Otto Wöhler (*12. Juli1894 inGroßburgwedel; †5. Februar1987 ebenda) war ein deutscherGeneral der Infanterie, der imZweiten Weltkrieg in verschiedenen Positionen Generalstabsoffizier und zuletzt Oberbefehlshaber der8. Armee und dann derHeeresgruppe Süd war. 1948 wurde er im NürnbergerOKW-Prozess wegenKriegsverbrechen undVerbrechen gegen die Menschlichkeit zu acht Jahren Haft verurteilt.
Wöhler stammt aus einer in Burgwedel alteingesessenen niedersächsischen Bauernfamilie, die schon im 19. Jahrhundert Gemeindevorsteher stellte. So war sein Vater Heinrich (1868–1953) von 1908 bis 1935 Gemeindevorsteher. Seine Mutter Emma Henke starb 1895 mit zweiundzwanzig Jahren.[1] Wöhler wohnte später in der nach seinem Vater benannten Heinrich-Wöhler-Straße in Großburgwedel, wo sich heute das MuseumHeimatstube Großburgwedel befindet.
Er wählte eine Laufbahn als Berufssoldat, nahm alsLeutnant (20. Mai 1914, Patent von 1912 „ohne Protektion“)[1] amErsten Weltkrieg teil, wo er zuletzt ein Bataillon im 1. Ober-Elsässischen Infanterie-Regiment Nr. 167 an der Front kommandierte und im November 1918 den Rest seines Regiments als stellvertretender Regimentskommandeur in dieKasseler Garnison zurückführte. Er wurde mit beiden Klassen desEisernen Kreuzes, dem Ritterkreuz desKöniglichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern, dem Ritterkreuz desHerzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens mit Schwertern und demWaldeckisches Verdienstkreuz III. Klasse mit Schwertern sowie für seine drei Verwundungen mit demVerwundetenabzeichen in Silber ausgezeichnet.[1][2]
Wöhler blieb nach Ende des Krieges 1919 als Regimentsadjutant im Reichswehr-Schützenregiment 22 in Kassel in derReichswehr, wo er 1923 zumOberleutnant und 1925 zumHauptmann befördert wurde und 1926 den Generalstabslehrgang absolvierte. 1932 war erMajor, 1935Oberstleutnant und 1938Oberst im Generalstab derWehrmachtakademie Berlin.[1]
Bei Beginn desZweiten Weltkriegs war WöhlerErster Generalstabsoffizier („Ia“) der14. Armee (GeneraloberstWilhelm List) beimÜberfall auf Polen und 1940 Generalstabschef des XVII. Armeekorps (Wien) imWestfeldzug. Vom 1. Oktober 1940 bis 1942 war er Generalstabschef der11. Armee, in der er ab September 1941 unter dem Oberbefehl vonErich von Manstein diente, ab Januar 1942 im Rang einesGeneralmajors, später im Jahr zumGeneralleutnant befördert. Zwischenzeitlich hatte man ihn am 26. Januar 1941 mit demDeutschen Kreuz in Gold ausgezeichnet.[3]
In seiner Funktion als Generalstabschef der 11. Armee setzte Wöhler derEinsatzgruppe D enge Grenzen. Die Einsatzgruppe D war als einzige Einsatzgruppe einer Armee und nicht einer Heeresgruppe zugeteilt. Wöhler band den Gruppenstab und zwei Einsatzkommandos an ihren Standort Pietra Neamt und legte die Einsatzorte der drei Sonderkommandos fest. Wöhler berief sich dabei auf das „Wagner-Heydrich Abkommen“, das eine Weisungsbefugnis derWehrmacht vorsah, falls Feindaktivitäten in den rückwärtigen Gebieten Operationen stören würden. Wöhler behandelte die SS-Kommandos wie Hilfstruppen, denen er minutiös die Einsatzorte vorschrieb. Seine Intention war aber nicht, wie der HistorikerJohannes Hürter ausführt, die Einsatzgruppe am Morden zu hindern, sondern er wollte sie im Interesse der Armee verwenden und etwa zur Sicherung des Gefechtsgebiets hinter der kämpfenden Truppe einsetzen. Mit der Zeit ließ die Armeeführung der Einsatzgruppe D aber die gewünschte freie Hand. Konnte der Chef der Einsatzgruppe D,Otto Ohlendorf, in den ersten zwei Monaten des Kriegs 4425 erschossene Personen melden, so stieg die Tötungsrate bis Ende September 1941 auf 35.782 Menschen.[4] ImProzess in Nürnberg, in welchem Ohlendorf als Zeuge der Verteidigung aussagte, bewies Wöhlers Einflussnahme, dass er von den Erschießungen durch die Einsatzgruppen wusste[5]. Wöhler verbot Angehörigen der Wehrmacht auch ausdrücklich Fotos von diesen Erschießungen anzufertigen und Wehrmachteinheiten, sich daran zu beteiligen[6].
Ab April 1942 war er Generalstabschef derHeeresgruppe Mitte unter GeneralfeldmarschallGünther von Kluge. 1943 war erKommandierender General des I. Armeekorps derHeeresgruppe Nord, ab Juni 1943 im Rang einesGenerals der Infanterie. Im Januar 1943 war er am vergeblichen Versuch des Entsatzes der eingeschlossenen FestungWelikije Luki beteiligt. Im Juli/August 1943 war er mit seinem Korps an der Abwehr des Angriffs zweier sowjetischer Armeen in derDritten Schlacht am Ladogasee beteiligt, wofür er namentlich imWehrmachtbericht (12. August 1943) erwähnt wurde. Im selben Monat erhielt er dasRitterkreuz des Eisernen Kreuzes.[1] Am 22. August 1943 übernahm er den Oberbefehl über die neu aufgestellte8. Armee, die ehemaligeArmeeabteilung Kempf, die dafür allerdings nicht verstärkt wurde.General der PanzertruppeWerner Kempf war abgelöst worden, weil er es für unmöglich hielt, Charkow zu halten, und auch Wöhler gab Charkow schließlich auf. Wöhler führte die Armeegruppe in Rückzugsgefechten schrittweise vomDnepr bis nach Rumänien. Sein Stabschef war dabei zeitweise der spätere NATO-GeneralHans Speidel. In den Kesselschlachten derOperation Jassy-Kischinew im August 1944 inMoldawien konnte er nur einen Teil der 8. Armee nach Ungarn retten, wo er im Dezember (offiziell am 28. Dezember) den Oberbefehl über dieHeeresgruppe Süd übernahm, den er fast bis Kriegsende behielt (er wurde am 6. April 1945 vonLothar Rendulic abgelöst[7] und am 7. April 1945 in dieFührerreserve versetzt). Am 28. November 1944 erhielt er dasEichenlaub zum Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes für seine Beteiligung an den Abwehrschlachten beiDebrecen, nachdem er schon im selben Jahr den rumänischen OrdenMichael der Tapfere erhalten hatte.Hitler lehnte eine Beförderung zum Generaloberst mit der Begründung ab, er sei zwar ein guter General, aber ein schlechter Nationalsozialist.[8]
Nach dem Krieg wurde Wöhler, wie später sein ehemaliger Chef Manstein, vor ein alliiertes Gericht gestellt wegen derEinsatzgruppenaktivitäten während seiner Zeit als Generalstabschef der 11. Armee (unterRitter von Schobert und, nachdem dieser gefallen war, Manstein) verurteilt. Ausschlaggebend für die Verurteilung in Nürnberg war nicht die Frage, wie viel Wöhler wusste, sondern ein Befehl Wöhlers, der den Einsatzgruppen unmittelbar ein Operationsgebiet zuwies, das seiner Befehlsgewalt zugeordnet wurde (und nicht der seines Vorgesetzten Manstein)[9].
Wöhler wurde 1948 im NürnbergerOKW-Prozess wegen Kriegsverbrechen undVerbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt. Sein Verteidiger warGerhard Rauschenbach. Er wurde für schuldig befunden, verboteneZwangsarbeit von Kriegsgefangenen in seinem Kommandobereich geduldet, denKriegsgerichtsbarkeitserlass eingeführt, Zivilisten zur obligatorischen Zwangsarbeit im Reich verpflichtet und mit den Einsatzgruppen (Unterbringung, Verpflegung und Unterstützung bei Exekutionen) zusammengearbeitet zu haben und zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.[10] Er verbüßte seine Strafe imKriegsverbrechergefängnis Landsberg und wurde im Januar 1951 wegen guter Führung auf Bewährung entlassen.[11]
Wöhler war in Burgwedel über lange Jahre im Rat vertreten, war Vorsitzender des Forstverbandes Fuhrberg, im Verwaltungsrat der Pestalozzi-Stiftung und als Schirmherr vieler Vereine aktiv. Er wurde in Burgwedel bestattet.[1] Er war zweimal verheiratet, in erster Ehe mit Hildegard Miltner aus Kassel (mit ihr hatte er den Sohn Gert, † alsSeekadett 1944 imfinnischen Meerbusen), in zweiter Ehe mit der Gärtnerin Gertrud Zinn.[1] Nach seinem Tod hinterließ er einen Teil seines Vermögens einer nach ihm benannten sozialen Stiftung, die aus den Vermögenserträgen u. a. Bedürftige unterstützt. Auch der schriftliche Nachlass inklusive einerAutobiografie Wöhlers befindet sich im Besitz der General-Wöhler-Stiftung (heute: Gertrud-Wöhler-Stiftung)[12].
Personendaten | |
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NAME | Wöhler, Otto |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher General der Infanterie im Zweiten Weltkrieg |
GEBURTSDATUM | 12. Juli 1894 |
GEBURTSORT | Großburgwedel |
STERBEDATUM | 5. Februar 1987 |
STERBEORT | Großburgwedel |