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Regnum Teutonicum

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Teutonia ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Siehe auch:Teutonia (Begriffsklärung).

Regnum Teutonicum oderRegnum Teutonicorum (Teutonia[1], „Reich der Teutonen“ bzw.Germanen[2]), auchReich der Deutschen,[3] ist eine Bezeichnung für den nördlich dergroßen italienischen Ebene gelegenen Teil desHeiligen Römischen Reiches oder auchrömisch-deutschen Reiches. In Abgrenzung davon wurde der BegriffRegnum Italicum fürReichsitalien verwendet. Die Bezeichnung war nie offiziell.[4]

Entstehungsgeschichte und Bedeutung

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Regnum Teutonicum um die Jahrtausendwende (in Dunkelblau)

Obwohl die Wortgrupperegnum Teutonicum (bzw.Teutonicorum) gemeinhin als dielateinische Entsprechung der deutschen Wortgruppe „deutsches Reich“ gilt, bedeutete die Wendung in verschiedenen Zeiten und Sprachen nicht immer dasselbe.[5]

Der angeblich früheste Beleg für den BegriffRegnum Teutonicorum ist ein Text der um 920 geschriebenenAnnales luvavenses maximi. Hier bedeutete der Begriff aber noch keineswegs „Reich der Deutschen“ oder das „deutsche Königreich“, sondern „Reich der deutsch – also nicht romanisch oder slawisch – sprechenden Bayern“.[6][7] Wenn auch in diesem Fall die Zugehörigkeit desStammesherzogtums Bayern (dasRegnum Teutonicorum im Sinne des Erstbelegs) zumOstfrankenreichReich Heinrichs I. vom Autor emphatisch abgelehnt wurde, interpretiert der HistorikerJörg Jarnut diese Wendung trotzdem als eine ausItalien übernommene Fremdbezeichnung für die Gesamtheit der Franken, Alemannen und Sachsen.Joachim Ehlers konstatiert, dass der Begriff außerhalb von Italien imFrühmittelalter die Qualität einer Fremdbezeichnung behielte und deshalb über das Selbstverständnis der damaligen Angehörigen des Ostfrankenreichs nichts aussagt.[7] Die während des 19. Jahrhunderts populäre Behauptung, dass die Entstehung von Wendungen wieregnum Teutonicorum/Teutonicum historisch aussagekräftige Indizien für Wandlungen des politischen Bewusstseins seien, werden von der gegenwärtigen Wissenschaft abgelehnt.[8]

Der Begriff tritt auch später in anderen Verwendungen auf. So trägt ein um 1073 an Empfänger im Heiligen Römischen Reich gerichteter Brief Gregors VII. in einem Teil der Überlieferung die Anschrift:[…] omnibus archiepiscopis et episcopis in Teutonico atque in Saxonico regno commanentibus […] („und alle sich im teutonischen und sächsischen Reich verbleibenden Erzbischöfe und Bischöfe“). Ein Jahr später schreibt der Papst in einem Schreiben anGegenkönigRudolf I.[…] omnes secum in regno saxonum commanentes […] („und alle bei ihm im sächsischen Reich Verbleibenden“) damit beweisend, dass dasRegnum Teutonicum zu jener Zeit kein allgemeingültiger Ausdruck war.[9]

Eine stärkere Verbreitung erreichte der Begriff erst im 11. Jahrhundert, jedoch nicht in offiziellen Dokumenten der Kaiser, sondern in der päpstlichen Kanzleisprache. Der Hintergrund war höchst politisch: Deruniversale Herrschaftsanspruch des römisch-deutschen Königtums wurde vom Papsttum seit Beginn desInvestiturstreits im 11. Jahrhundert zunehmend bestritten; vielmehr solle dem Papst die Universalherrschaft über alle geistlichen und weltlichen Herrscher zustehen. So wurde in päpstlichen Veröffentlichungen aus demrex Romanorum (dem offiziell beanspruchten Titel der römisch-deutschen Herrscher) derrex Teutonicorum, was von kaiserlicher Seite freilich nie übernommen wurde.[8] ImWormser Konkordat von 1122 unterschied PapstCalixt II. zwischen demTeutonicum Regnum und den übrigen Teilen des Heiligen Römischen Reiches, nämlich denregna Italien undBurgund.[10]Bernhard Schimmelpfennig übersetzt in diesem Fall den BegriffTeutonicum regnum mit der Benennung „Deutsches Reich“ in Anführungszeichen, betont aber gleichzeitig, dass es zu dieser Zeit noch lange keine deutscheNation gegeben habe.[11]

Der Begriff des „Reichs“ konnte wegen seiner Offenheit je nach Kontext sowohl für das römisch-deutsche Reich insgesamt stehen als auch nur für den deutschen Reichsteil (dasregnum Teutonicum – im Unterschied zum italienischen);[12] es lässt sich in unterschiedliche Bedeutungsebenen aufgliedern, die bis zum Ende derNeuzeit nebeneinander, aber auch ineinander verschränkt fortexistierten.[13] Um 1500 verstärkte sich allerdings die Tendenz, dass der Reichsbegriff letztlich immer häufiger primär oder ausschließlich auf dasReich der Deutschen bezogen wurde, also dasregnum Teutonicorum[14], während die institutionellen Verdichtungsprozesse mit einer protonationalen Identitätsbildung einhergingen und die BedeutungsebeneDeutsches Reich weiter an Bedeutung gewann.[13]

Siehe auch

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Literatur

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  • Carlrichard Brühl:Die Geburt zweier Völker. Köln u. a. 2001.
  • Walter Mohr:Von der Francia Orientalis zum Regnum Teutonicum. In:Archivum Latinitatis Medii Aevi. Bd. 27, 1957, S. 27–49.

Einzelnachweise

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  1. Joachim Ehlers:Schriftkultur, Ethnogenese und Nationsbildung in ottonischer Zeit, Frühmittelalterliche Studien, Bd. 23 (mgh-bibliothek.de), Berlin 1989, S. 306.
  2. Frank Rexroth:Deutsche Geschichte im Mittelalter, C.H. Beck, München 2011, S. 11–12;Dieter Hägermann,Wolfgang Haubrichs,Jörg Jarnut (Hrsg.):Akkulturation. Probleme einer germanisch-romanischen Kultursynthese in Spätantike und frühem Mittelalter. Berlin 2004, S. 73–74.
  3. Matthias Weber:Heiliges Römisches Reich (Deutscher Nation). In:Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa,Carl von Ossietzky Universität Oldenburg undBundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE),AbschnittLateinische Bezeichnung, 14. Juli 2020.
  4. Carlrichard Brühl:Die Geburt zweier Völker. Köln [u. a.] 2001, S. 69 ff.
  5. Dieter Hägermann, Wolfgang Haubrichs, Jörg Jarnut (Hrsg.):Akkulturation. Probleme einer germanisch-romanischen Kultursynthese in Spätantike und frühem Mittelalter. Berlin 2004, S. 73–74.
  6. Roman Deutinger:Königswahl und Herzogserhebung Arnulfs von Bayern. Das Zeugnis der älteren Salzburger Annalen zum Jahr 920. In:Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 58 (2002), S. 17–68 (Digitalisat).
  7. abJoachim Ehlers:Die Entstehung des deutschen Reiches. 4. Auflage, München 2012, S. 113 f.
  8. abMatthias Springer:Italia docet: Bemerkungen zu den Wörtern francus, theodiscus und teutonicus, in: Dieter Hägermann, Wolfgang Haubrichs, Jörg Jarnut (Hrsg.):Akkulturation. Probleme einer germanisch-romanischen Kultursynthese in Spätantike und frühem Mittelalter. Walter de Gruyter, Berlin 2004,ISBN 3-11-018009-X, S. 68–98.
  9. Wolfgang Eggert:Das „geminderte“ regnum Teutonicum bei Papst Gregor VII. und Bruno von Magdeburg. In:Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik, Bd. 24 (1994), S. 82–91.
  10. Wolfgang Haubrichs:Theodiscus, Deutsch und Germanisch – drei Ethnonyme, drei Forschungsbegriffe. Zur Frage der Instrumentalisierung und Wertbesetzung deutscher Sprach- und Volksbezeichnungen. In:Heinrich Beck,Dieter Geuenich,Heiko Steuer und Dietrich Hakelberg (Hrsg.):Zur Geschichte der Gleichung „germanisch–deutsch“. Sprache und Namen, Geschichte und Institutionen (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 34), de Gruyter, Berlin/New York 2004,ISBN 3-11-017536-3, S. 199–228, hier S. 209.
  11. Bernhard Schimmelpfennig:Könige und Fürsten, Kaiser und Papst nach dem Wormser Konkordat (= Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 37). 2. Auflage, Oldenbourg, München 2010, S. 1.
  12. Matthias Springer:Italia docet: Bemerkungen zu den Wörtern francus, theodiscus und teutonicus, in: Dieter Hägermann, Wolfgang Haubrichs, Jörg Jarnut (Hrsg.):Akkulturation. Probleme einer germanisch-romanischen Kultursynthese in Spätantike und frühem Mittelalter. Walter de Gruyter, Berlin 2004,S. 92.
  13. abMatthias Schnettger:Kaiser und Reich. Eine Verfassungsgeschichte (1500–1806). W. Kohlhammer, Stuttgart 2020,ISBN 978-3-17-031350-7, S. 19 f.
  14. Stefan Weinfurter:Das Reich im Mittelalter. Kleine deutsche Geschichte von 500 bis 1500, C.H. Beck, München 2008, S. 82; Frank Rexroth:Deutsche Geschichte im Mittelalter, 2. Auflage, Beck, München 2007, S. 11;Alfred Haverkamp:Aufbruch und Gestaltung. Deutschland 1056–1273, 2. Auflage, Beck, München 1993, S. 15. Matthias Springer:Italia docet: Bemerkungen zu den Wörtern francus, theodiscus und teutonicus, in: Dieter Hägermann, Wolfgang Haubrichs, Jörg Jarnut (Hrsg.):Akkulturation. Probleme einer germanisch-romanischen Kultursynthese in Spätantike und frühem Mittelalter. Walter de Gruyter, Berlin 2004,S. 74, hält die Deutung vonregnum Teutonicorum als „Reich der Deutschen“ keineswegs für zwingend.
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