Positronium

Positronium ist einexotisches Atom, das aus einemElektron und seinemAntiteilchen, demPositron, besteht.
Eigenschaften
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Spinzustände
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Es wird zwischenOrtho- undParapositronium unterschieden. Während dieSpins von Elektron und Positron (jeweils ½) beim Orthopositronium gleichgerichtet sind, der Gesamtspin des Systems also 1 beträgt, sind sie im Parapositronium entgegengerichtet, wodurch der Gesamtspin hier 0 beträgt.
Elektron und Positronannihilieren, so dass das Positronium nur eine geringeLebensdauer hat. Parapositronium zerfällt mit einer mittleren Lebensdauer von 0,125 ns in zweiPhotonen.[1] Orthopositronium kann aus Gründen der Invarianz unterLadungskonjugation nur in eine ungerade Zahl Photonen zerfallen, aus Gründen derLorentzinvarianz (Energie-Impulserhaltung) also mindestens drei. Da dieser Prozess weniger wahrscheinlich ist, hat es mit 142 ns die erheblich längere Lebensdauer.[2]
Größe und Bindungsenergie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Zur Berechnung des Radius im Grundzustand ergibt sich imBohrschen Atommodell:
- .
Da die Massen des Elektron und des Positrons gleich groß sind, ist diereduzierte Masse μ halb so groß. Damit ergibt sich für ein Wert, der doppelt so groß ist wie derBohrsche Radius, der Radius desWasserstoff-Atoms. Der Abstand zwischen Elektron und Positron ist jedoch nicht der Radius, sondern der Durchmesser des Positronium-„Atoms“. Wasserstoff-Atom und Positronium sind daher im Bohrschen Atommodell gleich groß.
Da der Abstand der beiden Teilchen doppelt so groß ist wie im Wasserstoffatom, ist die Bindungsenergie nur halb so groß. Sie ist demnach gleich der halbenRydberg-Energie:
- .
Relativistische quantenmechanische Rechnung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Positronium kann ebenfalls durch eine besondere Form der Zwei-Körper-Dirac-Gleichung behandelt werden. Ein System von zwei Punktteilchen mitCoulomb-Wechselwirkung lässt sich im (relativistischen)Impulsraum exakt separieren. Die resultierendeGrundzustandsenergie ist von J. Shertzer[3] mit einerFinite-Elemente-Methode sehr genau berechnet worden. Ihre Ergebnisse führten zur Entdeckung von anomalen Zuständen.[4][5]
Die Dirac-Gleichung mit einemHamiltonoperator für zwei Dirac-Teilchen und einem statischen Coulomb-Potential ist nicht relativistisch invariant. Fügt man jedoch die Terme mit,, hinzu (oder, wobei dieFeinstrukturkonstante ist), so ist das Ergebnis relativistisch invariant. Nur der führende Term wird berücksichtigt. Der Beitrag zur Ordnung ist der Breit-Term; der Term zur Ordnung wird jedoch selten verwendet, weil in Ordnung bereits dieLamb-Verschiebung auftritt, welcheQuantenelektrodynamik erfordert.[3]
Vorhersage und Entdeckung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Theoretisch vorhergesagt wurde das Positronium-Atom 1932 vonCarl David Anderson und z. B.Stjepan Mohorovičić.[6] Der erste Nachweis gelang 1951 dem PhysikerMartin Deutsch amMassachusetts Institute of Technology.
Chemische Verbindungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Positronium kann chemische Verbindungen bilden und ähnelt dabei dem Wasserstoff. Man verwendet dasElementsymbol Ps.
Di-Positronium
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Di-Positronium, oder auchDipositronium, (Ps2) ist einMolekül aus zwei Positronium-Atomen und damit eine Analogie zum Wasserstoffmolekül aus zwei normalen Wasserstoffatomen. Die Existenz wurde vonJohn Archibald Wheeler bereits 1946 vorhergesagt und theoretisch beschrieben, das Molekül konnte 2007 von David Cassidy und Allen Mills erstmals experimentell hergestellt und nachgewiesen werden.[7][8]
Positronisches Wasser
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Positronisches Wasser ist einhypothetisches kurzlebiges,wasserähnliches Molekül aus einemSauerstoff- und zwei Positroniumatomen (Ps2O). Im Vergleich zum normalen Wasser werden also die Wasserstoffatome durch Positronium ersetzt.
Jiang und Schrader sagten 1998 auf der Grundlage vonQuanten-Monte-Carlo-Simulationen vorher, dass positronisches Wasser zwar existieren könne, jedoch chemisch nicht so stabil wie normales Wasser sei, da dieBindungsenergie nur etwa 30 % so groß sei.[9]
In der Praxis wurde positronisches Wasser bislang noch nicht hergestellt.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- G. Schatz, A. Weidinger:Nukleare Festkörperphysik. 3. Auflage. Teubner Studienbücher, Stuttgart 1997,ISBN 3-519-23079-8.
- D. B. Cassidy, A. P. Mills Jr.:The production of molecular positronium. In:Nature.Band 449,S. 195,doi:10.1038/nature06094.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑A. H. Al-Ramadhan, D. W. Gidley:New precision measurement of the decay rate of singlet positronium. In:Phys. Rev. Lett.Band 72,Nr. 11, 1994,S. 1632–1635,doi:10.1103/PhysRevLett.72.1632.
- ↑R. S. Vallery, P. W. Zitzewitz, D. W. Gidley:Resolution of the Orthopositronium-Lifetime Puzzle. In:Phys. Rev. Lett.Band 90,Nr. 20, 2003,S. 203402,doi:10.1103/PhysRevLett.90.203402.
- ↑abT. C. Scott, J. Shertzer, R. A. Moore:Accurate finite element solutions of the two-body Dirac equation. In:Phys. Rev. A.Band 45,Nr. 7, 1992,S. 4393–4398,doi:10.1103/PhysRevA.45.4393.
- ↑Chris W. Patterson:Anomalous states of Positronium. In:Phys. Rev. A.Band 100,Nr. 6, 2019,S. 062128,doi:10.1103/PhysRevA.100.062128.
- ↑Chris W. Patterson:Properties of the anomalous states of Positronium. In:Phys. Rev. A.Band 107,Nr. 4, 2023,S. 042816,doi:10.1103/PhysRevA.107.042816.
- ↑S. Mohorovičić:Möglichkeit neuer Elemente und ihre Bedeutung für die Astrophysik. In:Astronomische Nachrichten. 253. Jahrgang,Nr. 4, 1934,S. 93–108,doi:10.1002/asna.19342530402.
- ↑Molecules of Positronium Observed in the Laboratory for the First Time (Memento vom 9. Februar 2008 imInternet Archive). Pressemitteilung,University of California, Riverside, 12. September 2007.
- ↑Jonathan Fildes:Mirror particles form new matter. BBC News, 12. September 2007.
- ↑N. Jiang, D. M. Schrader:Positronic Water, Ps2O. In:Phys. Rev. Lett.Band 81,Nr. 23,S. 5113,doi:10.1103/PhysRevLett.81.5113.