DerOluf-Samson-Gang[1] (auch (Petuh):Oluf-Samsons-Gang;[2][3] imVolksmund/Petuh verkürzt alsOluf;[3][4]dänisch:Oluf Samsons Gang[5][6] sowieOluf-Samson-Gang[7]) ist eine Straße in dernördlichen Altstadt vonFlensburg, die amFlensburger Hafen mündet. Überregional bekannt wurde die zwischenNorderstraße undSchiffbrücke gelegene Gasse als „Sündenmeile“, die von pittoresken Fischerhäuschen geprägt ist.

Der nördliche der vier ursprünglichen Flensburger Siedlungskerne, die so genannteRamsharde, war ähnlich wie dasJohannisviertel ursprünglich ein Fischer- und Kleineleuteviertel. Mit dem Aufstreben Flensburgs als wichtigste Hafenstadt unter der dänischen Krone im 16. Jahrhundert siedelten sich jedoch auch auf der Wasserseite des Hauptstraßenzuges, die heutige Norderstraße(Nørregade)[8], immer mehr Kaufleute an. Sie bauten auch hier die für Flensburg so charakteristischen langgestreckten Kaufmannshöfe, die mit einem Speicher in Hafennähe abschlossen. Das Wohnhaus lag am Westende an der höher gelegenen Hauptstraße.
1582 leistete der Kaufmann Oluf Samson seinen Bürgereid in der Fördestadt ab. Dessen Name hat nichts mit der biblischen GestaltSamson zu tun, sondern verweist auf die Herkunft von der InselSamsø imKattegat. Offenbar kam Oluf Samson als Kaufmann und Schiffsreeder schnell zu Vermögen und Ansehen. Er heiratete die Tochter des Amtsschreibers desAmtes Flensburg, dessen Amtssitz die naheDuburg war, und kam in den Besitz von dessen Immobilien. Zwischen diesen beiden Grundstücken verlief ein kleiner Gang zum Hafen, der 1593 erstmals erwähnt wurde. An diesem erbaute Oluf Samson mehrere kleine Mietshäuser, in denen vor allem sozial schwächer gestellte Personen eine Heimstatt fanden. Im Zuge der sich ab 1610 ausweitenden Wirtschaftskrise musste auch Oluf Samson immer größere Teile seines Besitzes veräußern. Ab 1617 gehörten ihm nur noch die beiden Wohnhäuser an der Norderstraße. Vor allem die Südseite des Ganges war inzwischen dicht mit kleinen Häusern bebaut.
Der Gang war für die Öffentlichkeit freigegeben und diente vielen Flensburgern nur als kurze Verbindung von derInnenstadt zurSchiffbrücke.[4] So ist für das besagte Jahr 1617 auch erstmals der Name des Ganges bezeugt,[9] damals offenbar zunächst noch als „Oluff Sambsos Hof“.[4] Bald darauf musste Oluf Samson auch noch den restlichen Besitz verkaufen. 1618[9] oder erst 1622[4] starb der mittlerweile verarmte Oluf Samson.[4] Der Verbleib seiner sieben Kinder ist nicht bekannt. Keines von ihnen wurde in Flensburg als Hausbesitzer geführt.[4]
NachdemKönig Christian IV. die Länder der dänischen Krone in denDreißigjährigen Krieg hineingezogen hatte, erlebte Flensburg durch die Besetzung durch die Truppen der katholischen Liga 1627–1629 sowie einige Jahre später durch die Schweden die wohl schwersten Rückschläge seiner Geschichte. Auch die Bebauung des Oluf-Samson-Gang wurde weitgehend zerstört. Erst im 18. Jahrhundert erlebte die Stadt eine neue Blüte. Zu dieser Zeit wurde die nach wie vor nach Oluf Samson benannte Straße lückenlos bebaut. Fast alle heute erhaltenen Häuser, in der Regel kleinere verputzte Fachwerkbauten, stammen aus dieser Zeit.
Der Oluf-Samson-Gang blieb eine Straße der kleinen Leute. Im 19. Jahrhundert wohnten hier vor allem Schiffer und Handwerker.[4] Da der Spitzname für „Oluf“ „Wolle“ ist, erhielt der Gang Anfang des 19. Jahrhunderts im Volksmund auch den Spitznamen ”Wollesgang” oder ”Wolmsgang”.[9][4] Ein ähnliches Phänomen findet sich noch heute in der ebenfalls an einen Oluf erinnerndenWollesgyde in der NachbarstadtApenrade. Im Zuge der fortschreitendenIndustrialisierung um 1840 bildeten Arbeiter in der Folgezeit die größte Zahl der Bewohner.[4]
Während der nationalen Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Dänen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts war die nördliche Altstadt einer der Stadtteile mit dem höchsten Anteil an Dänischgesinnten. Ein bekanntes Bild aus der Zeit unmittelbar vor derVolksabstimmung in Schleswig über die Staatszugehörigkeit am 14. März 1920 gemäß den Bestimmungen desVersailler Vertrages zeigt eine fast durchgehende Beflaggung der Straße mit demDanebrog.
Die gut erhaltene historische Bausubstanz zog auch immer mehr Bewunderer an. Die berühmteste Darstellung der Straße aus jener Zeit ist einexpressionistisches Gemälde vonErich Heckel, welches die Straße nach Osten hin zurJürgenkirche zeigt.

Durch denErsten Weltkrieg und die Wirtschaftskrise im Zuge der neuen Grenzziehung 1920 litten viele Flensburger wirtschaftliche Not. Zahlreiche Häuser mussten verkauft werden, der Sozialstatus des Hafenviertels sank. 1918 werden die ersten Prostituierten in der Straße nachgewiesen. Jenseits dessen gab es jedoch offenbar auch schon vor dieser ZeitProstitution in Flensburg. Am 18. Oktober 1889 berichtete derWashington Evening Star, unter der Schlagzeile:Jack the Ripper: Has he left England to continue his crimes in Germany?[10](übersetzt:Jack the Ripper: Hat er England verlassen um seine Verbrechen in Deutschland fortzusetzen?), über einen Mord an einer Prostituierten in Flensburg, bei der die Leiche Verstümmelungen aufwies.[11][12][13] Im Zuge der Wirtschaftskrise ab1929 entwickelte sich nun aber der Oluf-Samson-Gang, dessen neue Hausbesitzer die Wohnungen meist billig vermieteten, zu einer nahezu geschlossenen Bordellmeile. Änderten derZweite Weltkrieg und dessen Folgen zunächst nichts am Status der Straße, erlebte die Prostitution in der Zeit des Wirtschaftswunders und bis in die 1970er Jahre hinein ihren Höhepunkt. Bis zu 70 Damen waren in der kleinen Straße im „horizontalen Gewerbe“ tätig. Zu dieser Zeit war der Oluf-Samson-Gang, an den sich an derSchiffbrücke und in den weiteren Nebenstraßen ein ausgedehntes Vergnügungs- und Ausgehviertel anschloss, die wohl bekannteste Bordellstraße zwischenHamburg-Sankt Pauli und der KopenhagenerIstedgade. 2015 zog „die letzte Vertreterin deshorizontalen Gewerbes“ aus.[14]

In den 1950er Jahren kamen Pläne auf, die gesamtenördliche Altstadt abzureißen, die Norderstraße mit modernen Terrassenhäusern zu bebauen und sieautogerecht zu begradigen und zu verbreitern. Aus finanziellen Gründen wurden diese Pläne, abgesehen von einzelnen Bauten, wie derdänischen Bücherei von 1959, nicht umgesetzt. Viele der alten Häuser verfielen zusehends.
In den 1970er Jahren setzte schließlich ein Umdenken in Bezug auf den Wert der historischen Bausubstanz derAltstadt ein. Die teilweise bereits stark verfallenen Häuser des Oluf-Samson-Gangs wurden unterDenkmalschutz gestellt. Nach dem Willen der Stadt sollten die Prostituierten die Straße bis Mitte der 1980er Jahre verlassen haben. Die alten Häuser wurden fortan an Privatleute verkauft mit dem Ziel, dass diese die Bauten für eigene Wohnzwecke herrichten. Dieser Vorgang geschah ab Anfang der 1980er Jahre mit immer mehr Häusern.[15] Gleichzeitig wanderte die Prostitution zumKaysers Hof hin ab.
Heute befinden sich die meisten Häuser der Straße in einem restaurierten Zustand. Einzelne der Kleinbauten waren allerdings bereits so stark verfallen, dass sie praktisch von Grund auf neu errichtet werden mussten. Im Rahmen der Restaurierung wurde die Prostitution zurückgedrängt. Einige Häuser sind bis heute nicht restauriert worden. Heutzutage gehen nur noch zwei Frauen, die schon länger dort wohnen, dem Gewerbe nach. Dieser letzte Bordellbetrieb soll mit dem Abschluss der Sanierung geschlossen werden.[16] Der Oluf-Samson-Gang gilt heute als eine der am besten erhaltenen und schönsten Altstadtstraßen in ganz Schleswig-Holstein.
54.7919980241679.4324922561111Koordinaten:54° 47′ 31,2″ N,9° 25′ 57″ O