Frequenzen fürWechselspannungen in einemStromnetz werden alsNetzfrequenz bezeichnet (umgangssprachlich auch alsLeitungsfrequenz). Sie ist innerhalb einesVerbundnetzes einheitlich und wird in der EinheitHertz angegeben. Die Netzfrequenz ist, bis auf kleinere regeltechnische Abweichungen vom Nennwert die durch die Schwankungen von Nachfrage und Angebot nach elektrischer Leistung beeinflusst werden, zeitlich konstant. Übliche Nennwerte der Netzfrequenz sind je nach Region verschieden und betragen 50 Hz (Europa, Teile von Asien) und 60 Hz (Nordamerika).
In Verbundnetzen müssen alle Stromerzeuger wieSynchrongeneratoren in Kraftwerken oderWechselrichter wieSolarwechselrichter synchron, also starr mit der Netzfrequenz, laufen.

Siehe auchElektrifizierung#Netzfrequenz.
Die Unterschiede sind durch die historische Entwicklungsgeschichte derersten Stromnetze in den 1880er und 1890er Jahren bedingt und haben heute keinen technischen Grund.[1][2][3]
Weltweit haben sich zwei Verbund-Netzfrequenzen etabliert:
EinigeEisenbahnen wie dieÖBB,SBB und dieDeutsche Bahn nutzen für ihreBahnstromversorgung eine nominale Frequenz von 16,7 Hz. Früher betrug die nominale Bahnnetzfrequenz 162⁄3 Hz, was genau einem Drittel der im Verbundnetz verwendeten 50 Hz entspricht.[4] Einige Eisenbahnen und auch industrielle Abnehmer in Nordamerika werden aus historischen Gründen mit einer Netzfrequenz von 25 Hz versorgt. Die vergleichsweise niedrigen Netzfrequenzen resultieren aus der technologischen Entwicklung der ersten elektrischen Maschinen: Anfang des 20. Jahrhunderts konnte manelektrische Maschinen größerer Leistung nur mit diesen niedrigen Frequenzen bauen. Wegen des großen Umstellungsaufwandes werden jedoch die damals eingeführten niedrigen Netzfrequenzen auch noch heute beibehalten.[1]
Das 1903 bei Innsbruck errichtete Sillkraftwerk arbeitete anfangs mit 42,5 Hz, speiste dieStubaitalbahn, um später auch ein anderes Kraftwerk einzubinden wurde auf 50 Hz umgestellt.
In speziellen Bereichen, z. B. imBordnetz von Flugzeugen, sind höhere Netzfrequenzen üblich, z. B. 400 Hz, da sich dafür kleinere und leichtereTransformatoren bauen lassen.[5][6]
Zur Erzielung höherer Drehzahlen beiWerkzeugmaschinen und Reduzierung von Größe und Gewicht bei handgeführten Elektrogeräten wie Geradschleifern, Bohrmaschinen,Winkelschleifern undKnabbern werden in Industrie und Gewerbe Frequenzen von 200 Hz oder 400 Hz eingesetzt, die gelegentlich alsSchnellfrequenz bezeichnet werden.[7]
Leuchtmittel, mit ausreichend geringer Trägheit, die im Netzstromkreis liegen oder mit Netzfrequenz angespeist werden, erzeugen blinkendes Licht von typisch doppelter Netzfrequenz, also 100 Hz. Das Auge kann daher das Blinken von Leuchtstoffröhre (mit konventionellem Vorschaltgerät) und anderen Gasentladungslampen wie Glimmlampe, Neonröhre nicht sehen, allerdings gibt es Effekte, wenn vorbeibewegte Objekte oder Muster ins Blickfeld kommen. Glühlampen haben eine so große Abklingzeit (der Temperatur des Glühfadens), dass die Lichtaussendung fast ganz gleichmäßig erfolgt. Bedeutsam ist Lichtflackern bei Fotografie und Bewegtbildaufnahmen insbesondere bei zeilenweiser Abtastung des Bilds.
Der Netzfrequenz kann eineTonhöhe zugeordnet werden, 50 Hz entsprechen fast einem Kontra-G (‚G). Der Ton, welcher beispielsweise aus einer örtlichenTransformatorenstation als Brummton wahrzunehmen ist, hat wegen derMagnetostriktion desEisenkerns die doppelte Netzfrequenz von 100 Hz und entspricht dem um eine Oktave höheren G.
Nur aufElektromagneten basierende Vorrichtungen wie Haltemagnet, einfacher Summer, Schütz, Relais und manche Haarschneideapparate erzeugen je nach Bauweise (Anker ist Permanentmagnet oder aber aus Eisen) Bewegungen bzw. Kraftwirkung mit einfacher bzw. doppelter Netzfrequenz.

Die Netzfrequenz und deren Abweichung vom Nennwert ist ein wichtiger direkterQualitätsindikator für die Netzbelastung. Elektrische Energie kann in Verbundnetzen nichtgespeichert, sondern nur zwischen Erzeuger und Verbraucher verteilt werden.
Neben der absoluten Höhe der Netzfrequenz ist auch deren zeitliche Änderungsgeschwindigkeit von Relevanz, englischrate of change of frequency (ROCOF). Dieser Wert kann bei Netzstörungen wie einem sog. System Split (Netzauftrennung) in die Höhe schnellen. Es ist wichtig, dass Erzeugungsanlagen – sowohl mit Synchrongenerator wie auch Umrichter – robust genug sind, damit sie solche Störungen durchfahren können, um im Nachgang die Schwankung ausregeln zu können. Die EN 50549 (Anforderungen für zum Parallelbetrieb mit einem Verteilnetz vorgesehene Erzeugungsanlagen) fordert daher eine Immunität gegenüber Störungen bis zu 2,0 Hz/s, gemittelt über 500 MHz.[8]
Damit das Verbundnetz störungsfrei betrieben werden kann, muss der erzeugtenWirkleistung zu jedem Zeitpunkt eine gleich große Wirkleistungsabnahme gegenüberstehen. Durch Abweichungen von diesem Idealzustand fluktuiert die Netzfrequenz imeuropäischen Verbundsystem in einem erlaubten Bereich von ±0,2 Hz um den Sollwert der Netzfrequenz. So kommt es bei einem Überangebot von elektrischer Wirkleistung zu einer Erhöhung der Netzfrequenz, bei einem Unterangebot zu einer Absenkung. Eine Frequenzabweichung von 0,2 Hz entspricht im europäischen Verbundsystem einer Leistungsdifferenz von ca. 3 GW, welche auch gleich dem sogenanntenReferenzausfall aus demContinental Europe Operation Handbook entspricht und ca. dem ungeplanten Ausfall von zwei größeren Kraftwerksblöcken entspricht.[9] Die Aufgabe der Leistungsregelung in Verbundnetzen ist es, die zeitlichen Schwankungen auszugleichen und so die Netzfrequenz im erlaubten Frequenzbereich zu halten. Je kleiner ein Stromversorgungsnetz ist, dies sind beispielsweiseInselnetze, und je schlechter die Netzregelung funktioniert, desto stärkere Schwankungen treten bei der Netzfrequenz auf.
Nicht kompensierbare Fehler führen zu einem massiven Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage von elektrischer Leistung, entsprechend sind starke Netzfrequenzschwankungen die Folge, wie es nebenstehende Abbildung für denStromausfall in Europa im November 2006 darstellt. Dargestellt ist der Verlauf der Netzfrequenz für einen Teil des westeuropäischen Verbundnetzes: Zum Zeitpunkt des Ausfalles kam es zu einem massiven Unterangebot an elektrischer Leistung und damit zu einerUnterfrequenz. Im gleichen Zeitrahmen kam es im osteuropäischen Teil des Verbundnetzes zu einem Überangebot und einer Steigerung der Netzfrequenz. Im Zeitbereich des Ausfalls wurde das Verbundnetz durch Schutzeinrichtungen automatisch in mehrere autonome Segmente aufgeteilt, welche asynchron zueinander arbeiteten. DurchLastabwurf konnten diese Netzsegmente stufenweise synchronisiert und dann wieder zusammengeschaltet werden.[10]
Die komplexen Verbund-Netzwerke werden durch Mitglieder im Verband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (European Network of Transmission System Operators for Electricity –ENTSO-E) überwacht, geführt und gesteuert. LänderspezifischeNetzführungs-Regelwerke (Grid Codes) sind zu beachten. In Deutschland gibt es vier für die Verbund-Netzwerke zuständigeÜbertragungsnetzbetreiber:Tennet TSO,50Hertz Transmission,Amprion undTransnetBW.
Zur Erhaltung der Netzfrequenz dient dieLast-Frequenz-Regelung (Load-Frequency Control),[11] wofür den Übertragungsnetzbetreibern verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung stehen:
Die Anzahl der kritischen Störungen, auf welche die Übertragungsnetzbetreiber reagieren müssen, hat in den vergangenen Jahren zugenommen.[12]
Die gemittelten Frequenzabweichungen imeuropäischen Verbundnetz sind im Normalfall durch die Quartärregelung gering. Abweichungen von derinternationalen Atomzeit im Bereich von einigen ±10 Sekunden werden durch eine geringe Versetzung des Sollwertes der Netzfrequenz geregelt. Trotzdem kam es Anfang 2018 Aufgrund einer Störung zu einer länger anhaltenden geringen Unterfrequenz.[13] Die über einen längeren Zeitraum bestehende geringe Abweichung führte beiSynchronuhren dazu, dass sie Anfang März 2018 bis zu sechs Minuten nachgingen.[14] Am 3. März 2018 wurde mit −359 Sekunden die höchste Abweichung erreicht.[15]
Verursacher für die Abweichung der Netzfrequenz von der internationalen Atomzeit war ein Streit in derRegelzone „Serbien, Montenegro und Mazedonien“ (SMM) zwischenKosovo undSerbien umRegelleistung.[16][17] Das Kosovo produzierte zu wenig elektrische Regelleistung und Serbien weigerte sich zunächst, die entstandene Lücke durch verstärkten Kraftwerkseinsatz aufzufüllen.[18] Am 8. März teilte derVerband Europäischer Übertragungsnetzbetreiber (ENTSO-E) mit, dass die Unregelmäßigkeiten zwischen den beiden Parteien beseitigt sind.[19] Einen knappen Monat später am 3. April 2018 waren die Abweichungen durch dieQuartärregelung behoben.[20]
Am 8. Januar 2021 gab es um 14:04:50 Uhr einen signifikanten Abfall bzw. Anstieg der Frequenz imeuropäischen Verbundnetz.[21] Im nordwestlichen Netzgebiet fiel die Frequenz zunächst auf 49,74 Hz und stabilisierte sich rund 15 Sekunden später bei 49,84 Hz. Gleichzeitig stieg die Frequenz im südöstlichen Netzgebiet auf 50,6 Hz, bevor sie sich ebenfalls bei Werten zwischen 50,2 und 50,3 Hz stabilisierte.[22] In der Folge wurde das Netz getrennt, sodass Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Kroatien und die Türkei vorübergehend im Inselbetrieb waren.[23] Die Ursache der Störung lag in der Abschaltung einesÜberspannungsschutzes in einem kroatischenUmspannwerk. Dies wurde durch eine Überproduktion von Strom im südöstlichen Netzgebiet, bedingt durch die dortigen Feiertage und denStrommarkt, hervorgerufen.[22][24]
Die Wahl der Netzfrequenz ist ein Kompromiss aus verschiedenen technischen Randbedingungen. Die Festlegung erfolgte in der Anfangszeit derElektrifizierung, also um die Jahrhundertwende zwischen dem 19. und dem 20. Jahrhundert. Die maßgeblichen Randbedingungen waren also diejenigen, die sich zu jenem Zeitpunkt ergaben. Hier sind einige davon:


Zur Messung der Netzfrequenz gibt es mehrere verschiedene Bauarten von Instrumenten. Historisch und primär für die manuelle Ablesung werden mechanischeZungenfrequenzmesser eingesetzt, deren Messgenauigkeit liegt im Bereich von einigen 100 mHz. In größeren Verbundnetzen wird an mehreren, räumlich getrennten Punkten automatisch mittels digitalerMesstechnik und elektronischenFrequenzmessern kontinuierlich gemessen und der Verlauf der Netzfrequenz über die Zeit aufgezeichnet. Dabei wird die Netzfrequenz mit einer Genauigkeit unter 1 mHz erfasst und die aktuellen Daten werden auch öffentlich im Web zur Verfügung gestellt.[25]
Durch zeitbedingte geringe Abweichungen von der idealen Netzfrequenz hat die Betrachtung ebendieser in den letzten Jahren in derForensik an Bedeutung gewonnen.[26] Schon auf einen kurzen Zeitraum betrachtet weisen die Unregelmäßigkeiten ein einzigartiges Muster auf. Je nach Qualität und Kodierung einer Audio- oder Videoaufnahme kann mithilfe vonFiltern ein Rückschluss auf die zum Aufnahmezeitpunkt aufgetretenen Frequenzabweichungen im Stromnetz gemacht werden.
Es entsteht eine Artdigitales Wasserzeichen, welches mit einer Datenbank, wie sie z. B. von Netzbetreibern oder Kriminalämtern[27] geführt wird, abgeglichen werden kann. Im besten Fall ist hiermit eine Aussage oder zumindest Eingrenzung über den Aufnahmeort und -zeitpunkt möglich.