Québec (französisch [keˈbɛk],englischQuebec [kwɨˈbɛk] oder [kəˈbɛk], ursprünglichAlgonkinKebec für „wo der Fluss enger wird“; deutsche Schreibweise auchQuebec ohneAkzent[2])[3] ist eineProvinz vonKanada.[4] Québec ist hinsichtlich der Fläche die größte Provinz und diejenige mit dem größtenfrankophonen Bevölkerungsanteil. Mit ihrer Sprache, ihrer Kultur und ihren Institutionen stellt sie eine eigenständige nationale Gemeinschaft innerhalb Kanadas dar.[5]
Die Bevölkerung umfasste im Jahr 2021 rund 8,52 Millionen Einwohner, dieQuebecer (französischQuébécois), und ist damit die zweit-bevölkerungsreichste Provinz Kanadas nachOntario. 2006 wurden die Quebecer offiziell als „Nation in einem vereinten Kanada“ anerkannt. EineNation kann sich auf dasVölkerrecht berufen, das häufig als „internationales Recht“ bezeichnet wird, eineethnische Gruppe hingegen nur aufMinderheitenschutz. Ebenfalls als Nationen,Premières Nations (englischFirst Nations), wird im offiziellen Sprachgebrauch ein Teil der Ureinwohner Kanadas bezeichnet.
Während in Kanada sowohl das Englische als auch das Französische die Amtssprachen sind, ist die ausschließliche Amtssprache der Provinz Québec das Französische. Die Québecer Politik ist von einer permanenten Debatte um die Rolle der Frankophonie im mehrheitlich anglophonen Kanada geprägt, aus der viele Bemühungen um eine größere Souveränität Québecs hervorgehen, die von erweiterten Kompetenzen über eine Assoziation mit Kanada bis hin zu einer vollständigenSezession reichen. 1980 und imQuébec-Referendum 1995 scheiterten in der Provinz Abstimmungen über ihre staatliche Unabhängigkeit.
Québec liegt im Osten Kanadas und grenzt im Westen an die ProvinzOntario und dieHudson Bay, im Osten an die ProvinzenNeufundland und Labrador undNew Brunswick sowie denSankt-Lorenz-Golf, im Süden an dieVereinigten Staaten (BundesstaatenMaine,New Hampshire,Vermont,New York) sowie im Norden an derHudsonstraße anNunavut. Die Provinz ist sehr ausgedehnt – etwa dreimal so groß wieFrankreich – und äußerst dünn besiedelt. Höchster Punkt ist derMont d’Iberville (1652 m bzw. 5420 Fuß),[6] bei den englischsprachigen Kanadiern alsMount Caubvick bekannt, der in denTorngatbergen auf der Grenze zwischen Québec und Neufundland und Labrador gelegen ist. Auf der Seite von Québec liegt jedoch tatsächlich nur der etwa 30 cm niedrigere Nebengipfel mit 5419 Fuß Höhe,[7] während sich der 5420 Fuß hohe eigentliche Gipfel desMount Caubvick circa 10 Meter nordöstlich der Provinzgrenze Quebecs befindet und damit vollständig auf dem GebietLabradors liegt.[8]
DerSankt-Lorenz-Strom, der die Provinz in großem Maße prägt, gehört als Ausfluss derGroßen Seen zu den mächtigsten Flüssen der Welt. Im 17. und 18. Jahrhundert ermöglichte er denfranzösischen Forschern und Siedlern einen leichten Zugang vomAtlantischen Ozean ins Landesinnere. Seit 1959 bildet er einen Teil desSankt-Lorenz-Seewegs. Nordöstlich der Provinzhauptstadt Québec weitet sich der Fluss zum weltweit größtenÄstuar und mündet in denSankt-Lorenz-Golf. Die größte Insel in diesem Golf und größte Insel der Provinz istAnticosti nördlich derGaspésie-Halbinsel.
Satellitenfoto von drei Hügeln der Montérégie-HügelketteDie Laurentinischen BergeMonolithen auf der Insel Quarry vor Havre-St-Pierre
Die mit Abstand am dichtesten besiedelte Region innerhalb der Provinz Québec ist das Sankt-Lorenz-Tiefland, das sich vom Südwesten entlang des Stroms in Richtung Nordosten überMontreal undTrois-Rivières bis zum Ballungsgebiet der Stadt Québec erstreckt. Die Landschaft ist flach und tief gelegen, mit Ausnahme einiger felsiger Hügel ausmagmatischem Gestein bei Montréal, die alsMontérégie-Hügel bezeichnet werden. Die jüngstenSedimentablagerungen entstanden vor rund 14.000 Jahren, als am Ende derWürmeiszeit das seichteChamplainmeer aufgefüllt wurde. Die Kombination aus fruchtbarem Boden und dem mildesten Klima der Provinz machen das Tal zur landwirtschaftlich am meisten genutzten Region.
Mehr als vier Fünftel der Fläche Québecs liegen auf derLabrador-Halbinsel, die zumKanadischen Schild gehört. Die Landschaft ist überwiegend unwirtlich und spärlich besiedelt, weist aber reiche Vorkommen an Bodenschätzen und große Wasserkraftressourcen auf. Der am nördlichsten gelegene Teil, die RegionNunavik auf derUngava-Halbinsel, besteht aus arktischerTundra. Weiter südlich schließt sich ein mehrere hundert Kilometer breiter Streifen mitborealem Nadelwald an. Die Begrenzung des Schilds bilden dieLaurentinischen Berge, einer der ältesten Gebirgszüge der Welt. An der südöstlichen Grenze der Provinz erstrecken sich dieAppalachen, die vonMischwäldern bedeckt sind.
Québec besitzt drei klimatische Hauptregionen. Der Süden und Westen mit den größten Ballungsgebieten wird von einem feuchtenKontinentalklima (Effektive KlimaklassifikationDfb) mit warmen, feuchten Sommern und langen, kalten Wintern geprägt. Die bedeutendsten klimatischen Beeinflussungen kommen aus West- und Nordkanada sowie den südlichen und zentralen Vereinigten Staaten. Infolge des Einflusses von Sturmsystemen aus dem Herzen Nordamerikas und dem Atlantik fallen das ganze Jahr über reichliche Niederschläge. In den meisten Gebieten fällt pro Jahr mehr als 1000 mm Niederschlag, davon 300 mmSchnee. Im Sommer sind extreme Wettersituationen wieTornados undGewitter weit weniger verbreitet als etwa im südlichenOntario, treten aber auch hier gelegentlich auf.
Ein Großteil des zentralen Provinzgebietes hat einboreales Klima (KlasseDfc). Die Winter sind hier lang und zählen zu den kältesten in Kanada, während die Sommer warm, aber aufgrund der hohen Breitenlage und des Einflussesarktischer Luftmassen nur kurz sind. Die Niederschlagsmenge ist außer auf den höheren Erhebungen etwas niedriger als im Süden.
Die nördlichen Regionen der Provinz haben einPolarklima (KlasseET) mit sehr kalten Wintern und kurzen, weitaus kühleren Sommern. Die wichtigsten klimatischen Einflüsse üben Strömungen desArktischen Ozeans (wie zum Beispiel derLabradorstrom) und kontinentale Luftmassen aus der Arktis aus.
Québec ist in 17 Verwaltungsregionen (französischrégions administratives) untergliedert. Diese wiederum setzen sich ausregionalen Grafschaftsgemeinden (municipalités régionales de comté,MRC) zusammen, die gewisse überregionale Verwaltungsaufgaben übernehmen. Dazu gehören die Erstellung eines Flächennutzungsplanes, die Wasserversorgung sowie die Abfallwirtschaft. 14 kreisfreie Städte führen die Aufgaben der MRC selber aus. In den Ballungsgebieten Québec und Montréal gibt es als zusätzliche Ebene den Metropolverband (communauté métropolitaine,CM). Diese Gliederung ersetzt seit den 1980er Jahren die frühere Unterteilung in Grafschaften (comtés).
Die unterste Ebene der kommunalen Selbstverwaltung schließlich bilden die Gemeinden. Als Gemeindeformen gibt es in Québec die Stadt (ville), die Gemeinde (municipalité), das Dorf (village), den Sprengel (paroisse), die Kantonsgemeinde (canton) sowie die nordischen, Cree- und Naskapi-Dörfer (villages nordique, cri et naskapi).
Baskische Walfänger und Fischer kamen ab etwa 1525 regelmäßig an die ostkanadische Küste und stießen bis zum Ästuar des Sankt-Lorenz-Stroms vor. Der erste europäische Entdecker, der ins Innere Québecs gelangte, war der FranzoseJacques Cartier. Er erreichte 1534Gaspé und befuhr im darauf folgenden Jahr den Strom.Pierre Chauvin gründete 1600 einen ersten Handelsposten inTadoussac an der Mündung des FlussesSaguenay.
Karte Neufrankreichs von Samuel de Champlain (1612)
1608 gründeteSamuel de Champlain die StadtQuébec, die zur Hauptstadt der KolonieNeufrankreich ernannt wurde. Es bildeten sich Handelsbeziehungen und schließlich militärische Bündnisse mit denAlgonkin und denWyandot. Pelze wurden nachFrankreich exportiert, im Gegenzug erhielten die Indianer Metallwaren, Schusswaffen und Alkohol. Von der Stadt Québec aus erforschten Waldläufer (coureurs des bois) und katholische Missionare das Innere des nordamerikanischen Kontinents. Weitere Ansiedlungen wurden entlang des St. Lorenz-Stromes (Fleuve St. Laurent) noch im 17. Jahrhundert gegründet (Montréal 1642).
Der Name „Québec“, das in der Algonkin-Sprache „wo der Fluss sich verengt“ bedeutet, bezog sich ursprünglich auf das Gebiet um die Stadt Québec, wo der Sankt-Lorenz-Strom sich durch eine von steilen Felsen begrenzte Engstelle zwängt. Frühe Variationen der Schreibweise des Namens sindQuébecq (1601) und Kébec (1609).[9][10]
1627 gewährte KönigLudwig XIII. derCompagnie de la Nouvelle-France das Monopol auf denPelzhandel, führte ein halb-feudales Landvergabesystem (régime seigneurial) ein und verbot die Ansiedlung von Nichtkatholiken.Sulpizianer undJesuiten gründeten Missionen, um die Algonkin und Wyandot zu bekehren. Da die Kolonialisierung unter der Leitung der Compagnie nur sehr schleppend vorankam, wurde Neufrankreich 1663 unterLudwig XIV. eine königliche Kolonie. Um den Frauenmangel zu mildern, finanzierte der König 800 jungen Frauen und Mädchen, denfilles du roi, die Überfahrt. Im Rahmen desKing William’s War (1689–1697) wurdeQuébec erstmals von Neuengland aus angegriffen. Daraufhin wurden die Stadtbefestigungen verstärkt. Im Verlaufe der nächsten hundert Jahre stieg die Zahl der französischen Siedler, die sichCanadiens nannten, um das Zwanzigfache auf etwa 60.000 an. Wegen der Weigerung der Krone, denHugenotten die Ansiedlung zu erlauben, blieb die Bevölkerungszahl weit hinter jener derDreizehn Kolonien zurück.
Da dieAssimilation der überwiegend französischsprachigen Bevölkerung gescheitert war, verabschiedete das britische Parlament 1774 denQuebec Act. Dieses Gesetz erkannte das französische Rechtssystem, Religionsfreiheit sowie die französische Sprache und Kultur an. Dadurch sollte verhindert werden, dass die Québecer sich den aufständischen Dreizehn Kolonien anschlossen.
Um den geflohenen Loyalisten entgegenzukommen, verabschiedete das britische Parlament dasVerfassungsgesetz von 1791, das die Provinz Québec in das französischsprachigeNiederkanada und das englischsprachigeOberkanada teilte und beiden Kolonien ein gewähltes Parlament gewährte. Die Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und Großbritannien entluden sich imBritisch-Amerikanischen Krieg, der von 1812 bis 1814 dauerte, letztlich aber ergebnislos endete.
Québec (1854)
Wie im benachbarten Oberkanada bildetenLouis-Joseph Papineau undRobert Nelson im Jahr 1837 eine Rebellenbewegung, deren Ziel es war, die britische Kolonialherrschaft zu beenden (→ Rebellionen von 1837). Die britische Armee war zunächst völlig unvorbereitet, konnte den Aufstand jedoch niederschlagen. Gestützt auf einen Bericht vonLord Lambton, der die Ursachen des Aufstands untersucht hatte, wurden Nieder- und Oberkanada 1840 zurProvinz Kanada vereinigt. 1848 erhielt diese das Recht zur Selbstverwaltung und die erste demokratisch gewählte Regierung.
In den 1860er Jahren begannen Delegierte verschiedener Kolonien, inBritisch-Nordamerika über eine Vereinigung zu verhandeln. Schließlich entstand am 1. Juli 1867 mit dem Inkrafttreten desBritish North America Act dasDominion Kanada, und die bisherige Provinz Kanada wurde in die ProvinzenOntario (das frühere Oberkanada) und Québec (das frühere Niederkanada) geteilt. Kanada als Ganzes war zwar mehrheitlich englischsprachig, in Québec jedoch bildeten die Frankophonen die Mehrheit.
Montréal im Jahr 1889
1870 hatte die kanadische BundesregierungRuperts Land von derHudson’s Bay Company erworben und dieNordwest-Territorien geschaffen. Während der nächsten Jahrzehnte trat die Bundesregierung große Teile dieser Territorien an bestehende Provinzen ab oder schuf neue Provinzen. In zwei Schritten konnte Québec seine Fläche um mehr als das Dreifache erweitern (siehe auchTerritoriale Entwicklung Kanadas). Am 13. Juni 1898 erfolgte die erste Erweiterung bis zur Küste derJames Bay. Ein zweites Gesetz schlug am 15. Mai 1912 denUngava-Distrikt im Norden derLabrador-Halbinsel der Provinz zu. Am 11. März 1927 entschied das Justizkomitee des britischenPrivy Councils in einem Grenzkonflikt zugunsten des damals eigenständigen DominionsNeufundland, woraufhin Québec einen Gebietsstreifen abtreten musste.
Hatte sich dieIndustrialisierung zunächst auf die StadtMontreal beschränkt, so setzte diese ab dem späten 19. Jahrhundert auch in der übrigen Provinz ein. Damit einher ging eine rasche Urbanisierung der Provinz, verbunden mit einer hohen Geburtenrate. Vor allem im ländlichen Teil übte dieRömisch-katholische Kirche einen großen Einfluss auf die Gesellschaft aus und dominierte das Erziehungswesen, während in den Städten eine kleine englischsprachige Elite das wirtschaftliche Geschehen kontrollierte. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts setzte auch in den ländlichen Regionen die Industrialisierung ein, die auf der Weiterverarbeitung der natürlichen Ressourcen basierte.
Zwei ideologische Strömungen waren vorherrschend: Auf der einen Seite waren dieLiberalen, welche die Modernisierung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen forderten und im Wirtschaftswachstum und dem Ausbau des Bildungswesens die einzige Möglichkeit sahen, die Provinz in die Zukunft zu führen. Ihnen gegenüber standen konservativeNationalisten, die einen isolationistischen Kurs verfolgten, der auf den Werten desKatholizismus und des ländlichenTraditionalismus beruhte.
Bis Ende der 1950er Jahre wandte sich dieUnion nationale mitMaurice Duplessis an der Spitze konsequent gegen Reformen. Als jedoch 1960 dieParti libéral du Québec vonJean Lesage an die Macht kam, setzte sie einen Reformkurs in Gang, der die Gesellschaft und das Staatswesen Québecs von Grund auf modernisierte und alsStille Revolution (révolution tranquille) bekannt wurde. Die Regierung drängte unter dem SchlagwortMaître chez nous („Herr im eigenen Haus“) den Einfluss der römisch-katholischen Kirche zurück. Darüber hinaus verstaatlichte sieHydro-Québec, einen Energiekonzern, dessen Erschließung der örtlichen Energiereserven die „Grundlage für eine durchgreifende Industrialisierung“ legte.[11]
Die Stille Revolution brachte aber auch eine neue Art des Nationalismus hervor, der nicht mehr auf den traditionellen Werten beruhte. Es entstanden mehrere, zum Teil militante, separatistische Bewegungen. DieFront de libération du Québec (FLQ) verübte zwischen 1963 und 1970 mehr als 200 Bombenanschläge und Banküberfälle, mit dem Ziel, aus der Provinz einen marxistischen Staat zu machen. Die Terrorwelle gipfelte in derOktoberkrise und der kurzzeitigen Verhängung desAusnahmezustands durch die Bundesregierung.[12] In der Folge wurde die FLQ zerschlagen.
Flagge und Grenzschild der Provinz Québec
Hingegen versuchte dieParti Québécois vonRené Lévesque, Québec mit friedlichen Mitteln in die Unabhängigkeit zu führen. Ab 1976 bildete sie erstmals die Provinzregierung. Schon zwei Jahre zuvor war das Französische zur alleinigen Amtssprache erklärt worden, doch mit der 1977 erlassenenCharta der französischen Sprache wurde der Einfluss des Englischen auch im Alltag endgültig zurückgedrängt. BeimQuébec-Referendum 1980 stimmten am 20. Mai 1980 59,6 % der Wähler nicht zuletzt aus wirtschaftlichen Überlegungen gegen eine Loslösung vom kanadischen Staatenverband.[13] Andererseits hat die Provinz nach wie vor nicht die vonPierre Trudeau initiierteVerfassung von 1982 ratifiziert.
Bemühungen der Bundesregierung, Québec mit demMeech Lake Accord und demCharlottetown Accord als „sich unterscheidende Gesellschaft“ anzuerkennen, scheiterten 1989 bzw. 1992. Die Parti Québécois gelangte 1994 wieder an die Macht und setzte ein zweites Unabhängigkeitsreferendum an. DasQuébec-Referendum 1995 scheiterte äußerst knapp mit 50,58 % Nein gegen 49,42 % Ja. Später wurde publik, dass die Föderalisten neunmal so viel Geld für die Abstimmungskampagne ausgegeben hatten wie die Separatisten, darunter auch Staatsgelder. Die Bundesregierung hatte durch eine erhöhte Anzahl an Einbürgerungen vor der Abstimmung ebenfalls Einfluss auf die Wahlen genommen.[14] 1998 legte derOberste Gerichtshof Kanadas in seiner EntscheidungRenvoi relatif à la sécession du Québec fest, dass eine Provinz sich nicht einseitig für unabhängig erklären könne.
Auf Initiative des konservativen PremierministersStephen Harper erkannte daskanadische Unterhaus die Québecer am 27. November 2006 als „Nation innerhalb eines geeinten Kanadas“ an. Harper sagte, dass dies Kanadas Einheit nicht in Frage stellt.[15][16]
Im Jahre 1608, im Gründungsjahr der Stadt, zählte Québec mit den ersten Kolonisten unterSamuel de Champlain lediglich 28 Einwohner, die ausschließlich Männer waren. Die ersten Frauen kamen erst ab 1617 nachNeufrankreich. Nach der allerersten Volkszählung auf dem amerikanischen Kontinent, die IntendantJean Talon am 12. September 1665 begann vorzunehmen und die ein volles Jahr dauerte, hatte die Stadt Québec gerade einmal 547 Einwohner erreicht. Die wichtigste Erkenntnis dieser Volkszählung bestand daraus, dass der männliche Bevölkerungsanteil doppelt so hoch war wie der weibliche. Die größeren Ansiedlungen wie Trois-Rivières, Montréal und Québec sowie die dünne Landbevölkerung hatten zusammengenommen 3.215 Einwohner. Dabei stand die Umgegend der Hauptstadt von Neufrankreich Québec mit über 2.000 Einwohnern an der Spitze.[20] 1754, zwei Jahre vor Ausbruch desSiebenjährigen Krieges, waren es bereits 55.009 Einwohner. Im Jahr 1806 schließlich war die Einwohnerzahl von 250.000 erreicht.
Diezusammengefasste Fruchtbarkeitsziffer lag 2021 bei 1,58.[21] Damit war sie höher als in Kanada insgesamt, wo die Fertilitätsrate im selben Jahr bei 1,43 lag, aber auch weit unter der Reproduktionsziffer von 2,1. Dies steht im Gegensatz zu der Rate vor 1960, als sie zu den höchsten innerhalb allerIndustriegesellschaften zählte. Trotz des Rückgangs der Fruchtbarkeit war dieGeburtenziffer 2020 mit 9,6 ‰[22] immer noch höher als dieSterbeziffer mit 7,9 ‰.[23] DieLebenserwartung lag 2020 bei 80,61 für Männer und bei 84,05 Jahren für Frauen (insgesamt 82,34 Jahre).[24]
Bei der Volkszählung 2001 bezeichneten sich 68,7 % der Bevölkerung als „Kanadier“. 29,6 % warenfranzösischer, 4,1 %irischer, 3,5 %italienischer, 3,1 %englischer und 2,2 %schottischer Abstammung (Mehrfachantworten möglich). Der Anteil der statistisch erfassten Ureinwohner ist gering (1,8 %First Nations, 0,3 %Métis, 0,1 %Inuit).[25] Allerdings verweigern zahlreiche Stämme aus politischen Gründen die Teilnahme an Volkszählungen, solange ihr Status rechtlich nicht endgültig geklärt ist.
Québec ist die einzige kanadische Provinz, deren Amtssprache ausschließlichFranzösisch ist. 79,0 % gaben bei der Volkszählung 2001 an, französischerMuttersprache zu sein. Der Anteil derenglischen Muttersprachler betrug 7,7 %.[26] Allerdings gaben 40,8 % an, fließend zweisprachig (Französisch und Englisch) zu sein.[27] Im Großraum Montréal ist der Anteil der französischen Muttersprachler mit 65 % merklich geringer als im Rest der Provinz. Die sogenannten „Allophonen“, deren Muttersprache weder Französisch noch Englisch ist, machen 11,9 % der Bevölkerung aus. Den größten Anteil hat dasItalienische mit 1,8 %, gefolgt vonArabisch (1,6 %) undSpanisch (1,5 %).[28]
43.665 Personen (0,6 %) gaben 2011 an, eine Sprache der Ureinwohner zu sprechen. 2008 sprachen 47 % aus der Gesamtzahl der First Nations von 71.000 eine Sprache der Ureinwohner als Muttersprache. Dies sind insbesondereCree und andereAlgonkin-Sprachen sowieInuktitut.
Das gesprochene Französisch in Québec variiertdiatopisch,diastratisch unddiaphasisch, das heißt mit dem geographischen Ort, mit der sozialen Schicht und der Sprechsituation. Das Spektrum ist fließend zwischen internationalem Französisch (zum Beispiel in den Medien) mit einigenlexikalischen Québecismen einerseits und für Fremde fast unverständlichen, stark durch andere Sprachen (vor allem Englisch) beeinflussten Dialekten („Joual“) andererseits. Die Umgangssprache liegt dazwischen, als ein in Aussprache und Vokabular stark gefärbtes Französisch.
Québec ist mit seinem hohen Anteil katholischerChristen einzigartig in Kanada. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in der Kolonie Neufrankreich anfangs nur Katholiken angesiedelt wurden, später auch auf die Einwanderung vonIren. AlsSchutzpatron Québecs giltJohannes der Täufer.
90,2 % der Bevölkerung bezeichneten sich bei der Volkszählung 2001 als Christen (83,4 %Katholiken, 4,7 %Protestanten, 1,4 %Orthodoxe und 0,8 % andere Christen). Der Anteil derMuslime lag bei 1,5 %, jener derJuden bei 1,3 %. ZumBuddhismus bekannten sich 0,6 %, zumHinduismus 0,3 %. Keine Angaben machten 5,8 %.[29]
Das Hôtel du Parlement in der Stadt Québec, Sitz der Nationalversammlung
Das politische System Québecs basiert auf demWestminster-System, mit einemEinkammerparlament, derNationalversammlung von Québec (Assemblée nationale du Québec). Diese besteht aus 125 Mitgliedern, die in ebenso vielen Wahlkreisen nach demMehrheitswahlsystem gewählt werden. DerVizegouverneur kann in Absprache mit demPremierminister innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens (spätestens nach fünf Jahren) das Parlament vorzeitig auflösen und Neuwahlen ansetzen, der britischen Parlamentstradition entsprechend. Premierminister ist stets der Vorsitzende derjenigen Partei, welche die meisten Sitze errungen hat. Bis 1968 existierte ein Oberhaus mit ernannten Mitgliedern, derLegislativrat.
Seit 1971 treibt die Provinzregierung den Bau von Wasserkraftwerken im Einzugsbereich derJames Bay voran, vor allem am Fluss La-Grande, mit einer Länge von 893 km. DasBaie-James-Wasserkraftprojekt wird vonHydro-Québec betrieben, die sich in Provinzbesitz befindet. Heute produzieren die Kraftwerke in dieser Region pro Jahr bereits über 83 Terawattstunden (TWh) an Energie.
Das Gebiet von Québec erweist sich als besonders reich an natürlichenRessourcen mit seinen Seen, Flüssen, riesigen Wäldern. Infolgedessen gehören die Papier- undHolzindustrie sowie die Gewinnung elektrischer Energie aus Wasserkraft zu den wichtigsten Industrien der Provinz.
Das Tal des Sankt-Lorenz ist eine sehr fruchtbare Region; man baut Obst, Gemüse und Getreide an. Auch ist Québec der wichtigste Lieferant vonAhornsirup. Daneben wirdViehzucht betrieben.
In den großen Städten findet man auch zahlreiche andere Industrieunternehmen. Zu den größten Industriebereichen zählen Luft- und Raumfahrt, Informationstechnologie, Software und Multimedia.
Tourismus ist ein wichtiger Wirtschaftszweig in der Provinz mit etwa 28 Millionen Besuchern im Jahr 2011. Von ihm sind 400.000 Arbeitsplätze direkt und ca. 48.000 indirekt abhängig. Neben kanadischemBinnentourismus kommen die meisten Touristen (in dieser Reihenfolge) aus denUSA,Frankreich,Großbritannien,Deutschland,Mexiko undJapan.[32]
Das kanadische UmweltministeriumEnvironment Canada verwaltet überParcs Canada zwei Nationalparks in der Provinz, die zusammen eine Fläche von 781 km² aufweisen; hinzu kommt eine sogenannteRéserve de parc national mit 150 km², sowie eineAire marine nationale de conservation, derParc marin du Saguenay–Saint-Laurent mit 1246 km². Dieses Schutzgebiet wird zusammen mit demQuébecer Ministerium verwaltet. Als Schutzgebiet gilt schließlich auch die Grosse-Île-et-le-Mémorial-des-Irlandais, die allerdings eher von historischer Bedeutung ist. Für das Ministerium verwaltet derService canadien de la faune 8 gesonderte Tierschutzgebiete (Réserves nationales de faune) mit 58 km² und 27 Schutzgebiete für Zugvögel mit zusammen 518 km² Fläche. Schließlich kommen noch 71 Réserves écologiques hinzu, mit insgesamt 950 km² Fläche. Zu 67 von ihnen ist der Zugang strikt verboten. 21 Parcs nationaux kommen hinzu, deren irreführender Name zu Verwechslungen mit den kanadischen Nationalparks führt, doch entspricht ihr Status eher dem einesProvinzparks. Zur Unterscheidung werden sie alsParcs nationaux du Québec im Unterschied zu den echten Nationalparks bezeichnet, dieParcs nationaux du Canada heißen. Die Québecer Schutzgebiete sind ganz überwiegend klein, und ihre Bedeutung für den Erhalt von Tierarten wie dem Karibu ist eher gering. Mit dem 2009 eingerichtetenParc national Kuururjuaq im Norden Labradors ist erstmals ein großer Park von über 4000 km² entstanden.
Québec verfügt über 18 Hochschulen bzw. Universitäten, die international gut aufgestellt sind. In einigen Universitäten wird in französischer Sprache, in anderen auf Englisch gelehrt. Zu den größten Universitäten der Provinz gehören dieUniversität Montreal mit rund 55.000 Studenten in fünfzehn Fachbereichen, dieConcordia University mit 43.000 Studenten in sechs Fachbereichen und dieUniversité du Québec à Montréal, an der über 40.000 Studenten in sieben Fachbereichen immatrikuliert sind. Von größerer internationaler Bedeutung ist darüber hinaus die englischsprachige Montrealer UniversitätMcGill. Daneben befinden sich mehrere mittelgroße staatliche Hochschulen sowie kleinere private Einrichtungen, die auch Programme auf Englisch anbieten. In der Regel bieten alle Hochschulen staatlich anerkannte Abschlüsse auf Bachelor-, Master und Promotionsebene an.
Daniel Chartier:Littérature, immigration et imaginaire au Québec et en Amérique du Nord. L’Harmattan, Paris 2006,ISBN 2-296-00264-1
Christian Dufour:Le défi français — regards croisés sur la France et le Québec, Éditions du Septentrion, Sillery, QC 2006,ISBN 2-89448-459-3
Kristina Eichhorst:Ethnisch-separatistische Konflikte in Kanada, Spanien und Sri Lanka (= Kieler Schriften zur politischen Wissenschaft, Bd. 15). Lang, Frankfurt/M. 2005,ISBN 3-631-54069-8.
Yves Bourdon, Jean Lamarre:Histoire du Québec. Laval, Québec 1998,ISBN 2-7616-0753-8
Victor Armony:Le Québec expliqué aux immigrants. VLB Éditeur, Montréal 2007,ISBN 978-2-89005-985-6
in Deutsch:Leben in Québec. Soziokulturelle Betrachtungen eines Zugewanderten. Übers. Regine Scheffer. Synchron, Heidelberg 2010,ISBN 978-3-939381-34-1
Helga Bories-Sawala:Découvrir le Québec. Une Amérique qui parle français. Reihe: Einfach Französisch, Textausgaben für die Schulpraxis.Schöningh, Braunschweig 2010,ISBN 3-14-046270-0 (in französischer Sprache, mit deutschen Vokabeln)
Benoît Dupont, Émile Pérez:Les polices au Québec. Reihe: Que sais-je ? PUF, Paris 2011
Henri-Bernard Jean, Claire Jean, Real Bosa:Histoire des communautés religieuses au Québec. Bibliographie. Bibliothèque nationale du Québec, Montréal 1984
Manuel Meune:1664-2008: de l’oubli du fait allemand à l’émergence d’une mémoire germano-québécoise, in:Zeitschrift für Kanada-Studien ZKS, Jg. 28 no. 2, 2008, S. 9–27 (in Französisch, Abstract in Engl, Dt.)Deutschsprachige in Québec, Volltext
Deutschsprachige Länder, Vertretung für Deutschland, Österreich und die Schweiz, in deutscher Sprache
Die maritime Strategie. Québec, ein Partner in Nordamerika. Über Québec als Hafen von kontinentaler Bedeutung, einschl. angenommener eisfreierNordwestpassage. In Deutsch
Association Québécoise en Allemagne, Deutsch-Québecer Vereinigung, Seite von Québecern in Deutschland und deutschen Interessierten, mit jährlichen Aktivitäten zumCabane à sucre (Hüttenfest) desAhornsirups im Februar, zum Quebecer Nationalfeiertag im Juni, auch Fest Johannes des Täufers genannt, und zumErntedankfest, ursprünglich speziell auf die Maisernte bezogen, im September.
↑Das flächenmäßig größereNunavut ist keine Provinz, sondern ein Territorium.
↑Cour suprême du Canada:Renvoi sur l’opposition du Québec à une résolution pour modifier la Constitution, [1982] 2 R. C. S. 793 (Memento vom 5. Mai 2010 imInternet Archive) – „Wir müssen anerkennen, dass die beiden Völker, die Kanada gegründet haben, grundsätzlich gleich sind und dass Québec innerhalb der kanadischen Föderation durch Sprache, Kultur und Institutionen eine eigenständige Gesellschaft bildet und alle Attribute einer eigenständigen nationalen Gemeinschaft aufweist“, Original: « On devra reconnaître que les deux peuples qui ont fondé le Canada sont foncièrement égaux et que le Québec forme à l’intérieur de l’ensemble fédéral canadien une société distincte par la langue, la culture, les institutions et qui possède tous les attributs d’une communauté nationale distincte ».
↑Christian Lammert, Boris Vormann:New Chances for Accommodation: Has Québécois Separatism Run its Course? Zeitschrift für Kanada-Studien, 2015Online, S. 45–62, bemerken neun Jahre später eine sehr deutliche Entkrampfung im Verhältnis beider Sprachgruppen auf Grund allgemeiner gesellschaftlicher Veränderungen. Kein ernsthafter Mensch stellt die Einheit Kanadas heute in Frage.