Raumstationen sind ein moderner Teil derbemannten Raumfahrt. Im Gegensatz zuRaumschiffen dienen sie nicht der Fortbewegung, sondern ermöglichen es Menschen, lange Zeit auf ihnen zu leben. Bislang befanden sich alle Raumstationen in derErdumlaufbahn. Eine Unterform von Raumstationen sindRaumlabore.
Technisch herausfordernd beim Betrieb einer Raumstation ist vor allem die Versorgung der Besatzung. Aufgrund der hohen Kosten für Transporte mussten Systeme entwickelt werden, die den Betrieb einer Raumstation weitgehend autark erlauben, d. h. in einem geschlossenen Kreislauf. Besonders bei der Aufbereitung von Wasser und Luft wurden dabei große Fortschritte erzielt.
Raumstationenumkreisen die Erde typischerweise in einer niedrigen Umlaufbahn (Low Earth Orbit) von 300 bis 400 Kilometern Höhe. Diese niedrigen Umlaufbahnen sind nicht stabil, da dieThermosphäre, eine dünne äußere Schicht derErdatmosphäre, die Raumstationen ständig abbremst. Ohne regelmäßigen Schub in höhere Umlaufbahnen würden Raumstationen daher nach einigen Monaten oder Jahrenwieder in die Erdatmosphäre eintreten. Auch die Gravitation anderer Himmelskörper stört die Umlaufbahn einer Raumstation. Bei der ISS erfolgen die sogenannten „Reboost-Manöver“ meist über die Triebwerke angekoppelter Raumschiffe und erfordern etwa 7 t Treibstoff pro Jahr. DieChinesische Raumstation nutzt hierfür einen mitXenon betriebenen, sehr treibstoffsparendenHallantrieb, der aufgrund seiner geringen Schubkraft die Station bei den Bahnkorrekturmanövern auch mechanisch weniger beansprucht.
In einem Referat, das 1953 inZürich auf dem von derInternational Astronautical Federation ausgerichtetenInternationalen astronautischen Kongress verlesen wurde, hatteWernher von Braun vorausgesagt, dass „eine ständige Weltraumstation mit Bemannung schon in 10 bis 15 Jahren errichtet werden“ könnte.[1]
Die erste Raumstation war 1971 die sowjetischeSaljut 1. Eine der bedeutendsten Raumstationen war die sowjetische StationMir, die fast 15 Jahre lang schrittweise ausgebaut und genutzt wurde. Mit derISS ist heute eine Raumstation in internationaler Kooperation permanent bemannt.
Bisher wurden vierzehn Raumstationen in die Erdumlaufbahn gebracht, davon wurden zwölf bemannt:
Die NASA möchte ab 2025 zusammen mit den ISS-Partnern erstmals eine Raumstation in einem Mondorbit, dasLunar Orbital Platform-Gateway, betreiben. Roskosmos, das sich von diesem Projekt zurückgezogen hat, plant den Aufbau derRussischen Orbitalstation (in einem Erdorbit) ab 2028 und die indische RaumfahrtbehördeISRO bis 2035 die Einrichtung derBharatiya-Antariksha-Station.[4][5]
Darüber hinaus stehen mitStarlab (Nanoracks/Voyager Space,Airbus undNorthrop Grumman) ab 2028 undOrbital Reef (u. a.Blue Origin,Boeing undSierra Space) ab Ende der 2020er[6] privat betriebene Raumstationen in Aussicht. Ende 2021 vergab die NASA Fördergelder von insgesamt 415 Millionen US-Dollar, um die Entwicklung dieser Stationen sowie eines mittlerweile aufgegebenen[7] Konzepts einer Raumstation von Northrop Grumman undDynetics zu fördern.[8]Axiom Space möchte ab 2026 zunächst mehrere Module an die ISS anbauen, die – nachdem der ISS-Betrieb eingestellt wurde – wieder abgetrennt werden und eine eigenständige Raumstation bilden sollen.[9][10]
Neben diesen etablierten Raumfahrtorganisationen und -unternehmen veröffentlichten auch mehrereStart-up-Unternehmen ambitionierte Pläne für private Raumstationen.Vast kündigte beispielsweise an, frühestens im Jahr 2025 die Raumstation Haven-1 mit einer Falcon-9-Trägerrakete in eineniedrige Erdumlaufbahn befördern zu lassen und anschließend Astronauten in einer privaten Mission zu der Station zu bringen.[11] DieOrbital Assembly Corporation beabsichtigt die Errichtung des WeltraumhotelsVoyager-Station.
Zukünftige Raumstationen könnten in größerer Entfernung zur Erde in einementfernten rückläufigen Orbit um den Mond[12] oder in einem derLagrange-Punkte des Erde-Mond-Systems positioniert werden. Ein entfernter rückläufiger Orbit oder die Lagrange-Punkte L4 und L5 ermöglichen der Raumstation eine wesentlich stabilere Umlaufbahn, was die nötigen Kurskorrekturen und damit den Treibstoffverbrauch erheblich reduzieren würde. Allerdings ist dieIntensität derkosmischen Strahlung in einer größeren Entfernung zur Erde erheblich größer, weil dort der Schutz durch dieMagnetosphäre der Erde fehlt. In einemerdnahen Orbit senken das Erdmagnetfeld und die Reste der Atmosphäre die Belastung durch diegalaktische kosmische Strahlung um 70–90 %. Für eine Raumstation in größerer Entfernung zur Erde ist es also notwendig, besondere Vorkehrungen zumStrahlenschutz zu treffen.[13]