Movatterモバイル変換


[0]ホーム

URL:


Zum Inhalt springen
WikipediaDie freie Enzyklopädie
Suche

Oskar Schröder

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Oskar Schröder während derNürnberger Prozesse

Oskar Schröder (*6. Februar1891 inHannover; †26. Januar1959 inMünchen) war ein deutscherSanitätsoffizier undHNO-Arzt. Als Chef des Sanitätswesens derLuftwaffe war er anMenschenversuchen imKZ Dachau beteiligt, für die er imNürnberger Ärzteprozess verurteilt wurde.

Leben

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Schröder studierte von 1910 bis 1914Medizin an derKaiser-Wilhelm-Akademie für das militärärztliche Bildungswesen. 1911 wurde er imPépinière-Corps Saxonia aktiv.[1] Erpromovierte am 30. August 1919 in Berlin zumDr. med.[2] Zwischenzeitlich diente er imErsten Weltkrieg alsTruppenarzt. Nach Kriegsende – für das Deutsche Reich mit einer Verkleinerung der Streitkräfte verbunden – schied Schröder aus dem Militärdienst aus. 1923 wurde er auch Mitglied des von der KWA nach Hamburg verlegten Corps Franconia.[1] Bei seinem CorpsbruderPaul Stenger inKönigsberg i. Pr. und inWürzburg zum HNO-Arzt ausgebildet, wurde er 1925 alsVertragsarzt zugelassen. Über mehrere Jahre betrieb er eineArztpraxis.

In derZeit des Nationalsozialismus wurde Schröder 1935Stabschef des GeneralarztesErich Hippke imReichsluftfahrtministerium. Im selben Jahr war die Existenz der zuvor getarnt aufgebautenLuftwaffe offiziell bekanntgemacht worden. 1938 zumOberfeldarzt befördert, übernahm Schröder die Leitung einer Abteilung in der Sanitätsinspektion der Luftwaffe. ImZweiten Weltkrieg war er 1940 und 1941 vorübergehend Flottenarzt bei derLuftflotte 2. Am 1. Januar 1944 löste Schröder seinen Vorgesetzten und Corpsbruder Hippke alsChef des Sanitätswesens der Luftwaffe ab.

Versuche zur Trinkbarmachung von Meerwasser 1944

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Seit 1942 wurden im Auftrag der Luftwaffe Verfahren zur Trinkbarmachung vonMeerwasser entwickelt. Hintergrund waren Fälle von inSeenot geratener Angehöriger der Luftwaffe und der Marine. Zu diesem Thema wurde am 9. Mai 1944 im Reichsluftfahrtministerium eine Konferenz abgehalten. Anwesend waren unter anderem Oskar Schröder, der Referent für Luftfahrtmedizin des Sanitätswesens,Hermann Becker-Freyseng, und der Unterarzt im Stab des Forschungsinstituts für Luftfahrtmedizin, Konrad Schäfer. Die Teilnehmer beschlossen, zwei unterschiedliche Verfahren anhand vonMenschenversuchen zu erproben. Becker-Freyseng sah die günstigsten Voraussetzungen für eine Versuchsreihe in einemKonzentrationslager gegeben.

Am 7. Juni 1944 beantragte Schröder beim Reichsinnenminister undReichsführer SSHeinrich Himmler Menschenversuche imKZ Dachau:

„Hochverehrter Herr Reichsminister!

Sie gaben bereits früher der Luftwaffe die Möglichkeit, dringende ärztliche Fragen im Versuch am Menschen zu klären. Ich stehe heute wieder vor einer Entscheidung, die nach zahlreichenTier- und auch Menschenversuchen an freiwilligen Versuchspersonen eine endgültige Lösung verlangt: Die Luftwaffe hat gleichzeitig zwei Verfahren zum Trinkbarmachen von Meerwasser entwickelt. Das eine, von einem San.Offizier entwickelte Verfahrenentsalzt das Meerwasser und macht es zu einem wirklichenTrinkwasser, das zweite, von einem Ingenieur angegebene Verfahren lässt denSalzgehalt unverändert, es nimmt dem Seewasser nur den unangenehmen Geschmack. Das letzte Verfahren benötigt im Gegensatz zum ersten keine Engpassrohstoffe. Ärztlicherseits muss dieses Verfahren nach unseren heutigen Kenntnissen als bedenklich angesehen werden, da die Zufuhr konzentrierter Salzlösungen schwere Vergiftungserscheinungen hervorrufen kann.

Da die Versuche am Menschen bisher nur bis zu einer Dauer von vier Tagen durchgeführt werden konnten, die praktischen Forderungen aber eine Versorgung in Seenot Geratener bis zu zwölf Tage verlangen, sind entsprechende Versuche erforderlich.

Benötigt werden 40 gesunde Versuchspersonen, die für 4 Wochen voll zur Verfügung stehen müßten. Da von früheren Versuchen bekannt [ist], daß im K.L. Dachau die notwendigen Laboratorien sind, wäre dieses Lager sehr geeignet. […]“[3]

Am 28. Juni 1944 lagen befürwortende Stellungnahmen vonKarl Gebhardt,Richard Glücks undArthur Nebe vor und am 11. Juli 1944 teilteRudolf Brandt, der persönliche ReferentHeinrich Himmlers, die Entscheidung mit, „asoziale Zigeunermischlinge“ sowie drei weitere Häftlinge für die Versuche zu benutzen.[4] Die Durchführung der Meerwasserversuche fand im Zeitraum von Juli bis September 1944 statt, Leiter war der österreichische MedizinerWilhelm Beiglböck.

Nürnberger Ärzteprozess

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Nach Kriegsende ergaben sich Hinweise auf die Beteiligung von Ärzten der Luftwaffe an den Menschenversuchen in Konzentrationslagern imNürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher.[5] Angeklagt war hier auchHermann Göring, der Oberbefehlshaber der Luftwaffe. Diealliierten Ermittlungen gingen nach Ansicht des MedizinhistorikersUdo Benzenhöfer dabei auch von den direkt an den Versuchen Beteiligten aus und stießen „durch Nachvollzug der Verantwortungskette zu den ranghöheren und ranghöchsten Angeklagten“[6] vor. Schröder wurde mit sieben weiteren Ärzten der Luftwaffe imNürnberger Ärzteprozess angeklagt. Sein Verteidiger warHans Marx, sein Assistent warEdmund Tipp.[7] Eine Anklage gegen Schröders Amtsvorgänger Erich Hippke unterblieb, da dessen Aufenthaltsort nicht bekannt war.

Der Hauptvorwurf gegen Schröder waren die Dachauer Meerwasserversuche. Weiterhin wurden Schröder als Chef des Sanitätswesens der Luftwaffe auch die Teilnahme und Verantwortlichkeit für die Höhen- und Unterkühlversuche vonSigmund Rascher im KZ Dachau, die imKZ Ravensbrück durchgeführten Sulfonamidversuche unter dem Obersten Kliniker des Reicharztes der SS,Karl Gebhardt, sowie die Gelbsucht- und Fleckfieberversuche des LuftwaffenoffiziersEugen Haagen imKZ Natzweiler-Struthof angelastet.

Schuldig befunden wurde Schröder der maßgeblichen Initiative und Durchführung der Meerwasserversuche. Im Gerichtsurteil wird darauf verwiesen, dass innerhalb eines Monats nach dem Brief Schröders an Himmler mit den Versuchen im KZ Dachau begonnen worden sei.[8] Nachdem der Anklagepunkt der Sulfonamidversuche durch die Anklagebehörde zurückgezogen wurde, verurteilte das Gericht Schröder aufgrund der Beteiligung von Luftwaffenoffizieren, die ihm zu diesem Zeitpunkt unterstanden, als mitverantwortlich an den Experimenten zur Erforschung eines Fleckfieberimpfstoffes. Ebenfalls für schuldig befunden wurde Schröder wegen der Lost- und Phosgenversuche im KZ Natzweiler-Struthof, an denen die Luftwaffenoffiziere Haagen und Karl Wimmer beteiligt waren. In diesem Punkt war gegen Schröder keine Anklage erhoben worden; von den übrigen Anklagepunkten wurde er durch den amerikanischenMilitärgerichtshof freigesprochen. Am 20. August 1947 wurde Schröder zu lebenslanger Haft verurteilt und anschließend in dasKriegsverbrechergefängnis Landsberg überführt.

Am 31. Januar 1951 wurde das Strafmaß Schröders durch den amerikanischen Hohen KommissarJohn Jay McCloy auf fünfzehn Jahre reduziert, am 31. März 1954 erfolgte unter Aussetzung der Strafe zur Bewährung die Entlassung. Nach der Haftentlassung heiratete er im Frühjahr 1955 die ehemalige Geschäftsführerin desFachausschusses für Schwesternwesen in der Arbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege und NS-SchwesterKarin Huppertz.[9] Schröder hielt sich anschließend zeitweise in den USA auf und beriet die U.S. Air Force in luftmedizinischen Organisationsfragen. Als Angehöriger der beiden Pépinière-Corps erhielt er 1956 noch dasBand desCorps Brunsviga Göttingen.[1]

Schröder starb im Januar 1959 in München und erhielt seine letzte Ruhestätte in Hannover.[10]

Literatur

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  • Alexander Mitscherlich, Fred Mielke:Medizin ohne Menschlichkeit. Dokumente des Nürnberger Ärzteprozesses. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2004,ISBN 3-596-22003-3.

Weblinks

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  1. abcKösener Corpslisten 1960,63, 162;60, 528;40, 1083
  2. Biographische Angaben bei: Klaus Dörner (Hrsg.):Der Nürnberger Ärzteprozeß 1946/47. Wortprotokolle, Anklage- und Verteidigungsmaterial, Quellen zum Umfeld. Beiband. Saur, München, 1999,ISBN 3-598-32020-5, S. 145.
  3. Schreiben Oskar Schröders an Heinrich Himmler. Nürnberger Dokument NO-185. In: nuremberg.law.harvard.edu. 25. Oktober 1946, abgerufen am 24. März 2023. 
  4. Dokument VEJ 11/146 in: Lisa Hauff (Bearb.):Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung), Band 11:Deutsches Reich und Protektorat Böhmen und Mähren April 1943–1945. Berlin/Boston 2020,ISBN 978-3-11-036499-6, S. 427–428.
  5. Udo Benzenhöfer:Nürnberger Ärzteprozeß: Die Auswahl der Angeklagten.Deutsches Ärzteblatt 1996; 93: A-2929–2931 (Heft 45) (PDF, 258 kB).
  6. Benzenhöfer,Ärzteprozeß, Seite A-2930 Ebenda ein im Prozess verwandtes Schema zur Position der Angeklagten im deutschen Gesundheitswesen.
  7. Karsten Linne:Erschließungsband zur Mikrofiche-Edition: Mit einer Einleitung von Angelika Ebbinghaus zur Geschichte des Prozesses und Kurzbiographien der Prozeßbeteiligten. Walter de Gruyter, 2011,ISBN 978-3-11-096299-4,S. 150. 
  8. Auszug aus dem Urteil bei Mitscherlich,Medizin, S. 103.
  9. Hubert Kolling:Huppertz, Karin In: Horst-Peter Wolff (Hrsg.):Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte. „Who was who in nursing history“. Urban & Fischer, München 2001, Band 2,ISBN 3-437-26670-5, S. 106–108.
  10. Billiongraves: Professor Dr. Oskar Schröder.
Personendaten
NAMESchröder, Oskar
KURZBESCHREIBUNGdeutscher Sanitätsoffizier und HNO-Arzt; Hauptangeklagter im Nürnberger Ärzteprozess
GEBURTSDATUM6. Februar 1891
GEBURTSORTHannover
STERBEDATUM26. Januar 1959
STERBEORTMünchen
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Oskar_Schröder&oldid=232821071
Kategorien:

[8]ページ先頭

©2009-2025 Movatter.jp