Nitronatrit

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Nitronatrit
Kleine, weiße Nitronatrit-Kristalle, bedeckt mit hellbraunem Ton (Größe: 8,1 cm × 6,1 cm)
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1980 s.p.[1]

IMA-Symbol

Ntt[2]

Andere Namen
  • Chilesalpeter
  • Natriumnitrat
  • Natronsalpeter
  • Nitratin
Chemische FormelNa[NO3][3]
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Carbonate und Nitrate (ehemalsCarbonate, Nitrate und Borate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

Va.01
V/A.01-010

5.NA.05
18.01.01.01
Kristallographische Daten
Kristallsystemtrigonal
Kristallklasse;Symbol-3mVorlage:Kristallklasse/Unbekannte Kristallklasse
RaumgruppeR3c (Nr. 167)Vorlage:Raumgruppe/167[3]
Gitterparametera = 5,07 Å;c = 16,82 Å[3]
FormeleinheitenZ = 6[3]
HäufigeKristallflächen(1011), seltener (0112) oder (0001)[4]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte1,5 bis 2[5]
Dichte (g/cm3)gemessen: 2,24 bis 2,29; berechnet: 2,25[5]
Spaltbarkeitvollkommen nach {1011}, unvollkommen nach {0112} und {0001}[5]
Bruch;Tenazitätmuschelig; in geringem Maße biegsam[5]
Farbefarblos bis weiß, gelblich oder bräunlich durch Verunreinigungen[5]
Strichfarbeweiß[6]
Transparenzdurchsichtig[5]
GlanzGlasglanz[5]
Kristalloptik
Brechungsindizesnω = 1,330 bis 1,336[7]
nε = 1,580 bis 1,587[7]
Doppelbrechungδ = 0,250[7]
Optischer Charaktereinachsig negativ
Weitere Eigenschaften
Chemisches Verhaltenwasserlöslich; bei mehr als 80 % Luftfeuchtigkeit zerfließend[5]
Besondere Merkmalebitterer, scharfer Geschmack; wirkt kühlend[5]

Nitronatrit (englischNitratine) ist ein selten vorkommendesMineral aus derMineralklasse der „Carbonate undNitrate“ mit derZusammensetzung Na[NO3][3] und damit chemisch gesehen einNatriumnitrat. Da die Verbindung einNatriumsalz derSalpetersäure ist, wird das Mineral synonym auch alsNatronsalpeter bezeichnet.

Nitronatrit kristallisiert imtrigonalen Kristallsystem, entwickelt aber nur selten mit dem bloßen Auge sichtbareKristalle bis etwa drei Millimeter Größe mit einem glasähnlichenGlanz auf den Oberflächen. Meist findet er sich – vermischt mit anderen Salzen – in Form faseriger oder körniger bis derberMineral-Aggregate undStalaktiten.

In reiner Form ist Nitronatrit farblos und durchsichtig. Durch vielfache Lichtbrechung aufgrund vonGitterfehlern oderpolykristalliner Ausbildung kann er aber auch durchscheinend weiß sein und durch mechanische Beimengungen von anderen Mineralen eine gelbliche oder bräunliche Farbe annehmen. SeineStrichfarbe ist allerdings immer weiß. Mit einerMohshärte von 1,5 bis 2 gehört Nitronatrit zu den weichen Mineralen, das sich ähnlich wie das ReferenzmineralGips (Härte 2) mit dem Fingernagel ritzen lässt.

Inhaltsverzeichnis

Etymologie und Geschichte

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Eine erste Erwähnung des Minerals, wenn auch ohne konkrete Benennung oder Angabe einer chemischen Formel, findet sich bereits 1823 unter den Beschreibungen der Kristallformen verschiedener synthetischer Salze vonHenry James Brooke (1771–1857). Nitronatrit wird hier als rhomboedrisches Prisma im KapitelNitrate of Soda beschrieben.[8]

Wilhelm von Haidinger prägte 1845 den bis heute international gültigen Begriff Nitratin[9][1] für das rhomboedrische Natriumsalz in Anlehnung an dessen Zugehörigkeit zu den Nitraten undErnst Friedrich Glocker legte schließlich 1847 den bis heute im Deutschen gebräuchlichen Namen Nitronatrit fest, der sich auf die FormelbestandteileStickstoff (lateinischNitrogenium) undNatrium bezieht.[10]

AlsTyplokalität gilt dieRegión de Tarapacá (Region I) in Chile, die zu den bedeutendstenLagerstätte für Natriumnitrat gehört, weshalb auch das SynonymChilesalpeter entstand. Ein Aufbewahrungsort für dasTypmaterial des Minerals ist bisher nicht bekannt.[11]

Klassifikation

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In der veralteten8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Nitronatrit zur gemeinsamen Mineralklasse der „Nitrate, Carbonate und Borate“ und dort zur Unterklasse ‚Va‘ der „Nitrate“, wo er als Namensgeber die „Nitronatrit-Gruppe“ mit der System-Nr.Va.01 und den weiteren MitgliedernNitrammit (2006 diskreditiert[12]) undNitrokalit bildete.

Im zuletzt 2018 überarbeiteten und aktualisiertenLapis-Mineralienverzeichnis nach Stefan Weiß, das sich aus Rücksicht auf private Sammler und institutionelle Sammlungen noch nach dieser alten Form der Systematik vonKarl Hugo Strunz richtet, erhielt das Mineral die System- und Mineral-Nr.V/A.01-10. In der „Lapis-Systematik“ entspricht dies ebenfalls der Klasse der „Nitrate, Carbonate und Borate“ und dort der jetzt als Abteilung gekennzeichneten „Nitrate [NO3]1−“, wo Nitronatrit zusammen mitGwihabait,Nitrobaryt und Nitrokalit eine eigenständige, aber unbenannte Gruppe bildet.[6]

Die seit 2001 gültige und von derInternational Mineralogical Association (IMA) bis 2009 aktualisierte[13]9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Nitronatrit in die neu definierte Klasse der „Carbonate und Nitrate“ (die Borate bilden hier eine eigene Klasse) und dort ebenfalls in die Abteilung der „Nitrate“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der möglichen Anwesenheit von Konstitionswasser (Hydroxidionen) bzw.Kristallwasser, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Ohne OH oder H2O“ zu finden ist, wo es als einziges Mitglied die unbenannte Gruppe5.NA.05 bildet.

Die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlicheSystematik der Minerale nach Dana ordnet den Nitronatrit wie die alte Strunz’sche Systematik in die gemeinsame Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort in die Abteilung der „Einfachen Nitrate“ ein. Hier ist er als einziges Mitglied in der unbenannten Gruppe18.01.01 innerhalb der Unterabteilung der „Einfachen Nitrate mit A xNO3 • x(H2O), x kann gleich Null sein“ zu finden.

Kristallstruktur

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Nitronatrit kristallisiert trigonal in derRaumgruppeR3c (Raumgruppen-Nr. 167)Vorlage:Raumgruppe/167 mit denGitterparameterna = 5,07 Å undc = 16,82 Å sowie 6Formeleinheiten proElementarzelle.[3]

Eigenschaften

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Nitronatrit ist leicht wasserlöslich und bei mehr als 80 % Luftfeuchtigkeitzerfließt er. Sein Geschmack wird als bitter, scharf und kühlend beschrieben.[5]

Bildung und Fundorte

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Nitronatrit bildet sich überwiegend als Verdunstungsprodukt unterariden Klimabedingungen wie beispielsweise in ausgetrockneten Salzseen oder durch Grundwasser-Auswaschungen. Er kann aber auch in abgelagertem Vogelkot (Guano) entstehen, dessen organische Anteile verwittert sind. AlsBegleitminerale können unter anderemEpsomit,Gips,Halit,Mirabilit,Nitrocalcit undNitrokalit auftreten.

Als seltene Mineralbildung ist Nitronatrit nur von wenigen Fundorten bzw. in geringer Stückzahl bekannt, wobei weltweit bisher knapp 100 Fundstätten dokumentiert sind (Stand: 2021).[14] An seiner Typlokalität in derRegión de Tarapacá trat das Mineral in mehrerenNitraterz- bzw. Guano-Lagerstätten der ProvinzenIquique undTamarugal auf. Daneben fand sich Nitronatrit in Chile noch an mehreren Orten in derRegión de Antofagasta sowie im Steinbruch „Rio de la Sal“ beiCaballo Muerto in derRegión de Atacama.

Der bisher einzige bekannte Fundort in Deutschland ist der inzwischen verlasseneSteinbruchHasenberg beiÜdersdorf in der Vulkaneifel, Rheinland-Pfalz, wo das Mineral in farblosen, wurmförmigen Aggregaten auftrat.[15]

Weitere Fundorte liegen unter anderem auf der Bahamas-InselSan Salvador, im Autonomen GebietXinjiang in China, in den italienischen GemeindenBerceto (Emilia-Romagna),Molfetta (Apulien) undCampagnano di Roma (Latium), beiUtsunomiya auf der japanischen Insel Honshū, amSalzsee „North Ingebright“ in der kanadischenSaskatchewan, imCernatal in Rumänien, imValle de Carranza in der baskischen ProvinzBizkaia in Spanien, beiDěčín in Tschechien, amKatwe-Krater naheKasese in Uganda, auf der ukrainischen HalbinselKrim und an vielen Orten in verschiedenen Bundesstaaten der USA.[16]

Als bisher einzige außerirdische Mineralbildung von Nitronatrit ist derMeteorit D’Orbigny bekannt, ein im Juli 1979 nahe demgleichnamigen Ort in der argentinischenProvinz Buenos Aires gefundener Meteorit aus der Klasse derAngrite. In dessen Poren wurde neben unterschiedlichen Mengen des Minerals auch natürlichesultrabasisches Glas entdeckt.[17]

Verwendung

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Chilesalpeter war der wichtigste anorganischeStickstoffdünger, bis es Anfang des 20. Jahrhunderts gelang, mithilfe desHaber-Bosch-Verfahrens synthetische stickstoffhaltige Düngemittel in großen Mengen herzustellen.

Siehe auch

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Literatur

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Weblinks

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Commons: Nitratine – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. abMalcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch). 
  2. Laurence N. Warr:IMA–CNMNC approved mineral symbols. In:Mineralogical Magazine.Band 85, 2021,S. 291–320,doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch,cambridge.org [PDF;320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]). 
  3. abcdeHugo Strunz,Ernest H. Nickel:Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001,ISBN 3-510-65188-X,S. 324 (englisch). 
  4. Helmut Schröcke,Karl-Ludwig Weiner:Mineralogie. Ein Lehrbuch auf systematischer Grundlage. de Gruyter, Berlin; New York 1981,ISBN 3-11-006823-0,S. 500. 
  5. abcdefghijNitratine. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.):Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch,handbookofmineralogy.org [PDF;65 kB; abgerufen am 31. Mai 2021]). 
  6. abStefan Weiß:Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018,ISBN 978-3-921656-83-9. 
  7. abcNitratine. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 31. Mai 2021 (englisch). 
  8. Henry James Brooke:On the crystalline forms of artificial salts. In:The Annals of Philosophy.Band 5, 1823,S. 449–452; 38–43; 117–121; 374 (englisch,rruff.info [PDF;1,6 MB; abgerufen am 31. Mai 2021]). 
  9. Wilhelm von Haidinger:Handbuch der Bestimmenden Mineralogie. Braumüller und Seidel, Wien 1845,S. 488 (rruff.info [PDF;332 kB; abgerufen am 31. Mai 2021] Erste Klasse: Akrogenide. IV. Ordnung. Salze. IV. Nitrumsalz. Nitratin). 
  10. Ernst Friedrich Glocker:Generum et specierum mineralium, secundum ordines naturales digestorum. Eduardum Anton, Halae Saxonum (Halle an der Saale) 1847,S. 292 (Latein,online verfügbar bei archive.org –Internet Archive [abgerufen am 31. Mai 2021] Nitronatrit). 
  11. Catalogue of Type Mineral Specimens – N. (PDF 160 kB) Commission on Museums (IMA), 10. Februar 2021, abgerufen am 6. Juni 2021. 
  12. Ernst A. J. Burke:A mass Discreditation of GQN Minerals. In:The Canadian Mineralogist.Band 44, 2006,S. 1557–1560 (englisch,cnmnc.main.jp [PDF;119 kB; abgerufen am 31. Mai 2021]). 
  13. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch). 
  14. Localities for Nitratine. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 31. Mai 2021 (englisch). 
  15. Nitratine from Hasenberg quarry, Üdersdorf, Daun, Vulkaneifel District, Rhineland-Palatinate, Germany. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 7. Juni 2021 (englisch). 
  16. Fundortliste für Nitronatrit (Nitratine) beimMineralienatlas (deutsch) und beiMindat (englisch), abgerufen am 7. Juni 2021.
  17. D'Orbigny. Meteoritical Bulletin Database, abgerufen am 7. Juni 2021. 
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