Regelfunktion
Unter einerRegelfunktion odersprungstetigen Funktion versteht man in der Mathematik eine Funktion, deren einzigeUnstetigkeitsstellen Sprungstellen sind. Sie spielen eine wichtige Rolle in derIntegrationstheorie. Die Bezeichnung „Regelfunktion“ (fonction réglée) wurde von der französischen Mathematiker-Schule eingeführt.
Definition
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Es sei ein offenes, halboffenes oder abgeschlossenesIntervall mit Anfangspunkt und Endpunkt. Eine reell- oder komplexwertige Funktion bzw. heißtRegelfunktion, falls sie
- in jedem Punkt sowohl einenlinksseitigen als auch einenrechtsseitigen Grenzwert besitzt und
- im Fall in einen rechtsseitigen Grenzwert und im Fall in einen linksseitigen Grenzwert hat.
Da links- und rechtsseitige Grenzwerte nicht übereinstimmen müssen, kann eine Regelfunktion Sprungstellen aufweisen, das heißt Stellen, bei denen es eine Folge gibt, für die gilt. Regelfunktionen werden daher auch alssprungstetige Funktionen bezeichnet. Eine Regelfunktion heißt dabeistückweise stetig, falls sie nur endlich viele Stellen besitzt, an denen sienicht stetig ist, und damit nur endlich viele Sprünge aufweist.[1]
Die Definition kann verallgemeinert werden, indem man anstatt reell- oder komplexwertiger FunktionenBanachraum-wertige Funktionen betrachtet.[2]
Beispiele
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- Regelfunktionen
- Jedestetige Funktion auf einem Intervall ist eine Regelfunktion ohne Sprungstellen.
- DieHeaviside-Funktion und dieVorzeichenfunktion sind auf einem Intervall um den Nullpunkt Regelfunktionen mit einer Sprungstelle an der Stelle.
- Jede reellwertigemonotone Funktion auf einem Intervall ist eine Regelfunktion.
- DieThomaesche Funktion ist eine Regelfunktion mitabzählbar unendlich vielen Sprungstellen. Sie ist daher nicht stückweise stetig.
- Keine Regelfunktionen
- Eine Funktion mit einerPolstelle innerhalb des betrachteten Intervalls ist keine Regelfunktion, denn an dieser Stelle existiert zumindest einer der Grenzwerte nur alsuneigentlicher Grenzwert.
- Die Funktion ist in keinem Intervall, das den Nullpunkt enthält, eine Regelfunktion, denn sie besitzt an der Stelle keinen Grenzwert.
- DieDirichlet-Funktion ist keine Regelfunktion, denn bei ihr existiert an keiner Stelle ein links- oder rechtsseitiger Grenzwert.
Eigenschaften
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Charakterisierung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Eine Funktion ist genau dann sprungstetig, wenn sie keineUnstetigkeitsstellen zweiter Art hat. Jede Regelfunktion auf einemkompakten Intervall istbeschränkt. Die umgekehrte Richtung muss jedoch nicht wahr sein, wie das Beispiel der Dirichlet-Funktion zeigt.
Räume von Regelfunktionen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Menge der Regelfunktionen auf einem Intervall bilden einenVektorraum, der mit bezeichnet wird.[3] Mit derSupremumsnorm
ist ein Banachraum.[4] Mit dem (punktweisen) Produkt zweier Regelfunktionen handelt es sich dabei sogar um eineBanachalgebra.
Approximierbarkeit
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Jede Regelfunktion auf einem kompakten Intervall kann durch eine Folge vonTreppenfunktionen gleichmäßig approximiert werden. Das heißt, zu jeder Regelfunktion bzw. existiert eine Folge von Treppenfunktionen, so dass
gilt, wobei die Supremumsnorm ist.Umgekehrt ist jede Funktion auf einem kompakten Intervall, die gleichmäßig durch Treppenfunktionen approximiert werden kann, eine Regelfunktion. Deswegen kann diese Eigenschaft alternativ zur Sprungstetigkeit benutzt werden, um Regelfunktionen zu definieren.[5]
Integral von Regelfunktionen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Sei eine Regelfunktion und eineFolge von Treppenfunktionen mit, wobei die Supremumsnorm ist. Dann kann einIntegral durch
definiert werden. Dieses Integral wird durch dasRiemann-Integral verallgemeinert.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Herbert Amann, Joachim Escher:Analysis II. Birkhäuser, Basel 1999, S. 4.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Herbert Amann, Joachim Escher:Analysis II. 2. Auflage, Birkhäuser Verlag, Basel, 2006,ISBN 978-3-7643-7756-4, S. 4–5.
- ↑Regelfunktion. In: Guido Walz (Hrsg.):Lexikon der Mathematik. 1. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Mannheim/Heidelberg 2000,ISBN 3-8274-0439-8.
- ↑Konrad Königsberger:Analysis 1. Springer-Verlag, Berlin u. a., 2004,ISBN 3-540-41282-4, S. 193.
- ↑Martin Barner, Friedrich Flohr:Analysis I. 4. Auflage. de Gruyter, Berlin 1991, Seite 342–343.
- ↑Martin Barner, Friedrich Flohr:Analysis I. 4. Auflage. de Gruyter, Berlin 1991, Seite 340.