Nymphe

EineNymphe (altgriechischΝύμφηnýmphē „Braut, junge Frau, heiratsfähiges Mädchen“,[1]latinisiertnympha) ist in dergriechischen undrömischen Mythologie ein weiblicherNaturgeist. Im weiteren Sinne wird die Bezeichnung auch für Priesterinnen gebraucht.
In der griechischen Mythologie sind Nymphen weibliche Gottheiten niederen Ranges, die alsPersonifikationen von Naturkräften überall auftreten und teils als Begleiterinnen höherer Gottheiten wie desDionysos, derArtemis oder derAphrodite, teils als selbstständig wirkend gedacht wurden.
Sie galten als die – vorwiegend – wohltätigen Geister der Orte, der Berge, Bäume, Wiesen oder Grotten, sind aber nicht immer an dieselben gebunden. Vielmehr schweifen sie frei umher, führen Tänze auf, jagen das Wild, weben in kühlen Grotten, pflanzen Bäume und sind auf verschiedene Weise den Menschen hilfreich. Geräuschvolle Tätigkeiten der Menschen aber meiden sie. Nymphen galten wie die Menschen als sterblich. Sie sollten allerdings wesentlich länger leben – bis hin zu Fast-Unsterblichkeit und ewiger Jugend. Der Tod einer Nymphe wurde meist mit dem Ende dessen, was sie verkörperte – zum Beispiel einerQuelle oder eines Baums –, gleichgesetzt.
Liste der Nymphen
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Es gab zahlreiche Arten von Nymphen:
Wassernymphen
- Najaden, Nymphen der Quellen,Brunnen und Frischwasserströme
- Pegaeae (lateinischer Name) (Bäche)
- Potameiden (Flüsse)
- Krenäen (Quellen)
- Limnaden (Seen)
Meernymphen
- Nereiden, Töchter desNereus, Nymphen desMittelmeers
- Okeaniden, Töchter desOkeanos
Wald- und Baumnymphen
Berg-, Grotten- und Höhlennymphen
Wiesennymphen
Talnymphen
Regennymphen
Sonstige
Als Lokalgöttinnen wurden sie auch nach den entsprechenden Gegenden benannt; beispielsweise sind diePeliaden die Nymphen des GebirgszugsPelion. DieNympheNoris ist eineAllegorie auf die mittelfränkische StadtNürnberg. Eine der berühmtesten Oreaden warEcho, die Nymphe des BergesHelikon. Die GöttinHera beraubte sie der Sprache und ließ ihr lediglich die Fähigkeit, die letzten an sie gerichteten Wörter zu wiederholen. Eine Baumnymphe istEurydike, die Gattin desOrpheus.
Deutung
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Symbolik der Nymphen ist vielfältig. Ursprünglich sind sie Hüterinnen von Quellen, Blumen, Früchten oder Tieren und stehen für Geburt, Mütterlichkeit und Wachstum.[2] Dies umfasst auch die BereicheFruchtbarkeit undSexualität. Die körperliche Schönheit der Nymphe bietet eine Imaginationsfläche für unreglementierte oder gefährliche Sexualität. Wegen der befruchtenden Kraft des Wassers galten die Nymphen als Erzieherinnen desZeus undBakchos und – da manchen Quellen begeisternde Kraft beigelegt wurde – auch als Erzieherinnen desApollon und Verleiherinnen der Dicht- undWahrsagekunst.
Nymphenkult in Griechenland
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Nymphen wurden im ganzen griechischen Gebiet verehrt, allerdings nur in bescheidener Form. In großen, politisch bedeutenden Kulten wurden sie nur wenig verehrt. Die Nymphen wurden im Geiste anschwellenden Nationalgefühls zu Halbgöttinnen und schließlich zu Dämonen deklariert.[3]
Schriftliche Zeugnisse wie die MenanderkomödieDyskolos heben die Verehrung der Nymphen im ländlichen Raum hervor, so berichtet der Gott Pan von Nymphen in Phyle. Auch wenn in der griechischen Mythologie die Nymphen zumeist für den Menschen unerreichbar sind, kann bei einem zufälligen Zusammentreffen ein Betrachten der Nymphe durch den (männlichen) Menschen für diesen gefährlich werden, wenn die Nymphe sich ihrerseits von dessen unbeherrschtem Begehren überwältigt sieht und den Mann in ihr Unterwasser-Reich entführt.[4] So geschah es dem GriechenHylas in derArgonautensage.
Archäologische Befunde bestätigen Höhlen als Kultstätte: aufIthaka und bei Korykos, letztere wurde seit dem Neolithikum kultisch genutzt. Auf einen überregionalen Nymphenkult deuten Gefäße und Terrakotten aus dem 6. bis 3. Jh. v. Chr. hin, die an vielen Orten Griechenlands gefunden wurden.[5]
Darstellung in der bildenden Kunst
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In der bildenden Kunst werden Nymphen meist als liebliche Mädchengestalten dargestellt, gewöhnlich nackt oder nur leicht bekleidet und Blumen und Kränze tragend. Die Wassernymphen insbesondere pflegte man mit Wasserkrügen und Urnen auf den Köpfen darzustellen. Bekannte Kunstwerke aus dem Altertum sind Statuen desPraxiteles, eine Gruppe desArkesilaos undReliefs von verschiedenen Meistern. Nymphen dienten auch als Motiv fürBrunnenfiguren und werden u. a. auf Münzen derAntike dargestellt.
Im 17. und 18. Jahrhundert werden Nymphen-Statuen oft in allegorische Programme der absolutistischen Gartenarchitektur eingebunden, z. B. im Park des ehemaligen französischen Königsschlosses Versailles. Die badenden Nymphen führen dem Betrachter vor, dass sich selbst die Natur der souveränen Macht Ludwigs XIV. unterzuordnen hat.
Gemälde und Skulpturen


- Francesco Albani:Venus mit Nymphen und Amoretten
- Jacob Jordaens:Nymphen am Brunnen der Liebe
- Lucas Cranach der Ältere:Liegende Quellnymphe[6]
- Peter Paul Rubens:Diana und ihre Nymphen werden durch Faune überrascht
- Rembrandt:Das Bad der Diana mit Aktäon und Kallisto
- Arnold Böcklin:Das Spiel der Najaden (und zahlreiche weitere Bilder)
- Jean-Baptiste Camille Corot:Tanz der Nymphen
- Jean-Baptiste-Camille Corot:Eine Nymphe spielt mit Cupido
- Jacob Jordaens:Cupido und schlafende Nymphen.
- Wilhelm Neumann-Torborg:Faun und Nymphe (1890)
- Édouard Manet:Überraschte Nymphe (1861)
- Auguste Rodin:Faun und Nymphe (1886)
- Tizian:Schäfer und Nymphe (1570)
- Henryk Siemiradzki:Naijaden beim Spiel (1880)
- Paul Aichele:Nymphe (1891)
Nymphs ist eine finnische Fantasy-Fernsehserie über drei Nymphen, die in der heutigen Zeit leben.
Nymphen in der Musik
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der französische KomponistJean-Philippe Rameau komponierte 1745 die OperPlatée als lyrische Komödie. Die Naivität der alternden und hässlichen Wassernymphe Platée wird von Jupiter genutzt, um die Eifersucht seiner Gattin Juno zu entlarven.
Der französische KomponistClaude Debussy komponierte 1913 das StückSyrinx fürFlöte. Das kurze Stück bezieht sich auf die Sage vonPan undSyrinx; die Nymphe entzieht sich den Nachstellungen des Gottes, indem sie sich in ein Schilfrohr verwandelt. Pan erfindet daraufhin die Flöte.
Der finnische KomponistJean Sibelius komponierte 1894 die symphonische Dichtung für Orchester op. 15,Skogsrået(Die Waldnymphe).
Die BandIn Extremo spiegelt das Bild der Nymphen in ihrem LiedNymphenzeit wider.
Rusalka ist die erfolgreichste Oper von Antonín Dvořák. Das Libretto geht auf slawische Volksmythen über die Rusálki (Wassergeister, Nixen) zurück und ähnelt der deutschen ErzählungUndine von Friedrich de la Motte Fouqué, Hans Christian Andersens MärchenDie kleine Meerjungfrau sowie der altfranzösischen Melusinensage. Die Oper mit dem Untertitel Lyrisches Märchen wird auch als „tschechische Undine“ bezeichnet.
Der italienische KomponistClaudio Monteverdi komponierte 1614 in seinerSestina(Lagrime d’amante al sepolcro dell’amata) das Klagelied des Hirten Glauco, der den Tod seiner geliebten Nymphe Corinna betrauert.
Der 4. Satz der 1. Sinfonie vonAlbert Roussel ist mitFaunes etDryades betitelt.
Nymphen in der Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In der nach-antiken Dichtung taucht das Motiv der Nymphe immer wieder auf, etwa in derRenaissance und derRomantik. Vielfach ist die Nymphe Inbegriff des verlorenen Liebesobjekts oder auch Repräsentantin eines antikisierenden Dekors.
So bezeichnet sichCatharina Elisabeth Goethe an einer entscheidenden Textstelle als Wassernymph. In einem berühmten Brief vom 28. August 1808 schreibt sie an ihre junge FreundinBettina Brentano: „Doch ich muss dir zutrinken, denn mein Lieschen hat mir alleweil den besten Wein heraufgebracht und eine Boutelle Wasser, denn du weißt dass ich ein Wassernymph bin; und zwei Pfirsich sind daneben, der eine für dich, der andere für mich, ich werd sie beid verzehren in deinem Nahmen, und jetzt stoß ich mit dir an,Er soll Leben.“[7]
Das Ganze wurde bei Tacitus bereits erwähnt: „lasst mich eine sehen, dann werde ich es glauben“, soll er ausgerufen haben. Einen Augenblick später brach er tot zusammen. Darum wird einigen Nymphen auch eine Unheilsbringung nachgesagt.
AusVladimir Nabokovs RomanLolita stammt der Ausdruck „Nymphchen“ für einen Typus frühreifer Mädchen, die der Protagonist sexuell anziehend findet.
Der österreichische SchriftstellerMichael Köhlmeier publizierte im Jahr 1997 seinen RomanKalypso, in dem er die Geschichte vonOdysseus und der NympheKalypso in die Neuzeit überträgt. Ein Jahr später erschien das Werk als eine, elf CDs umfassende, ungekürzte Autorenlesung.
Sonstiges
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]EinNymphäum ist ein ursprünglich den Nymphen geweihter Tempel, der meist an einer Quelle gelegen war.
Das Wort „Nymphe“ wurde imMittelalter besonders im nordeuropäischen Raum sowohl auf eineHexe als auch auf eineFee angewandt, weil beide, wie die Nymphen, von den vorchristlichen Priesterinnen abstammen.
Die alte Verbindung zwischen Nymphen undSexualität hat mehr oder weniger in den europäischenSagen undMärchen Bestand.
Der BegriffNymphomanie steht im Zusammenhang mit häufigem Partnerwechsel (Promiskuität), für ein gesteigertes Verlangen von Frauen nachGeschlechtsverkehr. In der Vergangenheit wurde diese in Abhängigkeit vonkonservativ-moralischenWertvorstellungen als übermäßig eingeschätzte sexuelleMotivation oder „Leidenschaft“ auch als „Mannstollheit“ und die Frau selbst mitunter alsSchlampe bezeichnet. Dabei ist zwischen „nymphomanischen Phasen“ oder einerpsychisch-krankhaftenSucht (als Ersatzbefriedigung für wirklicheLiebe bei gleichzeitigerBindungsangst) zu unterscheiden. Als Nymphomanin wird manchmal auch eine Frau bezeichnet, die in einer festen Partnerschaft lebt, aber wiederholt fremdgeht, weil der eigene Mann nicht die gleichen, auf häufigenSex bezogenen Wünsche teilen will oder kann. Bei einer krankhaften Nymphomanie besteht die Gefahr, dass trotz zahlreicher Orgasmen der Sex mit der Zeit langweilig wird und die Frauen darunter leiden. In der Wissenschaft gilt der Begriff inzwischen als veraltet, dagegen hat er in der heutigen Umgangssprache Bestand, da er durch dieHistorie belegt und in deröffentlichen Meinung beiliberalen Menschen mit einem vielleicht unbewussten Rückgriff auf die Antike[8] durchaus auch positiv gewertet wird.
Das Wort „Nymphe“ wird in manchenKulturen auch fürSymbole derweiblichen Genitalien wieLotosblüten,Weiße Seerosen und bestimmteSchnecken benutzt (siehe auchKaurischnecke).
EinigeKolibrigattungen werden wegen ihrer prachtvollenFederkleidungen als Nymphen bezeichnet.
Das lateinische Wortarbor (= Baum) ist nicht der Form und Deklination entsprechend maskulin, sondern, ebenso wie auch die Baumnamen mit maskulinen Endungen, ein Femininum, da die Römer glaubten, in jedem Baum lebe eine Nymphe.
Siehe auch
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Liste von Fabelwesen
- Eurydike, Geliebte desOrpheus
- Hesperia, Tochter desKebren
- Oinone, ebenfalls Tochter desKebren
- Nana, Tochter desFlussgottesSangarios und Mutter desAttis
- Orseis, mitHellen dieStammmutter der bedeutendsten „hellenischen“ Nationen
- Daphne undApollon
- Heuresis, Hüterin oder Göttin der Erfindung
- Die Nymphe als eine der 12 Stunden derSchutzgöttinnen der Tageszeiten
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Barbara Baert:Nymphe (Wind). Der Raum zwischen Motiv und Affekt in der frühen Neuzeit (Zugleich ein Beitrag zur Aby Warburg-Forschung). In:Ars 46,1 (2013), ISSN 0044-9008, S. 16–42.
- Leo Bloch:Nymphen. In:Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.):Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 3,1, Leipzig 1902, Sp. 500–567 (Digitalisat).
- Anke Kramer: Nymphen. In:Maria Moog-Grünewald (Hrsg.):Mythenrezeption. Die antike Mythologie in Literatur, Musik und Kunst von den Anfängen bis zur Gegenwart (=Der Neue Pauly. Supplemente. Band 5). Metzler, Stuttgart/Weimar 2008,ISBN 978-3-476-02032-1, S. 474–484.
- Jennifer Larson:Greek Nymphs: Myth, Cult, Lore. Oxford University Press USA, Oxford 2001,ISBN 978-0-19-514465-9.
- Wolfgang Speyer, Elisabet Enß:Nymphen. In:Reallexikon für Antike und Christentum. Band 26, Hiersemann, Stuttgart 2015,ISBN 978-3-7772-1509-9, Sp. 1–30.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Alles zum Sachbegriff Nymphe im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
- Suche nach Nymphe. In:Deutsche Digitale Bibliothek
- Suche nach Nymphe im Online-Katalog der Staatsbibliothek zu Berlin –Preußischer Kulturbesitz (Achtung: Die Datenbasis hat sich geändert; bitte Ergebnis überprüfen und
SBB=1
setzen)
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Henry George Liddell,Robert Scott:A Greek-English Lexicon. Revised and augmented throughout by SirHenry Stuart Jones with the assistance ofRoderick McKenzie. Clarendon Press, Oxford 1940, s. v.νύμφη.
- ↑Karin Peters:Nymphe. In:Handbuch Idylle: Verfahren – Traditionen – Theorien. J.B. Metzler, Stuttgart 2022,ISBN 978-3-476-05865-2,S. 509 (springer.com [abgerufen am 24. Oktober 2024]).
- ↑Wilhelm Heinrich Roscher:Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Leipzig, B. G. Teubner, 1897 (archive.org [abgerufen am 2. November 2021]).
- ↑Karin Peters, am angegebenen Ort
- ↑Ulrike Michèle Wolf:Zu den Darstellungsmodi tanzender Nymphen auf griechischen Reliefs. Mainz 2011,S. 10–11 (uni-frankfurt.de).
- ↑Friedländer, Max J. und Rosenberg, Jakob: Die Gemälde von Lucas Cranach, Berlin 1932, S. 49, Nr. 100 und 101.
- ↑Catharina Elisabeth Goethe zitiert nach: Ulrike ProkopDie Illusion vom Großen Paar. Band 1:Weibliche Lebensentwürfe im deutschen Bildungsbürgertum 1750–1770. Psychoanalytische Studien zur Kultur. Fischer, Frankfurt am Main 1991, S. 258.
- ↑Maria Gazzetti:Der Liebesangriff: „il dolce assalto“: von Nymphen, Satyrn und Wälden. Literaturmagazin, Ausgabe 32, S. 46, Rowohlt, Reinbek 1993.