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Rast in der Syrischen Wüste,Eugen Bracht, 1883Aktie der Orientexport-Handels-AG vom 1. November 1923 mit Darstellung eines orientalischen Gebäudes
UnterOrientalismus in der Kunst versteht man Darstellungen und (häufig imitative) Verwendungen nah- und fernöstlicher Motive durch europäische Kunstschaffende.
Orientalismus in der Malerei und den angewandten Künsten
Darstellungen von „Mohren“ oder „Türken“ finden sich vereinzelt schon ab dem Mittelalter, nicht zuletzt im Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen. Im 18. Jahrhundert verbreitete sich, von der Rolle desPorzellans als exklusivem Importgut ausgehend die Mode derChinoiserien in den europäischen Schlössern, das ferne China wurde speziell in der Epoche derAufklärung zum mythischen Ort der Weisheit. Im 18. und 19. Jahrhundert, nach dem Ende der expansiven Phase desOsmanischen Reiches und im Zusammenhang mit den zunehmenden Herrschaftsbestrebungen europäischer Mächte über die islamische Welt verbreitete sich eine geradezu romantisierende Sicht des Orients.Napoleons militärische Kampagne inÄgypten (1798–99) beförderte das Interesse an der Epoche derPharaonen und eine entsprechende Mode vornehmlich in den angewandten Künsten (Ägyptomanie), dergriechische Unabhängigkeitskrieg (1821–1829), derKrimkrieg (1854–1855) und die Eröffnung desSuezkanals (1869) verstärkten das Interesse am Nahen Osten. Zu den frühesten bildenden Künstlern, die sich den Sujets des Orients zuwandten, gehörteLuigi Mayer, der ab 1776 Landschaften, Veduten, Baudenkmäler, Alltagsleben und Trachten im Herrschaftsbereich des Osmanischen Reichs zeichnete und malte.
Zahlreiche europäische Maler des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts huldigten dem Mythos des Orients als Ort der Sinnlichkeit undDekadenz. Vor allem die damals höchst beliebtenHaremsszenen sind hier zu nennen.Eugène Delacroix,Théodore Frère,Jean-Léon Gérôme und späterAlexandre Roubtzoff widmeten viele ihrer Werke dem islamischen Kulturkreis. Zu den bekanntesten französischen Bildhauern in der Geschichte des Orientalismus gehörenAlfred Barye undEmile Guillemin, die gemeinsam im Jahr 1848 das Werk Arabisches Pferd schufen.Jean Auguste Dominique Ingres, Leiter der französischen Académie de peinture, malte 1863 sein berühmtes „Türkisches Bad“. Die Sinnlichkeit solcher Szenen wurde für die europäische Welt durch das orientalisierende Dekor akzeptabel gemacht.
In diesem Jahrhundert entwickelte der deutsche KunstmalerHerbert Duttler 2006 bei einer Kunstreise und längerem Schaffensaufenthalt in Marokko seine Leidenschaft für diese Stilrichtung und schuf einen kompletten Zyklus im Stil der Orientmaler des 19. und 20. Jahrhunderts.
Motive orientalischer Architektur treten bereits als Versatzstücke in zahlreichen Schlossgärten des 18. Jahrhunderts auf. Beispiele sind etwa die „Moschee“ im Park vonSchloss Schwetzingen, entsprechende Bauten inEisgrub (Lednice) oderKew. Aus dieser Zeit stammen auch zahlreiche „Pagoden“. Auch das um die Mitte des 19. Jahrhunderts errichteteDampfmaschinenhaus in Form einer Moschee zählt zu dieser Art von exotischer Staffage. Auch hier gilt: Der Wegfall unmittelbarer kriegerischer Bedrohung ermöglichte den freieren und zum Teil romantisierenden Umgang mit den Stilelementen benachbarter Kulturkreise. Im ausgehenden 19. Jahrhundert tritt dazu noch das Motiv der wachsenden handelmäßigen Verknüpfung und die Verwendung exotischer Architekturen als Element derReklame, so bei derYenidze-Zigarettenfabrik inDresden, bei der orientalisierenden Architektur derZacherlfabrik in Wien (der Rohstoff des Zacherl’schen Mottenpulvers stammte aus dem vorderen Orient), und bei derVilla Crespi eines Baumwollindustriellen mit intensiven Handelskontakten in den arabischen Raum.
Generell wurde imHistorismus orientalisierendes Dekor als Teil der zur Verfügung stehenden Vorrats an symbolisch einsetzbaren Stilelementen gesehen und für spezialisierte Bauaufgaben angewendet, etwa fürSynagogen, für die der „maurische Stil“ eine Zeit lang typisch wurde. Ähnliches galt für die Ritualarchitektur zahlreicher zwischen 1870 und 1930 errichteterFreimaurertempel in den USA, namentlich für Bauten derShriners. Orientalisches Dekor wurde auch im Bereich der Vergnügungsindustrie eingesetzt und zur Belehrung, namentlich bei Weltausstellungen, in Vergnügungsparks und -lokalen (beispielsweiseVauxhall (London),Tivoli (Kopenhagen) undBataclan (Paris)), bei Großkinos derStummfilmzeit (etwaGrauman’s Chinese Theatre oderGrauman’s Egyptian Theatre) sowie im Rahmen von zoologischen Gärten.
Die Pumpstation für die Große Fontäne imPark Sanssouci wurde„nach Art der türkischen Moscheen mit einem Minarett als Schornstein“ von Ludwig Persius 1841 bis 1843 erbaut.
Ein Berliner Wahrzeichen im „maurischen“ Stil: DieNeue Synagoge (1866 eingeweiht, Innenraum 1938 zerstört)
Villa Crespi, ein 1879 erbautes Haus mit Minarett für einen Industriellen mit Orientkontakten.
DieSpanische Synagoge in Prag wurde 1882–83 mit reichem ornamentalem Schmuck im maurischen Stil ausgestattet.
DieZacherlfabrik in Wien zählt zu den seltenen Beispielen eines kommerziell motivierten orientalisierenden Historismus in der europäischen Architektur (erbaut zwischen 1888 und 1892)
Sowohl in der europäischen Kunstmusik wie in der Gebrauchs- und Unterhaltungsmusik der letzten Jahrhunderte sind Einflüsse des Orients und orientalisierende Modeströmungen festzustellen. Dies betrifft unter anderem dieJanitscharenmusik, die bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der europäischen Marschmusik hatte, aber etwa auch das Genre der Oper und Operette – vonWolfgang Amadeus MozartsDie Entführung aus dem Serail über Giacomo PuccinisMadama Butterfly undTurandot bis zuFranz LehársLand des Lächelns undDer Mikado vonGilbert & Sullivan. Wie im Bereich der bildenden Künste ist eine häufig romantisierende und sentimentalisierende Verwendung exotischer Motive (etwa derPentatonik) festzustellen, die Bühnenwerke huldigen häufig dem erotischen Reiz fernöstlicher Weiblichkeit.
Im Bereich der „hohen“ Literatur ist der Orientalismus an Beispielen wieMontesquieusLettres persanes (Persische Briefe) ausgeprägt, auch GoethesWest-östlicher Diwan und das WerkPierre Lotis wären zu nennen. Bezeichnend ist das orientalisierende Dekor in zahlreichen der (fiktiven) Reisebeschreibungen vonKarl May. Zahlreiche Stummfilme, wie z. B.Sumurun vonErnst Lubitsch oderDie Herrin von Atlantis vonJacques Feyder belegen das Interesse an orientalistischen Handlungen und exotischen Dekors bereits in den frühen Phasen der Filmgeschichte.[1] Diese Faszination findet in derTrivialliteratur des 20. Jahrhunderts und den darauf fußenden Filmen, vonDer Tiger von Eschnapur bis zu den ironischen Paraphrasen derIndiana-Jones-Serie ihre Fortsetzung.
Ausstellungskataloge des AusstellungsclustersExotische Welten-europäische Phantasien. Stuttgart 1987, darunter vor allem:
Stefan Koppelkamm:Exotische Architekturen im 18. und 19. Jahrhundert. Ernst, Berlin 1987,ISBN 3-433-02274-7, (auch erschienen als:Der imaginäre Orient. Exotische Bauten des 18. und 19. Jahrhunderts in Europa).
Gérard-Georges Lemaire:Orientalismus. Das Bild des Morgenlandes in der Malerei. Könemann, Köln 2000,ISBN 3-89508-891-9.
Nadine Beautheac, Francois-Xavier Bouchart:L’Europe exotique. Chene, Paris 1985,ISBN 2-85108-404-6.
Jean-Marcel Humbert:L’egyptomanie dans l’art occidental. ACR, Paris 1989,ISBN 2-86770-037-X.
Kristian Davies:The Orientalists. Western Artists in Arabia, the Sahara, Persia and India. Laynfaroh, New York NY 2005,ISBN 0-9759783-0-6.
William D. Moore:Masonic Temples. Freemasonry, Ritual Architecture, and Masculine Archetypes. University of Tennessee Press, Knoxville TN 2006,ISBN 1-57233-496-7.
↑Frederick N. Bohrer:Review of Europa und der Orient, 800–1900; Exotische Welten, Europäische Phantasien. In:The Art Bulletin.Band73,Nr.2, 1991,ISSN0004-3079,S.325–330,doi:10.2307/3045799,JSTOR:3045799.