

Rainer Brüderle (*22. Juni1945 inBerlin) ist ein ehemaligerdeutscherPolitiker (FDP).
Brüderle war von 1987 bis 1998 Wirtschaftsminister des LandesRheinland-Pfalz, von 1998 bis 2009 stellvertretender Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion sowie von 1995 bis 2011 stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP. Vom 28. Oktober 2009 bis zum 12. Mai 2011 war erBundesminister für Wirtschaft und Technologie imKabinett Merkel II. Von 1983 bis 2011 war er zudemFDP-Landesvorsitzender in Rheinland-Pfalz. Vom 10. Mai 2011 bis zum 22. Oktober 2013 war BrüderleVorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion. Für dieBundestagswahl 2013 war Brüderle Spitzenkandidat der FDP.
Brüderle wuchs ab 1948 in einfachen Verhältnissen inLandau in der Pfalz auf, wo sein Vater Walter Johann Theodor[1] nach seiner Rückkehr aus Berlin, wo er seine Stelle beimReichssicherheitshauptamt 1945 verloren hatte[2], ein vom Großvater übernommenes kleines Einzelhandelsgeschäft für Textilien betrieb. Die Familie Brüderle war dort[3] bereits im 19. Jahrhundert als Einzelhändler im Textilbereich tätig.[4] Nach demAbitur 1966 amOtto-Hahn-Gymnasium in Landau absolvierte Brüderle ein Studium derVolkswirtschaftslehre mit den NebenfächernRechtswissenschaft,Publizistik undPolitikwissenschaft an derJohannes Gutenberg-Universität Mainz, das er 1971 alsDiplom-Volkswirt beendete. Danach war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl fürWirtschaftspolitik der Universität Mainz tätig und anschließend von 1975 bis 1981 Direktor des Amtes für Wirtschaft und Verkehrsförderung bzw. ab 1977 für Wirtschaft und Liegenschaften der StadtMainz. Von 1981 bis 1987 war er hauptamtlicherWirtschaftsdezernent der Stadt Mainz.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Jahr 2013 nahm Brüderle in Mainz eine selbstständige Beratertätigkeit mit seinem Unternehmen auf.

Seit 1973 ist Brüderle Mitglied der FDP, in der er von 1981 bis 1983 Vorsitzender des FDP-BezirksverbandesRheinhessen-Vorderpfalz war. Von 1983 bis 2011 war er Landesvorsitzender derFDP Rheinland-Pfalz. Seit 1983 gehört er auch dem FDP-Bundesvorstand an. Von 1995 bis 2011 war er einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der FDP.
Er war vom 12. Mai 2011 bis zum 22. September 2013 Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion.[5] Parteichef Rösler bot Brüderle im Januar 2013 sein Amt als FDP-Parteivorsitzender an; dieser lehnte ab.[6] Brüderle wurde beim 64. Parteitag am 10. März 2013 zum Spitzenkandidaten für dieBundestagswahl 2013 gewählt.[7]
Brüderle war von 1987 bis 1998 Mitglied desRheinland-Pfälzischen Landtages und dort 1987 kurzzeitig Vorsitzender der FDP-Fraktion.
Von 1998 bis 2013 war erMitglied des Deutschen Bundestages. Hier wurde er sogleich zum stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Bundestagsfraktion gewählt. Gleichzeitig war er bis zu seinem Amtsantritt als Bundesminister wirtschaftspolitischer Sprecher der Fraktion und leitete den Fraktionsarbeitskreis für Wirtschaft und Finanzen.
Am 10. Mai 2011 wählte dieFDP-Bundestagsfraktion Brüderle mit 86 Stimmen, bei 2 Enthaltungen und 2 Gegenstimmen, zu ihrem neuen Vorsitzenden. Bei derBundestagswahl 2013 scheiterte die FDP an derFünf-Prozent-Hürde. Brüderle schied daher am 22. Oktober 2013 aus dem Deutschen Bundestag aus.

Am 23. Juni 1987 wurde er als Minister für Wirtschaft und Verkehr in die vonMinisterpräsidentBernhard Vogel (CDU) geführtesKabinett Vogel IV des LandesRheinland-Pfalz berufen. Nach der Wahl vonCarl-Ludwig Wagner zum neuen Ministerpräsidenten wurde Brüderle am 8. Dezember 1988 daneben zum Stellvertreter des Ministerpräsidenten ernannt.
Nachdem die CDU bei derLandtagswahl 1991 erhebliche Verluste hatte hinnehmen müssen, kam es zu einer Koalition zwischen derSPD und FDP. Dem neuen, nun von MinisterpräsidentRudolf Scharping seit dem 21. Mai 1991 geführten Kabinett gehörte Brüderle erneut als Minister für Wirtschaft und Verkehr und stellvertretender Ministerpräsident an.
Nach derBundestagswahl 1994 ging Scharping alsOppositionsführer in den Deutschen Bundestag. Der daraufhin vonKurt Beck seit dem 26. Oktober 1994 geleiteten Landesregierung gehörte Brüderle alsMinister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau sowie als stellvertretender Ministerpräsident an. Aus diesen Ämtern schied er nach seiner Wahl in den Deutschen Bundestag bei derBundestagswahl 1998 aus. Am 28. Oktober 2009 wurde er zum Bundesminister für Wirtschaft und Technologie ernannt. Nach der erfolgten Wahl zum FDP-Fraktionsvorsitzenden gab Brüderle am 12. Mai 2011 sein Amt auf; sein Nachfolger wurde der designierte FDP-VorsitzendePhilipp Rösler.
Ende März 2015 wurde er zum Vorstandsvorsitzenden desBundes der Steuerzahler Rheinland-Pfalz gewählt.[8] Im gleichen Jahr wurde Brüderle Vorsitzender desbpa-Arbeitgeberverbandes.[9]
Am 26. Februar 1996 gelang es ihm, einenGuinness-Rekord aufzustellen. Der Inhalt des Rekords bestand darin, dass sich 1368 Weinköniginnen auf seine Einladung hin gleichzeitig versammelten.
Rainer Brüderle ist verheiratet, evangelisch und wohnt inMainz-Gonsenheim.[10] Während des Bundestagswahlkampfs 2013 stürzte Brüderle im Juni und brach sich Arm und Oberschenkel, anschließend wurde er operiert.[11] Fast drei Jahre hatte Brüderle laut eigener Aussage mit dem Bruch zu kämpfen, da er über zwei Jahre ein Stahlrohr im Bein gehabt habe.[12]
Ende Januar 2013 löste derStern-ArtikelDer Herrenwitz vonLaura Himmelreich eine breite – über das zugrundeliegende Ereignis hinausgehende –Sexismus-Debatte in der deutschen Öffentlichkeit aus. Die Journalistin warf Brüderle vor, ihr ein Jahr zuvor zu nahe getreten zu sein.[13][14][15] In der Folge machten weitere Journalistinnen Brüderle ähnliche Vorwürfe, andere wiederum verteidigten ihn und warfen demStern eine Kampagne gegen den kurz zuvor nominierten Spitzenkandidaten vor.[16][17][18] Brüderle lehnte eine Stellungnahme ab.[19][20] In dem BuchJetzt rede ich! von April 2014 stellte er im Gespräch mitHugo Müller-Vogg seine Sicht der Ereignisse dar.
Brüderle gab gegenüber den Medien Anfang 2010 die Planung für ein Entflechtungsgesetz bekannt; dieses soll es dem Staat erlauben, marktbeherrschende Konzerne (auch ohne konkreten Anlass) zu zerschlagen, wenn der Wettbewerb nicht anders hergestellt werden kann. Die deutschen Stromkonzerne wandten sich daraufhin gegen einen solchen Gesetzentwurf.[21] Im Mai 2010 entschärfte Brüderle den Gesetzentwurf.[22]
Im Mai 2010 versuchte Brüderle, die von ArbeitsministerinUrsula von der Leyen betriebene Einführung einesMindestlohns in der Pflegebranche zu bremsen und bis zum 31. Dezember 2011 zu befristen.[23] Zwei Wochen später lenkte er ein; daraufhin wurde der Mindestlohn zügig perRechtsverordnung eingeführt und bis zum 31. Dezember 2014 befristet.[24] In seiner Funktion als bpa-Präsident begrüßte Brüderle das vorläufige Scheitern des geplanten Flächentarifvertrages für die Altenpflege Anfang 2021, der vomCaritasverband abgelehnt wurde.[25]
Am 9. Juni 2010 lehnte Brüderle einen Antrag von Opel Deutschland auf 1,1 Milliarden Euro Staatshilfe ab. Am gleichen Tag machte KanzlerinAngela Merkel Opel vage Hoffnung auf eine Finanzspritze: „Das letzte Wort zur Zukunft von Opel ist noch nicht gesprochen.“ „Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer“ war eine Begründung Brüderles für sein Votum. Die Staatshilfe hätte seiner Meinung nach zu gravierenden Wettbewerbsverzerrungen in der Branche geführt.[26] Zu einer Regierungsentscheidung kam es allerdings nicht, da General Motors und Opel/Vauxhall in Europa keine Staatshilfe mehr beantragten.[27]
Brüderle hat als Bundesminister für Wirtschaft und Technologie das Vorhaben eines elektronischen Entgeltnachweises (ELENA) mit Hinweis auf die damit verbundenen Belastungen für die öffentlichen Haushalte und den Mittelstand kritisiert.[28] Die schwarz-gelbe Regierung hat sich im Sommer 2011 darauf verständigt, das ursprünglich von der rot-grünen Bundesregierung als Teil der eingeleiteten Hartz-Reformen im Jahr 2002 beschlossene und von der schwarz-roten Bundesregierung mit dem Gesetz über das Verfahren des elektronischen Entgeltnachweises vom 28. März 2009[29] umgesetzte Vorhaben schnellstmöglich einzustellen.[30]
Im März 2011 bezeichnete Brüderle die Reaktion der Deutschen auf dieNuklearkatastrophe von Fukushima als „hysterisch“.[31] Brüderle soll bei einer vertraulichen Präsidiumssitzung desBundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) am 14. März 2011 laut Sitzungsprotokoll geäußert haben, dass die Entscheidung der Bundesregierung für dasMoratorium der Laufzeitverlängerung deutscher Atomkraftwerke unter dem Eindruck der Unfälle im japanischenKernkraftwerk Fukushima I nicht aus Sachgründen erfolgt, sondern dem politischen Druck der bevorstehenden Landtagswahlen geschuldet gewesen sei.[32] Nach der Veröffentlichung der protokollierten Äußerungen durch dieSüddeutsche Zeitung bestritt Brüderle am 24. März 2011 vor dem Bundestag die Richtigkeit des Protokolls, nachdem bereits der BDI-HauptgeschäftsführerWerner Schnappauf (CSU) gesagt hatte, das wenige Tage zuvor von ihm selbst verschickte Protokoll gebe die Äußerungen Brüderles nicht korrekt wieder. Was Brüderle auf der BDI-Sitzung tatsächlich gesagt hatte, ließen beide Seiten dabei offen.[33] Noch am selben Tag berief sich die Süddeutsche Zeitung auf einen nicht genannten Teilnehmer der fraglichen Sitzung, der bestätigte, Brüderles Äußerungen seien, wie im Protokoll festgehalten, gefallen.[34]
Bereits 1997 sprach sich Brüderle für die Abschaffung derWehrpflicht aus. „Die Wehrpflicht ist von gestern“[35] verkündete Brüderle und zog sich damit den Unmut des damaligen VerteidigungsministersVolker Rühe zu. Rühe zog sogar deswegen die „Koalitionsfrage“ in Erwägung. „Gebetsmühlenhaft“[36] fand Brüderle hingegen die Beteuerungen der Wehrdienstanhänger. Brüderle argumentierte, dass die Dienstpflicht das Haupthindernis für die Anpassung der Bundeswehr an neue Anforderungen sei. Eine Armee müsse professionell und modern gerüstet sein und wäre damit das Gegenteil einer Wehrpflichtarmee. Diese sei zwangsläufig groß, schlecht ausgebildet und wegen der hohen Personalkosten fehle ihr das Geld für modernes Gerät. Bei den Koalitionsverhandlungen 2009 setzte die FDP die Herabsetzung der Wehrpflicht auf sechs Monate durch. Am 15. Dezember 2010 wurde durch das Bundeskabinett eine Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 beschlossen. Zum 1. Januar 2011 wurden zum letzten Mal alle Wehrpflichtigen zwangsweise einberufen, seit dem 1. März 2011 werden Wehrpflichtige nicht mehr gegen ihren Willen zum Dienst verpflichtet.
Ein EU-Gesetzesvorhaben im März 2011 zur Kennzeichnungspflicht vonKlon-Produkten und Klontechniken kam aufgrund der deutschen Ablehnung, vertreten durch Rainer Brüderle, zunächst nicht zustande. Dies stieß auf massive politische Kritik.[37]
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Brüderle, Rainer |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (FDP), MdL, MdB |
| GEBURTSDATUM | 22. Juni 1945 |
| GEBURTSORT | Berlin |