Große Otterspitzmaus | ||||||||||||
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Große Otterspitzmaus, Präparat imNatural History Museum in London | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Potamogale | ||||||||||||
Du Chaillu, 1860 | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Art | ||||||||||||
Potamogale velox | ||||||||||||
(Du Chaillu, 1860) |
DieGroße Otterspitzmaus (Potamogale velox) ist eineSäugetierart, die zusammen mit denKleinen Otterspitzmäusen die Familie derOtterspitzmäuse (Potamogalidae) bildet, den nächsten Verwandten derTenreks (Tenrecidae). Sie stellt den größten Vertreter der Familie dar und zeichnet sich durch einotterartiges äußeres Erscheinungsbild mit dichtem Fell und langem, seitlich abgeplattetem Schwanz aus. Markant ist auch der bartartige Kranz an steifenTasthaaren an der Oberlippe. Die Art kommtendemisch im zentralenAfrika vor, wo sie dietropischen Regenwälder desKongobeckens und der angrenzenden Gebiete bewohnt. BevorzugteHabitate setzen sich aus Waldgebieten mit kleinen und klaren Bächen, Flüssen oder Teichen zusammen. Die Otterspitzmaus ist ein guter Schwimmer, der sich im Wasser durch seitliche Schlängelbewegungen des Schwanzes fortbewegt, wobei die Gliedmaßen weitgehend nicht zum Einsatz kommen. Die Tiere leben einzelgängerisch und nachtaktiv, die Hauptnahrung besteht ausFischen undKrebsen. Insgesamt ist über die Lebensweise der Großen Otterspitzmaus aber nur wenig bekannt. Die Art wurde im Jahr 1860 wissenschaftlich eingeführt, aufgrund der unvollständigen Erstfunde war die genaue Gattung und Zuweisung zu einer bestimmten Tiergruppe zunächst unklar. Der Bestand gilt momentan als nicht gefährdet, ihr deutlicher Rückgang würde aber eine höhere Gefährdungskategorie rechtfertigen.
Die Große Otterspitzmaus ist der größte Vertreter der Otterspitzmäuse. Sie besitzt eineKopf-Rumpf-Länge von 30,5 bis 33,7 cm und eine Schwanzlänge von 23,5 bis 29,0 cm. Der Schwanz nimmt somit rund 80 % der Länge des übrigen Körpers ein. Das Körpergewicht liegt bei 517 bis 780 g,[1] andere Angaben belaufen sich auf 340 bis 397 g.[2] Äußerlich haben die Tiere eine entfernte Ähnlichkeit mitOttern. Ihr Körper ist schlank und stromlinienförmig, die Schnauze erscheint durch ihre breite und abgeflachte Gestaltung spatelförmig. Der Körper wird von einem dichten, weißen Unterfell bedeckt, das aus 3000 bis 3500 Haaren je Quadratzentimeter besteht. Im Vergleich zu denKleinen Otterspitzmäusen (Micropotamogale) ist dies aber deutlich dünner.[3] Überlagert wird dieses von leicht groben, insgesamt jedoch weichen und glänzenden Deckhaaren. Das Fell ist am Kopf und an der Oberseite schokoladen- bis tabakbraun, die Haare haben weiße Basen und braune Spitzen. Die weißliche Farbe des Unterfells scheint nicht durch das Deckfell hindurch. An der Unterseite sind die Tiere weißlich gefärbt, das Unterfell besitzt hier eine cremefarbene Tönung. Die deutliche Trennung von der dunklen Ober- zur helleren Unterseite zeichnet sich an den Seiten markant ab. Der Schwanz ist seitlich abgeflacht, an der Basis aber sehr dick, etwa so hoch wie der Rumpf. Der Umfang beträgt etwa 100 mm.[4] Er zeigt die gleiche Färbung wie der Rücken. Das vorderste Viertel ist mit langen Haaren bedeckt, die nach hinten kürzer und enger anliegend werden.[5][1][6]
An der Schnauze ist ein ledrigerNasenspiegel ausgebildet, sein herzförmiger Umriss wird durch eine senkrechte Mittelfurche geteilt. Die oberhalb-seitlich liegenden Nasenlöcher können bei Tauchgängen durch kleine Klappen verschlossen werden. Beidseitig der Oberlippe treten steifeVibrissen in mehreren Reihen auf, die einen auffälligen Bartkranz bilden. Die einzelnen Tasthaare erreichen Längen von bis zu 70 mm.[3] Die Augen sind klein mit einem Durchmesser von 2,5 mm. Die äußerlich sichtbaren Ohrmuscheln weisen Längen von 15 bis 23 mm auf und haben eine rundlich bis gestreckte Form. Die kurzen Beine besitzen jeweils fünf Strahlen an den Händen und Füßen, der äußere und innere Strahl sind kürzer als die drei inneren. Alle Strahlen tragen seitlich gepresste und gebogene Krallen. Zwischen den einzelnen Finger- und Zehengliedern sind keine Schwimmhäute ausgebildet. Wie bei allen Otterspitzmäusen formen der zweite und dritte Zehenstrahl eine Einheit (syndactyl). An der Außenkante des Fußes besteht eine Hautfalte. Der gesamte Hinterfuß misst 39 bis 46 mm in der Länge. Weibchen besitzen zweiZitzenpaare in der Brust- und jeweils eins in der Bauch- und Leistengegend.[5][1][6]
Der Schädel erreicht eine Länge von 60,5 bis 66,3 mm bei einer größten Breite am Hirnschädel von 25,1 bis 27,5 mm. Er ist insgesamt langgestreckt und schmal, die Stirnlinie verläuft gerade. Hinter den Augen befindet sich eine auffallende Einschnürung. DasNasenbein zeigt deutliche Streckungen und wird bis zu 21 mm lang. Der großeMittelkieferknochen überragt nicht die vordersten Zähne. Auf dem paarigenScheitelbein ist ein niedrigerScheitelkamm ausgebildet. DieJochbögen sind wie bei allen Otterspitzmäusen nicht geschlossen. Der Unterkiefer misst in der Länge zwischen 40,9 und 41,6 mm. Markant hier ist der hohe Kronenfortsatz, der über 13 mm hoch wird und deutlich über dem Gelenkfortsatz sitzt.[7][4]
Insgesamt besteht das Gebiss aus 40 Zähnen, dieZahnformel lautet:. Sowohl der erste obere und der zweite untereSchneidezahn sind jeweils vergrößert, sie erinnern anEckzähne und fungieren als Gegenspieler beim Ergreifen der Beute. Die nachfolgenden Zähne einschließlich des Eckzahns und der vorderenPrämolaren sind einfach gestaltet und weisen etwa die gleiche Größe auf. DieMolaren zeigen einzalambdodontes Kauflächenmuster, das sich aus drei Haupthöcker zusammensetzt: den Para-, Meta- und Protoconus (bezogen auf die Oberkieferzähne). Der Protoconus ist gut ausgebildet, abweichend von denKleinen Otterspitzmäusen (Micropotamogale) sind der Metaconus und der Paraconus deutlich getrennt.[4][8] Teilweise wird aus diesem Grund die Zahnstruktur bei der Großen Otterspitzmaus auch als primitivzalambdodont bisdilambdodont bezeichnet.[9][1] Der Paraconus bildet den Haupthöcker der Mahlzähne. Der hinterste obere Molar ist deutlich in seiner Größen reduziert. Die obere Zahnreihe wird 29,2 bis 32,5 mm lang.[10][4][8][1]
Die Große Otterspitzmaus lebtendemisch im zentralenAfrika. Ihr Verbreitungsgebiet reicht vonNigeria östlich desCross River ostwärts über das gesamteKongobecken bis in den Westen vonUganda und südwärts bis in den Norden vonAngola undSambia. Häufige Nachweise gibt es aus dem Osten derDemokratischen Republik Kongo, etwa aus demOkapi-Wildtierreservat, aus demIturi-Regenwald, denItombwe Mountains und vom Oberlauf desLualaba. Ein isoliertes Vorkommen der Art ist aus der Umgebung vonKakamega im westlichenKenia dokumentiert. Die Tiere bewohnen mit einzelnen Ausnahmen die Zone dertropischen Regenwälder. Die Höhenverbreitung reicht vom Meeresspiegelniveau bis in Bergregionen um 1800 m. Bevorzugte Lebensräume bestehen aus Wäldern mit kleinen, langsam fließenden und klaren Flüssen oder Bächen, die manchmal nur 1,5 m breit und 30 cm tief sind. In der Regel kommen die Tiere auch mit natürlichen Eintrübungen des Wassers infolge von Regenfällen zurecht. Darüber hinaus sind sie an Waldteichen und Gebirgsbächen, gelegentlich auch in schlammigen Sümpfen in relativer Nähe zu klarem Wasser zu beobachten. Voraussetzungen für ihre Anwesenheit sind Uferbänke, in denen sie ihrer Nestkammern eingraben können. In der Regel meiden die Tiere größere Ströme, doch gibt es auch Sichtungen von Tieren aus dem FlussIvindo inGabun, der mehrere hundert Meter breit ist. In zuträglichenHabitaten kommt auf 100 m Flusslänge ein Individuum vor, in der Regel ist diePopulationsdichte aber geringer und umfasst ein Tier auf 500 bis 1000 m Flusslänge.[11][2][1][6][12]
Wie bei allen Otterspitzmäusen ist die Lebensweise auch bei der Großen Otterspitzmaus nur wenig erforscht, einzelne Untersuchungen fanden in den 1960er Jahren inGabun und in den 1980er Jahren inKamerun statt. Die Hauptaktivität der Tiere beschränkt sich auf die Nacht. In Gabun waren die Tiere zwischen 20.30 oder 21.00 Uhr bis spätestens 05.30 Uhr aktiv, in Kamerun verließen sie ihren Unterschlupf bereits zwischen 18.50 und 19.20 Uhr und kehrten ebenfalls gegen 05.30 Uhr zurück. Die Aktivitäten nachts verlaufen zyklisch und werden von mehreren Ruhezeiten unterbrochen. In der Regel dauert die erste Aktivitätsphase mit rund drei Stunden am längsten. Während dieser Zeit nimmt die Große Otterspitzmaus ihre hauptsächliche Nahrung auf, sie endet mit einer rund einstündigen Ruhepause. Danach folgt einer Reihe aktiver, aber kürzerer Phasen, die meist zwischen 15 Minuten und anderthalb Stunden anhalten. Den Abschluss bildet eine erneute längere Aktivitätsphase. Während der Nacht sucht die Große Otterspitzmaus Flussläufe auf bis zu 800 m Länge ab.[11][2][1][6]
Die Große Otterspitzmaus ist an ein Leben im Wasser angepasst. Sie schwimmt mit rapiden seitlich schlängelnden Bewegungen. Diese werden durch die Gesäßmuskel (Musculus gluteus) initiiert und in den muskulösen Schwanz übertragen. Dadurch erinnert der Schwimmstil an jenen derFische oderKrokodile. Die Beine, vor allem die vorderen, werden zur Fortbewegung im Wasser nicht verwendet, sondern an den Körper angelegt, was einmalig unter Säugetieren ist. Insgesamt sind die Tiere schnelle und effektive Schwimmer, die zahlreiche Haken im Wasser schlagen. Der Kopf bleibt beim Schwimmen in der Verlängerung des Körpers, wird aber manchmal auch angehoben. Tauchgänge sind eher kurz und dauern meist nur rund 10 Sekunden, sie sind auf die Nahrungssuche beschränkt. Erschrockene oder aufgeschreckte Tiere können bis zu 20 cm hoch aus dem Wasser springen. Gelegentlich ruhen die Tiere für kurze Zeit im Wasser mit reglosem Körper, suchen dafür aber auch Sandbänke und niedrige Uferlagen auf. An Land bewegen sie sich auf den Sohlen eher behäbig fort, längere Strecken werden generell über Wasser bewältigt, auch die Flucht erfolgt in der Regel in das Wasser.[11][2][1][6]
Die Tiere gelten als Einzelgänger, die außer zur Paarungszeit nicht mit anderen Artgenossen zusammenkommen. Die meisten Tiere wurden bisher einzeln gesichtet, aus Kamerun registrierten Forscher zwei Tiere, die für rund zehn Minuten im gleichen Gewässer schwammen. Tagsüber hält sich die Große Otterspitzmaus in unterirdischen Bauen auf, die in die Uferhänge eingegraben und bis zu 4 m lang sind. Häufig befinden sich die Baue unter Bäumen. Sie haben zwei Eingänge, von denen einer von der Erdoberfläche, der andere von unterhalb des Wasserspiegels in den Bau hineinführt. Vor dem oberirdischen Eingang liegt meist ein Haufen mit Auswurfmaterial. Im Innern befindet sich eine runde Nestkammer, die mit Blättern und Holzfasern auspolstert ist. Sie dient als Schlaf- und Ruhekammer, die Tiere ruhen überwiegend auf dem Bauch, seltener auf dem Rücken eingerollt. In der Regel werden die einzelnen Baue nicht über eine längere Zeit genutzt. Möglicherweise ist die Große Otterspitzmaus territorial. ZurDefäkation sucht sie spezielle Latrinen auf, die aus kleinen Eintiefungen von 10 bis 15 cm Durchmesser und 4 bis 5 cm Tiefe bestehen. Die Latrinen liegen auf kleinen Hügeln hoch oberhalb des Wasserspiegels und sind durch umgefallene Bäume oder andere natürliche Weisen geschützt. Es wird angenommen, dass sie auch Reviergrenzen markieren. ZumKomfortverhalten gehört unter anderem das Kratzen mit densyndactyl Krallen des Hinterfußes, was häufig die Nahrungsaufnahme unterbricht.[11][2][1][6]
Die Große Otterspitzmaus ernährt sich in erster Linie von in Wasser lebenden Beutetieren. Untersuchungen von Mageninhalten ergaben vor allemFische,Krabben undInsekten. Unter den Fischen werden besondersKarpfenfische,Buntbarsche undWelsartige wieKiemensackwelse oderStachelwelse bevorzugt. Daneben gehören untergeordnet auchAmphibien wieFrösche zum Speiseplan. Zum Orten der Beute setzt die Große Otterspitzmaus vorwiegend die Tasthaare und denGeruchssinn ein, die Augen spielen keine Rolle. Die Beute wird mit Bissen angegriffen und auf die Seite geworfen, die Hände kommen beim Nahrungserwerb kaum zum Einsatz. Kleine Beutetiere bis 10 mm Länge frisst die Große Otterspitzmaus mit dem Kopf zuerst, größere mit Längen bis zu 15 cm zerteilt sie von der Seite her. Allerdings verschmäht sie Krabben mit einerCarapaxbreite von mehr als 6 bis 7 cm. Teilweise wurde beobachtet, dass die Große Otterspitzmaus ihre Beute an Land bringt und dort verzehrt.[13] Ein einzelnes Individuum kann pro Nacht 150 bis 200 g Nahrung aufnehmen,[11] anderen Berichten an gefangenen Tieren zufolge sind es mehr als 70 g[2] oder 15 bis 20 Krabben.[1][6]
Die Körpertemperatur einer Großen Otterspitzmaus, die aktiv im Wasser schwamm, betrug 35,2 °C bei einer Wassertemperatur von 21,1 °C. Zwei tagsüber ruhende Tiere wiesen dagegen Körpertemperaturen von 29,9 beziehungsweise 31,0 °C auf bei Außentemperaturen um 24 °C. Im Durchschnitt ist die Körpertemperatur bei aktiven Tieren niedriger als bei den meisten anderen Höheren Säugetieren. Wahrscheinlich kann die Große Otterspitzmaus ihre Körpertemperatur während der Ruhephase absenken vergleichbar zu einigen Vertretern derTenreks.[2]
Über die Fortpflanzung ist wenig bekannt. In Gabun wurden in den 1960er Jahren vier trächtige Weibchen gefangen, die eins bis zweiEmbryonen trugen. Ob die Reproduktion jahreszeitlich abhängig ist, kann derzeit nicht bestimmt werden, die trächtigen Weibchen wurde sowohl während der Regen- als auch während der Trockenzeit beobachtet. Eines der Weibchen war dabei in Begleitung zweier Jungtiere von 18 bis 19 cm Gesamtlänge. Möglicherweise bleibt der Nachwuchs bis zur Geburt des nächsten Wurfes beim Muttertier. Das lässt darauf schließen, dass es bei der Großen Otterspitzmaus wenigstens zweimal im Jahr zur Verpaarung kommt.[11][1] Die natürliche Lebenserwartung ist unbekannt, die meisten in Gefangenschaft gehaltenen Tiere verstarben bereits nach 9 bis 14 Tagen zumeist durch Verlust der wasserabweisenden Eigenschaften des Fells und darauf folgender Minderung der Körpertemperatur und Verschmutzung.[2][6]
ÄußereParasiten bilden vor allem Zecken der GattungIxodes. Als innere Parasiten sind Fadenwürmer belegt, so die GattungenMolineus,Galeiceps,Parastrongyloides,Procamallanus undSpinitectus. Ein Großteil der Fadenwürmer nutzt Fische und Amphibien als Zwischenwirte.[14][15][1]
Innere Systematik der Otterspitzmäuse nach Everson et al. 2016[16]
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Die Große Otterspitzmaus ist eineArt aus derGattungPotamogale. Die Gattung wird alsmonophyletisch angesehen und enthält somit nur einen Vertreter. Zusammen mit denKleinen Otterspitzmäusen (Micropotamogale) bildet die Große Otterspitzmaus dieFamilie derOtterspitzmäuse (Potamogalidae). Die Otterspitzmäuse umfassen kleinere,endemisch im äquatorialenAfrika vorkommende Säugetiere. Sie sind an eine semi-aquatische Lebensweise angepasst. Charakteristische Merkmalen der Familie stellen die verwachsenen zweiten und dritten Zehenstrahlen, das fehlendeSchlüsselbein und daszalambdodonte Kauflächenmuster der Mahlzähne dar. Als nächste Verwandte der Otterspitzmäuse gelten dieTenreks (Tenrecidae), die wiederum weitgehend nur aufMadagaskar verbreitet sind. Die Trennung der Otterspitzmäuse und der Tenreks erfolgte lautmolekulargenetischen Untersuchungen im UnterenEozän vor rund 48,3 Millionen Jahren. Im Übergang vom Oberen Eozän zum UnterenOligozän vor etwa 33,8 Millionen Jahren spalteten sich die Otterspitzmäuse in die beiden heutigen Gattungslinien auf. Es werden keine Unterarten der Großen Otterspitzmaus unterschieden.[16][1]
Die wissenschaftlicheErstbeschreibung der Großen Otterspitzmaus stammt vonPaul Belloni Du Chaillu aus dem Jahr 1860. Er führte sie unter der BezeichnungCynogale velox durch und verwies die neue Art dadurch zu denSchleichkatzen, im engeren Sinne zur Nahverwandten derOtterzivette, die eigentlich nur inAsien vorkommt. Für seine Beschreibung stand Du Chaillu lediglich die Haut mit Fell zur Verfügung, der Schädel und das Skelett waren zerstört. Das Exemplar war von Du Chaillu bei einer Expedition in das zentrale Afrika selbst gefangen worden, als Typuslokalität gab ermountains of the interior, or in the hilly country … north and south of the equator („Gebirge im Landesinneren, oder hügeliges Gelände ... nördlich und südlich des Äquators“) an. In seiner Publikation stellte er verschiedene neue Tierarten aus dem westlichen Zentralafrika vor, heute wird allgemein der FlussOgooué inGabun alsTerra typica der Großen Otterspitzmaus genannt.[1] Den Artnamenvelox vergab Du Chaillu aufgrund der raschen Schwimmbewegungen der Tiere im Wasser, die ihn erstaunten (vonLateinischvelox für „schnell“ oder „rasch“). Er betonte außerdem, dass er als GattungsbezeichnungPotamogale bevorzugen würde, für die er aber keine Definition erstellte. Da ihm nur das Fell zur Verfügung stand, beließ er es beiCynogale.[13][17]
Das Fell gelangte daraufhin in dasBritish Museum in London und wurde vonJohn Edward Gray im Folgejahr neu untersucht. Gray lehnte den Verweis zuCynogale ab, stattdessen kreierte er die GattungMythomys, die er über die Fellgestaltung und die Form des Schwanzes definierte. Seiner Vermutung nach gehörte die Gattung eher zu denGlires (Nagetiere undHasenartige), wobei er Übereinstimmungen mit derBisamratte (Ondatra; er belegte diese mit der altenSynonymbezeichnungFiber) oder demBiber (Castor) sah. Gleichzeitig sprach sich Gray gegen die BezeichnungPotamogale aus, da Du Chaillu keine Merkmalsdiagnose abgegeben hatte.[18] Er wiederholte seine Position in einem nahezu zeitgleich erschienenen Aufsatz, bezeichnete dort die neue Gattung aber alsMystomys.[19] Im Jahr 1865 analysierteJosé Vicente Barbosa du Bocage ein sehr gut erhaltenes Fell mit Skelettteilen eines ausgewachsenen Weibchens sowie einenFötus ausAngola, die sich in Lissabon befanden. Dabei erkannte Barboga du Bocage anhand des nun vollständig vorliegenden Gebisses, dass es sich um ein insektenfresserartiges Tier handelt, das aus Sicht des Skelettbaus am stärksten den Tenreks und denSpitzmäusen ähnelte. Er verwies die Funde zur GattungBayonia, seiner Hauptpublikation, die zwei Jahre später erschien, fügte er zusätzlich auch eine zeichnerische Darstellung des Tieres bei.[20][21]
Anfang der 1860er Jahr erhieltGeorge James Allman ein vollständiges Individuum ausNigeria, das von Archibald Hewan naheCalabar gefangen worden war. Allman, dem die Tierart unbekannt war, wurde vonPhilip Lutley Sclater auf die Publikationen von Du Chaillu und Gray aufmerksam gemacht. Allman konnte mit Hilfe des Individuums erstmals eine vollständige Beschreibung der äußeren Merkmale und des Skeletts vorlegen, der zugehörige Bericht war bereits 1863 fertiggestellt, erschien aber erst drei Jahre später. Wie Barboga du Bocage fielen ihm die Ähnlichkeit mit anderen Insektenfressern (in der damaligen Sichtweise) auf. In seiner kritischen Analyse hob Allman die BezeichnungPotamogale als valide hervor und verwies Gattung und Art zur eigenständigen Familie der Potamogalidae. Diese stellte er denSchlitzrüsslern (Solenodon) als nächste Verwandte zur Seite.[5] Noch vor Veröffentlichung von Allmans Bericht wandte sich Gray in einem offenen Brief an diesen und lehnte die BezeichnungPotamogale erneut ab. In diesem wiederholte Gray seine schon vorher vorgetragenen Argumente, kritisierte aber auch die Namensschöpfung, daPotamogale seiner Meinung nach entgegen der tatsächlichen Verwandtschaftsverhältnisse ein „wieselartiges“ Tier implizieren würde (Potamogale:Griechischποταμός (potamos) für „Fluss“ undγαλἑη (gale) für „Wiesel“).[22] In seiner sehr umfassenden Studie zu den Insektenfressern mit dem TitelA monograph of the Insectivora korrigierteGeorge Edward Dobson im Jahr 1883 die systematische Stellung vonPotamogale und stufte die Große Otterspitzmaus als eng verbunden mit den Tenreks ein.[7]
Barbosa du Bocage hatte in seiner Beschreibung die Zahnanzahl korrekt mit 40 angegeben, Allman dagegen mit 36, er konnte keinen Eckzahn identifizieren.Fredericus Anna Jentink benannte daher 1895 die Form von Allman inPotamogale allmani um und grenzte sie vonPoatmogale velox durch die Unterschiede im Gebissaufbau und zudem durch Abweichungen in der Fellfärbung ab.[23] Knapp zehn Jahre später unterschiedGuillaume Grandidier bei der Untersuchung von Exemplaren aus demMuséum national d’histoire naturelle in Paris ebenfalls zwischen Tieren mit 36 und mit 40 Zähnen.[24] VonOldfield Thomas wiederum stammt die BezeichnungPotamogale velox argens, die er 1915 anhand von zwei Tieren vom Oberlauf des Kongo einführte. Er rechtfertigte die neue Unterart mit Abweichungen in der Farbgebung des Fells.[25] Neuuntersuchungen von Allmans Individuum zeigten später, dass der Eckzahn zwar vorhanden, der letzte Molar aber noch nicht ausgebildet ist und so offensichtlich ein Jungtier vorliegt. Zudem konnten bei der Kongo-Expedition desAmerican Museum of Natural History in den Jahren 1909 bis 1915 über 50 Individuen gesammelt werden. Dies erbrachte neue Erkenntnisse über die Variationsbreite der Großen Otterspitzmaus. Die beiden später benannten Formen gelten daher heute alsSynonyme vonPotamogale velox.[26]
Die größte Bedrohung für den Bestand der Großen Otterspitzmaus ist der Verlust des Lebensraums durch Waldrodungen im Zuge von Holzentnahme oder Schaffung landwirtschaftlicher Nutzflächen. Die damit einhergehende Bodenerosion und Verminderung der Wasserqualität durchSedimenteintrag führt zum Rückgang der lokalenPopulationen, was beispielsweise inKamerun ein großes Problem ist. Darüber hinaus werden die Tiere lokal wegen ihres Felles gejagt, andere Tiere wiederum verfangen sich in Fischfallen. Es ist aber unbekannt, inwiefern sich dies tatsächlich auf die Bestände auswirkt. Bis 1996 galt die Art als gefährdet, seit dem Jahr 2006 bis heute (letzter Stand 2015) wird sie aufgrund ihres großen Verbreitungsgebietes von derIUCN in die Kategorie „nicht gefährdet“ (least concern) eingestuft. Die Organisation weist aber darauf hin, dass aufgrund des starken Rückgangs der Bestände eine höhere Gefährdungskategorie gerechtfertigt sei. Die Große Otterspitzmaus ist in mehreren Naturschutzgebieten präsent. Insgesamt liegen nur wenige Informationen zur Lebensweise, zu denHabitatbedürfnissen und zur Verbreitung allgemein vor. Die IUCN mahnt daher die Notwendigkeit von Feldstudien undMonitoringprogrammen an.[12]