oderKonrektor. In Österreich ist die BezeichnungDirektor üblich, die in Deutschland nur für die Schulleiter an Schulen derSekundarstufe II (Gymnasien, Gesamtschulen und berufliche Schulen) mit der beamtenrechtlichenAmtsbezeichnungOberstudiendirektor verwendet wird. EinStudiendirektor ist (bis auf Ausnahmefälle wie an Schulen im Entstehen oder bei kommissarischen Schulleitungen) kein Schulleiter. Er steht eine Amts- und Besoldungsstufe unter dem Oberstudiendirektor und hat in der Regel besondere Aufgaben wie Stellvertretung der Schulleitung, Oberstufenkoordination oder Fachbetreuung.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium (CCEO) (mehrsprachig)
- CCEO 304 ff. (englisch)
- Codex Iuris Canonici (private Seite)
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑CIC 556Codex Iuris Canonici, Canon 556
- ↑CCEO 304Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium, Canon 304
- ↑CIC 557 Codex Iuris Canonici, Canon 557
- ↑CCEO 305 Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium, Canon 305
- ↑Verfassungsentwicklung der LMU. In: www.uni-muenchen.de. Abgerufen am 21. September 2019.