Thiophen

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Strukturformel
Struktur von Thiophen
Allgemeines
NameThiophen
Andere Namen

Thiofuran

SummenformelC4H4S
Kurzbeschreibung

farblose Flüssigkeit mit schwach benzolartigem Geruch[1]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer110-02-1
EG-Nummer203-729-4
ECHA-InfoCard100.003.392
PubChem8030
ChemSpider7739
WikidataQ305364
Eigenschaften
Molare Masse84,14 g·mol−1
Aggregatzustand

flüssig

Dichte

1,06 g·cm−3 (20 °C)[1]

Schmelzpunkt

−38°C[1]

Siedepunkt

84 °C[1]

Dampfdruck
  • 80 hPa (20 °C)[1]
  • 206 hPa (40 °C)[1]
  • 309 hPa (50 °C)[1]
Löslichkeit
Dipolmoment

0,55(1)D[3] (1,8 · 10−30 C · m)

Brechungsindex

1,5289[2]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]
GefahrensymbolGefahrensymbol

Gefahr

H- und P-SätzeH:225​‐​302​‐​319​‐​412
P:210​‐​260​‐​262​‐​273​‐​305+351+338​‐​403+235[1]
Toxikologische Daten

1400 mg·kg−1 (LD50Ratteoral)[2]

Thermodynamische Eigenschaften
ΔHf0

80,2 kJ/mol[4]

Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten beiStandardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex:Na-D-Linie, 20 °C

Thiophen, auchThiofuran genannt, ist eineorganischeVerbindung mit derSummenformel C4H4S und zählt zu denHeteroaromaten. VierKohlenstoffatome und einSchwefelatom bilden einen Fünfring mit sechs π-Elektronen, vier stammen von denDoppelbindungen und zwei von einem freienElektronenpaar des Schwefels.

Tritt ein Thiophenring alsSubstituent auf, so wird dies mit demPräfixThienyl- angegeben. AlsAnelland heißt erThieno.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

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Thiophen wurde 1883 vonVictor Meyer in Rohbenzol entdeckt, das durch Destillation vonSteinkohlenteer gewonnen wurde.[5] Während „phen“ auf das gasförmige Kokereiprodukt „Leuchtgas“ hinweisen sollte, das damals alsStadtgas zur Beleuchtung (gr. phainomei: leuchten) in den Städten diente, leitet sich „Thio“ vom Schwefel (gr. theion, vgl. auchThioether) ab.

Das von Victor Meyer verwendete Rohbenzol bildete mitIsatin einen blauen Farbstoff, wenn es mitSchwefelsäure versetzt wurde (Indophenin-Reaktion). Daher hielt man die Bildung desIndophenins lange Zeit für eine Reaktion mit Benzol, bis ein Versuch mit reinemBenzol keine Farbreaktion ergab.[6]

Hugo Erdmann undJacob Volhard gelang die Thiophensynthese in der nach beiden benanntenVolhard-Erdmann-Zyklisierung. Die deutschen ChemikerWilhelm Steinkopf und G. Kirchhoff erhielten die Verbindung 1914 durch die Reaktion vonAcetylen mitPyrit.[7][8]

Herstellung

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Technisch wird Thiophen ausButan undSchwefel bei 560 °C synthetisiert:[9]

C4H10 + 4 S  C4H4S + 3 H2S{\displaystyle \mathrm {C_{4}H_{10}\ +\ 4\ S\ \rightleftharpoons \ C_{4}H_{4}S\ +\ 3\ H_{2}S} }

Statt Butan können auchDerivate des Butans, wieButene,Butadien oder1-Butanol eingesetzt werden, als Schwefelspender auch beispielsweiseSchwefeldioxid oderSchwefelkohlenstoff.[2]

Weiterhin kann Thiophen durch Erhitzen vonNatriumsuccinat mitDiphosphortrisulfid oder durch Überleiten vonAcetylen über erhitztenPyrit erhalten werden.[2]

Eigenschaften

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Thiophen ist beiRaumtemperatur eine mitWasser nicht mischbareFlüssigkeit, diebenzolartig riecht und bei 84 °Csiedet.

Da es sich um einearomatische Verbindung handelt, unterscheiden sich seine Eigenschaften stark von denen konventionellerThioether: So ist es beispielsweise nicht möglich, den Schwefel mittelsMethyliodid zu alkylieren, während die diesen flankierenden CH-Gruppen empfänglich für einenelektrophilen Angriff sind. Da es sich mit Schwefelsäure leichtsulfonieren lässt, ist die Umwandlung in die wasserlöslicheThiophensulfonsäure die Basis für Abscheidung von Thiophen aus verunreinigtem Benzol. Eine Trennung des Benzol-Thiophen-Gemisches durchDestillation ist aufgrund der sich um nur 4 °C unterscheidenden Siedepunkte kaum möglich.

Sicherheitstechnische Kenngrößen

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Thiophen bildet leicht entzündliche Dampf-Luft-Gemische. Die Verbindung hat einenFlammpunkt von −9 °C.[1][10] DerExplosionsbereich liegt zwischen 1,5 Vol.‑% (52 g/m3) als untere Explosionsgrenze (UEG) und 12,5 Vol.‑% (435 g/m3) als obere Explosionsgrenze (OEG).[1][10] Der maximaleExplosionsdruck beträgt 8,4 bar.[1][10] DieGrenzspaltweite wurde mit 0,91 mm (50 °C) bestimmt.[1][10] Es resultiert damit eine Zuordnung in dieExplosionsgruppe IIA.[1][10] DieZündtemperatur beträgt 395 °C.[1][10] Der Stoff fällt somit in dieTemperaturklasse T2.

Polythiophen

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Polythiophene (PT) können durchelektrochemische Polymerisation von Thiophen oder dessenDerivate hergestellt werden. Auch ist die Herstellung ausGrignard-Verbindungen von 2,5-Dihalogenthiophenen[2] oder durchOxidation möglich. Polythiophene sind höchst stabil gegenüber Wärme, Sauerstoff oder Feuchtigkeit.

Undotiertes Polythiophen besitzt nur eine geringeLeitfähigkeit. Durch Dotieren mit geeignetenOxidationsmitteln werden jedoch Leitfähigkeiten bis 100 S/cm erreicht. Daher finden dotierte Polythiophene alsElektrodenmaterial,Halbleiter und Lichtemitter inOrganischen Leuchtdioden Verwendung.[2] Die Polythiophene leuchten bei Anlegung einer Spannung, wobei die jeweilige Farbe mit der elektrischen Spannung variiert werden kann. Da unsubstituiertes Polythiophen unlöslich und unschmelzbar ist, werden zur besseren Verarbeitung PT-Derivate benutzt.

Vorkommen

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Thiophen ist wie Benzol imSteinkohlenteer enthalten und kann auch als Verunreinigung in diesem enthalten sein.

Siehe auch

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  • Ersetzt man formal den Schwefel des Thiophens durchSauerstoff, so erhält man die strukturanaloge VerbindungFuran.
  • Ersetzt man formal das Schwefelatom durchSelen, so erhält manSelenophen.

Weblinks

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Einzelnachweise

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  1. abcdefghijklmnopEintrag zuThiophen in derGESTIS-Stoffdatenbank desIFA, abgerufen am 20. Februar 2018. (JavaScript erforderlich)
  2. abcdefgEintrag zuThiophen. In:Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 4. April 2014.
  3. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL,Dipole Moments, S. 9-58.
  4. David R. Lide (Hrsg.): CRC Handbook of Chemistry and Physics. 90. Auflage. (Internet-Version: 2010), CRC Press / Taylor and Francis, Boca Raton FL,Standard Thermodynamic Properties of Chemical Substances, S. 5-25.
  5. V. Meyer:Über den Begleiter des Benzols im Steinkohlentheer in Ber. dt. chem. Ges. 16 (1883) 1465ff.
  6. Victor Meyer: Über den Begleiter des Benzols im Steinkohlenteer
  7. W. Steinkopf, G. Kirchhoff in Ann. Chem. Pharm. 403 (1914) 1ff.
  8. Rolf Werner Soukup:Chemiegeschichtliche Daten organischer Substanzen, Version 2020, S. 157pdf.
  9. Beyer-Walter Lehrbuch der Organischen Chemie, 23. Auflage, S. Hirzel Verlag 1998.
  10. abcdefE. Brandes, W. Möller:Sicherheitstechnische Kenngrößen. Band 1:Brennbare Flüssigkeiten und Gase. Wirtschaftsverlag NW – Verlag für neue Wissenschaft, Bremerhaven 2003.
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