Reflexiver Raum

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Reflexivität ist ein Begriff aus derFunktionalanalysis und derAlgebra.Ein Raum ist reflexiv, wenn die natürliche Einbettung in seinenBidualraum einIsomorphismus ist, wie unten erläutert wird. Damit kann ein reflexiver Raum mit demDualraum seines Dualraums identifiziert werden.

Inhaltsverzeichnis

Reflexive Räume

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In der Funktionalanalysis ist Reflexivität eine Eigenschaft vonnormierten Vektorräumen.

Definition

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Es sei(X,X){\displaystyle (X,\|\cdot \|_{X})} ein normierter Raum (überR{\displaystyle \mathbb {R} } oderC{\displaystyle \mathbb {C} }). Man kann zeigen, dass sein(topologischer) DualraumX{\displaystyle X'} einBanachraum ist. Dessen Dualraum(X){\displaystyle \left(X'\right)'} wird mitX{\displaystyle X''} bezeichnet und heißtBidualraum vonX{\displaystyle X}.

Durch die Abbildungsvorschrift

XX,x[xx(x)]{\displaystyle X\to X'',x\mapsto [x'\mapsto x'(x)]}

wird einestetigelineareIsometrieJX:XX{\displaystyle J_{X}\colon X\to X''} definiert, die kanonischeEinbettung. Die definierende Gleichung vonJX{\displaystyle J_{X}} liest sich also in Bilinearformschreibweise so:

JXx,xX=x,xXxX.{\displaystyle \langle J_{X}x,x'\rangle _{X'}=\langle x',x\rangle _{X}\quad \forall x'\in X'.}

Als Isometrie istJX{\displaystyle J_{X}}injektiv. FallsJX{\displaystyle J_{X}} zusätzlichsurjektiv ist, also insgesamt ein isometrischerIsomorphismus zwischenX{\displaystyle X} undX{\displaystyle X''}, so nennt manX{\displaystyle X} einen reflexiven Raum.

Beispiele

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Reflexivitätskriterien

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Ein Banachraum ist genau dann reflexiv, wenn

  • (Satz von Kakutani) die Einheitskugel kompakt in der schwachen Topologie ist.
  • (Satz von Eberlein–Šmulian) jede beschränkte Folge eine schwach konvergenteTeilfolge besitzt.
  • (Satz von James) jedes stetige lineare Funktional seineNorm auf der Einheitskugel annimmt.
  • (Šmulian, 1939) jede absteigende Folge nicht-leerer, beschränkter, abgeschlossener undkonvexer Mengen einen nicht-leeren Durchschnitt hat.

Die letzte Charakterisierung ist bemerkenswert, da sie ausschließlich den Banachraum selbst verwendet, also insbesondere keinen Bezug auf den Bidualraum (siehe Definition) oder den Dualraum (Verwendung der schwachen Topologie oder Satz von James) nimmt.

Eigenschaften reflexiver Räume

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Jeder reflexivenormierte Raum ist ein Banachraum, denn er ist nach Definition isomorph zum vollständigen Bidualraum. In reflexiven Banachräumen ist die abgeschlossene Einheitskugel (allgemeiner jede beschränkte und schwach abgeschlosseneTeilmenge) schwach kompakt, d. h.kompakt bzgl. derschwachen Topologie (dies folgt direkt aus demSatz von Banach-Alaoğlu über dieschwach*-Kompaktheit der Einheitskugel des Bidualraum eines reflexiven Banachraums).

Diese Eigenschaft charakterisiert die reflexiven Räume: Ein Banachraum ist genau dann reflexiv, wenn seine Einheitskugel schwach kompakt ist.

Insbesondere hat jedes beschränkteNetz in einem reflexiven Raum ein schwach konvergentes Teilnetz. Mit demSatz von Eberlein–Šmulian folgt, dass jede beschränkteFolge in einem reflexiven Banachraum eine schwach konvergenteTeilfolge besitzt. Weiter gelten folgende Permanenzaussagen:

Anwendungen

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Zusammen mit densobolevschen Einbettungssätzen liefert die Existenz von schwach konvergenten Teilfolgen beschränkter Folgen häufig Lösungen von Variationsproblemen und damitpartiellen Differentialgleichungen.

Reflexive lokalkonvexe Räume

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Versieht man den Dualraum eineslokalkonvexen Raums X mit derstarken Topologie, so erhält man eine injektive, stetige, lineare AbbildungJX:XX,JX(x)(x):=x(x){\displaystyle J_{X}\colon X\rightarrow X'',\,J_{X}(x)(x'):=x'(x)}.X{\displaystyle X} heißt reflexiv, wennJX{\displaystyle J_{X}} eintopologischer Isomorphismus ist undhalbreflexiv, wennJX{\displaystyle J_{X}} surjektiv ist.Im Gegensatz zum Fall normierter Räume istJX{\displaystyle J_{X}} im halbreflexiven Fall nicht automatisch ein topologischer Isomorphismus. Es gelten folgende Sätze:

Reflexive Moduln

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IstM{\displaystyle M} einModul über einemkommutativen RingA{\displaystyle A} mit Einselement, so wird derA{\displaystyle A}-ModulM=HomA(M,A){\displaystyle M^{*}=\operatorname {Hom} _{A}(M,A)} derduale Modul vonM{\displaystyle M} genannt; der ModulM=(M){\displaystyle M^{**}=\left(M^{*}\right)^{*}} heißtBidualmodul. Es gibt eine kanonische Abbildung

MM,m(λλ(m)){\displaystyle M\to M^{**},\quad m\mapsto (\lambda \mapsto \lambda (m))}

die im Allgemeinen weder injektiv noch surjektiv ist. Ist sie ein Isomorphismus, so heißtM{\displaystyle M} reflexiv.

Literatur

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  • R. Meise, D. Vogt:Einführung in die Funktionalanalysis, Vieweg, 1992,ISBN 3-528-07262-8
  • Robert E. Megginson:An Introduction to Banach Space Theory, Springer New York (1998),ISBN 0-387-98431-3, Kapitel 1.3:Characterizations of Reflexivity
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