DiePlebejer (lateinischplebs,f, „Menge, Volk“) waren in derrömischen Republik alle Bürger, die nicht dem alten Erbadel, denPatriziern (lat.patres „Väter, Vorfahren“), angehörten. Zu den Plebejern zählte also die große Mehrheit der Römer, vor allem Bauern und Handwerker, aber auch Händler und Wohlhabende. Sie dürfen daher nicht mit denproletarii gleichgesetzt werden, die nur einen Teil derplebs bildeten.
Früh stellten gerade die wohlhabenden Plebejer die politische Vorherrschaft der Patrizier in Frage. Während derStändekämpfe (ca. 500–287 v. Chr.) setzten die Plebejer gemäß der späteren Tradition immer wieder diesecessio plebis als Druckmittel im Konflikt mit dem Adel ein. Da Rom fast andauernd im Krieg mit seinen Nachbarn lag, mussten die Patrizier, die sich wohl auf bewaffnete Gefolgschaften stützten, häufig Kompromisse eingehen.
Am Ende der Ständekämpfe hatten die Plebejer wichtige wirtschaftliche, rechtliche und politische Zugeständnisse erreicht. Was dieVersammlung der Plebejer beschloss, wurde fortan als allgemeines Gesetz anerkannt, und dieVolkstribune galten nun offiziell im Rahmen descursus honorum als Beamte. Sie erhielten das Recht, Maßnahmen derMagistrate zu verbieten (z. B. die Bestrafung eines Plebejers, vgl.comitia populi tributa). Da die Patrizier die meisten politischen Vorrechte eingebüßt hatten, bildeten sie fortan gemeinsam mit erfolgreichen plebejischen Familien eine neue Elite, die sich nicht mehr über Abstammung, sondern über Leistungen für den Staat legitimierte, dieNobilität.
Im Jahre 494 v. Chr. streikten die Plebejer zum ersten Mal für mehr Rechte (secessio plebis), und im Jahr 449 v. Chr. kam es zum zweiten Auszug derplebs aus der Stadt Rom, 445 v. Chr. wurde ihnen das Recht zugestanden, Patrizier zu heiraten (lex Canuleia). In der Folge (367 v. Chr.) bauten sich die Plebejer eigene Strukturen auf (die Volksversammlung und die neuenMagistraturen des Volkstribuns sowie des plebejischenÄdils). Alle diese Zugeständnisse wurden angeblich mit dem Druckmittel dersecessio plebis durchgesetzt. Historiker wieUwe Walter weisen allerdings darauf hin, dass es sich bei diesen Schilderungen vielfach um Rückprojektionen aus späterer Zeit handeln dürfte (Walter 2017).
Der Ständekonflikt wurde 287 v. Chr. endgültig gelöst. Damals setzte der plebejischeDiktatorQuintus Hortensius ein Gesetz durch, das die Beschlüsse der Volksversammlung nicht nur für die Plebejer, sondern für alle römischen Bürger bindend machte (lex Hortensia). In der Folgezeit gelang mehreren plebejischen Geschlechtern der Aufstieg in dieNobilität; nur das Amt deskurulischen Ädils und einige Priestertümer blieben Plebejern verwehrt.
Zur Zeit der späten Republik verschob sich die Bedeutung des Wortesplebs. Der Begriff diente nun häufig der sozialen Differenzierung der Bürger unterhalb desSenatoren- undRitterstands. Es wurde zwischen den städtischen (was sich nur auf die Stadt Rom bezieht) Plebejern, derplebs urbana, und den ländlichen, derplebs rustica, unterschieden. Hierbei kam derplebs urbana besondere Bedeutung zu, da nur sie aufgrund ihrer Ortsansässigkeit an den Volksversammlungen und somit an der Wahl von Magistraten teilnehmen konnte. Das führte dazu, dass sie vonpopularen Politikern mittels Getreidezuweisungen und Ähnlichem umworben wurde. Ferner konnte dieplebs urbana auch „physischen“ Druck ausüben (in Form von Massendemonstrationen und Ausschreitungen). Es ist umstritten, inwieweit sie als eigenständiger politischer Faktor oder nur als „Spielball“ von populären Politikern bewertet werden muss.
Das WortPlebs hat eineBedeutungserweiterung erfahren. Es bedeutet heute auch allgemein „viel Volk“, insbesondere abwertend „einfaches Volk“ oder „ungebildeteMasse“. Entsprechend bedeutetplebejisch ohne historischen Kontext „ungebildet,vulgär, pöbelhaft“. In demselben Bedeutungsverhältnis stehen die WörterProletarier (historischer Begriff) undProlet (abwertende Bezeichnung).
Im Gegensatz zur historischen Bedeutung (die Plebs) schwankt bei der verallgemeinerten Bedeutung dasGenus:der Plebs, seltenerdie Plebs.
Im Italienischen besteht das im Lautstand veränderte Erbwortpieve neben der bildungssprachlichen Neuentlehnungplebe fort. In Ortsnamen wie beispielsweisePieve Santo Stefano erhalten, bezeichnete diepieve eine Pfarrei.
Lateinischplebs ist verwandt mit lat.plere „füllen“ undplenus „voll“.
Das deutsche WortPöbel ist nicht direkt mitplebs verwandt. Es geht überaltfranzösischpoble „Dienerschaft, gemeine Leute“ zurück auf lat.populus „Volk“. Wahrscheinlich gehörtpopulus zur selben indogermanischen Wortsippe wieplebs undplenus – und ebenso die gleichbedeutenden deutschen WörterVolk undvoll. Somit gibt es vermutlich eine gemeinsame Urverwandtschaft – mit der Grundbedeutung „voll“ oder „viele“.
- Jürgen von Ungern-Sternberg: Plebs. In:Der Neue Pauly (DNP). Band 9, Metzler, Stuttgart 2000,ISBN 3-476-01479-7, Sp. 1124–1127.
- Katja Kröss:Die politische Rolle der stadtrömischen Plebs in der Kaiserzeit (=Impact of Empire. Band 24).Brill, Leiden/Boston 2017.
- Richard E. Mitchell:Patricians and Plebeians. The Origins of the Roman State. Ithaca 1990.
- Jean-Claude Richard:Patricians and Plebeians. The Origin of a Social Dichotomy. In:Kurt Raaflaub (Hrsg.):Social Struggles in Ancient Rome, Berkeley 1986, S. 105 ff.
- Uwe Walter:Patrizier und Plebejer in der römischen Literatur. In:Museum Helveticum 74, 2017, S. 172 ff.