Polstelle

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f(x)=1/x hat einen Pol erster Ordnung an der Stelle x=0

In derMathematik bezeichnet man eine einpunktigeDefinitionslücke einerFunktion alsPolstelle oder auch kürzer alsPol, wenn dieFunktionswerte in jederUmgebung des Punktes (betragsmäßig) beliebig groß werden. Damit gehören die Polstellen zu denisolierten Singularitäten. Das Besondere an Polstellen ist, dass sich die Punkte in einer Umgebung nicht chaotisch verhalten, sondern in einem gewissen Sinne gleichmäßig gegenunendlich streben. Deshalb können dortGrenzwertbetrachtungen durchgeführt werden.

Generell spricht man nur beiglatten oderanalytischen Funktionen von Polen. In derSchulmathematik werden Pole bei reellengebrochen-rationalen Funktionen eingeführt. Sollen auch Singularitäten von anderen Funktionen, etwatranszendenten Funktionen, z. B. beimSekansf(x)=1cosx{\displaystyle f(x)={\tfrac {1}{\cos x}}}, untersucht werden, so ist es am zweckmäßigsten, dieanalytische Fortsetzung auf denkomplexen Zahlen zu betrachten.

Inhaltsverzeichnis

Reelle Funktionen

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Im Folgenden seif:RXR{\displaystyle f\colon \mathbb {R} \supset X\to \mathbb {R} } einerationale Funktion auf denreellen Zahlen. Eine allgemeinere Herangehensweise wird weiter unten beiKomplexe Funktionen dargestellt.

Polstellen und stetig hebbare Definitionslücken rationaler Funktionen

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Jede rationale Funktion lässt sich alsQuotient zweierPolynome schreiben:

f(x)=A(x)B(x)=amxm+am1xm1++a1x+a0bnxn+bn1xn1++b1x+b0mitm,nN0{\displaystyle f(x)={\frac {A(x)}{B(x)}}={\frac {a_{m}x^{m}+a_{m-1}x^{m-1}+\cdots +a_{1}x+a_{0}}{b_{n}x^{n}+b_{n-1}x^{n-1}+\cdots +b_{1}x+b_{0}}}\quad {\text{mit}}\quad m,n\in \mathbb {N} _{0}}

Dabei seienA{\displaystyle A} undB{\displaystyle B} ungleich demNullpolynom. Dann können Polstellen vonf{\displaystyle f} generell nur an denNullstellen des Nennerpolynoms auftreten. Habe alsoB{\displaystyle B} einek{\displaystyle k}-fache Nullstelle inx0R{\displaystyle x_{0}\in \mathbb {R} }. Da sich Nullstellen mittelsPolynomdivision aufgrund desFundamentalsatzes der Algebra ausfaktorisieren lassen, giltB(x)=(xx0)kS(x){\displaystyle B(x)=(x-x_{0})^{k}\cdot S(x)}, dabei istS{\displaystyle S} ein Polynom vom Gradnk{\displaystyle n-k} undS(x0)0{\displaystyle S(x_{0})\neq 0}. Jetzt hängt es vom Zählerpolynom ab, obx0{\displaystyle x_{0}} eine Polstelle ist.

Bemerkungen

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Ordnung einer Polstelle

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Die Ordnung einer Polstelle wird durch einenatürliche Zahl ausgedrückt und ist die Entsprechung zurVielfachheit einer Nullstelle. Je höher die Ordnung ist, umso schneller streben die Funktionswerte betragsmäßig gegen unendlich. Zusätzlich wird zwischen gerader und ungerader Ordnung unterschieden. Jede Polstelle einer rationalen Funktion hat eine endliche, eindeutig bestimmte Ordnung. Istf{\displaystyle f} wie oben definiert, dann erhält man zwei PolynomeP,Q{\displaystyle P,Q}, die keinenLinearfaktor gemeinsam haben, sodassf(x)=P(x)/Q(x){\displaystyle f(x)=P(x)/Q(x)}, indem man alle stetig behebbaren Definitionslücken herauskürzt. Dann hatf{\displaystyle f} inx0{\displaystyle x_{0}} genau dann eine Polstellek{\displaystyle k}-ter Ordnung, wennQ{\displaystyle Q} dort einek{\displaystyle k}-fache Nullstelle hat, oder anders formuliert, wenn1/f{\displaystyle 1/f} inx0{\displaystyle x_{0}} einek{\displaystyle k}-fache Nullstelle hat. Ebenso spricht man von einem Pol der Ordnung 0, wennf{\displaystyle f} dort keine Polstelle hat.

Verhalten des Graphen

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Der Absolutwert derGammafunktion geht nach Unendlich an den Polstellen (links). Rechts hat sie keine Polstellen und steigt nur schnell an.

DerGraph der Funktion verschwindet bei Annäherung an die Polstelle im Unendlichen und besitzt dort einesenkrechte Asymptote. Das genaue Verhalten wird durch die Ordnung der Polstelle festgelegt. Je höher die Ordnung ist, umso steiler erscheint der Graph.

Bei einerungeraden Ordnung spricht man auch von einer Polstelle mitVorzeichenwechsel, der Graph springt aus dem positiven in den negativenBildbereich oder umgekehrt.

Bei einem Polgerader Ordnung liegt der Graph auf beiden Seiten der Polstelle im Bildbereich mit dem gleichenVorzeichen. Man spricht dann auch von einer Polstelle ohne Vorzeichenwechsel.

Existenz von uneigentlichen Grenzwerten

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Hatf{\displaystyle f} eine Polstelle inx0{\displaystyle x_{0}}, dann existiert ein Grenzwertlimxx0f(x){\displaystyle \textstyle \lim _{x\to x_{0}}f(x)} nur dann, wenn links- und rechtsseitiger Grenzwert übereinstimmen. Ist die Ordnung der Polstelle gerade, so ist dies stets gegeben und der Grenzwert ist{\displaystyle \infty } oder{\displaystyle -\infty }.

Bei einem Pol ungerader Ordnung kann man nur dann von einem Grenzwert sprechen, wenn+={\displaystyle +\infty =-\infty } gesetzt wird. DieseEinpunktkompaktifizierung erhält aber nicht diekleiner/gleich-Relation und wirkt deswegen zunächst unnatürlich. Diereellen Zahlen können aber in diekomplexen Zahleneingebettet werden und, da diese nicht angeordnet sind, ist es durchaus sinnvoll.

Beispiele

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Die Funktionf(x)=1x2{\displaystyle f(x)={\frac {1}{x^{2}}}} hat einen Pol 2. Ordnung beix=0{\displaystyle x=0}.

Die Funktionf(x)=1(x2)3{\displaystyle f(x)={\frac {1}{(x-2)^{3}}}} hat einen Pol 3. Ordnung beix=2{\displaystyle x=2}.

Die Funktionf(x)=x+2x3+x2x1=(x+2)(x+1)2(x1){\displaystyle f(x)={\frac {x+2}{x^{3}+x^{2}-x-1}}={\frac {(x+2)}{(x+1)^{2}(x-1)}}} hat fürx=1{\displaystyle x=-1} eine Polstelle der Ordnung 2 und fürx=1{\displaystyle x=1} eine Polstelle 1. Ordnung.

Die Funktionf(x)=x2+3x+2x3+x2x1=(x+2)(x+1)(x+1)2(x1)=(x+2)(x+1)(x1){\displaystyle f(x)={\frac {x^{2}+3x+2}{x^{3}+x^{2}-x-1}}={\frac {(x+2)(x+1)}{(x+1)^{2}(x-1)}}={\frac {(x+2)}{(x+1)(x-1)}}} hat fürx=1{\displaystyle x=-1} undx=1{\displaystyle x=1} Polstellen der Ordnung 1.

Schwierigkeiten bei der Verallgemeinerung

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Während es nach obigem Vorgehen keine Probleme bereitet, z. B. für dieTangensfunktion die Existenz und Ordnung der Polstellen anzugeben, wird es bei derLogarithmusfunktion fürx=0{\displaystyle x=0} unmöglich. Generell bereitet jede glatte, aber nicht-analytische Funktion Schwierigkeiten. Eine Möglichkeit, damit umzugehen, bietenfunktionentheoretische Mittel.

Komplexe Funktionen

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SeiGC{\displaystyle G\subset \mathbb {C} } einGebiet,DG{\displaystyle D\subset G} einediskrete Teilmenge undf:GDC{\displaystyle f\colon G\setminus D\to \mathbb {C} } eineholomorphe Funktion. Dann kannf{\displaystyle f} auf den Punkten vonD{\displaystyle D} drei verschiedene Arten von isolierten Singularitäten haben.

Definition

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Folgende Definition enthält die Pole reellwertiger rationaler Funktionen als Spezialfall.SeiaD{\displaystyle a\in D}. Falls es einkN0{\displaystyle k\in \mathbb {N} _{0}} gibt, sodasslimza(za)kf(z){\displaystyle \textstyle \lim _{z\to a}(z-a)^{k}\cdot f(z)} inC{\displaystyle \mathbb {C} } existiert, so kommt es zu folgenden Fällen:

Existiert keine solche natürliche Zahlk{\displaystyle k}, so hatf{\displaystyle f} einewesentliche Singularität ina{\displaystyle a}.

Aus demriemannschen Hebbarkeitssatz folgt, dass der Grenzwertlimza(za)kf(z){\displaystyle \textstyle \lim _{z\to a}(z-a)^{k}\cdot f(z)} schon dann existiert, wenn(za)kf(z){\displaystyle (z-a)^{k}\cdot f(z)} in einer Umgebung vona{\displaystyle a} beschränkt ist.

Eine weitere Charakterisierung von Polstellen ist folgende:f{\displaystyle f} hat ina{\displaystyle a} genau dann einen Pol der Ordnungk{\displaystyle k}, wenn der Hauptteil derLaurent-Reihe auf einer ina{\displaystyle a}punktierten Kreisscheibe endlich ist und der kleinste Index eines nichtverschwindendenKoeffizienten der Laurent-Reihe geradek{\displaystyle -k} ist.

Meromorphe Funktionen

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Hauptartikel:Meromorphe Funktion

Komplexe Funktionen, die auf einemGebiet holomorph sind und deren Singularitäten höchstens Pole sind, werden auch meromorph genannt. Wegen desIdentitätssatzes kann die Polstellenmenge einer aufC{\displaystyle \mathbb {C} } meromorphen Funktion nur diskret sein. Damit liegen in jederkompakten Teilmenge höchstens endlich viele Pole. Für die gesamte Ebene belegt derSatz von Mittag-Leffler die Existenz von Funktionen mit unendlich vielen Polstellen. Mit Hilfe der Ordnung der Pol- und Nullstellen einer meromorphen Funktion kann einDivisor definiert werden.

Betrachtet man den kompaktifiziertenAbschluss der komplexen ZahlenC¯=C{}{\displaystyle {\overline {\mathbb {C} }}=\mathbb {C} \cup \{\infty \}}, so bilden meromorphe Funktionen ihre Polstellen auf{\displaystyle \infty } ab. Lässt manC¯{\displaystyle {\overline {\mathbb {C} }}} auch imDefinitionsbereich zu, so haben genau diePolynomek{\displaystyle k}-ten Grades in{\displaystyle \infty } eine Polstelle der Ordnungk{\displaystyle k}. Allgemein sind meromorphe FunktionenCC{\displaystyle \mathbb {C} \to \mathbb {C} } holomorph aufC¯{\displaystyle {\overline {\mathbb {C} }}}, wenn sie in{\displaystyle \infty } höchstens einen Pol haben. Damit sind dies holomorphe Funktionen auf einerkomplexen Mannigfaltigkeit, nämlich derriemannschen Zahlenkugel. Es lässt sich zeigen, dass jede holomorphe FunktionC¯C¯{\displaystyle {\overline {\mathbb {C} }}\to {\overline {\mathbb {C} }}} global alsQuotient zweier Polynome ausgedrückt werden kann und somit stets einerationale Funktion ist.

Satz vom Null- und Polstellen zählenden Integral

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Hauptartikel:Residuensatz

Seif{\displaystyle f} eine auf einem GebietGC{\displaystyle G\subset \mathbb {C} } meromorphe Funktion. Dann gilt für jedeglatte, geschlossene,rektifizierbareKurveγG{\displaystyle \gamma \subset G}, die weder Null- noch Polstellen vonf{\displaystyle f} berührt und die eine TeilmengeHG{\displaystyle H\subset G} berandet:

12πiγf(z)f(z)dz=NfPf{\displaystyle {\frac {1}{2\pi i}}\int _{\gamma }{\frac {f'(z)}{f(z)}}dz=N_{f}-P_{f}}.

Dabei sindNf{\displaystyle N_{f}} undPf{\displaystyle P_{f}} die Anzahl der Null- bzw. Polstellen inklusive ihrer Vielfachheiten, die inH{\displaystyle H} liegen. Insbesondere gilt für jede aufG=C¯{\displaystyle G={\overline {\mathbb {C} }}} meromorphe FunktionNf=Pf{\displaystyle N_{f}=-P_{f}}.

Beispiele

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f(x) = 1/sin(x)

Weiteres

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Literatur

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  • Manfred Zimmermann (Hrsg.):Einführungsphase Mathematik. 5. Auflage. Transparent-Verlag, Berlin 1991,ISBN 3-927055-03-4.
  • Georg Hoever:Höhere Mathematik kompakt. 2., korrigierte Auflage. Springer Verlag, Berlin/ Heidelberg 2014,ISBN 978-3-662-43994-4.

Weblinks

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