Neudietendorf LandgemeindeNesse-Apfelstädt | |
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| Koordinaten: | 50° 55′ N,10° 55′ O50.912510.913333333333240Koordinaten:50° 54′ 45″ N,10° 54′ 48″ O |
| Höhe: | 240 m ü. NN |
| Fläche: | 7 km² |
| Einwohner: | 2181 (1. Dez. 2009)[Ohne Beleg]Vorlage:Infobox Ortsteil einer Gemeinde in Deutschland/Wartung/NoEinwQuelle |
| Eingemeindung: | 1. Dezember 2009 |
| Postleitzahl: | 99192 |
| Vorwahl: | 036202 |
Lage von Neudietendorf in Nesse-Apfelstädt | |
Neudietendorf ist ein Ortsteil derLandgemeindeNesse-Apfelstädt imthüringischenLandkreis Gotha. Der Ort ist der Verwaltungssitz der Landgemeinde.
Neudietendorf liegt am Südrand desThüringer Beckens im Tal derApfelstädt. Im Ort mündet der ausMühlberg kommende und durch mehrereKarstquellen gespeisteWeidbach in die Apfelstädt. Wenige Kilometer südwestlich des Ortes befindet sich das BurgensembleDrei Gleichen, dessen Burgen auf den Höhenzügen derEichenberg–Gotha–Saalfelder Störungszone errichtet wurden.



Der OrtDietendorf wurde alsDitendorp erstmals im Jahre 1147 in Verbindung mit demAdelsgeschlechtvon Dietendorf urkundlich erwähnt.Günther von Dietendorf und seine Söhne waren Zeugen bei einem Vertrag desMainzer ErzbischofsHeinrich I. Felix von Harburg mit demKloster Ichtershausen.[1]
Wichtig bei der Betrachtung der Bebauungsentwicklung von Dietendorf ist die Tatsache, dass die Apfelstädt früher einen anderen Verlauf hatte: Sie floss vom heutigen Feuerwehrgelände aus in nördlicher Richtung parallel zur heutigen Zinzendorfstraße, um dann südlich der heutigen Ingerslebener Straße nach Osten abzubiegen und wenige hundert Meter weiter in das Flussbett zu münden, in dem sie heute noch verläuft. Das Gebiet der Gartenstraße und des westlich davon liegenden heutigen Ortsteils sowie das Gelände der Gotter- und der Goethestraße waren südlich des Flusses und somit auf Dietendorfer Flur. So wundert es nicht, dass dieses Gelände bei heftigem Hochwasser besonders betroffen ist.
Durch zahlreiche Schenkungen und Käufe war dasKloster Georgenthal zu den bedeutendsten Grundbesitzern in Mittelthüringen aufgerückt. Auch in Dietendorf erwarb dieses Kloster umfangreichen Besitz. Gegenüber Dietendorf befand sich, durch die Apfelstädt getrennt, dasRittergutAltenhof in der Zinzendorfstraße. Dieses kam im Jahr 1306 in den Besitz der Herrenvon Wittern. AufständischeBauern zerstörten um Ostern 1525 im Verlauf desBauernkrieges diesen Rittersitz und auch das nahe Kloster Ichtershausen. Großen Einfluss übte auch die Stadt Erfurt auf ihre Umlandgemeinden aus, um dasWaidmonopol zu sichern.[2]1575 wurde das Rittergut durch aufständische Bauern zerstört.
Die Wirren desDreißigjährigen Krieges (1618–1648) brachten große Not über die Bewohner von Dietendorf. Die Menschen starben vor Hunger, und ihre Wohnhäuser wurden fast alle zerstört. So kann man davon ausgehen, dass fast alle Häuser ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts neu errichtet wurden. Es entstand die heutige Siedlungsstruktur. Weitsichtige Ortseinwohner zogen damals (1667) einen wichtigen Schluss. Die mit vielen Holzteilen erbauten Häuser würden im Falle eines Brandes sehr schnell ein Raub der Flammen. Deshalb organisierten sie – wie urkundliche Hinweise belegen – eine Feuerbekämpfung. In dieser Zeit spielte auch der Anbau derFärbepflanzeWaid in Dietendorf eine große Rolle. In über 300 Dörfern Thüringens wurde damals diese Pflanze gesät, geerntet und verarbeitet.
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts begann eine für die Musikgeschichte erwähnenswerte Entwicklung mit den beidenOrganisten undKomponistenHeinrich Nagel undJohann Peter Kellner. Der bekannteFlügelbauerCarl Bechstein verbrachte zu Beginn des 19. Jahrhunderts hier seine Kindheit und schulische Jugend und erwarb seine musikalische Bildung. Dietendorf und Neudietendorf gehörten zumAmt Wachsenburg, welches 1640 zum HerzogtumSachsen-Gotha, ab 1672 zum HerzogtumSachsen-Gotha-Altenburg und 1826 zumHerzogtum Sachsen-Coburg und Gotha kam.
Im Jahre 1734 erwarb ReichsgrafGustav Adolf von Gotter das verwahrloste LehnsgutAlte Hof (Zinzendorfstr. 16), das gegenüber Dietendorf am linken Apfelstädtufer lag. Graf Gotter besaß bereits im Nachbarort dasSchloss Molsdorf und wollte seinen Einfluss in der Gegend durch den Zukauf von Ländereien vergrößern.
Er gründete 1736 auf dem Altenhof eine Textilmanufaktur. Obwohl der Aufbau der Wollmanufaktur rasch voranschritt und auch die Arbeitersiedlung von 12 Häusern im Jahre 1736 auf 26 Wohnhäuser in 1737 angewachsen war, misslang Gotters Plan: er konnte nicht rentabel genug produzieren und erhielt von der herzoglichen Finanzverwaltung auch keine Steuerbefreiung. Gotter drohte der Bankrott, und der Großteil seiner Arbeiter verließ bereits Neudietendorf. Die von ihm errichteten Häuser stehen heute noch in der Zinzendorfstraße vom ehemaligen GasthofDrei Rosen bis zur heutigen Oberschule, dem ehemaligenErdmuth-Dorotheen-Haus.
Von 1737 bis 1742 hatte Graf Gotter etwa 74 neue Ansiedler gezogen, wie aus einem Verzeichnis von 1742 hervorgeht.In der finanziellen Schieflage half Gotter 1742 der Zufall: in Gotha machte er die Bekanntschaft vonHerrnhutern, die imHerzogtum Gotha eine Niederlassung aufbauen wollten und auf der Suche nach einer passenden Immobilie waren. Sie traten mit Graf Gotter in Verhandlungen um den Verkauf des Rittergutes und der neuen Siedlung. DieGeneralkonferenz (damalige Leitung der Brüdergemeine) erteilte die Genehmigung zum Abschluss eines Kaufvertrags zwischen Graf Gotter und dem Kaiserlichen Geheimrat und GrafenPromnitz, einem schlesischen Adeligen und Mitglied der Brüdergemeine, der am 10. Dezember 1742 unterzeichnet wurde. Friedrich war offensichtlich nur derStrohmann für die Herrnhuter Gemeine, die das Gut und die Siedlung für 20.000Reichstaler mit allen dazugehörigen Rechten erwarb. Gotter versuchte noch, aus dem Verkauf Gewinn herauszuschlagen, was ihm aber nicht gelang, da seine missliche Lage den Käufern bereits bekannt war.
Die ersten Familien kamen ausBöhmen undMähren und siedelten sich bereits im Januar 1743 an. Diese zehn Familien standen der Brüdergemeine nahe und gaben der Siedlung den Namen „Gnadenthal“. Der Name konnte jedoch aufgrund eines Einspruchs desKonsistoriums in Gotha nicht beibehalten werden, weil er „zu fromm“ war. Im Jahre 1806 erhielt aber die älteste Missionsstation in Südafrika den Namen „Gnadenthal“. Die Station erreichte eine derartige Bedeutung, dassNelson Mandela, der erste nicht weiße Präsident Südafrikas, seinen Regierungssitz in „Gnadenthal“ umbenannte. Der Name „Gnadenthal“ ist dennoch aus dem Ort nicht verschwunden: Seit 1999 wird der Weg entlang des Friedhofs „Gnadenthaler Weg“ genannt.[3]
Graf Gotter beantragte 1743 beim Gothaer Herzog Friedrich III. und dem kirchlichen Oberkonsistorium für die neue Ansiedlung dasPatronatsrecht, d. h. einen eigenen Pfarrer und Lehrer zu berufen und außerhalb der geltenden Staats- und Kirchengesetze nach Art der Brüdergemeine eine eigene kirchliche Ordnung aufzubauen. Die kirchliche Selbständigkeit hatte man bereits für die BrüderorteNiesky,Gnadenfrei undGnadenberg in Preußen erreicht. Das Patronatsrecht bedeutete in diesem Fall die Befreiung von den Kirchen- und Landesgesetzen. Das war jedoch im damaligen Herzogtum Gotha schier unmöglich, da Staat und Kirche quasi eine Einheit bildeten, die ein Durchbrechen dieser Ordnung als revolutionär ansah. So erhielten die Brüder am 11. Januar 1743 eine Ablehnung ihres Antrags. Die Herrnhuter konnten die bereits erbauten Häuser und die Manufaktur sofort übernehmen und im Gutshaus eine Kirche einrichten.
Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, der Gründer der Herrnhuter Gemeine, weilte zu dieser Zeit in Amerika. Anfang 1743 kam er zurück und erfuhr von der Ansiedlung bei Dietendorf, die von BischofPolycarp Müller noch unterstützt wurde. Mit Schreiben vom 1. März 1743 – er hatte von der ablehnenden Entscheidung der Gothaer Regierung noch keine Kenntnis – befahl er, dass die brüderischen Familien, die erst vor wenigen Wochen nach Neudietendorf gezogen waren, am 20./21. Mai 1743 denAlte Hof verlassen sollen. Zinzendorf wollte vermeiden, dass sich die Herrnhuter Bewegung zu einer neuen Kirche entwickelte und sah in der Neudietendorfer Ansiedlung die Gefahr einer Kirchenbildung. Zudem erkannte er als Jurist die Aussichtslosigkeit von Kirchenfreiheiten im streng lutherischen Herzogtum Gotha.
Über die Situation der Neudietendorfer Brüdergemeine tagte vom 1. bis 12. Juli 1743 inHirschberg eineSynode der Brüder. Man war sich darüber einig, dass eine Brüdergemeine nicht unbedingt kirchlich unabhängig sein müsste. Sie sollte nur den Geist der Gemeine in sich tragen, jedoch der Landeskirche angehören und dem Landeskonsistorium untergeordnet sein. Zinzendorf wünschte eine rein lutherische Brüdergemeine in Neudietendorf, die der Landeskirche angeschlossen ist, aber den Geist der Brüdergemeine trage. Das war das Signal für eine erneute Besiedlung Neudietendorfs. Im Oktober 1743 zählte man wieder 32 Personen.
Während der günstigen Weiterentwicklung der Neudietendorfer Gemeine traf im Juni 1747, für die Neudietendorfer völlig unerwartet, der herzogliche Befehl aus Gotha ein, dass
Man wandte sich an die stets vermittlungsbereite Herzogin, die jedoch auch nicht helfen konnte. Am 13. Januar 1748 wurden die Neudietendorfer aufgefordert, sich innerhalb von drei Monaten zu fügen oder den Ort zu verlassen. Die Bürger beugten sich nicht, sondern verließen im April 1748 den Ort. Zurück blieben nur der Gastwirt, der Pächter und der Inspektor der Gutshäuser. Vier Jahre war der Ort verlassen.
Zinzendorf richtete 1749 auf einer Konferenz in London den Blick wieder auf Neudietendorf. 1752 beauftragte er den FreiherrnGünther Urban Anton von Lüdecke, den damaligen Besitzer vonTrebus und Ortsherrn vonNiesky, das Neudietendorfer Rittergut zu kaufen und auch eine Verfügung zu unterschreiben, mit der er die Gemeinde der Gothaer Landesregierung mit all ihren Rechten und Verpflichtungen unterwarf. Der Herzog in Gotha hatte zu erkennen gegeben, dass die Neudietendorfer ihre besonderen brüderischen Versammlungen und Einrichtungen behalten könnten, wenn sie nur im Gottesdienst die bestehenden lutherischen Ordnungen anerkennen würden.
Neudietendorf erfuhr eine erneute Besiedlung. Der Ort bekam am 27. Oktober 1753 einen neuen Pfarrer: Johann Friedrich Frühauff. Frühauff war ehedem Hauslehrer des Generalsuperintendenten in Gotha und besaß das volle Vertrauen der Brüdergemeine, deren Mitglied er auch geworden ist. Zunächst predigte er vor nur zehn abendmahlsberechtigten Gemeindemitgliedern, konnte aber bald ob seiner guten Predigten so viele Gottesdienstbesucher zählen, dass der Kirchenraum nicht ausreichte.
Im Jahre 1755 besuchteGraf Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700–1760) den Ort.
Der Rechtsboden für die Aktivitäten der Brüdergemeine wurde mit einer Konzession von Herzog Friedrich III. gelegt, der diese am 27. März 1764 unterzeichnete. Jetzt hatten die Einwohner gleiche Rechte wie die anderen Landesbewohner und konnten die Ordnungen der Brüdergemeine neben der gothaischen Kirchenordnung einführen und daran festhalten. Die Brüdergemeine war nun eine lutherische Kirchgemeinde der Landeskirche und gleichzeitig eine Brüdergemeine. Seitdem wird 1764 als Gründungsjahr der Neudietendorfer Brüdergemeine gerechnet. Man hatte 183 Mitglieder.
Neue Gewerbezweige wurden durch die eintreffenden Familien eröffnet. Es kam zur Gründung weitererManufakturen, derAromatique-Fabrikation,Siegellackherstellung,Weberei undFärberei,Brauerei,Tischlerei undSchmieden. Das Brüder- und das Schwesternhaus wurde zum Ausgangspunkt der Gewerbetätigkeit.
Im Jahre 1780 konnte der Gasthof der Brüdergemeine den Besuch des DichtersJohann Wolfgang Goethe begrüßen.
Der heutige Kirchensaal wurde 1779/80 mit dem Pfarrhaus gebaut, 1784/86 das Schwesternhaus (heuteZinzendorfhaus).
Im Jahr 1847 wurde der Ort an das Streckennetz derThüringischen Eisenbahn angeschlossen. Für Waren aus Süd-, West- und Ostdeutschland stellte sich der Güterbahnhof als wichtiger Rangierplatz dar. Mit fortschreitendem Ausbau des Personen- und Güterbahnhofes als Eisenbahnknotenpunkt wandelte sich die soziale Struktur des Ortes. Neudietendorf wurde zu einemIndustriestandort, der mit dem deutschenPost- undTelefonnetz (1899) in Verbindung kam.
Am 19. März 1849 wurde der Doppelcharakter derBrüdergemeine aufgehoben; sie gehörte nun nicht mehr der lutherischen Landeskirche an. Der Pfarrer war jedoch weiterhin für beide Kirchen zuständig, so wie es auch heute noch ist. Zum Kirchspiel Neudietendorf gehören heute die Kirchgemeinden Neudietendorf und Dietendorf. Der Pfarrer der Brüdergemeine ist auch für diese Kirchgemeinden zuständig.
Bedeutung erlangte Neudietendorf auch als Schulort. Einehöhere Mädchenschule (heuteGymnasium), eineHaushaltsschule und später die erste ThüringerBauernhochschule[4] prägten das geistig-kulturelle Leben. Neudietendorf zog Persönlichkeiten wie den Schriftsteller Prof.Herman Anders Krüger (1871–1945), die SchriftstellerinnenFrieda von Bülow undMargarethe von Bülow sowie Ärzte und Wissenschaftler an.
Während desZweiten Weltkrieges mussten seit 1940 20 Frauen und Männer ausTschechien, 32 Personen aus derUkraine und 24 Militärinternierte ausItalien auf dem Güterbahnhof, auf dem Kirchengut, in einer Gärtnerei, bei Bauern und in der BahnhofsgaststätteZwangsarbeit leisten.[5]
Am Ende des Krieges hatten am 5. April 1945 Truppen der3. US-Armee von der Autobahn kommend bereits Neudietendorf erreicht. Sie zogen sich nach Anrücken einerWaffen-SS-Einheit mit fünf Panzern wieder nachApfelstädt undGroßrettbach zurück. Am 7. April kam es zu Gefechten zwischen Wehrmacht undVolkssturm sowie US-Truppen zwischen Apfelstädt und Neudietendorf, bei denen es Verluste auf beiden Seiten gab. Danach begann derBeschuss Neudietendorfs durch amerikanische Panzer- und Artillerie-Einheiten, mit Höhepunkt in der Nacht vom 8. zum 9. April 1945. 80 Häuser wurden zerstört oder beschädigt. Granaten zerstörten auch das Dach des Kirchensaales der Brüdergemeine. Der amerikanische Bodenangriff auf Neudietendorf begann dann am Morgen des 10. April, der hartnäckige deutsche Widerstand wurde bis zum Abend gebrochen. Am 12. April richtete der Stab der 80. US-Division sein Quartier imHotel und Gasthof der Brüdergemeine ein. Dort kam es am gleichen Tag zu einem Treffen des US-OberbefehlshabersEisenhower mit seinen GenerälenPatton undBradley, auf dem wahrscheinlich die weiteren Angriffsoperationen in Thüringen besprochen wurden.[6]
Der Ort wurde, wie ganz Thüringen, Anfang Juli 1945 von der US-Besatzungsmacht an dieRote Armee übergeben. Damit war Neudietendorf Teil derSBZ und ab 1949 derDDR. Entsprechend machte es alle damit verbundenen gesellschaftlichen Entwicklungen mit. Schon kurze Zeit nach Kriegsende wurde im Ort eine Pädagogische Fachschule eingerichtet.
Zur DDR-Zeit wurde in Ortsmitte das „Haus der Werktätigen“ erbaut. Dazu enteignete man die Besitzer der dortigen Gartenanlagen. Das großflächige, architektonisch anspruchslose Gebäude mit Restauration gehörte dem Rat desKreises Erfurt-Land. Dieser hielt dort seine Zusammenkünfte und Feiern ab, wie auch dieMfS-Dienststelle Erfurt-Land, die Volkspolizei und andere Behörden und Organisationen. Das Restaurant stand aber auch der Öffentlichkeit zur Verfügung. Nach 1990 wurde das Gebäude nicht mehr genutzt, um das Jahr 2000 wurde es abgerissen. Vorher hatte die Bevölkerung Gelegenheit, sich noch brauchbares Inventar zu holen.
Die heutige Gestalt der beiden Teile Neudietendorfs hat sich aus der Zusammenlegung von Dietendorf und Neudietendorf im Jahre 1933 sowie dem Anschluss vonKornhochheim 1974 ergeben. Seit dem 1. Dezember 2009 ist Neudietendorf, zusammen mit Apfelstädt, Gamstädt, Ingersleben, Kleinrettbach und Kornhochheim Teil der zum gleichen Datum neu entstandenen GemeindeNesse-Apfelstädt.[7]
Entwicklung der Einwohnerzahl (31. Dezember, einschließlich des damaligen Ortsteils Kornhochheim):
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Der Ortschaftsrat von Neudietendorf (Ortsteile Neudietendorf und Kornhochheim) setzt sich aus 10 Ortschaftsräten zusammen.
(Stand:Kommunalwahl am 25. Mai 2014)[8]
Bei der Kommunalwahl am 25. Mai 2014 setzte sich kein Bewerber im ersten Wahlgang durch: Werner Holbein (CDU) 32,3 %, Andreas Schreeg (SPD) 41,7 %, Hans-Ulrich Greiner (FW Neudietendorf) 26,0 %. In der Stichwahl am 8. Juni 2014 setzte sich Andreas Schreeg (SPD) mit 80,7 % gegen Werner Holbein (CDU) mit 19,3 % durch und wurde damit zum neuen Ortschaftsbürgermeister von Neudietendorf gewählt.
Am 26. Mai 2019 gelang Schreeg mit 95,9 % die Wiederwahl.[9]
Das Wappen wurde am 24. Februar 1939 genehmigt.
Blasonierung: „In Silber ein Bauer in blauer Tracht mit einer Hacke in der rechten Hand. Die Linke stützt sich auf einen Baumstumpf, an dem ein roter Schild mit einem goldenen Weberschiffchen steht.“
Das Wappen und das Siegelsymbol weisen auf die Vorherrschaft von Landwirtschaft, Waidanbau und Weberei in der Gemeinde hin. Mit diesem 1939 geschaffenen Wappen wurde das bisherige, der heilige Christophorus, ungültig. Als erstes Siegel hat der Schultheiß von Neudietendorf sein Privatsiegel 1845 benutzt. Später stellte eine Getreidegarbe das Symbol dar.

Der Ort Dietendorf verfügte seit dem Mittelalter über zwei Mahlmühlen: dieBergmühle am westlichen Ortsrand und dieUntermühle in derUnterstraße. Bereits im Einkünfteverzeichnis derThüringer Landgrafen von 1378 wurde eine „Mühl“ in Dietendorf erwähnt. Eine weitere Mühle, dieKlemmsmühle, wurde 1839–41 von Johann Gottlieb Klemm erbaut. Sie befindet sich an der Grenze zu den Gemarkungen Apfelstädt undSülzenbrücken, wo derWeidbach auf das Gebiet von Neudietendorf kommt.
Zum Antrieb der Mühlen wurde derWeidbach genutzt. Die erforderlichen Wassernutzungsrechte wurden von den Landesherren vergeben, die Zuteilung des Mühlwassers erfolgte nach einem abgestimmten Plan, um die bereits am Oberlauf in dichter Folge angelegten Mühlen gerecht mit Wasser versorgen zu können. Mit Hilfe von Wehren und Speicherbecken konnte auch noch in der regenarmen Zeit Wasser verteilt werden.
Der Hauptzufluss desWeidbachs, derMühlberger Spring, besitzt eine stark schwankende Wasserführung. Die Versorgung der Dietendorfer Mühlen aus den Mühlgräben des NachbarortesApfelstädt war zwischen beiden Dörfern genau geregelt, entsprechende Unterlagen finden sich seit dem Jahr 1484. DerWeidbach teilt sich etwa 400 m unterhalb der Klemmsmühle in zwei Arme, von denen einer kurz vor dem Feuerwehrgelände in die Apfelstädt mündet. Der andere Arm teilt sich nach Unterquerung der Kornhochheimer Straße wiederum in zwei Arme, von denen der nördliche die Untermühle speist, der südliche „ungenutzt“ weiterfließt. Beide Bäche münden etwa 600 und 700 m unterhalb der Untermühle in dieApfelstädt. Dieser Fluss wurde spätestens seit dem 16. Jahrhundert als Flößwasser von der StadtErfurt in Anspruch genommen, deshalb sollten keine Mühlen mehr an der Apfelstädt betrieben werden.
Im Müllerhandwerk galten Regelungen, die es auch Frauen (Witwen) gestatteten, die Mühle betreiben zu dürfen. Beispielsweise tritt FrauAnna Catharina Koch 1715 als Eigentümerin der Untermühle in Erscheinung. Zu den Regelungen gehörte auch der sogenannte „Mühlenzwang“, der jedem Bauern die zugehörige Mühle vorschrieb. Auch in Orten ohne Mühle galt dieses Nutzungs- und Verteilungsrecht.
Fielen Mühlen durch Brand, Hochwasser oder andere Umstände aus, griffen Sonderregelungen in Absprache mit der Obrigkeit, denn die Benutzung der Mahlmühlen war auch mit Steuereinnahmen verkoppelt.
Neben dem Verlust des täglichen Brotes kam der Verlust der Verdienstgrundlagen hinzu. So geschah es bei einem verheerenden Hochwasser im Dezember 1753. Die Dietendorfer Mühlen konnten längere Zeit nicht benutzt werden, und zudem wurden die eingelagerten Getreidevorräte durch die Wassermassen vernichtet.
Die Mühlgräben und Wehre bedurften regelmäßiger Wartung und Reparaturen. Hierzu waren die Zuständigkeiten zwischen den Mühlenpächtern oder -inhabern und den Gemeinden klar geregelt.
DieSt.-Johannis-Kirche im Ortsteil Dietendorf südlich der Apfelstädt steht anstelle einesgotischen Vorgängerbaus.
Südlich der Kirche steht die sogenannteKirchschule, ein etwa 300 Jahre altes stattliches Gebäude inbarockem Baustil. Vermutlich war es ehemals der Sitz derGerichts- undOrtsherrschaft. Heute ist hier der Sitz des „bund evangelischer jugend in mitteldeutschland“.

Der 1780 errichtete Kirchensaal der Brüderkirche derHerrnhuter Brüdergemeine in der Kirchstraße ist der größte Kirchensaal in Neudietendorf.


Die Gestaltung desbrüderischen Ortskerns von Neudietendorf spiegelt ihre Konzeption wider: Die Häuser haben durchgehendeFassaden und sind um den zentralen Zinzendorfplatz gebaut. In vielen anderen brüderisch angelegten Orten hat der Platz eine noch zentralere Bedeutung. Sie wird oft durch einen Brunnen in der Mitte des Platzes unterstrichen, als symbolischer Hinweis auf Jesus Christus als die Quelle des Lebens. In Neudietendorf stand an der Stelle eines früheren Brunnens ein Zinzendorfgedenkstein des Heimatkünstlers Johannes Meissel. Der Gedenkstein wurde 2007 durch einen betonierten Wassertisch mit nächtlicherLED-Beleuchtung ersetzt. Der „Kopf“ des Wassertisches trägt ein Relief vonNikolaus Ludwig von Zinzendorf.
Typisch für die brüderische Architektur sind auch dieFreitreppen in der Bahnhofstraße, am Kirchsaal und am Zinzendorfhaus sowie die barocke Dachgestaltung alsMansarde. Die Zinzendorfstraße ist die älteste Häuserzeile in Neudietendorf. AmDachreiter des Hauses der Pension „Alter Hof“ ist heute noch zu erkennen, wo sich der erste Kirchsaal befand. Unmittelbar vor dieser Häuserzeile verlief das Flüsschen Apfelstädt, bevor es begradigt wurde. Neben den Wohnhäusern sind auch die „Chorhäuser“ zu erwähnen, Unterkünfte für die nach sozialen Aspekten eingeteilten Gruppen der Brüdergemeine („Chöre“). So ist das Zinzendorfhaus früher das „Schwesternhaus“ gewesen und dient heute als Sitz der Tagungs- und Begegnungsstätte Zinzendorfhaus Neudietendorf und des Evangelischen Zentrums mit u. a. derEvangelischen Akademie Thüringen. Natürlich gehörten auch Handwerksbetriebe und Geschäfte, ein Gasthof, Schule,Kindergarten undApotheke zum Gemeinleben.
Die alte Apotheke wurde 1778 als Wohnhaus von Nicolaus Jacob Lilliendahl, dem Gründer der Siegellackfabrik gebaut (ebenfalls 1778 errichtet). 1788 wurde in diesem Haus die schon seit 1772 gegründete Apotheke eingerichtet. Überörtliche Bedeutung erlangte die Apotheke unter dem Apotheker Christian Theodor Lappe (1802–1882), der die Produktion des NeudietendorferMagenbittersAromatique begründete.
So sieht man in der Kirchstraße den schieferverkleideten Kranaufzug der ehemaligenSiegellackfabrik. Sie wurde von Nicolaus Jacob Lilliendahl (1738–1805) als Fabrik mit Herrschaftshaus im Jahre 1778 erbaut. Die Produktion der Lacke erfolgte bis 1985 nach der Originaltechnologie. Bis 1996 wurde das Haus als Wohnhaus benutzt, wobei seit 1990 schrittweise Instandsetzungsarbeiten vorgenommen wurden. Seit dem 15. Dezember 1998 befindet sich der evangelische Kindergarten „Die Arche“ im Gebäude.[10]
Das heutige Bürgerhaus in der Zinzendorfstraße war dasHotel und Gasthof der Brüdergemeine „Drei Rosen“. Das heutige staatlicheGymnasium, das ehemalige „Erdmuthe-Dorotheen-Haus“ war das frühere Internat. Der heutige Kindergarten in der Trägerschaft der ev.-luth. Kirchgemeinden Neudietendorfs hat sich aus den „Kinderbewahranstalten“ entwickelt, einem Arbeitszweig der im Schwesternhaus lebenden Schwestern. Die Apotheke, die 1772 dieherzoglicheKonzession für das Betreiben erhielt, befand sich an der Ecke der Kirch- und Bahnhofstraße.
Nicht weit davon entfernt befindet sich der unterDenkmalschutz stehende „Gottesacker“ der Brüdergemeine. Der Friedhof wurde 1743 mit der Ansiedlung der böhmischen und mährischen Familien der Brüdergemeine angelegt, das älteste noch erhaltene Grab ist von 1743 und erinnert an das GemeindemitgliedElisabeth Keller.
Tatsächlich werden die Bestattungsvorschriften bis heute befolgt: alle Gräber des Friedhofs sind schlicht und gleichartig gestaltet, sie werden in dichter Reihung ebenerdig im Rasen angeordnet. Die Gräber werden in chronologischer Folge angelegt, auch trennt man Brüder- und Schwester-Gräber, es gibt keine Familiengräber. Zudem bleiben alle Gräber erhalten, es werden auch keine Bestattungen ausgegraben, folglich waren zwei Erweiterungen in den Jahren 1765 und 1827 zur Vergrößerung der Anlage erforderlich. Die Reserveflächen wurden zwischenzeitlich durch Hecken und neue Wege begrenzt, Baumpflanzungen bieten Schatten und Schutz vor Regen, heute weist der Friedhof rund 2.100 Grabstellen auf und wird weiterhin als christlicher Friedhof genutzt.[11]
Als geschütztes Kulturdenkmal im Landkreis Gotha ist die „Krügervilla“ in der Bergstraße 9 ausgewiesen. Der 1995 gegründete „Verein Prof. Herman A. Krüger e. V.“ (Krügerverein) bewahrt das Erbe von Prof.Herman Anders Krüger. Krüger war Literaturwissenschaftler, Autor, Bibliothekar, Hochschullehrer und thüringischer Politiker (DDP) und ist in Neudietendorf gestorben. Der Verein führt sein soziales Engagement weiter, unterstützt Mitmenschen in sozialen Nöten und bietet sinnvolle, gemeinnützige Tätigkeit an.
1828 war der Beginn der Produktion des Magenbitter-Likörs „Aromatique“ durch den Apotheker Christian Theodor Lappe.
Neudietendorf liegt an derLandesstraße L 1044, 2,7 km von der gleichnamigen AutobahnabfahrtA 4/E 40 entfernt. Die Landstraße, vonArnstadt überIchtershausen kommend, führt weiter überKleinrettbach undGamstädt, wo dieB 7 zwischenErfurt undGotha gekreuzt wird, weiter überZimmernsupra nach Norden.
In Neudietendorf zweigt dieBahnstrecke Neudietendorf–Ritschenhausen von derThüringer Bahn ab. Zugverbindungen bestehen vomBahnhof Neudietendorf per Regionalbahn nach Eisenach, Leipzig, (Halle), Meiningen, Saalfeld und Ilmenau, an Wochenenden sowie an Feiertagen zum Bahnhof Rennsteig sowie perRegional-Express nach Würzburg, Göttingen, Gera, Greiz, Erfurt und Glauchau (Sachs). Die Gemeinde gehört zum Gebiet desVerkehrsverbunds Mittelthüringen.
In Neudietendorf haben dieEvangelische Akademie Thüringen sowie der Landesverband Thüringen desParitätischen Wohlfahrtsverbandes ihren Sitz.

Mit der Grund- und Regelschule „Prof. Herman Anders Krüger“ und dem „von-Bülow-Gymnasium“ bildet Neudietendorf das Zentrum der schulischen Bildung auch für die umliegenden Gemeinden. Die Regelschule wurde nach Sanierung mit 900.000 Euro im Januar 2010 wieder ihrer Bestimmung übergeben.
Das heutigevon-Bülow-Gymnasium hieß bis 1997Erdmuth-Dorotheen-Haus (EDH) und wurde 1861 als höhere Mädchenschule (Lyzeum) der Herrnhuter Brüdergemeine eröffnet. Nach 1945 war das Haus ein Lehrerbildungs-Institut, später eine Einrichtung derErweiterten Oberschule (EOS) mitInternat für beide Geschlechter. Seit 1990 dient es als Jungen- und Mädchen-Gymnasium und wurde 1997 nach den GeschwisternFrieda undMargarethe von Bülow benannt, die hier zur Schule gegangen sind.
In Neudietendorf undAuma wurden 1912 die beiden ersten ThüringerSelbstwählvermittlungsanlagen für den Fernsprechverkehr (zunächst nur Ortsnetz) in Betrieb genommen.[12]