Oper

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Dieser Artikel behandelt die musikalische Gattung. Zum gleich benannten Gebäude sieheOpernhaus. Zum Fußballspieler sieheAndres Oper.
Anna Netrebko undFrancesco Meli imTrovatore,Salzburger Festspiele 2014
OpernstarMaria Callas

AlsOper (von italienischopera in musica, „musikalisches Werk“) bezeichnet man seit 1639[1] eine um 1600 (mit Beginn des Barockzeitalters) entstandenemusikalische Gattung desTheaters. Ferner werden auch dasOpernhaus (die Aufführungsstätte oder produzierende Institution) oder die aufführendeKompagnie alsOper bezeichnet.

Eine Oper besteht aus derVertonung einerdramatischenDichtung, die von einemSängerensemble, einem begleitendenOrchester sowie manchmal von einemChor und einemBallettensemble ausgeführt wird. Neben dem Gesang führen die DarstellerSchauspiel undTanz auf einerTheaterbühne aus, die mit den Mitteln vonMalerei,Architektur,Requisite,Beleuchtung undBühnentechnik gestaltet ist. Die Rollen der Darsteller werden durchMaske undKostüme optisch verdeutlicht. Als künstlerische Leitung betätigen sichDirigenten für das Musikalische,Regisseure für die Personenführung sowieBühnen– undKostümbildner für dieAusstattung. Im Hintergrund unterstützt sie dieDramaturgie.

Inhaltsverzeichnis

Abgrenzungen

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Die Oper wird mit Tanz,Musical undOperette unter dem BegriffMusiktheater zusammengefasst.[2] Die Grenzen zu verwandten Kunstwerken sind fließend und definieren sich in jeder Epoche, meist auch im Hinblick auf bestimmte nationale Vorlieben, immer wieder neu. Auf diese Art bleibt die Oper als Gattung lebendig und erhält immer wieder neue Anregungen aus den verschiedensten Bereichen des Theaters.

Oper und Schauspiel

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Schauspiele in dem strengen Sinne, dass auf der Bühne nur gesprochen würde, sind in derTheatergeschichte selten. Mischformen aus Musik, Rezitation und Tanz waren die Regel, auch wenn sich zu manchen Zeiten Literaten und Theaterleute um eine Rettung oder Reform des Schauspiels bemüht haben. Seit dem 18. Jahrhundert sind Mischformen zwischen Schauspiel und Oper aus den verschiedenen Spielarten derOpéra-comique hervorgegangen, wieBallad Opera,Singspiel oderPosse mit Gesang. Die Singspiele Mozarts werden der Oper zugerechnet, diejenigenNestroys gelten als Schauspiele. Auf der Grenze bewegen sich z. B. auch die Werke vonBrecht/Weill, derenDreigroschenoper dem Schauspiel näher steht, währendAufstieg und Fall der Stadt Mahagonny eine Oper ist. Sich dem Schauspiel völlig unterordnende Musik bezeichnet man alsSchauspielmusik.

Eine verbreitete, dem Schauspiel verwandte Theaterform seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts war dasMelodram, das heute nur noch im populären Film gegenwärtig ist. Es hatte mit seinen Abenteuerstoffen großen Einfluss auf die Oper in jener Zeit. Stellenweise enthielt esHintergrundmusik als Untermalung der Bühnenhandlung (weniger des gesprochenen Texts). Darauf bezieht sich der heute noch bekannte BegriffMelodram. Eine solche Untermalung findet sich zum Beispiel in MozartsIdomeneo, Ludwig van BeethovensFidelio, in WebersDer Freischütz (in der Wolfsschluchtszene) und inHumperdincksKönigskinder.

Oper und Ballett

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In französischer Tradition war der Tanz seit dem Barock in die Oper integriert. Das klassischeBallett löste sich im 19. Jahrhundert mühevoll aus dieser Verbindung, aber inneoklassizistischen Werken des 20. Jahrhunderts, beispielsweise vonIgor Strawinsky oderBohuslav Martinů, bestätigt sich die Verwandtschaft von Oper und Ballett erneut. Auch die italienische Oper war nicht frei von Tanz, wenn auch der Tanz nicht im gleichen Maß dominierte. Heute werden die Ballette undDivertissements der Repertoirewerke meist aus den Partituren gestrichen, sodass der Eindruck einerSpartentrennung entsteht.

Oper und Operette/Musical

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Das Genre derOperette und verwandter Formen wie derZarzuela grenzt sich als Weiterentwicklung aus demSingspiel durch die gesprochenen Dialoge, aber auch durch dessen vorherrschenden Unterhaltungsanspruch und das vorrangige Bemühen um Popularität oder kommerziellen Erfolg von der ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend durchkomponierten Oper ab. Diese Abgrenzung entstand erst im ausgehenden 19. Jahrhundert: Als die „komische Oper“ vom „niederen“ zum „hohen“ Genre geworden war, bildete sich die Operette als neues „niederes“ Genre. Ähnliches gilt für dasMusical, die Weiterentwicklung des populären Musiktheaters in den Vereinigten Staaten. Operette und Musical sind gleichwohl in nicht geringerem Maße Kunstformen als die Oper.

Geschichte

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Vorgeschichte

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Antike

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Théâtre Antique inOrange

Bereits imTheater der griechischen Antike verband man szenische Aktion mit Musik. Die Oper der Neuzeit berief sich immer wieder auf dieses Vorbild und konnte es, weil von der Aufführungspraxis wenig überliefert ist, auf unterschiedlichste Weise deuten. EinChor, der sang und tanzte, hatte eine tragende Rolle, indem er dasDrama inEpisoden gliederte oder auch die Aufgabe hatte, die Handlung zu kommentieren. Die Römer pflegten eher dieKomödie als dieTragödie.Mimus und später Pantomimus hatten einen hohen Musikanteil. Durch die Zerstörung der römischen Theater im 6. Jahrhundert und dieBücherverluste in der Spätantike sind viele Quellen darüber verloren gegangen.

Jedoch werden seit Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche antike Bauten, insbesondere Amphitheater und Theaterbauten, für Opernaufführungen genutzt. Die bekanntesten sind dasThéâtre Antique inOrange (mit Unterbrechungen seit 1869), dieArena di Verona (seit 1913), dasOdeon des Herodes Atticus in Athen (seit den 1930er Jahren), dieThermen des Caracalla in Rom (seit 1937) und derRömersteinbruch St. Margarethen (seit 1996).

Mittelalter

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ImHochmittelalter entstand ausgehend vom Gottesdienst derOstermesse eine neue Tradition gesungener Handlung. Dasgeistliche Spiel fand zunächst in der Kirche, im 13. Jahrhundert dann alsPassionsspiel oderProzessionsspiel außerhalb der Kirche statt. Beliebte Themen waren das biblische Oster- und Weihnachtsgeschehen, auch mit komödiantischen Einlagen. Die Melodien sind oft überliefert, der Einsatz von Musikinstrumenten ist wahrscheinlich, aber selten belegbar. Im höfischen Bereich gab es weltliche Stücke wieAdam de la Halles melodienreichesJeu de Robin et de Marion (1280).

Renaissance

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Szenenbild fürOrpheus und Amphion, Düsseldorf 1585

Die Zeit desKarnevals, die später zur traditionellen Opernsaison wurde, bot seit dem 15. Jahrhundert Gelegenheit zu musikalisch-theatralischen Aktionen, die von den damals größten europäischen Städten in Italien ausgingen:Intermedien, Tanzspiele, Masken- und Triumphaufzüge gehören zur städtischen Repräsentation in der italienischenRenaissance. DasMadrigal war die wichtigste Gattung derVokalmusik und verband sich oft mit Tänzen.

Der Königshof in Frankreich gewann im 16. Jahrhundert gegenüber Italien an Bedeutung. DasBallet comique de la reine 1581 war eine getanzte und gesungene Handlung und gilt als bedeutender Vorläufer der Oper.

Ein früher Versuch in Deutschland, eine dramatische Handlung mit singenden Protagonisten in einem Bühnenbild aufzuführen, ist die Aufführung vonOrpheus und Amphion auf einerSimultanbühne anlässlich derJülichschen Hochzeit vonJohann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg mit MarkgräfinJakobe von Baden inDüsseldorf 1585. Als möglicher Komponist der nicht überlieferten Musik wirdAndrea Gabrieli genannt. Die Musik sei so schön gewesen, „daß es denselben / so dazumahl nit zugegen gewesen / und solchen Musicum concentum & Symphoniam gehört haben / onmüglich zu glauben.“ Die Handlung war freilich primär eineAllegorese im Sinne einesFürstenspiegels.

Ursprung

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Florentiner Camerata

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Die Oper im heutigen Sinn entstand Ende des 16. Jahrhunderts inFlorenz. Eine wichtige Rolle in der Entstehungsgeschichte spielte dieFlorentiner Camerata, einakademischer Gesprächskreis, in dem sich Dichter (z. B.Ottavio Rinuccini), Musiker, Philosophen, Adelige und ein Kunstmäzen – zunächst übernahmGraf Bardi diese Rolle, späterGraf Corsi – zusammenfanden. DieseHumanisten versuchten, das antikeDrama wiederzubeleben, an dem ihrer Meinung nach Gesangssolisten, Chor und Orchester beteiligt waren. Nach denPastoraldramen des 16. Jahrhunderts wurde dasLibretto gestaltet und mit den musikalischen Mitteln der Zeit in Musik gesetzt.Vincenzo Galilei gehörte dieser Gruppe an. Er entdeckte (heute verlorene)Hymnen desMesomedes und schrieb einTraktat gegen dieniederländische Polyphonie. Dies war ein deutlicher Beweis für den gewünschten musikalischen Stil, den damals neuenSologesang mit Instrumentalbegleitung.

Textverständlichkeit derVokalmusik war für die Florentiner Camerata das Wichtigste. Eine klare, einfache Gesangslinie wurde zum Ideal erklärt, der sich die sparsameGeneralbass-Begleitung mit wenigen und leisen Instrumenten wieLaute oderCembalo unterzuordnen hatte. Großartig ausgearbeitete melodische Einfälle waren unerwünscht, um den Inhalt der Worte nicht durch den Gesang zu verschleiern. Man sprach sogar von einer „nobilesprezzatura del canto“ (Giulio Caccini:Le nuove musiche, 1601), einer „noblen Verachtung des Gesangs“. Diese Art des Singens nannte manrecitar cantando, rezitierenden Gesang. Die Schlichtheit und Beschränkung desrecitar cantando steht im Gegensatz zur vorherrschendenPolyphonie mit ihren komplexen Ton- und Textschichtungen. Mit derMonodie, wie man diesen neuen Stil in Anlehnung an die Antike nannte, sollte das Wort wieder zu seinem vollen Recht kommen. Es entwickelte sich eineTheorie der Affekte, die durch den gesungenen Text transportiert werden konnten. Zur Monodie der einzelnen Gesangsstimme gesellten sich Chöre inMadrigalform oder alsMotette. Das Orchester spielte dazwischenRitornelle undTänze.

Als erstes Werk der Gattung Oper giltLa Dafne vonJacopo Peri (Uraufführung 1598) mit einem Text vonOttavio Rinuccini, von der nur einzelne Fragmente erhalten geblieben sind. Weitere bedeutende Werke aus der Anfangszeit sind PerisEuridice (1600) als älteste erhaltene Oper, sowieEuridice (1602) undIl Rapimento di Cefalo (1602) vonGiulio Caccini. Stoffe dieser frühen Opern entnahm man derSchäferdichtung und vor allem dergriechischen Mythologie.Wunder,Zauber und Überraschungen, dargestellt durch aufwändigeBühnenmaschinerie, wurden zu beliebten Bestandteilen.

Monteverdi

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Claudio Monteverdi

Besondere Beachtung fandClaudio Monteverdis erste OperL’Orfeo (1607). Sie wurde anlässlich des Geburtstags vonFrancesco IV. Gonzaga am 24. Februar 1607 in Mantua uraufgeführt. Hier sind im Vergleich zu seinen Vorgängern erstmals ein reicheres Instrumentarium (wenngleich es in derPartitur meist nur angedeutet ist), ausgebauteHarmonik,tonmalerisch-psychologische und bildhafte Ausdeutung von Worten und Figuren sowie eine die Personen charakterisierendeInstrumentation zu hören.Posaunen werden zum Beispiel für die Unterwelt- und Todesszenen eingesetzt, Streicher bei Schlafszenen, für die Hauptfigur Orfeo kommt eineOrgel mit Holzregistern (organo di legno) zum Einsatz.

Monteverdi: Arie der Penelope „Di misera, regina“ ausIl ritorno d’Ulisse in patria

Monteverdi erweitert die Gesangslinie desrecitar cantando zu einem mehr arienhaften Stil und gibt den Chören größeres Gewicht. Seine SpätwerkeIl ritorno d’Ulisse in patria (1640) undL’incoronazione di Poppea (1643) sind in Hinblick auf ihre Dramatik Höhepunkte der Operngeschichte. Noch in dieser letzten Oper Monteverdis,L’incoronazione di Poppea, findet man den Prolog durch dreiallegorische Figuren dargestellt, in derFortuna dieVirtù (Tugend) verspottet. Die übrige Handlung spielt in der irdischen Welt um den römischen KaiserNero, dessen ungeliebte GattinOttavia undPoppea, die Gattin des PrätorsOttone. Diese wird Neros Gattin und Kaiserin. Neros brutaler Charakter wird von einemKastraten und entsprechend virtuoser Musik dargestellt, Ottone wirkt dagegen weich, und Neros würdiger Lehrer und BeraterSeneca bekommt die Bassstimme zugewiesen.Belcanto-Gesang undKoloraturreichtum werden für den Adel und für Göttergestalten eingesetzt, für die übrigen Personen schlichtere Ariosi und Lieder.

17. Jahrhundert

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Italien

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Teatro San Carlo di Napoli, 1737 eröffnet

1637 wurde dasTeatro San Cassiano inVenedig als erstes öffentliches Opernhaus eröffnet. In schneller Folge entstanden neue Spielstätten, und Venedig wurde mit seiner „venezianischen Oper“ zum Opernzentrum Norditaliens. Historische Darstellungen verdrängten bald die mythischen Stoffe, wie in der OperL’incoronazione di Poppea (1642), die noch den Namen Claudio Monteverdis trägt, wobei die Forschung seitAlan Curtis darüber diskutiert, ob es sich vielmehr um einPasticcio handle, das sich den berühmten Namen zu Nutze machte.[3]

Das Publikum dieser Opern setzte sich vornehmlich aus Angehörigen der nichtadeligen Stände zusammen. Den Spielplan bestimmte der geldgebendeAdel auf Grund des Publikumsgeschmacks. Die aus den Akademien hervorgegangene Oper wurde in diesem Zusammenhang kommerzialisiert und vereinfacht, das Orchester reduziert. DieDa-capo-Arie mit vorangestelltemRezitativ prägte für lange Zeit den Sologesang, Chöre und Ensembles wurden gekürzt. Verwechslungen und Intrigen bildeten das Grundgerüst der Handlungen, die mit komischen Szenen der beliebten Nebenfiguren angereichert wurden.Francesco Cavalli undAntonio Cesti waren die bekanntesten venezianischen Opernkomponisten in der auf Monteverdi folgenden Generation. Die SchriftstellerGiovanni Francesco Busenello undGiovanni Faustini galten als stilbildend und wurden häufig nachgeahmt.

Zum zweiten, stärker vom Geschmack der Aristokratie geprägten Opernzentrum Italiens wurde seit den 1650er Jahren die Großstadt Neapel. Als Begründer der neapolitanischen Oper gilt der KomponistFrancesco Provenzale. In der folgenden Generation wurdeAlessandro Scarlatti zum Vorreiter derneapolitanischen Schule.

DieLibrettisten erhielten ihr Geld durch den Verkauf von Textbüchern, die zusammen mit Wachskerzen zum Mitlesen vor der Vorstellung verteilt wurden. Lange Zeit blieb die Literatur desRenaissance-Humanismus Vorbild der italienischen Operntexte.

Opern wurden nur zu bestimmten Spielzeiten (ital.:stagione) gegeben: während des Karnevals, von Ostern bis zur Sommerpause sowie vom Herbst bis zum Advent. In der Passions- und Adventszeit wurden stattdessenOratorien gespielt. InRom erhielten nicht nurMaschineneffekte und Chöre ein größeres Gewicht, sondern auch geistliche Stoffe.

Armide vonLully imPalais Royal, 1761

Paris

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InParis entwickelteJean-Baptiste Lully zusammen mit seinem LibrettistenPhilippe Quinault eine französische Variante der Oper, deren herausragendstes Merkmal neben den Chören dasBallett ist. Lully verfasste eine französische Version von CavallisL’ercole amante (1662), in die er Ballette einfügte, die größeren Beifall fanden als die Oper.Cadmus et Hermione (1673) wird als ersteTragédie lyrique angesehen und blieb modellhaft für die nachfolgenden französischen Opern.

Die aus Italien importierte Oper wurde von der Tragédie lyrique zurückgedrängt. Dennoch versuchten Lullys NachfolgerMarc-Antoine Charpentier undAndré Campra, französische und italienische Stilmittel zu verbinden.

Deutsches Sprachgebiet

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Ausgehend von italienischen Vorbildern, entwickelte sich bereits gegen Mitte des 17. Jahrhunderts eine eigenständige Operntradition innerhalb des deutschen Sprachgebietes, die auch die Verwendung deutschsprachiger Libretti mit einschließt.

Die erste Oper eines „deutschen“ Komponisten war 1627 die (verschollene)Dafne vonHeinrich Schütz, der die Musikform der Oper bei seinem Studienaufenthalt 1609–1613 in Italien kennengelernt hatte. 1644 entstand die erste erhaltene deutschsprachige Oper vonSigmund Theophil Staden nach einem Libretto vonGeorg Philipp HarsdörfferDas geistlich Waldgedicht oder Freudenspiel, genannt Seelewig, einpastorales Lehrstück in starker Nähe zum moralisierendenSchuldrama der Renaissance.

Kurz nach demDreißigjährigen Krieg etablierten sich auch im deutschsprachigen Raum Opernhäuser zunehmend als zentrale Versammlungs- und Repräsentationsorte der führenden Gesellschaftsschichten. Eine zentrale Rolle spielten dabei die führenden Fürsten- und Königshäuser, die sich zunehmend eigeneHoftheater samt der zugehörigen Künstler leisteten, die in der Regel auch für die (wohlhabende) Öffentlichkeit zugänglich waren. So erhielt München sein erstes Opernhaus 1657, Dresden 1667.

Bürgerliche, d. h. durch Städte und/oder private bürgerliche Akteure finanzierte „öffentliche und populäre“ Opernhäuser wie in Venedig existierten hingegen lediglich inHamburg (1678), Hannover (1689) undLeipzig (1693). Im bewussten Gegensatz zum durch italienischsprachige Opern dominierten Betrieb an den „adligen“ Häusern, setzte insbesondere die HamburgerOper am Gänsemarkt als ältestes bürgerliches Opernhaus Deutschlands bewusst auf deutschsprachige Werke und Autoren. SoHändel,Keiser,Mattheson undTelemann. Jene etablierten bereits ab Beginn des 18. Jahrhunderts unter Verwendung deutschsprachiger Libretti von Dichtern wieElmenhorst,Feind,Hunold undPostel eine eigenständige deutschsprachige Opern- undSingspieltradition. Die Bedeutung Hamburgs für die Entwicklung einer eigenständigen deutschsprachigen Operntradition unterstreichen auch die beiden zeitgenössischen Schriften zur Theorie der Oper: Heinrich ElmenhorstsDramatologia (1688) und Barthold FeindsGedancken von der Opera (1708).

England

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InEngland verbreitete sich die Oper erst relativ spät. Die vorherrschende musikalische Theaterform in der Zeit desElisabethanischen Theaters war dieMasque, eine Kombination aus Tanz, Pantomime, Sprechtheater und musikalischen Einlagen, bei denen der vertonte Text meist nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Handlung stand. Im Anschluss an das puritanische Verbot von Musik- und Theateraufführungen von 1642 begründete erst dieStuart-Restauration ab 1660 wiederum ein Theaterleben, in das die Oper integriert wurde.

Ein in jeder Hinsicht singuläres Werk istHenry Purcells knapp einstündige OperDido and Aeneas (Uraufführung vermutlich 1689, Libretto:Nahum Tate). Der Komponist greift darin Elemente der französischen und der italienischen Oper auf, entwickelt jedoch eine eigene Tonsprache, die sich vor allem dadurch auszeichnet, dass sie sehr eng am Text bleibt. Chorpassagen und tänzerische Abschnitte stehen den ariosen Passagen der Hauptfiguren gegenüber, die fast ohne arienartige Formen auskommen. Die wechselnden Stimmungen und Situationen werden mit musikalischen Mitteln genau wiedergegeben; die Schlussszene, wenn die karthagische KöniginDido aus unglücklicher Liebe zu dem trojanischen HeldenAeneas an gebrochenem Herzen stirbt, gehört zum Bewegendsten der Opernliteratur.

18. Jahrhundert

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Allgemeine Entwicklung

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Im Laufe des 18. Jahrhunderts bilden sich zwei Operntypen heraus: Neben der etabliertenOpera seria als vorwiegend vom Repräsentations- und Legitimationsbedürfnis des Adels getragene Form, die mehrheitlich auf mythologischen oder historischen Stoffen basiert und deren Personal aus Göttern, Halbgöttern, Heroen, Fürsten sowie deren Geliebten und ihrer Dienerschaft besteht, entwickelt sich um 1720 dieOpera buffa mit zunächst grobschlächtig komischen Handlungen, die sich zu bürgerlich-sentimentalen entwickeln.

Eine Konkurrenz zu den italienischen Opern bilden in Frankreich einerseits die höfischeTragédie lyrique, mit ihrem im Vergleich zu älteren italienischen Opern volleren Instrumentarium, und andererseits dieOpéra-comique, die vomPariser Jahrmarktstheater herstammt. Diese Gattungen regen auch außerhalb Frankreichs Opernaufführungen in der eigenen Landessprache an, als einheimisches Gegengewicht zu den allgegenwärtigen italienischen Gesangsvirtuosen.

Marco Ricci:Opernprobe, 1709

Stilprägend wurde die im zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts von Italien ausgehende Tendenz, aus dem ursprünglichenDramma per musica ein Arienkonzert bzw. eineNummernoper mit festgelegtem Inhalt und Musik zu machen. Eine weitere zentrale Entwicklung während der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist die Einteilung der auf fünf Teile angewachsenenDa-capo-Arien mit der Abfolge AA'–B–AA' in spezifische Untergruppen:

  • Aria di bravura (Bravourarie) mit überreichen Koloraturen;
  • Aria cantabile mit schöner Linienführung;
  • Aria di mezzo carattere mit charakteristischer Orchesterbegleitung;
  • Aria concertata mit konzertierenden Instrumenten;
  • Aria parlante, die heftige Gefühlsausbrüche schildert.

Der Star des Abends konnte zudem eine virtuoseAria baule („Koffer-Arie“) einschieben, die mit der Handlung nichts zu tun hatte. Solche Arien konnten leicht vertauscht oder mehrfach eingesetzt werden. DerBelcanto-Gesang wurde zu einer Präsentation virtuoser Gesangstechniken, die extreme Spitzentöne, geschmeidige Triller und weite Sprünge umfassten.

Pasticcio

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Weil im 18. Jahrhundert das Konzept derWerktreue noch nicht etabliert war und Auftraggeber und Publikum stets neue, noch nie gehörte Opern wünschten, und weil vielen Opernkompanien häufig nur begrenzte Ressourcen an Instrumentalisten und Sängern zur Verfügung standen, bestand eine weitverbreitete Aufführungspraxis des 18. Jahrhunderts darin, Arien und Ensembles aus verschiedenen Werken je nach vorhandener Besetzung möglichst wirkungsvoll zusammenzustellen und eine solche Abfolge musikalischer Nummern mit neuen Texten und einer neuen Handlung zu unterlegen. Diese Art von Opern nannte manPasticcio; ein Opernpasticcio konnte sowohl aus der Feder eines einzigen Komponisten stammen, der vorhandene Nummern aus früheren Werken wiederverwendete, als auch aus Werken verschiedener Komponisten zusammengesetzt sein. Diese Praxis führte dazu, dass Handlung und Stimmung einer Opernaufführung bis zum Ende des 18. Jahrhunderts – an einigen Aufführungsorten auch bis in die 1830er Jahre hinein – nicht festgelegt waren und ständigen Anpassungen, Wandlungen und Veränderungen unterlagen. Die Praxis des Pasticcio bedeutete, dass bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts kaum eine Aufführung des gleichen Werks musikalisch oder inhaltlich einer vorhergehenden glich.

Nummernoper

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Das daraus folgende Handlungschaos – erzeugt von der Strategie, unterschiedlichen Erwartungen zugleich gerecht zu werden – stieß die italienischen LibrettistenApostolo Zeno undPietro Metastasio ab. Als Gegenmaßnahme verzichteten sie ab den späten 1730er Jahren zunehmend auf überflüssige Seitenhandlungen, mythischeAllegorien und Nebenfiguren und bevorzugten stattdessen eine klare, nachvollziehbare Handlung und Sprache. Damit schufen sie die Grundlage für einen „ernsteren“ Operntypus jenseits der bis dahin üblichen Aufführungspraxis derOpera seria. Das zu diesem Zweck entwickelte Handlungsschema verwickelt die Hauptfiguren nach und nach in ein scheinbar unlösbares Dilemma, das sich zum Schluss durch einen unverhofften Einfall zum Guten wendet (lieto fine). Auch dichterisch leiteten beide Autoren eine Erneuerung der Oper ein. Gegen die Beliebigkeit desPasticcio nummerierten sie die musikalischen Teile, wodurch deren Austausch erschwert wurde. So trugen sie wesentlich zur Herausbildung derNummernoper mit ihrer festgelegten Abfolge bei. Als in sich geschlossenes Werk mit stringenter Handlung konnte sich die Oper nunmehr gegenüber demSchauspiel behaupten.

Opera buffa

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Die Gattung derOpera buffa entstand gleichzeitig in Neapel und Venedig als zumeist heiterer und lebensnaher Operntypus. Einerseits gab es selbstständige musikalische Komödien, andererseits die komischenIntermezzi zurOpera seria Anfang der 1730er Jahre, aus derApostolo Zeno undPietro Metastasio die komischen Elemente ausgeschlossen hatten, sodass sie auf Einlagen zwischen den Akten beschränkt werden mussten. Als stilprägende Werke gelten die OperLo frate ’nnamorato vonGiovanni Battista Pergolesi, uraufgeführt am 28. September 1732 imTeatro dei Fiorentini in Neapel, und die ab Mitte der 1740er Jahre in Venedig uraufgeführten WerkeBaldassare Galuppis, die in enger Zusammenarbeit mitCarlo Goldoni entstanden.

Inhaltlich schöpfte die Opera buffa aus dem reichen Fundus derCommedia dell’arte. Die Handlungen waren oft Verwechslungskomödien, deren Personal aus einem adligen Liebespaar und zwei Untergebenen, oft Magd und Diener, bestand. Letztere können im Unterschied zur Opera seria als Hauptakteure auftreten, womit sich ein bürgerliches und subbürgerliches Publikum identifizieren konnte. Die Opera buffa wurde aber auch von der Aristokratie geschätzt, die ihre Provokationen kaum ernst nahm.

Entwicklung der Opera buffa zur Opera semiseria

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Seit Mitte des 18. Jahrhunderts begann eine Verlagerung der Komik in der Opera buffa auf alltagsweltliche und gegenwartsbezogene Handlungen, in denen Adlige nicht mehr unangreifbar waren. MozartsDon Giovanni (1787) wurde zunächst als Opera buffa angesehen und erst im 19. Jahrhundert uminterpretiert, als das Schicksal der bürgerlichen Verführten ernst genommen und der adlige Verführer als Schurke betrachtet werden konnte.

Ausdruck dieser Veränderungen ist die Weiterentwicklung der Opera buffa zum Typus derOpera semiseria Ende des 18. Jahrhunderts, weil ein bürgerliches Publikum sich auf der Bühne nicht mehr verlacht sehen wollte. Die Alltagsnähe der Opera buffa und ihres französischen Gegenstücks, derOpéra-comique, besaß in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts soziale Sprengkraft. Damit im Zusammenhang stand der von 1752 bis 1754 in Frankreich ausgetrageneBuffonistenstreit.Jean-Jacques Rousseau schätzte den bürgerlich geprägten „heiteren“ Operntypus mehr als die Tragédie lyrique der Hocharistokratie. Seine Verurteilung der französischen Oper zu Gunsten der italienischen führte zu wütenden Reaktionen.

England

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Im englischen Sprachraum wurdeGeorg Friedrich Händel (anglisiert George Frideric Handel) zu einem der produktivsten Opernkomponisten (mehr als 45 Opern). Sein Wirken inLondon hatte nicht den gewünschten geschäftlichen Erfolg, u. a. wegen der starken Konkurrenz des berühmten KastratenFarinelli, der in der rivalisierenden Operntruppe sang, und ruinöser Gagen für die engagierten Primadonnen. Im 20. Jahrhundert sind vor allemAlcina,Giulio Cesare undSerse wieder in die Spielpläne gekommen, in den letzten Jahrzehnten auch viele andere Händel-Opern (u. a.Ariodante,Rodelinda,Giustino). Nachdem im Zuge derAlte-Musik-Bewegung diehistorische Aufführungspraxis immer besser erforscht worden war, entstanden auch an den großen Opernhäusern stilbildende Produktionen unter Mitwirkung vonBarock-Spezialisten.

Jean-Michel Moreau: Szenenbild zuLe devin du village (1753)

Frankreich

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Frankreichs Pendant zur in Paris umstrittenenOpera buffa wurde dieOpéra-comique. Die Rezitative wurden durch gesprochene Dialoge ersetzt. Auch dieses Modell fand im Ausland Erfolg. Die neue Einfachheit und Lebensnähe schlägt sich auch in kleineren Arietten undnouveaux airs, die im Unterschied zu den allseits bekanntenVaudevilles neu komponiert wurden, nieder.

1752 erlebte Frankreich eine neue Konfrontation zwischen der französischen und der italienischen Oper, die unter dem NamenBuffonistenstreit in die Geschichte einging.Giovanni Battista Pergolesis OperLa serva padrona (deutsch:Die Magd als Herrin) war der Anlass dafür. Gegen die Künstlichkeit und Stilisierung der herkömmlichen französischen Adelsoper waren vor allemJean-Jacques Rousseau undDenis Diderot, die sich gegen die Kunst und StilisierungRameaus zur Wehr setzten. Rousseau verfasste neben der bewusst einfach gestalteten OperLe devin du village (deutsch:Der Dorfwahrsager) auch ein preisgekröntes Traktat mit dem TitelDiscours sur les sciences et les arts (1750), in dem er ein von Wissenschaft und Kultur unverdorbenes Leben zum Ideal erklärt. Weitere Musikartikel schrieb er für die berühmte umfassendeEncyclopédie der französischen Aufklärung. Der Buffonistenstreit ging schließlich zu Ungunsten der italienischen Operntruppe aus, die aus der Stadt vertrieben wurde. Somit war der Streit zwar vorläufig beendet, an Beliebtheit stand die Grand opéra aber immer noch hinter der Opéra comique zurück.

Deutscher Sprachraum

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Schikaneder als ersterPapageno, 1791

Die Schließung der Oper am Gänsemarkt im Jahr 1738 führte zu einer weiteren Stärkung des zu diesem Zeitpunkt bereits dominanten italienischsprachigen Opernbetriebs im deutschen Sprachraum. Dennoch etablierte sich – ausgehend vom Hamburger Vorbild – ab Mitte des 18. Jahrhunderts zunehmend die Praxis bei Aufführungen französischer und italienischer Opern die Rezitative ins Deutsche zu übersetzen und – aus vorwiegend musikalischen Gründen – lediglich bei den Arien die Originalsprache beizubehalten. Auch wurden ab Mitte des 18. Jahrhunderts der Verkauf oder die Verteilung gedruckter Erläuterungen und Übersetzungen nicht-deutschsprachiger Werke in deutscher Sprache an das Publikum mehr und mehr üblich.

Wolfgang Amadeus Mozart

Um 1780 setzt mit dem WerkWolfgang Amadeus Mozarts schließlich eine bis weit ins 19. Jahrhundert reichende Entwicklung ein, die zur zunehmenden Verdrängung des bis dahin dominierenden Italienischen zugunsten deutschsprachiger Werke und Aufführungen in deutscher Übersetzung führte. Dabei fand Mozart seinen ganz eigenen Weg, mit der Tradition der italienischen Oper umzugehen. Er reüssierte bereits in jugendlichen Jahren mehrfach in Italien (u. a. mitLucio Silla undMitridate, re di Ponto) und komponierte mitIdomeneo (1781), einer ebenfalls auf Italienisch geschriebenenOpera seria, für München sein erstes Meisterwerk. Auf diese Form sollte er mitLa clemenza di Tito (1791) kurz vor seinem Tod nochmals zurückkommen. Nach den SingspielenBastien und Bastienne,Zaide (Fragment) undDie Entführung aus dem Serail (mit dieser 1782 uraufgeführten Oper gelang es ihm, sich in Wien als freier Komponist zu etablieren) schaffte er es in seinemFigaro (1786) und mehr noch imDon Giovanni (1787), Opera seria und Opera buffa einander wieder anzunähern. Neben den zuletzt genannten entstand 1790 als drittes Werk in kongenialer Zusammenarbeit mit dem LibrettistenLorenzo Da PonteCosì fan tutte. In derZauberflöte (1791) verband Mozart Elemente der Oper mit jenen desSingspiels und des lokal vorherrschendenAlt-Wiener Zaubertheaters, das seine Wirkung besonders aus spektakulärenBühneneffekten und einer märchenhaften Handlung bezog. Dazu kamen Ideen und Symbole aus derFreimaurerei (Mozart war selbst Logenmitglied). Mozart-Opern (und insbesondere dieZauberflöte) gehören bis heute zum Standardrepertoire eines jeden Opernhauses. Er selbst bezeichnete die Oper als „Große Oper in 2 Akten“.

Opernreform

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Titelvignette fürOrfeo ed Euridice (Paris 1764)

Der ebenfalls sowohl in Italien wie auch in Wien tätigeChristoph Willibald Gluck leitete mit seinen OpernOrfeo ed Euridice (1762) undAlceste (1767), in denen er Elemente der ernsten Oper aus Italien und Frankreich mit der realistischeren Handlungsebene derOpera buffa kombinierte, eine umfassendeOpernreform ein. Der konsequent klar und logisch aufgebaute Handlungsablauf, gestaltet vonRanieri de’ Calzabigi, kommt dabei ohne komplexe Intrigen oder Verwechslungsdramen aus. Die Zahl der Protagonisten schrumpft. Oberstes Ziel ist eine größere Einfachheit und Nachvollziehbarkeit der Handlung.

Dabei ordnet sich Glucks Musik vollständig Dramaturgie und Text unter, charakterisierte Situationen und Personen und stand nicht für denbelcanto-Gesang an sich. Durchkomponierte oder strophisch gestaltete Lieder ersetzten die Da-capo-Arie. Dadurch wurde eine neue Natürlichkeit und Einfachheit erreicht, die hohlem Pathos und Sängermanierismen entgegenwirkte. Der Chor schaltete sich getreu dem antiken Vorbild aktiv in die Handlung ein. Die Ouvertüre bezieht sich auf die Handlung und steht nicht mehr als abgelöstes Instrumentalstück vor der Oper. Italienisches Arioso, französisches Ballett und Pantomime, englisches und deutsches Lied sowie Vaudeville wurden in die Oper integriert, nicht als nebeneinanderstehende Einzelstücke, sondern als neuer klassischer Stil. Glucks ästhetische Ideen wurden von seinem SchülerAntonio Salieri im späten 18. Jahrhundert zu einer neuen Blüte gebracht. Besonders bedeutend sind die OpernLes Danaïdes,Tarare undAxur, re d’Ormus.

Verschwinden der Kastratenpartien

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Weiterer Ausdruck der größeren Alltagsnähe derOpera buffa und der durchChristoph Willibald Gluck angeregten Neuerungen derOpernreform ist die in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts einsetzende Praxis auf hohe Kastratenpartien für Männerpartien zugunsten realistischerer Stimmlagen zu verzichten. Neben der bewussten Abgrenzung von der stark durch dasVirtuosentum der Kastraten geprägten Opernkultur derOpera seria des Adels, spielten hierfür nicht zuletzt Kostengründe eine entscheidende Rolle. DaImpresarios mit der Opera buffa auf ein weniger zahlungskräftiges bürgerliches und sub-bürgerliches Publikum zielten, waren die horrenden Kosten für dieGage eines bekanntenKastraten kaum zu erwirtschaften. Die hieraus folgende Identifikation der Virtuosenkultur der Kastratenpartien mit der durch den Adel geprägten kostspieligen Tradition der Opera seria erklärt auch das Verschwinden der Kastraten aus dem Opernbetrieb nach dem Ende desAncien Régime und dem hierdurch bedingten Aufstieg der durch die „natürlichere“ Stimmbesetzung der Opera buffa undOpera semiseria geprägten bürgerlichen Schichten zur auch in Sachen Oper führenden Gesellschaftsschicht des 19. Jahrhunderts.

19. Jahrhundert

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Allgemeine Entwicklung

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Im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts verschwinden zunehmend die durch denGeneralbass begleiteten Rezitative zugunsten einer ausnotierten Orchesterfassung. Neben der bis dahin noch führenden italienischen Oper und den französischen Operntypen treten nach und nach andere nationale Opernformen auf, so zuerst in Deutschland. DieFranzösische Revolution und der AufstiegNapoleons zeigten ihre Auswirkungen auf die Oper am deutlichsten beiLudwig van Beethovens einziger OperFidelio bzw.Leonore (1805, 1806 und 1814). Dramaturgie und musikalische Sprache orientierten sich deutlich anLuigi CherubinisMédée (1797). Die Handlung beruht auf einem „fait historique“ vonJean-Nicolas Bouilly, das 1798 vonPierre Gaveaux unter dem TitelLéonore, ou L’amour conjugal komponiert worden war; die Ideale der französischen Revolution bilden daher auch den Hintergrund von Beethovens Oper.Fidelio kann zum Typus der „Rettungsoper“ gezählt werden, in der die dramatische Errettung eines Menschen aus großer Gefahr der Gegenstand ist. Formal ist das Werk uneinheitlich: der erste Teil ist singspielhaft, der zweite mit dem groß angelegten Chorfinale erreicht symphonische Durchschlagskraft und nähert sich demOratorium. Nach derZauberflöte und demFidelio brauchte die deutsche Produktion mehrere Anläufe, um schließlich in der Romantik eine eigene Opernsprache zu entwickeln. Eine der wichtigsten Vorstufen hierzu liefertenE. T. A. Hoffmann mit seiner romantischen OperUndine undLouis Spohr mit seiner Vertonung desFaust (beide 1816).

Deutscher Sprachraum

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Fierrabras vonFranz Schubert,Salzburger Festspiele 2014

Carl Maria von Weber war es schließlich, der aus der Tradition desSingspiels mit viel dramatischem Farbenreichtum im Orchester die deutsche Oper in Gestalt desFreischütz im Jahr 1821 gebührend aufleben ließ. Sein wegen des schlechten Textbuches kaum gespieltes WerkOberon (London 1826) maß dem Orchester so viel Bedeutung zu, dass sich später namhafte Komponisten wieGustav Mahler,Claude Debussy undIgor Strawinsky auf ihn beriefen.

Weitere Komponisten der deutschen Romantik waren die als Opernkomponisten kaum bekannten HochromantikerFranz Schubert (Fierrabras, komponiert 1823,UA 1897), dessen Freunde ihm keine kongeniale Textvorlage liefern konnten, undRobert Schumann, der mit der Vertonung des unter Romantikern beliebtenGenoveva-Stoffs nur eine Oper (1850) vorlegte. Ferner zu nennen sindHeinrich Marschner, der mit seinen Opern um übernatürliche Ereignisse und Naturschilderungen (Hans Heiling, 1833) großen Einfluss aufRichard Wagner ausübte,Albert Lortzing mit seinen Spielopern (u. a.Zar und Zimmermann, 1837, sowieDer Wildschütz, 1842),Friedrich von Flotow mit seiner komischen OperMartha (1847) und schließlichOtto Nicolai, der mit denLustigen Weibern von Windsor (1849) etwas „italianità“ in die deutsche Oper trug.

Lohengrin vonRichard Wagner,Oper Oslo, 2015

Richard Wagner schließlich formte die Oper so grundlegend nach seinen Ideen um, dass die oben genannten deutschen Komponisten neben ihm schlagartig verblassten. MitRienzi (1842) erlebte der bis dahin eher glücklose Wagner seinen ersten Erfolg in Dresden; er wurde später vonDer fliegende Holländer (1843) noch übertroffen. Wegen seiner Verwicklung in dieMärzrevolution von 1848 inDresden musste Wagner für viele Jahre ins Exil in die Schweiz. Sein späterer SchwiegervaterFranz Liszt trug durch die Uraufführung desLohengrin (1850) inWeimar dazu bei, dass Wagner trotzdem weiterhin in Deutschland präsent war. Mit der Unterstützung des jungen bayerischen KönigsLudwig II. konnte Wagner schließlich den lang gehegten Plan desRing des Nibelungen verwirklichen, für den er eigens dasBayreuther Festspielhaus erbauen ließ, in dem bis heute nur seine Werke gespielt werden.

Richard Wagner

Die grundlegende Neuerung Wagners bestand in der vollständigen Auflösung der Nummernoper. Tendenzen zur durchkomponierten Oper zeigten sich schon in WebersFreischütz oder inRobert Schumanns selten gespielterGenoveva (1850). Konsequent vollendet wurde diese Entwicklung erst durch Wagner. Daneben behandelte er Singstimmen und Orchesterpart grundsätzlich gleichberechtigt. Das Orchester begleitet also nicht mehr den Sänger, sondern tritt als „mystischer Abgrund“ in vielfältige Beziehung zum Gesungenen. Die Länge von Wagners Opern verlangt Sängern und Zuhörern viel Konzentration und Ausdauer ab. Die Themen seiner – mit Ausnahme einiger Frühwerke sowie derMeistersinger – durchweg ernsten Opern, deren Libretti er sämtlich selbst verfasste, sind häufig Erlösung durch Liebe,Entsagung oder Tod.

InTristan und Isolde (1865) verlegte Wagner das Drama weitgehend in den psychischen Innenraum der Hauptfiguren, den er dann mit seiner Musik ausleuchten konnte – die äußere Handlung der Oper ist dagegen ungewöhnlich ereignisarm. Der Gestaltung dieses „ozeanischen“ Innenraums diente auch die Harmonik, die mit dem „Tristan-Akkord“ die bis dahin gültigen harmonischen Regeln in den Hintergrund rückte und damit in die Musikgeschichte einging. Musikalisch zeichnen sich Wagners Opern sowohl durch seine geniale Behandlung des Orchestersatzes, die auch auf die symphonische Musik der Zeit bis hin zuGustav Mahler starken Einfluss ausübte, aus, als auch durch den Einsatz wiederkehrender Motive, der sogenanntenLeitmotive, die sich mit Figuren, Situationen, einzelnen Begriffen oder auch mit bestimmten Ideengehalten verbinden. Mit demRing des Nibelungen (komponiert 1853–1876), dem wohl bekanntesten Opernzyklus in vier Teilen (daher auch schlicht „die Tetralogie“ genannt) mit etwa 16 Stunden Aufführungszeit insgesamt, schuf Wagner eine monumentale musikdramatische Verwirklichung seiner in der SchriftOper und Drama (1852) entwickelten Reform der überkommenen Oper. Das BühnenweihfestspielParsifal war die letzte seiner Opern, die die Musikwelt in zwei Lager spalteten und sowohl Nachahmer (Engelbert Humperdinck,Richard Strauss vor seinerSalome) als auch Skeptiker – insbesondere in Frankreich – hervorriefen.

Frankreich

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In Frankreich herrschte zunächst die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entwickelte Form derOpéra-comique vor.Daniel-François-Esprit Auber gelang mit seiner OperLa muette de Portici (1828) deren Titelheldin von einer stumm bleibenden Ballerina dargestellt wurde, der Anschluss an dieGrand opéra („große Oper“). Der DramatikerEugène Scribe wurde zu deren maßgeblichem Librettisten. In der Grand opéra traten neben den Verwicklungen der operntypischen Liebesgeschichte vor allem historisch-politische Motive in den Vordergrund, wie es deutlich inRossinis letzter OperGuillaume Tell (1829) vorgeprägt ist. Der erfolgreichste Vertreter der Grand Opéra warGiacomo Meyerbeer, mit seinen WerkenRobert le diable (1831),Les Huguenots (1836) undLe prophète (1849), die jahrzehntelang und noch bis ins beginnende 20. Jahrhundert hinein, im internationalen Repertoire gespielt wurden. Andere bedeutende Beispiele sindLa Juive („Die Jüdin“, 1835) vonHalévy,DonizettisDom Sébastien (1843), oderVerdisDon Carlos (1867).

Etwa ab 1850 vermischten sich Opéra comique und Grand opéra zu einer neuen Opernform ohne Dialoge.Georges Bizet schrieb 1875 sein bekanntestes BühnenwerkCarmen noch als Opéra comique, deren Rezitative erst postum vonErnest Guiraud hinzugefügt wurden. Wenn die „realistische“ Handlung und der Ton des Werks nicht zu einer Grand opéra passen, so steht wiederum das tragische Ende, das bei der Uraufführung zunächst für einen Misserfolg sorgte, im Widerspruch zur Opéra comique. Weitere Beispiele für die Vermischung von Opéra comique und Grand opéra sindCharles GounodsFaust (1859) – hier wird zum ersten Mal der BegriffDrame lyrique verwendet – undJacques OffenbachsLes contes d’Hoffmann (Hoffmanns Erzählungen, 1871–1880).

Russland

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Schließlich trat auch Russland mit seinen ersten Nationalopern auf den Plan, genährt durch den Import anderer Erfolge aus dem Westen.Michail Glinka komponierte 1836 die Oper Жизнь за царя (Schisn sa zarja, deutsch:Ein Leben für den Zaren, in der Sowjetunion zuIwan Sussanin umbenannt). Das Werk hat ein russisches Sujet, ist aber musikalisch noch stark in westlichen Einflüssen verhaftet. Seine bekannteste OperRuslan und Ljudmila übte großen Einfluss auf die folgenden Generationen russischer Komponisten aus.Modest Mussorgski löste sich mitBoris Godunow (1874) nach einem Drama vonAlexander Puschkin endgültig von westlichen Einflüssen. AuchBorodinsFürst Igor (1890) führte Glinkas Erbe weiter.Pjotr Tschaikowski stand zwischen den russischen Traditionen und denen der westlichen Welt und entwarf mitEugen Onegin (1879) undPique Dame (1890) Liebesdramen mit bürgerlichem Personal, die beide ebenfalls auf einer Vorlage von Puschkin beruhen.

Böhmen

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InBöhmen warenBedřich Smetana undAntonín Dvořák die meistgespielten Komponisten der Prager Nationaloper, die mit SmetanasLibuše (1881) im neuenNationaltheater in Prag ihren Anfang nahm.Die verkaufte Braut (1866) desselben Komponisten wurde zum Exportschlager. Dvořaks OperRusalka (1901) verknüpfte volkstümliche Sagen und deutsche Märchenquellen zu einer lyrischen Märchenoper.Bohuslav Martinů undLeoš Janáček führten ihre Bestrebungen weiter. Letztgenannter Komponist ist in seiner Modernität in den letzten Jahrzehnten wiederentdeckt worden und hat vermehrt die Spielpläne erobert. WährendDas schlaue Füchslein (1924) noch immer meist in der deutschen Übersetzung vonMax Brod gegeben wird, werden andere Werke wieJenůfa (1904),Káťa Kabanová (1921) oderVěc Makropulos (1926) immer häufiger in der tschechischsprachigen Originalversion aufgeführt; das ist insofern wichtig, da Janáčeks Tonsprache sich eng an diePhonetik undProsodie seiner Muttersprache anlehnt.

Italien

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Italien verfiel ab dem Jahr 1813, in dem seine OpernTancredi undL’italiana in Algeri aufgeführt wurden, dem jungen und überaus produktivenBelcanto-KomponistenGioachino Rossini.Il barbiere di Siviglia (1816),La gazza ladra (dt.Die diebische Elster) undLa Cenerentola (beide 1817) nach dem Aschenputtel-Märchen vonCharles Perrault sind bis heute im Standardrepertoire der Opernhäuser zu finden. Federnder Rhythmus und eine geistreich-brillante Orchestrierung sowie eine virtuose Behandlung der Singstimme ließen Rossini zu einem der beliebtesten und verehrtesten Komponisten Europas werden. Die bis dato noch üblichen improvisierten Verzierungen der Sänger schrieb Rossini dezidiert in seine Partien hinein und unterband damit ausufernde Improvisationen. Eine neue formale Idee verwirklichte er mit seinerscena ed aria, die den starren Wechsel von Rezitativ und Arie auflockerte und doch das Prinzip der Nummernoper aufrechterhielt. Daneben hat Rossini auch eine ganze Reihe vonOpere serie geschrieben (z. B. seinenOtello, 1816, oderSemiramide, 1823). 1824 ging er nach Paris und schrieb wichtige Werke für die Opéra. Eine politischeGrand opéra verfasste er über Wilhelm Tell (Guillaume Tell, 1829), die in Österreich verboten und an verschiedenen europäischen Orten in entschärfter Fassung mit anderen Haupthelden aufgeführt wurde.

Enrico Caruso, Bessie Abott, Louise Homer, Antonio Scotti, singen das Quartett „Bella figlia dell’amore“ aus VerdisRigoletto

Rossinis jüngere Zeitgenossen und Nachfolger kopierten zunächst seinen koloraturenreichen Stil, bis vor allemVincenzo Bellini undGaetano Donizetti es schafften, sich mit einem eigenen, etwas schlichteren, ausdrucksvollen und romantischeren Stil von dem übermächtigen Vorbild zu emanzipieren. Bellini war berühmt für die ausdrucksvolle und ausgefeilte Deklamation seiner Rezitative und die „unendlich“ langen und ausdrucksvollen Melodien seiner Opern, wieIl pirata (1827),I Capuleti e i Montecchi (1830),I puritani (1835),La sonnambula (1831), und vor allemNorma (1831). Die Titelpartie dieser Oper mit der berühmten Arie „Casta diva“ schrieb Bellini, genau wie die Amina inLa sonnambula, der großen SängerinGiuditta Pasta auf den Leib. Die Norma ist so anspruchsvoll, dass sie nur von ganz wenigen großen Sängerinnen gesungen und interpretiert werden kann, sie wurde durch die historische Interpretation vonMaria Callas wieder der Vergessenheit entrissen.

Der wenige Jahre ältere Donizetti war ein ungemein fleißiger Komponist, der neben Bellini und vor allem nach dessen frühzeitigem Tode (1835) zum erfolgreichsten italienischen Opernkomponisten aufstieg. Seinen ersten großen Durchbruch hatte er mitAnna Bolena (1830), deren Titelpartie ebenfalls von der Pasta kreiert und von der Callas wiederentdeckt wurde. Dagegen istLucia di Lammermoor (1835) mit der berühmten koloraturreichen Wahnsinnsszene nie ganz aus dem Repertoire verschwunden und hält sich neben den heiteren OpernL’elisir d’amore (1832),Don Pasquale (1843), undLa fille du régiment (1840) konsequent auf den Spielplänen der Opernhäuser.

Giuseppe Verdi (1813–1901)

Die weit gespannten Melodiebögen Bellinis machten starken Eindruck auf den jungenGiuseppe Verdi. Seit seiner dritten OperNabucco galt er alsNationalkomponist für das immer noch von denHabsburgern beherrschte Italien. Sein Chor„Va, pensiero, sull’ ali dorate“ (1842) entwickelte sich rasch zur heimlichen Nationalhymne des besetzten und zerteilten Landes. Musikalisch zeichnet Verdis Musik eine betonte Rhythmik aus, über der sich einfache, oft extrem ausdrucksstarke Melodien entwickeln. In seinen Opern, bei denen Verdi mit untrüglichem Theaterinstinkt auch oft selbst am Textbuch mitwirkte, nehmen Chorszenen zunächst eine wichtige Stellung ein. Verdi verließ zunehmend die traditionelle Nummernoper; ständige emotionale Spannung verlangte nach einer abwechslungsreichen Durchmischung der einzelnen Szenen und Arien. MitMacbeth wandte sich Verdi endgültig von der Nummernoper ab und ging seinen Weg der intimen Charakterschilderung von Individuen weiter. MitLa traviata (1853, nach dem 1848 erschienenen RomanDie Kameliendame vonAlexandre Dumas d. J., der um die authentische Figur der KurtisaneMarie Duplessis kreist) brachte er erstmals einen Gegenwartsstoff auf die Opernbühne, wurde von derZensur jedoch gezwungen, die Handlung aus der Jetztzeit zu verlegen. Verdi vertonte häufig literarische Vorlagen, etwa vonFriedrich Schiller (z. B.Luisa Miller nachKabale und Liebe oderI masnadieri nachDie Räuber), Shakespeare oderVictor Hugo (Rigoletto). Mit seinen für Paris geschriebenen Beiträgen zurGrand Opéra (z. B.Don Carlos, 1867) erneuerte er auch diese Form und nahm mit dem spätenOtello Elemente von Richard Wagners Musikdrama auf, bis er mit der überraschenden KomödieFalstaff (1893; Dichtung in beiden Fällen vonArrigo Boito) im Alter von 80 Jahren seine letzte von fast 30 Opern komponierte. Als seine populärsten Opern geltenLa traviata (1853) undAida (1871).

Jahrhundertwende

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Francisca Pomar de Maristany singt „Vissi d’arte“ aus Giacomo PuccinisTosca – Aufnahme von 1929

Nach dem Abtreten Verdis eroberten die jungenVeristen (ital.vero = wahr) in Italien die Szene. Ungeschönter Naturalismus war eines ihrer höchsten ästhetischen Ideale – dementsprechend wurde von säuberlich verfassten Versen Abstand genommen.Pietro Mascagni (Cavalleria rusticana, 1890) undRuggero Leoncavallo (Pagliacci, 1892) waren die typischsten Komponisten aus dieser Zeit.Giacomo Puccini wuchs hingegen an Ruhm weit über sie hinaus und ist bis heute einer der meistgespielten Opernkomponisten überhaupt.La Bohème (1896), ein Sittengemälde aus dem Paris der Jahrhundertwende, der „Politkrimi“Tosca (1900, nach dem gleichnamigen Drama von Victorien Sardou) und die fernöstlicheMadama Butterfly (1904), mit der unvollendetenTurandot (Uraufführung posthum 1926) noch um ein weiteres an Exotismus gesteigert, sind vor allem wegen ihrer Melodien zu Schlagern geworden. Puccini war ein eminenter Theatraliker und wusste genau für die Stimme zu schreiben; die Instrumentierung seiner meist für großes Orchester gesetzten Partituren ist sehr differenziert und meisterhaft.[4] Zurzeit wird der damals sehr populäre italienisch-deutsche KomponistAlberto Franchetti, trotz dreier Welterfolge (Asrael,Christoforo Colombo undGermania) zwischendurch fast vergessen, zaghaft wiederentdeckt.Einem anderen musikdramatischen Ideal verpflichtet als die Veristen war der gleichzeitig tätigeAlfredo Catalani, dessen beim Publikum sehr beliebten Werke auch mit fantastischen Elementen durchsetzt sind. Seine letzte und heute bekannteste Oper,La Wally nach dem RomanDie Geier-Wally vonWilhelmine von Hillern, wurde am 20. Januar 1892 imTeatro alla Scala in Mailand uraufgeführt.

Frühes 20. Jahrhundert

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Mary Garden als Melisande

Frankreich

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Claude Debussy gelang es schließlich, sich vom Einfluss des Deutschen zu befreien, und schuf mitPelléas et Mélisande 1902 eines der nuanciertesten Beispiele für die von Wagner übernommeneLeitmotivtechnik.Maurice Maeterlincks Textvorlage bot viel an mehrdeutigen Symbolismen an, die Debussy in die Orchestersprache übernahm. Die Gesangspartien wurden fast durchweg rezitativisch gestaltet und boten der „unendlichen Melodie“ Wagners mit dem „unendlichen Rezitativ“ ein Gegenbeispiel. Eine der raren Ausnahmen, die dem Hörer eine gesangliche Linie darbieten, ist das schlichte Lied der Mélisande, das wegen seiner Kürze und Schmucklosigkeit kaum als echte Arie angesehen werden kann.

Wiener Schule

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NachRichard Strauss, der mitSalome undElektra zunächst zum spätromantischen Expressionisten wurde, sich dann allerdings mitDer Rosenkavalier wieder früheren Kompositionsstilen zuwendete und mit einer Reihe von Werken bis heute viel gespielt wird (z. B.Ariadne auf Naxos,Arabella,Die Frau ohne Schatten undDie schweigsame Frau), schafften es nur noch wenige Komponisten, einen festen Platz im Repertoire der Opernhäuser zu finden. Stattdessen wurden (und werden) eher die Werke der Vergangenheit gepflegt. Die Aufnahme eines zeitgenössischen Werkes in das Standardrepertoire bleibt die Ausnahme.

Alban Berg gelang dies dennoch mit seinen OpernWozzeck, der freitonal angelegt wurde, undLulu, die sich ganz der Zwölftonmusik bedient. Die zuerst Fragment gebliebeneLulu wurde vonFriedrich Cerha für die Pariser Aufführung unterPierre Boulez undPatrice Chéreau in ihrer dreiaktigen Gestalt vollendet. Von beiden Opern hat insbesondereWozzeck, bei dem Gehalt des Stücks und musikalische Vision zu einer Einheit finden, inzwischen weltweit in unzähligen Inszenierungen an großen wie kleineren Bühnen Eingang in das vertraute Opernrepertoire gefunden und eine unbestrittene Stellung erobert. Durchaus ähnlich verhält es sich mitLulu, die jedoch wegen ihres im Werk angelegten Aufwands oft nur von größeren Bühnen bewältigt werden kann. Sie inspiriert allerdings regelmäßig wichtige Interpretinnen wieAnja Silja,Evelyn Lear,Teresa Stratas oderJulia Migenes.

Arnold Schönberg, 1948

VonArnold Schönberg werden regelmäßig dasMonodramErwartung – die erste Oper für eine einzige Sängerin – sowie das vom Komponisten bewusst unvollendet hinterlassene, höchste Ansprüche an den Chor stellende WerkMoses und Aron aufgeführt.Erwartung, bereits 1909 entstanden, doch erst 1924 inPrag mitMarie Gutheil-Schoder unter der Leitung vonAlexander von Zemlinsky uraufgeführt, bewies in den dem Zweiten Weltkrieg folgenden Jahren eine spezifische Faszination gleichermaßen für Sängerinnen (besondersAnja Silja undJessye Norman) wie für Regisseure (z. B.Klaus Michael Grüber mit Silja 1974 in Frankfurt;Robert Wilson mit Norman 1995 bei denSalzburger Festspielen). 1930 begann Schönberg die Arbeit anMoses und Aron, die er 1937 abbrach; nach der szenischen Uraufführung in Zürich 1957 hat diese Oper international zumal seit den 1970er Jahren in zahlreichen Aufführungen ihre besondere Bühnentauglichkeit bewiesen. Interessant ist ferner, dass Moses sich über die gesamte Oper hinweg eines Sprechgesangs bedient, dessen Tonhöhe vorgezeichnet ist, Aron dagegen singt.

Weitere Entwicklungen im Deutschen Sprachraum

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Ansonsten hinterließ dieWiener Schule keine weiteren Spuren im Standardrepertoire. Musikalisch musste sich allerdings jeder moderne Komponist mit derZwölftonmusik auseinandersetzen und entscheiden, ob er auf ihrer Grundlage weiter arbeitete oder eher in tonalen Bahnen dachte.

Hans Pfitzner gehörte zu den bedeutendsten Komponisten der ersten Jahrhunderthälfte, die bewusst an den tonalen Traditionen festhielten. Sein Opernschaffen zeigt gleichermaßen Einflüsse Richard Wagners und frühromantischer Komponisten, wie Weber und Marschner. Pfitzners Musik wird zum großen Teil von linear-polyfonem Denken bestimmt, die Harmonik bewegt sich zwischen schlichter Diatonik und bis an die Grenzen der Tonalität gehender Chromatik. Von Pfitzners Opern ist die 1917 uraufgeführte Musikalische LegendePalestrina am bekanntesten geworden. Er schrieb außerdem:Der arme Heinrich,Die Rose vom Liebesgarten,Das Christ-Elflein undDas Herz.

Die Gezeichneten vonFranz Schreker,
Inszenierung:David Bösch,Opéra de Lyon 2015
Die tote Stadt vonErich Wolfgang Korngold,
Inszenierung:Johannes Erath,Oper Graz 2015

Franz Schreker schuf 1912 mitDer ferne Klang einen der großen Opernerfolge vor demZweiten Weltkrieg, geriet jedoch später in Vergessenheit, als derNationalsozialismus seine Werke aus den Spielplänen verdrängte. Nach vielen früheren Versuchen begann erst in den 1980er Jahren die wirklich tief greifende Wiederentdeckung dieses Komponisten, die neben Neuinszenierungen vonDer ferne Klang (Teatro La Fenice 1984,Wiener Staatsoper 1991) auch Aufführungen vonDie Gezeichneten,Der Schatzgräber oderIrrelohe zeitigte. Eine wesentliche Rolle in Schrekers Musik spielen stark ausdifferenzierte Klangfarben. Die chromatische Harmonik Wagners erfährt bei Schreker eine nochmalige Intensivierung, die nicht selten die tonalen Bindungen bis zur Unkenntlichkeit verwischt.

Ähnlich wie Schreker erging es dem WienerAlexander von Zemlinsky und dem BrünnerErich Wolfgang Korngold, deren Werke es nach 1945 ebenfalls schwer hatte. Seit den 1980er Jahren gelang es beiden Komponisten, wieder einen Platz im internationalen Repertoire zu erlangen, Zemlinsky mitKleider machen Leute, besonders aberEine florentinische Tragödie,Der Zwerg undDer König Kandaules, Korngold mitDie tote Stadt.

Auch das Schaffen vonWalter Braunfels wurde von den Nationalsozialisten verboten und erfährt erst seit Ende des 20. Jahrhunderts wieder verstärkte Aufmerksamkeit. Mit seiner OperDie Vögel war Braunfels in den 1920er Jahren einer der meistgespielten Komponisten auf deutschen Opernbühnen. An seinen Werken fällt ihre stilistische Vielseitigkeit auf: BietetPrinzessin Brambilla einen auf dieCommedia dell’arte zurückgreifenden Gegenentwurf zum Musikdrama der Wagnernachfolge, zeigenDie Vögel den Einfluss Pfitzners. Mit den späteren OpernVerkündigung,Der Traum ein Leben undJeanne d’Arc – Szenen aus dem Leben der Heiligen Johanna nähert Braunfels sich der Tonsprache des späteren Hindemith an.

Zu den in den 1920ern erfolgreichsten Komponisten der jungen Generation zählteErnst Krenek, ein Schüler Schrekers, der zunächst mit in freier Atonalität gehaltenen, expressionistischen Werken für Aufsehen sorgte. Ein Skandalerfolg wurde 1927 seine OperJonny spielt auf, die Elemente des Jazz aufgreift. Sie ist ein typisches Beispiel für die damals entstandene Gattung der „Zeitoper“, die ihre Handlungen dem stark vom Wechsel unterschiedlicher Moden bestimmten Alltag der damaligen Zeit entnahm. Kreneks Musik wurde von den Nationalsozialisten später als „entartet“ abgelehnt und verboten. Der Komponist emigrierte in die USA und brachte es bis 1973 auf über 20 Opern, in denen sich die wechselvolle Entwicklung der Musik des 20. Jahrhunderts exemplarisch widerspiegelt.

Zweiter Weltkrieg

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DerZweite Weltkrieg bezeichnete einen großen Einschnitt in der Geschichte Europas und Amerikas, der sich auch auf die musikalische Welt auswirkte. In Deutschland wurden kaum noch Opern mit modernen Klängen gespielt und gerieten immer mehr ins Abseits. Ein bezeichnendes Beispiel hierfür bildetPaul Hindemith, der in den 1920ern mit Werken wie der OperCardillac als musikalischer „Bürgerschreck“ galt, nach 1930 aber schließlich zu einem gemäßigt modernen Stil neoklassizistischer Prägung gefunden hatte, dem u. a.Mathis der Maler (aus Teilen dieser Oper stellte der Komponist eine viel gespielte Sinfonie zusammen) zuzurechnen ist. Trotz des Stilwandels bekam Hindemith die Ablehnung deutlich zu spüren, daAdolf Hitler persönlichen Anstoß an seiner 1929 vollendeten OperNeues vom Tage genommen hatte. Schließlich wurden auch Hindemiths Werke mit dem Etikett „entartet“ versehen und ihre Aufführung verboten. Hindemith ging, wie andere Künstler und Komponisten vor und nach ihm, 1938 ins Exil.

Zeit nach 1945

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Allgemeine Entwicklung

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Die Zeit nach 1945 ist durch eine deutliche Internationalisierung und Individualisierung des Opernbetriebes gekennzeichnet, welche die bis dahin übliche Unterteilung in nationale Traditionen kaum mehr sinnvoll erscheinen lässt.

Die Oper wurde immer stärker von individuellen Einflüssen der Komponisten abhängig als von allgemeinen Strömungen. Die ständige Präsenz der „Klassiker“ des Opernrepertoires ließ die Ansprüche an moderne Opern steigen, und jeder Komponist musste seinen eigenen Weg finden, um mit der Vergangenheit umzugehen, sie fortzuführen, zu verfremden oder mit ihr zu brechen.Im Folgenden entstanden immer wieder Opern, die die Grenzen der Gattung sprengten und zu überwinden trachteten. Auf musikalischer wie textlicher Ebene verließen die Komponisten zunehmend bekanntes Terrain und bezogen die Bühne und die szenische Aktion in den – oft genug abstrakten – musikalischen Ablauf mit ein. Kennzeichen für die Erweiterung der visuellen Mittel im 20. Jahrhundert sind die zunächst handlungsbegleitenden, später selbstständigeren Videoprojektionen.

Bo Skovhus alsLear in der gleich­namigen Oper von Aribert Reimann an der Hamburgischen Staatsoper 2012.

In der zunehmenden Individualisierung der Musiksprache lassen sich in der Oper der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dennoch Strömungen erkennen: zum einen dieLiteraturopern, deren Dramaturgie sich zu großen Teilen an der Tradition ausrichtet. Dazu werden aber mehr und mehr aktuelle Stoffe und Libretti verwendet. Dennoch sind zwei wegweisende Werke dieser Zeit ausgerechnet Opern, die Klassiker der Literatur als Grundlage verwenden, nämlichBernd Alois Zimmermanns OperDie Soldaten nachJakob Michael Reinhold Lenz undAribert ReimannsLear nachWilliam Shakespeare. Weitere Beispiele für die Literaturoper wären ReimannsDas Schloss (nachKafka) undBernarda Albas Haus (nachLorca). Zunehmend werden auch politische Stoffe vertont, beginnend mitLuigi Nono undHans Werner Henze; ein jüngeres Beispiel istGerhard Rosenfelds OperKniefall in Warschau überWilly Brandt, deren Uraufführung 1997 in Dortmund allerdings bei Publikum wie Presse gleichermaßen wenig Wirkung zeigte und keine Folgeproduktionen zeitigte.

Können schonLuigi Nonos Werke aufgrund ihrer experimentellen Musiksprache nicht mehr als Literaturoper kategorisiert werden, so wird auch die Dramaturgie der Opernvorlage auf ihre experimentellen Möglichkeiten hin ausgelotet. Der BegriffOper erfährt daher eine Wandlung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, viele Komponisten ersetzen ihn durchMusiktheater odermusikalische Szenen und verwenden den Begriff Oper nur für explizit mit der Tradition verbundene Werke. In den Werken experimenteller Komponisten ist nicht nur ein kreativer Umgang mit Text und Dramaturgie zu entdecken, auch die Bühne, die Orchesterbesetzung und nicht zuletzt die Musik selbst überwindet konservative Muster, das Genre ist hier nicht mehr klar eingrenzbar. Zudem werden neue Medien wie Video, Elektronik eingesetzt, aber auch das Schauspiel, Tanz und Performance halten Einzug in die Oper.

Eine ganz eigene Stimme im zeitgenössischen Musiktheater verkörpert ein anderer italienischer Komponist:Salvatore Sciarrino. Er schafft mit seinem Interesse an Klangfarben oder auch der Stille in der Musik, z. T. im Rückgriff auf Kompositionstechniken derRenaissance (z. B. in seiner OperLuci mie traditrici von 1998 über das Leben des Madrigal-KomponistenCarlo Gesualdo) unverwechselbare Werke.

Benjamin Britten ließ das moderne England auf den internationalen Opernbühnen Einzug halten. Von seinen überwiegend tonalen Opern sindA Midsummer Night’s Dream, basierend auf dem SchauspielWilliam Shakespeares,Albert Herring,Billy Budd undPeter Grimes am bekanntesten. Immer wieder zeigte sich Brittens Vorliebe und Talent zur Klangmalerei insbesondere in der Darstellung des Meeres.

DieDialogues des Carmélites(Gespräche der Karmelitinnen, Uraufführung 1957) vonFrancis Poulenc gelten als eines der bedeutendsten Werke des modernen Musiktheaters. Grundlage bildet der historische Stoff derMärtyrinnen von Compiègne, die 1794 unter den Augen des Revolutionstribunals singend zum Schafott schritten, nachdem sie sich geweigert hatten, ihre Ordensgelübde zu brechen. Auf Poulenc geht auch die zweite bekannt gewordene Oper für eine einzige Sängerin zurück: InLa voix humaine zerbricht die schlicht als „Frau“ bezeichnete Person an der Untreue ihres Geliebten, der ihr per Telefon den Laufpass gibt.Luciano Berio verwendete inPassaggio zu der weiblichen Hauptfigur „Sie“ auch einen kommentierenden Chor.

Der KomponistPhilip Glass, derMinimal Music verhaftet, verwendete fürEinstein on the Beach keine zusammenhängenden Sätze mehr, sondern Zahlen,Solfège-Silben, Nonsens-Worte. Entscheidend war die Darstellung der Geschehnisse auf der Bühne. 1976 entstandEinstein on the Beach, der erste Teil einer Trilogie, in der auchSatyagraha undAkhnaten vertreten sind – Hommagen an Persönlichkeiten, die die Weltgeschichte veränderten:Albert Einstein,Mahatma Gandhi und den ägyptischen PharaoEchnaton. Glass’ Arbeiten haben besonders in Verbindung mit den als kongenial empfundenen Inszenierungen von Robert Wilson oderAchim Freyer große Publikumswirksamkeit bewiesen.

Mauricio Kagels Bühnenwerke sind ebenso oft Werke über Musik oder Theater an sich, die am ehesten als „Szenisch-musikalische Aktion“ zu klassifizieren ist – die Musik ist kaum festgelegt, da Kagel sich der freien Improvisation seiner Interpreten überlässt, die auf Nicht-Instrumenten (Reißverschlüssen, Babyflaschen etc.) spielen oder sie ungewöhnlich benutzen, bedeutungslose Silben singen oder Handlung und/oder Musik per Zufall oder durch improvisierte Lesart entstehen lassen. Mit Witz übte Kagel dabei hintersinnige Kritik an Staat und Theater, Militär, Kunstbetrieb usw. Skandale erregte sein berühmtestes WerkStaatstheater, in dem die verborgenen Mechanismen desselben an die Oberfläche gekehrt werden.

Luigi Nono verwendete seine Musik dagegen, um politische und soziale Missstände anzuklagen. Besonders deutlich wird dies inIntolleranza 1960, wo ein Mann auf einer Reise zu seiner Heimat Demonstrationen, Proteste, Folterungen,Konzentrationslager, Gefängnishaft und Missbrauch bis hin zu einer Überschwemmung erlebt und schließlich feststellt, dass seine Heimat dort ist, wo er gebraucht wird.

Ein sehr produktiver Komponist war der 2003 mit demPremium Imperiale der Japan Art Foundation (sog.Nobelpreis der Kunst) ausgezeichneteHans Werner Henze. Er stand von Anfang an im Konflikt mit den teilweise dogmatisch ausgerichteten herrschenden Strömungen der zeitgenössischen Musik in Deutschland (StichwortDarmstadt bzw.Donaueschingen, s. o.), griffserielle Techniken auf, wandte jedoch auch ganz andere Kompositionstechniken bis hin zurAleatorik an. Am Beginn seines Opernschaffens stand seine Zusammenarbeit mit der DichterinIngeborg Bachmann (Der junge Lord, 1952, und die Kleist-AdaptionDer Prinz von Homburg, 1961). DieElegie für junge Liebende (1961) entstand mitW. H. Auden und Chester Kallman, den Librettisten vonStrawinskys OperThe Rake’s Progress. Später vertonte er Libretti vonEdward Bond (The Bassarides, 1966, undThe English Cat, 1980). Sein WerkL’Upupa und der Triumph der Sohnesliebe wurde 2003 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt. Henze, der seit vielen Jahrzehnten in Italien lebte, hat viele jüngere Komponisten nachhaltig gefördert und beeinflusst. Seit 1988 gibt es in München die von ihm gegründeteBiennale für Neues Musiktheater.

Das Weltparlament der ersten Szene von MITTWOCH, ausStockhausens Opernzyklus LICHT. Birmingham Opera 2012

Karlheinz Stockhausen vollendete 2005 seine 1978 begonnene HeptalogieLICHT. Mit seinem Hauptwerk hinterließ er ein religiöse Themen behandelndes, monumentales Opus, bestehend aus sieben Opern, die jeweils für einen Wochentag stehen. Die ersten Opern erlebten in Mailand ihre Uraufführung (Donnerstag,Samstag,Montag), inLeipzig wurdenDienstag undFreitag zum ersten Mal gespielt. In seiner Gesamtheit wurde das insgesamt 29 Stunden Musik umfassende komplexe Werk nicht zuletzt wegen der immensen organisatorischen Schwierigkeiten noch nicht aufgeführt.

Aufmerksamkeit erregte in Deutschland 1996 die OperDas Mädchen mit den Schwefelhölzern vonHelmut Lachenmann. Sie basiert auf der bekannten Weihnachtsgeschichte vonHans Christian Andersen. Auf eigenwillige Weise und mit teilweise neuartigen Instrumentaltechniken setzt Lachenmann hier das Gefühl der Kälte in Klang um.

Nach der Statistik vonOperabase sind die fünf meistaufgeführten lebenden Opernkomponisten in den fünf Spielzeiten von 2013/14 bis 2017/18 die AmerikanerPhilip Glass,Jake Heggie, der EngländerJonathan Dove, der Niederländer Leonard Evers, und der EngländerThomas Adès. Als meistaufgeführte deutsche Komponisten nennt OperabasePeter Lund an 8.,Marius Felix Lange an 11.,Wolfgang Rihm an 14.,Ludger Vollmer an 17., undAribert Reimann an 23. Stelle.[5]

SeitHumperdincks MärchenoperHänsel und Gretel haben Opernkomponisten immer wiederKinderopern geschrieben, wie z. B.Henze (Pollicino, 1980),Oliver Knussen (Wo die wilden Kerle wohnen, 1980 und 1984) undWilfried Hiller (Tranquilla Trampeltreu,Norbert Nackendick,Der Rattenfänger,Eduard auf dem Seil,Wolkenstein undDer Goggolori).

Weitere bedeutende Opernkomponisten des 20. und 21. Jahrhunderts

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Form

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Opern sind von einer Formenvielfalt geprägt, die durch konventionelle Kompositionsstile ebenso wie durch individuelle Lösungen der Komponisten bestimmt wird. Deshalb gibt es keine allgemeingültige Formel für ihre Struktur. Grob gesehen, kann man jedoch eine Entwicklung von derNummernoper über viele verschiedene Mischformen bis hin zur durchkomponierten Oper gegen 1900 feststellen.

Nummernoper

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Von der Barockzeit bis in die Romantik hinein ist die Oper eine Aneinanderreihung in sich geschlossener Musikstücke („Nummern“), die durchRezitative oder (imSingspiel) gesprocheneDialoge miteinander verbunden werden und eine durchgängigeHandlung darstellen. Wie auch das Schauspiel kann eine Oper inAkte, inBilder,Szenen bzw.Auftritte gegliedert sein. Die musikalischen Bestandteile der Oper sind vielfältig:

Instrumentalmusik

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Geschlossene lyrische Formen

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  • DieArie ist der Oberbegriff für alle Sologesänge in der Oper. Andere Bezeichnungen für Solostücke sindLied,Cavatine,Couplet,Ariette,Romanze,Ballade. Virtuose italienische Arien hatten einen verzierten Schlusssatz, derCabaletta genannt wird. Arien sind oft die publikumswirksamsten und bekanntesten Teile einer Oper und werden einzeln, manchmal mit vorausgehendem Rezitativ, außerhalb des Opernrahmens in Konzerten gegeben. Die Arie beschreibt häufig einen Gefühlszustand, Erinnerungen oder Gedanken der singenden Figur und lässt so die dramatische Handlung stillstehen.
  • Ensembles sind Gesänge für mehrere Solostimmen:Duett,Terzett,Quartett etc. Größere Ensembles bilden seit dem späteren 18. Jahrhundert oft dasFinale einesAktes und führen die Handlung weiter wie inDon Giovanni (1787) vonW. A. Mozart.
  • DerChor bietet Abwechslung zu den Solostücken und lässt im 19. Jahrhundert häufig dasVolk zu Wort kommen. In manchen Opern lässt er die solistischen Stücke in den Hintergrund treten, wie beiAntonio Salieri inLes Danaïdes (1784),Gioachino RossinisMoïse et Pharaon (1827) oderModest MussorgskisBoris Godunow (1874).
  • Eine Sonderstellung nimmt das französischeVaudeville des 17./18. Jahrhunderts ein, ein abwechselnd gesungenes bekanntesStrophenlied, oft mit gemeinsamemRefrain, zum Beispiel im Finale von MozartsDie Entführung aus dem Serail (1782).

Handlungsbetonte Passagen und Nummern

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  • DasRezitativ ist eine Textvertonung, die sich demSprachrhythmus und derSprachmelodie angleicht. Es dient hauptsächlich dazu, Handlung zu transportieren, vor allem in Dialogszenen. In der Musik des Barock und der Klassik unterscheidet man zwischenRecitativo secco (ital.secco, trocken) undRecitativo accompagnato (ital.accompagnato, begleitet). Beim Secco-Rezitativ sind nur Gesangs- und Bassstimme notiert, später auch die dazugehörigen Akkorde alsGeneralbass oder in ausgeschriebener Form. Der Sänger wird von einem oder wenigen Instrumenten begleitet, meistens ein Bass- und einHarmonieinstrument (Zupf- oder Tasteninstrument). Im 18. Jahrhundert fiel diese Aufgabe zunehmend nur noch dem Cembalo, später auch demHammerklavier zu. Beim Accompagnato-Rezitativ ist die Begleitung für das Orchester auskomponiert, es steht oft im Zusammenhang mit einer Arie, deren Situation es vorbereitet.
  • Die Szene, ital.Scena, entstand im 19. Jahrhundert aus dem handlungsbetonten Rezitativ und wird vom Orchester begleitet. Meist schließt sich daran eine Arie an.
  • DasMelodram besteht entweder aus musikbegleitetem Sprechen, wie etwa inAntonio SalierisRauchfangkehrer (1781), der Kerkerszene ausLudwig van BeethovensFidelio (1805/1814) und der Wolfsschluchtszene ausCarl Maria von WebersDer Freischütz (1821), oder auch nur aus musikbegleiteterPantomime wie inDaniel-François-Esprit AubersLa muette de Portici (1828) oderGiacomo PuccinisSuor Angelica (1918). Das Melodram bildet eine eigenständige Form, die ganze Werke umfasste wieFranz SchubertsDie Zauberharfe (1820), ist aber heute von den Theatern verschwunden. Auf die Wirkung des Melodrams greift die heutigeFilmmusik zurück.
Ariadne auf Naxos mitMagee undKaufmann,Salzburger Festspiele 2012

Durchkomponierte Großform

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Die Trennung der Nummern und die Abgrenzung zwischen Rezitativ und Arie wurden im 19. Jahrhundert in Frage gestellt. Ab 1825 verschwand allmählich dasSecco-Rezitativ, an seine Stelle trat in der italienischen Literatur das Prinzip vonscena ed aria, das beiGiuseppe Verdi die Akte zu einem größeren musikalischen Ganzen formt.Richard Wagner propagierte ab der Mitte des Jahrhunderts den Verzicht auf die Nummernstruktur zugunsten einesdurchkomponierten, auf der Grundlage vonLeitmotiven geformten Ganzen. Für Wagners Opern hat sich der BegriffMusikdrama durchgesetzt, das Stichwort „Unendliche Melodie“ steht für ein kontinuierliches Fortschreiten der musikalischen und emotionalen Entwicklung, das sich nach seiner Auffassung gegen musikalische Tanzformen durchsetzen sollte. Seine OperTristan und Isolde (1865) bezeichnete Wagner als „Handlung in Musik“, was an die ursprünglichen Opernbegriffe „favola in musica“ oder „dramma per musica“ erinnern sollte.

Die durchkomponierte Form wurde im späten 19. Jahrhundert allgemein bevorzugt, auch beiJules Massenet oderGiacomo Puccini, und blieb das vorherrschende Modell der frühenModerne bis zumNeoklassizismus, der mit brüchigen Strukturen und mit Rückbezügen auf Formen der frühen Operngeschichte experimentierte. Auch in sich abgeschlossene Teile aus durchkomponierten Opern werden in Konzerten aufgeführt, wie etwa viele Arien aus Puccini-Opern. Als Meister der durchkomponierten Großform gilt Richard Strauss, der dies insbesondere in den EinakternSalome,Elektra undAriadne auf Naxos unter Beweis stellte.

Im 20. Jahrhundert griffen viele Komponisten wieder auf das Nummernprinzip zurück, zum BeispielZoltán Kodály,Igor Strawinski oderKurt Weill. Die Nummernoper besteht außerdem inOperette undMusical weiter.

Opera seria und Opera buffa

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In der Geschichte der Oper gab es zumeist einen „hohen“ und einen „niederen“ Stil, frei nach der antiken Unterscheidung zwischenTragödie undKomödie. Nicht immer bedeutet dies jedoch eine Grenze zwischen ernst und lustig. Der „hohe“ Stil kann sich über den „niederen“ auch einfach durch antike Stoffe erheben oder durch adlige Figuren oder durch eine „literarisch“ ernst zu nehmende Vorlage oder durch „schwierige“ (bzw. bloßdurchkomponierte) Musik. All diese Anhaltspunkte für das Wertvollere wurden im Lauf der Geschichte angegriffen. Dabei gab es Gattungen, die den Gegensatz abzuschwächen versuchten wie die Opera semiseria.

Solange die Oper noch im Stadium des Experiments war, wie bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts, war eine Trennung noch nicht nötig. Sie ergab sich erst, als Opernaufführungen zur Gewohnheit wurden, und zwar aus sozialen Gründen: Die ernste Oper enthielt aristokratisches Personal und „hohe“ politische Symbolik, die komische hatte bürgerliche Figuren und „unwesentliche“ alltägliche Handlungen zum Thema. Allmählich trennten sichOpera seria undTragédie lyrique von ihren komischenIntermezzi, aus denenOpera buffa undOpéra-comique hervorgingen. Diese Trennung wurde erst am Ende des 18. Jahrhunderts aufgebrochen: Weil die Bürger in der für sie bestimmten „niederen“ Operngattung nicht mehr komisch (also lächerlich) dargestellt werden wollten, wurde das Komische oft ins Sentimentale abgebogen und aufgewertet. Daher sind „komische Opern“ oft nicht lustig. Nach derFranzösischen Revolution löst sich dieStändeklausel auf, und auch bürgerliche Opern durften „ernst“ sein. Somit ergaben sich im 19. Jahrhundert andere Abgrenzungen zwischen Tragödie und Komödie als im 18. Jahrhundert.

Ein Sammelbegriff sowohl für tragische als auch für komische Werke ist das italienischeDramma per musica, wie die Oper in ihrer Anfangszeit betitelt wurde. Ein Beispiel für eine frühe ernste Oper istIl ritorno d’Ulisse in patria vonClaudio Monteverdi. Der seriöse Anspruch resultiert aus dem Rückgriff auf antike Theaterstoffe – insbesondere Tragödien – undepische Heldendichtungen. Sie wurden seit dem späteren 18. Jahrhundert von jüngeren historischen Sujets verdrängt. Im Italien des 19. Jahrhunderts wurde der Begriff Dramma in der ZusammensetzungMelodramma verwendet und nicht mehr auf das antike Drama bezogen. SowohlBellinis tragische OperNorma als auch die komödiantische OperL’elisir d’amore vonGaetano Donizetti wurden so genannt.

„Hoher“ Stil

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Als fester Begriff etablierte sich dieOpera seria erst im 18. Jahrhundert. Mischformen oder tragikomische Inhalte waren mit dieser Titelbezeichnung ausgeschlossen.Händels OperRadamisto ist ein typisches Werk. Als Antipode zu Italien verlieh Frankreich seiner eigenen Form der Opera seria den TitelTragédie lyrique, wesentlich geprägt durchJean-Baptiste Lully und dasBallett am HofeLouis’ XIV., später durchJean-Philippe Rameau. Nach der Französischen Revolution etablierte sich allmählich dieGrand opéra als bürgerliche ernste Oper. Dazu zählenLes Huguenots vonGiacomo Meyerbeer, auch weniger erfolgreiche Werke wieLes Troyens vonHector Berlioz.

Das durchkomponierteMusikdrama des reiferenRichard Wagner(Der Ring des Nibelungen) hatte großen internationalen Einfluss. Französische Komponisten jener Zeit wieMassenet setzten dagegen eher auf einen durchsichtigen und gesanglichen Opernstil, für den die BezeichnungDrame lyrique verwendet wurde. NochDebussy verwendete diesen Begriff für seine OperPelléas et Mélisande.

Schon immer konnten Opernstoffe vonRomanen,Novellen oderBühnenwerken herstammen. Die italienische Oper des 18. Jahrhunderts verstand sich als in Musik gekleideteLiteratur. Seitdem die Musik die absolute Vorherrschaft erlangt hat, also seit dem späten 19. Jahrhundert, nennt man ausgesprochen literarische OpernLiteraturoper.Death in Venice vonBenjamin Britten nach der Vorlage vonThomas Mann ist eine recht getreue Umsetzung des literarischen Stoffes in Musik.

„Niederer“ Stil

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Carmen mitMagdalena Kožená undJonas Kaufmann,Salzburger Festspiele 2012

DieOpera buffa ist die Urform der heiteren Oper.PergolesisLa serva padrona galt um die Mitte des 18. Jahrhunderts als das maßgebliche Beispiel. Ein spätes Beispiel istIl barbiere di Siviglia vonGioachino Rossini. Die ausnehmend heiteren Opern waren oft geringer angesehen als die sentimentalen. Ihre Stoffe stammen aus dem Volkstheater und von derPosse, stark beeinflusst durch die italienischeCommedia dell’arte.

Aus der frühen Opera buffa geht die französischeOpéra-comique (Werkgattung) hervor, die vor der Revolution zur Oper eines zunehmend selbstbewussten Bürgertums wird. Zunächst verstand man hierunter eher einLiederspiel (Vaudeville). Doch der musikalische Anteil wurde immer größer und begann zu überwiegen. Aus der Opéra-comique ist das deutschsprachigeSingspiel entstanden. Das Singspiel trägt oft volkstümlich-bürgerlichen Charakter, ist geprägt von einfachenLied- bzw.Rondo-Formen und verwendet stattRezitativen gesprochene Dialoge, gelegentlich auchMelodramen zwischen den musikalischen Nummern.

Der Hof sprach Französisch. Das Problem der deutschen Oper war im 18. und zum Teil noch im 19. Jahrhundert, dass sie als volkssprachliche Oper zur „niederen“ Gattung gehörte und sich behaupten und emanzipieren musste.Die Entführung aus dem Serail vonWolfgang Amadeus Mozart ist eines der bekanntesten Singspiele mit dieser Zielsetzung. Mozart bedient sich für die Arien auch komplexerer musikalischer Formen. Das im Auftrag von KaiserJoseph II. zur Etablierung einesNationalsingspiels geschaffene, 1782 am WienerBurgtheater uraufgeführte Werk war für die Entwicklung der deutschen Oper von entscheidender Bedeutung.

Paris war im 19. Jahrhundert führend für die Operngeschichte, und auch die Italiener wie Rossini und Verdi kamen hierher. DieOpéra-comique, die im Haus derOpéra-Comique aufgeführt wurde, blieb auch gegenüber der neu entstandenen, durchkomponiertenGrand opéra, die in derOpéra zur Aufführung kam, zweitrangig – weniger von ihrer musikalischen als von ihrer sozialen Bedeutung her. Aus den erwähnten Gründen musste sie nicht unbedingt einen heiteren Inhalt haben. Ein auch im deutschen Sprachgebiet bekanntes Beispiel einer komisch-rührseligen Opéra-comique istDer Postillon von Lonjumeau vonAdolphe Adam. Eine Gruppe von formal noch als Opéra-comique zu bezeichnenden Werken nach 1860 verstärkte den sentimentalen Grundcharakter (etwaMignon vonAmbroise Thomas). Ein sentimentaler Einschlag findet sich auch in einigen komischen Opern von Rossini (La Cenerentola).

Eine Erneuerung der Opéra-comique gelang mitCarmen vonGeorges Bizet, deren Dramatik in die Richtung derVerismo-Oper weist. Bei ihr war – abgesehen von den proletarischen Figuren – das Reißerische ein Merkmal des „niederen“ Stils.

Große Oper – Kammeroper

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Auch die „Größe“ kann ein Zeichen für hohen oder niederen Stil sein. Zuweilen findet sich der Begriff „Große Oper“ als Untertitel eines Werkes. Damit wird zum Beispiel gesagt, dass das Orchester und der Chor in großer Besetzung spielen und singen sollten, oder dass die Oper ein abendfüllendes Werk mit integriertem Ballett ist. Dies sind Opern, die nur in einem größeren Theater zur Aufführung kommen und sich vom Repertoire der fahrenden Truppen unterscheiden konnten. Als Beispiel für eine „Große Oper“ istManon vonJules Massenet zu nennen.

Der BegriffKammeroper bezieht sich dagegen auf ein mit geringem Personal realisierbares Werk. Die Anzahl der Sänger ist in der Regel nicht mehr als fünf, das Orchester wird auf einKammerorchester begrenzt. Dies konnte aus der Not materielle Armut hervorgehen und damit auf das „niedere“ Genre verweisen oder im Gegenteil die größere Exklusivität und Konzentration eines „höheren“ Genres bedeuten. Auch die Bühne ist oftmals kleiner, was zu einer intimeren Atmosphäre beitragen kann, die für die Wirkung des Werkes von Vorteil ist. Beispiele dafür wärenAlbert Herring vonBenjamin Britten oder „Les Larmes de couteau“ vonBohuslav Martinů.

Gattung oder bloß Untertitel?

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Manche Opernkomponisten wehrten sich auch gegen die Einordnung in Gattungstraditionen oder bezeichneten ihre Werke in bewusster Relation zu diesen mit bestimmten Untertiteln. WagnersTristan und Isolde trägt zum Beispiel die Bezeichnung „Handlung in Musik“,Luciano Berio verwendete für sein WerkPassaggio etwa den Begriff „messa in scena“ (‚Inszenierung‘).George Gershwin beschrieb sein WerkPorgy and Bess als „An American Folk Opera“. Um sich von klischeehaften Vorstellungen abzugrenzen, bevorzugen moderne Komponisten oft alternative Bezeichnungen wie etwa „azione scenica“ (Al gran sole carico d’amore von Luigi Nono) oder „azione musicale“ (‚musikalische Handlung‘,Un re in ascolto von Luciano Berio). AuchPeter Tschaikowskis bekannte OperEugen Onegin wurde vom Komponisten „Lyrische Szenen“ genannt.

Weitere Sonderformen

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Richard Geppert schrieb 2016 die deutscheRockoperFreiheit mit den musikalischen Ausdrucksmitteln und Instrumenten derRockmusik.[6]

Vereinzelt gibt es Beispiele für Opern – darunterJohn Coriglianos 1991 uraufgeführtes WerkThe Ghosts of Versailles –, die bezogen auf die Formselbstreferenziell sind, indem sie selbst wiederum Schauspiel oder Oper enthalten.[7]

Aufführungspraxis der Oper

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Repertoire

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Aufgrund der nicht immer leichten Abgrenzbarkeit der Gattung Oper von anderen musikalischen Gattungen und Genres und der Praxis desPasticcios ist eine Aussage zum Gesamtumfang des Opern-Repertoires mit zahlreichen Schwierigkeiten behaftet. Aktuelle Auflistungen gehen von ca. 5800 bis 6000 bekannten Werken aus. Rechnet man die nicht unerhebliche Anzahl verschollener und verlorener Werke, insbesondere des 18. und frühen 19. Jahrhunderts mit ein, dürfte eine Gesamtzahl von ca. 60.000 Opern realistisch sein.[8]

Katarina Karnéus alsSerse an derSchwedischen Oper Stockholm, 2009

Die große Menge an Werken macht es Theatern und Opernhäusern nicht einfach, eine Auswahl zu treffen, die einem hohen Anspruch genügt und auch genügend Publikum findet. Abhängig von der Größe des Theaters und dem vorhandenen Budget wird vonIntendant undDramaturgie für jede Sparte des Theaters (Schauspiel, Musiktheater, Ballett, Kinder- und Jugendtheater,Puppentheater etc.) einSpielplan erarbeitet, der dem Haus und seinen Mitarbeitern angepasst ist. Der Spielplan geht auf die regionalen Eigenheiten und Aufführungstraditionen des Ortes ein – zum Beispiel durch open air-Festspiele, Weihnachts- oder Neujahrskonzerte – weist aber auch auf aktuelle Strömungen des Musiktheaters hin, indem auch zeitgenössische Werke aufgeführt werden. Je nach Größe des Hauses werden verschiedene Opern in einerSpielzeit neu inszeniert. Die erste öffentliche Darbietung einer neuen Oper nennt manUraufführung, die erste öffentliche Darbietung einer Oper in einer neuen InszenierungPremiere.

Nach und nach hat sich ein praxiserprobter, mehr oder weniger enger Kanon an Opern herausgebildet, die regelmäßig auf dem Spielplan stehen. Etwa 150 Opern bilden diesen nicht festgeschriebenen Kanon im Kern. Entsprechend hat sich das Interesse vor allem desFeuilletons von den vielfach bereits bekannten Werken hin zu derenInterpretation verlagert, wobei vor allem dieInszenierung in den Vordergrund rückt. Das Publikum verbindet seine Lieblingsopern oft mit bestimmten Traditionen, die zum Teil auch inKonventionen erstarrt sind, und reagiert auf radikale Deutungsansätze (Regietheater) kontrovers.

Sprache der Aufführungen

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Siehe auch:Originalsprache undÜbertitel

Bis zur Mitte der 1960er Jahre wurden Opern zumeist in der jeweiligen Landessprache des Aufführungsortes aufgeführt. So wurden Verdi-Opern in Deutschland in deutscher Sprache und Wagner-Opern in Italien in italienischer Sprache gesungen, wie auch Radio- und Fernsehaufzeichnungen belegen. Bereits zuvor gab es jedoch Theater, die Opern in der jeweiligen Originalsprache aufführten, etwa dieMetropolitan Opera in New York. Auch dieSalzburger Festspiele zeigten Opern stets ausschließlich in der Originalsprache. Aufgrund eines Vertrages mit derMailänder Scala, bei dem sich italienische Sänger verpflichteten, auch an derWiener Staatsoper zu singen, führteHerbert von Karajan 1956 an der Wiener Staatsoper das Prinzip ein, Opern in der Originalsprache aufzuführen. Mit seiner Begründung, die Einheit von Wort und Musik gehe bei Übersetzungen in eine andere Sprache verloren, wurden Opern allmählich immer mehr in ihrer ursprünglichen Form aufgeführt. Auch der Schallplatten und Sänger-Markt, der sich zunehmend internationalisierte, trug entscheidend zu dieser Entwicklung bei. In der DDR gab es hingegen weiterhin eine große Tradition von Übersetzungen, jedoch wurde mit neuen Übertragungen (z. B.Walter Felsenstein,Siegfried Schoenbohm) versucht, den Inhalt des Originals genauer, sprachlich gelungener und vor allem musikalisch passender umzusetzen. Heute werden in fast allen großen Opernhäusern Opern in der Originalsprache aufgeführt und dazu simultanÜbertitel eingeblendet.

An vielen kleineren Theatern, vor allem im Osten Deutschlands, gibt es noch Aufführungen in deutscher Sprache. Auch gibt es in einigen Städten (z. B. Berlin, München, Wien) mehrere Opernhäuser, von denen eines Opern in Übersetzungen aufführt, wie etwa dieVolksoper Wien, dieKomische Oper Berlin, dasStaatstheater am Gärtnerplatz in München, oder in London dieEnglish National Opera. Hin und wieder gibt es auch eine autorisierte Übersetzung (wie im Falle der OpernLeoš Janáčeks, deren deutscher Text von Janáčeks FreundMax Brod stammt, so dass auch der deutsche Text als original gelten darf). Schwierig gestaltet sich die Aufführung in Originalsprache auch immer dann, wenn Dialoge in dem Werk vorkommen. Hier gibt es auch Mischformen, das heißt, gesprochene Texte werden übersetzt, gesungene erklingen jedoch in Originalsprache. Im BereichSingspiel,Operette,Musical ist daher die übersetzte Musiktheateraufführung weit verbreitet. Für die exakte Übersetzung aus einer Fremdsprache ist am Theater die Dramaturgie zuständig. Wenn die Sprachkenntnisse derKorrepetitoren vertieft werden sollen, werden auch spezialisierte Coaches für eine Fremdsprache hinzugezogen.

Siehe auch

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Literatur

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Bücher

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Fachzeitschriften

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Weblinks

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Wiktionary: Oper – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Oper – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikisource: Oper – Quellen und Volltexte
Wikiquote: Oper – Zitate

Einzelnachweise

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  1. Wilibald Gurlitt,Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.):Riemann Musik Lexikon (Sachteil). B. Schott’s Söhne, Mainz 1967,S. 654. 
  2. Arnold Jacobshagen:Musiktheater (PDF; 1,9 MB).Deutsches Musikinformationszentrum.
  3. Zusammenfassung siehe: Wolfgang Osthoff:Monteverdi: L’incoronazione di Poppea. In: Carl Dahlhaus (Hrsg.):Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Band 4. München 1991, S. 253–259.
  4. Johannes Jansen:Schnellkurs Oper. S. 127, „Aufbruch in die Moderne“.
  5. Statistik 2017/18.Operabase; abgerufen am 14. Juni 2018.
  6. Roswitha Frey:„Die Realität hat uns eingeholt“.Badische Zeitung, 18. März 2016.
  7. The Ghosts of Versailles. Abgerufen am 7. Juli 2019. 
  8. Kurt Pahlen:Das neue Opern-Lexikon. Seehamer, Weyarn 2000,ISBN 3-934058-58-2, S. 9.
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