Nordstrand


Nordstrand (/nɔɐtˈʃtʁant/,nordfriesisch:di Ströön[1]) ist eine eingedeichteHalbinsel imKreis Nordfriesland inSchleswig-Holstein. Sie liegt vorHusum imNationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und war bis 1987 eineMarschinsel.
Geographie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nordstrand bildet mit Ausnahme des eigenständigenElisabeth-Sophien-Kooges und unter Einschluss der HalligNordstrandischmoor die gleichnamige GemeindeNordstrand.
Als einer der Überreste der im 17. Jahrhundert teilweise untergegangenen InselStrand, deren Westteil das heutigePellworm bildet, war Nordstrand ursprünglich eine Insel. 1906/07 wurde Nordstrand dann erstmals durch einen rund 2,6 Kilometer langen niedrigen Damm mit dem Festland verbunden. Dieser Damm diente ausschließlich dem Küstenschutz und war nicht befahrbar. Fußgänger konnten ihn allerdings bei Niedrigwasser überqueren. 1933/35 erfolgte der hochwasserfreie Ausbau des Nordstrander Dammes: Eine rund 4,3 Kilometer lange Straße (einschließlich der Auffahrtrampen) verbindet seitdem Nordstrand mit dem Festland. Der autogerechte Ausbau des Dammes erfüllte einen langgehegten Nordstrander Wunsch. Er machte die Insulaner fortan unabhängig von tide- und witterungsabhängigen Schiffsverbindungen zum Festland und trägt seitdem nachhaltig zur wirtschaftlichen Entwicklung der landfest gemachten Insel bei.[2]
Seit der Fertigstellung desBeltringharder Kooges im Jahr 1987 verfügt Nordstrand über eine wesentlich größere Festlandanbindung und ist damit eine Halbinsel, die von drei Seiten vom Meer umgeben ist. Die Fläche der ehemaligen Insel betrug 48,6 km² (einschließlich der Gemeinde Elisabeth-Sophien-Koog, jedoch ohne die zur Gemeinde Nordstrand gehörigeHallig Nordstrandischmoor). Vom Beltringharder Koog mit einer Fläche von insgesamt 35,41 km² wurden 12,17 km² der Gemeinde Nordstrand zugeschlagen.
Nordstrand ist in folgendeKöge eingeteilt:
Koog | früherer Name | Eindeichung | Fläche km² | Bevölkerung |
Elisabeth-Sophien-Koog 1 | Christianskoog | 1771 | 4,78 | … |
Alter Koog | Friedrichskoog | 1654 | 6,47 | … |
Osterkoog | Marie-Elisabeth-Koog | 1657 | 5,36 | … |
Trendermarschkoog | Trindermarsch-Koog | 1663 | 7,93 | … |
Neukoog | Neuer Koog | 1691 | 6,46 | … |
Morsumkoog | 1866 | 7,65 | … | |
Pohnshalligkoog | 1924 | 7,95 | … | |
Beltringharder Koog 2 | 1987 | 35,41 3 | … | |
Nordstrand (Halbinsel) | 46,60 4 | 2257 5 | ||
1 separateGemeinde 2 der Beltringharder Koog machte Nordstrand zurHalbinsel 3 davon 12,17 km² zur Gemeinde Nordstrand und 0,10 km² zur Gemeinde Elisabeth-Sophien-Koog 4 Fläche der ehemaligenInsel, ohne Beltringharder Koog 5 |
Nachbarinseln sind oder warenSüdfall,Süderoog undPellworm (im Uhrzeigersinn von Süd nach Nord). Ebenfalls als Hallig liegtNordstrandischmoor mit vier Warften an der Küste nördlich von Nordstrand an.
Geschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Bis zur Burchardiflut
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Noch um das Jahr 1200 gehörte das heutige Nordstrand zu einer großen eingedeichten Halbinsel, deren Hauptort das später untergegangeneRungholt war. Sie lag nördlich der drei nunmehr zur HalbinselEiderstedt vereinigten InselnUtholm,Everschop und Eiderstedt und füllte den größten Teil der heutigen Husumer Bucht aus. Nach demErdbuch vonWaldemar II. hatte diese Halbinsel 59 Kirchen und Kapellen in fünfHarden.
Die Fluten des 14. Jahrhunderts und besonders die vom 15./16. Januar 1362, dieZweite Marcellusflut oder „Erste Mandränke“, führten zur Gestaltung der hufeisenförmigen InselStrand, deren Abstand zum Festland durch die Vertiefung desHeverstroms immer größer wurde. Die beiden Enden des Hufeisens bildeten die späteren Inseln Nordstrand undPellworm, während das heutigeNordstrandischmoor als wüstes, unbewohntes Hochmoor in deren Mitte lag. Das alte Nordstrand wurde durch die Flut vom 11. November 1436 durchbrochen, aber die Lücke schlickte in den ruhigen Folgejahren wieder zu und wurde 1551 abermals eingedeicht.
So blieb es bis zum 11. Oktober 1634: An diesem Tag verursachte in einer einzigen Nachtstunde die späterBurchardiflut genannte Sturmflut erhebliche Zerstörungen.[4] Von Strand blieben die Inseln Nordstrand und Pellworm sowie die Hallig Nordstrandischmoor übrig. In kurzer Zeit wurden 20 Kirchspiele mit 19 Kirchen, 1.332 Häusern und 30 Windmühlen vernichtet, mehr als 6.400 Menschen starben; nur 2.633 Menschen überlebten die Katastrophe. Vor dieser Flut hatte Strand eine Fläche von rund 22.000 Hektar, um 1905/06 war das eingedeichte Gebiet nur noch 9.000 Hektar groß.
Nach der Burchardiflut
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nach der Flut war die Bevölkerungszahl auf den verbliebenen Inseln stark reduziert; Nordstrand war wirtschaftlich ruiniert. Die Einwohner flüchteten auf das höhergelegene Nordstrandischmoor, siedelten auf dem Festland oder wanderten bis in dieNiederlande oder dieUckermark aus, während die ResteAlt-Nordstrands schutzlos der See preisgegeben wurden. Den Bewohnern des gleichermaßen betroffenen Pellworm gelang es schnell, ihre Insel wieder zu schützen und neu einzudeichen. Die schwerer getroffenen Überlebenden des östlichen Teils der Insel wären auf obrigkeitliche Hilfe angewiesen gewesen, die jedoch ausblieb, weil derDreißigjährige Krieg alle Mittel band. DerMeeresstrom derNorderhever zerstörte in den folgenden Jahrzehnten die Landbrücke zwischen Nordstrand und Pellworm endgültig. Die altenDeiche undWarften, die auf der Karte von 1650 noch zu erkennen sind, zerfielen. Aus Kulturland wurde Watt. Nur drei Kirchspiele, die beiden Pellwormer und Odenbüll auf dem heutigen Nordstrand, blieben mit ihren Kirchen bestehen.

1652 unterschrieb der Gottorfer HerzogFriedrich III. einenFreibrief, damit die Insel Nordstrand wieder eingedeicht werde. Mit diesemOktroy erlangte der Brabanter UnternehmerQuirinus Indervelden alsDeichgraf weitgehende Rechte auf der Insel, die er vor dem Meer schützen sollte. Er gewährte Indervelden und seinen Mitpartizipanten, die zu einem großen Teil aus demjansenistischen Kreisen stammten,[5] das Eigentumsrecht am gesamten Land, was zu bitteren Protesten der übriggebliebenennordfriesischen Inselbewohner führte, die nun auch noch den Rest ihres Besitzes verloren. Anstatt sich als Tagelöhner am Bau des neuen Deichs zu beteiligen, verließen viele das Land. Ihre Sprache, dasStrander Friesisch, starb aus. Die vor allem ausFlandern undBrabant[6] stammenden katholischen Deichbauer genossenReligionsfreiheit, eine zeitlich begrenzte Abgabenfreiheit und durften selbst Gerichtswesen, Polizei, Verwaltung und Außenhandel der Insel organisieren. Militärische Zwangseinquartierungen waren ausgeschlossen.

Die eingewanderten Deichbauarbeiter konnten 1654 den ersten neuen Koog, den Friedrichs- oder Alterkoog, gewinnen. Obwohl eine schwere Sturmflut 1655 mehrere neu gebaute Dämme und Deiche zerstörte, gelang es doch in den folgenden Jahren, weitere Gebiete zu erschließen: 1657 den Maria-Elisabeth-Koog, den heutigen Osterkoog, 1663 den Trindermarsch-Koog und 1691 den Neuen Koog. 1739 wurde der Christianskoog gewonnen. Der Deich wurde jedoch 1751 wieder zerstört.Deichgraf Indervelden, der Enkel von Quirinus Indervelden, musste finanziell ruiniert die Insel verlassen. Den Oktroy übernahmJean Henri Desmercières. Er ließ den Christianskoog 1768 neu eindeichen und nach seiner FrauElisabeth-Sophien-Koog nennen. Der Oktroy selbst blieb über zweihundert Jahre in Kraft. Er verlor erst 1866 seine Gültigkeit, alsPreußen nach demDeutschen Krieg in der neugegründetenProvinz Schleswig-Holstein und somit auch in Nordfriesland dasPreußische Landrecht einführte.
1952 wurde auf Nordstrand einedänische Inselschule errichtet,[7] die später jedoch wieder aufgegeben wurde.
Religion
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In derReformationszeit gehörte Nordstrand zu den ersten Gebieten in Schleswig-Holstein, in denen sich die lutherische Lehre durchsetzte. Bereits 1526 gab es mehrere evangelische Prediger.[8]
Der nach der Burchardiflut erteilte Oktroy war mit der Erlaubnis der Gründung einer katholischen Gemeinde für die beim Deichbau beschäftigten niederländischen Katholiken verbunden. Am 26. Mai 1662 wurde der Grundstein für dieSt. Theresienkirche gelegt. Seelsorgerlich betreut wurde die katholische Gemeinde mit Priestern aus demErzbistum Utrecht. Gleichzeitig waren die katholischen HauptpartizipantenPatronen des letzten verbliebenen evangelisch-lutherischen Kirchspiels, derSt. Vinzenz-Kirche in Odenbüll.
Nachdem das Erzbistum Utrecht 1723 von Rom exkommuniziert wurde, teilte sich die katholische Gemeinde. Die Theresienkirche verblieb auf Befehl der Regierung beim Bistum Utrecht. Erst 1920 gab die Gemeinde ihre Zugehörigkeit zurAlt-Katholischen Kirche der Niederlande auf. Seitdem gehört sie als nördlichste und zugleich älteste Gemeinde zurAlt-Katholischen Kirche in Deutschland. Dierömisch-katholische Gemeinde durfte erst 1868 eine eigene Kirche errichten.
Heute gibt es auf Nordstrand eineevangelisch-lutherische Kirchengemeinde (St. Vinzenz), eine römisch-katholische (St. Knud) und einealt-katholische Pfarrgemeinde (St. Theresia).
Wirtschaft und Verkehr
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die wichtigsten Wirtschaftszweige auf Nordstrand sind Landwirtschaft und Tourismus.
Deröffentliche Personennahverkehr wird mit Bussen durchgeführt, die meist über den Nordstrander Damm verkehren und Husum erreichen. Von wirtschaftlicher und touristischer Bedeutung ist der Hafen Strucklahnungshörn, von dem aus regelmäßige Fährverbindungen zur NachbarinselPellworm mit derFahrzeug- und PersonenfährePellworm I derNeue Pellwormer Dampfschiffahrts-GmbH sowie saisonabhängige Verbindungen mit Ausflugsschiffen in die nordfriesische Insel- und Halligwelt bestehen. Außerdem besteht eine Schnellbootverbindung mit derAdler-Express zwischen Strucklahnungshörn, Pellworm,Hooge,Amrum undSylt.
- Übersicht über den Hafen Strucklahnungshörn
Rettungsstation der DGzRS
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Seit 1964 hat dieDeutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) eine Rettungsstation im Fährhafen vonStrucklahnungshörn. Für dieSeenotrettung im Wattenmeer von Nordfriesland stationierte die DGzRS einenSeenotrettungskreuzer neben dem Fähranleger.
Essen und Trinken
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Laut Überlieferung gilt Nordstrand als Ursprungsort desalkoholischen GetränkesPharisäer.
Söhne und Töchter der Insel
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Anton Heimreich (1626–vor Oktober 1685), Pastor aufNordstrandischmoor und Verfasser derNordfresischen Chronik
- Ludwig Ingwer Nommensen (1834–1918), deutscherMissionar, der durch seine Tätigkeit unter denBatak aufSumatra bekannt wurde
- Andreas Busch (Historiker) (1883–1972) war ein deutscher Bauer und Heimatforscher.
- Max Christiansen-Clausen (1899–1979; bis 1946: Max Gottfried Friedrich Clausen), deutscher Kommunist und Funker der Hauptverwaltung für Aufklärung im Generalstab der Roten Armee
- Anke Gravert (1935–2021), deutsche Politikerin (CDU)
- Peter Harry Carstensen (* 1947), ehemaliger schleswig-holsteinischerMinisterpräsident
- Hans-Peter Strenge (* 1948), Verwaltungsjurist, von 1984 bis 1995 Bezirksamtsleiter inHamburg-Altona
- Sabine Andresen (* 1966), deutsche Pädagogin und Hochschullehrerin
Weitere mit Nordstrand verbundene Personen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Christian de Cort, auch Chrétien de Cort (* 1608/1609 inHilvarenbeek (Nordbrabant); † 1669 auf Nordstrand), war ein katholischer Priester und Erbauer derSt.-Theresien-Kirche auf Nordstrand.
- Hannes Nygaard, eigentlich Rainer Dissars-Nygaard (* 1949 in Hamburg), ist ein deutscher Schriftsteller, Autor von Kriminalromanen und Unternehmensberater. Er lebt auf Nordstrand.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Peter Schmidt-Eppendorf:Von der Propstei Strand zum Seeheilbad: Nordstrand. In:Thomas Steensen (Hrsg.):Das große Nordfriesland-Buch. Hamburg 2000, S. 462–467.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Halbinsel Nordstrand
- Inselspaziergang per Web von Klaus Bölling
- Charakter und Entstehung der Kulturlandschaft Nordstrands (englisch)
- Literatur von und über Nordstrand im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Nordfriesland-Karte. Nordfriisk Instituut, Bräist/Bredstedt 2011,ISBN 978-3-88007-371-5.
- ↑Holger Sethe:Der Bau des Dammes - die Entstehung des Schachtes. In: Arbeitsgemeinschaft Wobbenbüller Chronik:Nordstrander Damm, Wobbenbüller Schacht. Bredstedt 1993.
- ↑„Nordfriesland – früher und heute“, Ingenieurbüro Strunk-Husum, Druck Bogdan Gisevius, Berlin West (mit Karten von Nordfriesland um 1240, 1634 und heute, die der Husumer KartographJohannes Mejer 1649 erstellt hatte).
- ↑Georg Quedens:Die Halligen. 21. Auflage. Breklumer Verlag, Breklum 2010,ISBN 3-7793-1114-3, S. 20.
- ↑Ernst-Wilhelm Heese:Der Jansenismus und Nordstrand; Nordstrand 1982 (ohne Seitenzahlen)
- ↑st-knud-nordstrand.de - This website is for sale! - st knud nordstrand Resources and Information. Abgerufen am 1. Juni 2024.
- ↑Nordstrand danske Skole (mit Foto). In: Vilhelm La Cour (Hrsg.):Grænsevagten. 1. März 1954,S. 72–73.
- ↑Erik Pontoppidan:Kurtz gefaste Reformations-Historie Der Dänischen Kirche / Aus bewährten Urkunden / anfangs in Dänischer Sprache zusammen getragen, itzo, als eine Probe der zuerwartenden ANNALIUM ECCLESIÆ DANICÆ Dem Teutschen Leser mitgetheilet; Lübeck 1734; S. 159
54.49258.8769444444444Koordinaten:54° 30′ N,8° 53′ O