Genexpression, kurzExpression oderExprimierung (von lateinischexprimere „ausdrücken“), bezeichnet im weiten Sinn, wie einGen (eine bestimmte genetische Information) zum Ausdruck kommt und in Erscheinung tritt. Durch Genexpression wird derGenotyp einesOrganismus oder einerZelle alsPhänotyp ausgeprägt. Im engeren Sinn ist Genexpression dieBiosynthese vonProteinen auf Grund spezifischer genetischer Information (sieheProteinbiosynthese). Der Begriff umfasst alle dafür nötigen vorangehenden Prozesse, die mit derTranskription einesDNA-Abschnittes als Synthese vonRNA beginnen.
Die unterschiedliche Genexpression ist bei (genetisch gleichen) eineiigen Zwillingen eine Ursache ihrer geringfügig verschiedenen Phänotypen. Bei genetisch verschiedenen Individuen basieren die Unterschiede im Phänotyp neben derModifikation vor allem auf Abweichungen imGenom. Die zeitlichen und räumlichen Unterschiede der Genexpression werden alsspatiotemporale Genexpression bezeichnet.
DieTranskription ist die Synthese vonRNA durchRNA-Polymerasen nach der DNA-Vorlage. Die für Proteine codierenden RNA-Stränge werdenmessenger RNA (mRNA) genannt. BeiEukaryoten entstehen diese imZellkern aus demprimären nukleären Transkript durchRNA-Prozessierung. Außer möglicherRNA-Interferenz und neben eventuellemRNA-Editing zählt hierzu dasSpleißen sowie das Hinzufügen einerCap-Struktur und einesPoly(A)-Schwanzes vor dem Kernexport. Die folgendeTranslation ist die Synthese einesProteins durchRibosomen im Cytoplasma anhand der vorliegenden mRNA. DieBasensequenz der mRNA wird dabei mithilfe vontransfer RNA (tRNA) übersetzt in die codierteAminosäuresequenz der erzeugten Polypeptidkette, welche durchProteinfaltung die native dreidimensionaleProteinstruktur gewinnt. In der Regel werden Proteine nochposttranslational modifiziert.
Allgemeine sowie zell- und entwicklungsspezifische an DNA bindendeTranskriptionsfaktoren regulieren die Transkription. Voraussetzung hierfür ist die Zugänglichkeit derLoci. Da die DNA nicht nackt, sondern verpackt, gewickelt und gefaltet vorliegt, kann infolge dichterChromatin-Struktur ein Gen unzugänglich sein (Heterochromatin) oder durch Veränderung von Chromatinproteinen der Transkription mehr oder weniger entzogen werden. Derart ist eine transkriptionelle Regulation der Genexpression auchepigenetisch möglich.
Zu den posttranskriptionellen Faktoren gehören die Stabilität der mRNA, deren Lokalisation und ihr Abbau, zu den translationalen die Initiation und Elongation an denRibosomen sowie die Verfügbarkeit an (beladener) tRNA, während die Stabilität der gebildeten Proteine, deren Wechselwirkungen und eventuelle darüber rückgekoppelte Prozesse die Genexpression dann posttranslational beeinflussen.
Generell kann eine Regulation der Genexpression auf verschiedenen Stufen stattfinden. Dabei können – insbesondere beiEukaryoten – die genanntenPrinzipien miteinander in Wechselwirkung treten und so im Zusammenspiel vonGenetik undEpigenetik noch komplexereRegulationsmechanismen bilden.
Einige Gene unterliegen keiner derartigen Regulation und werden unabhängig vonZelltyp,Zellstadium und Wachstumsbedingungen dauerhaft gleichmäßig exprimiert. Diese Gene werdenkonstitutiv exprimiert, hierzu gehören unter anderem vieleHousekeeping-Gene. Die von ihnen codierten konstitutiven Enzyme halten die grundlegenden Funktionen einer Zelle aufrecht.
Eine Vielzahl molekularbiologischer Experimente erlaubt es, die Expression, also die relative oder absolute RNA-Menge, in einer Zelle, einem Gewebe oder einem Entwicklungsstadium zu untersuchen. Hierzu gehören dieNorthern-Blot-Analyse, die quantitativeReverse Transkriptase-Polymerase-Kettenreaktion (qRT-PCR), derRNase Protection Assay und dieIn-situ-Hybridisierung. Diese Methoden werden zum Nachweis eines oder weniger Transkripte eingesetzt. Dabei ermöglicht es die In-situ-Hybridisierung mitradioaktiven, mitDigoxigenin-markierten oder mitfluoreszierendenantisense-RNA-Proben die räumliche Transkriptverteilung zu untersuchen. Beabsichtigt man ein großes Spektrum, oder alle RNAs in einer Probe zu bestimmen, spricht man vonTranskriptomik. Hierunter fällt dieDNA-Chip-Technologie (synonymDNA-Microarray), mit der eine große Zahl zuvor identifizierter Transkripte parallel quantifiziert werden kann. Mit der seriellen Analyse der Genexpression (SAGE, von engl.Serial Analysis of Gene Expression) gibt es eine effektive Methode zur Identifizierung von kurzencDNA-Fragmenten, sogenanntentags, die mittels desEnzymsReverse Transkriptase ausmRNA-Molekülen gewonnen wurden. Die neueste Alternative ist die "Gesamt-Transkriptom-Shotgun-Sequenzierung", auchRNA-Seq genannt, die hohe Ansprüche an diebioinformatische Auswertung stellt.
Für den Nachweis der bekannten Proteine benötigt man spezifischeAntikörper, die in verschiedenenImmunassays eingesetzt werden. So erlaubt dieWestern-Blot-Analyse Aussagen über die relative Menge und die Größe der zu untersuchenden Proteine. Für quantitative Untersuchungen eignen sich derEnzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) und derRadioimmunassay. Für den Hochdurchsatz wurdenProtein-Microarrays, auchBiochips genannt, entwickelt. Sie erlauben die parallele Analyse einer Vielzahl von Proteinen in einer geringen Menge biologischen Probenmaterials. Mitimmunhistochemischen und immuncytochemischen Untersuchungen wird die räumliche Verteilung von Proteinen untersucht. Analog zum Transkriptom gibt es auch den Versuch dasProteom von Zellen darzustellen. Die Herausforderungen an die sich schnell entwickelndeProteomik sind aber, auch weil die Zahl der verschiedenen Proteine einer Zelle die der Gene um ein Vielfaches übersteigt, viel größer. Wichtigste Nachweisgeräte sindMassenspektrometer, die immer präziser,sensitiver und schneller werden.
- Nelson C. Lau, David P. Bartel:Zensur in der Zelle. Spektrum der Wissenschaft, Oktober 2003, S. 52–59,ISSN 0170-2971
- Lubert Stryer:Biochemie, 4. Auflage, Spektrum, Heidelberg/Berlin/Oxford 1996,ISBN 3-86025-346-8, (V. Replikation und Expression der Gene, S. 825 ff)
- Jeremy M. Berg, John L. Tymoczko,Lubert Stryer:Biochemistry. 5. Auflage. Freeman, New York 2002,ISBN 0-7167-4684-0,online verfügbar beim NCBI Bookshelf.