Nazi (PluralNazis, historisch in Österreich auchNazi[1]) ist einKurzwort für einen Anhänger desNationalsozialismus.[2] Ähnliche Verkürzungen finden sich in den Begriffen wieNazismus oderEntnazifizierung. Heute wird es umgangssprachlich meistabwertend und teilweise auch zur Bezeichnung vonFanatikern anderer Art gebraucht.
Nazi war ursprünglich eineKoseform des VornamensIgnaz, der inBayern undÖsterreich häufig war. So wurde etwaLudwig ThomasBauernschwankDer Schusternazi 1905 imTheater am Gärtnerplatz in München uraufgeführt. Abwertend gebraucht wurde der Begriff für eine einfältige, törichte Person[3] und für Deutsch-Österreicher sowieDeutsch-Böhmen.
„Wenn man nämlich unter dem ‚Nazi‘ den Deutschoesterreicher und Deutschböhmen versteht, dann ist es eine schwere Ungerechtigkeit, ihn für das Versagen des habsburgischen Bundesgenossen verantwortlich zu machen.“
Noch im Jahr 1926 benutzte der Journalist und SchriftstellerKurt Tucholsky, unter demPseudonymIgnaz Wrobel schreibend, in einer Rezension desSchwejk den Begriff in diesem Sinne:
„Könnte der deutsch-nationale Student lesen und läse er dieses Buch, so wäre er schnell bei der Hand, etwa zu sagen: ‚Solch einen Feldkuraten hats sicherlich nicht einmal bei den Nazis gegeben.‘“
Allerdings wurde in den Jahren 1926 und 1927 der Begriff Nazi schon vermehrt von den Anhängern und für die Anhänger derNSDAP verwendet. So heißt es in einem Artikel desBerliner Tageblatts vom August 1926[4] mit Verweis auf das nationalsozialistische WochenblattBerliner Arbeiterzeitung aus demKampfverlagGregor Strassers:
„Die ‚Berliner Arbeiterzeitung‘ weist in ihrem Textteil auf dieses wichtige Inserat hin, das den Ortsgruppen ein Sonderangebot zur Einkleidung ihrer Mannen macht und, wie das Blättchen betont, alle Artikel umfasst, die für den kampffreudigen ‚Nazi‘ – dieser Kosename wird in der Preisliste mit Vorliebe verwandt – zu seiner Ausrüstung notwendig sind. Da wird neben Hitler-Hemden, ‚Nazi-Bierzipfeln‘, Waffenröcken und Patronentaschen insbesondere das folgende Rüstzeug empfohlen (…)“
Gelegentlich findet sich auch die Bezeichnung „Nazi-Sozi“, so in derBadischen Presse vom Januar 1927[5] über einen Winterurlaub in Bayern:
„Da lernt man das grimmige, frohe Lachen, den Ehrgeiz gegenüber der Jugend, und bei der nächsten Abfahrt schimpft man siegesstolz den vorhergegangenen Umstürzler genauso überzeugt wie der Nazi-Sozi den Sozi.“
Joseph Goebbels veröffentlichte 1927 in Elberfeld eine Schrift mit dem TitelDer Nazi-Sozi. Fragen und Antworten für den Nationalsozialisten.[6]
Im Jahr 1928 taucht der Begriff Nazi schon häufiger in den Blättern der NSDAP und der übrigen Presse auf. So berichtete das SPD-ParteiorganVorwärts (Deutschland) im April 1928 von einem „Nazi-Aufmarsch“ in Bayern.[7] Die konservativeDeutsche Allgemeine Zeitung schrieb wenig später:[8]
„Ueber Hitler selbst und seine ‚Nazis‘, wie man in Bayern sagt, sind wohl nicht mehr viele Worte zu verlieren. Diese Leute haben, wie sich gezeigt hat, nicht mal das Talent, einen Putsch zu machen.“
In den Folgejahren nahm der Gebrauch des Begriffs „Nazi“ in der deutschen Presse stark zu. Finden sich für das Jahr 1929 erst 93 Fundstellen im Deutschen Zeitungsportal der Deutschen Digitalen Bibliothek,[9] waren es 1930 schon 658 und 1931 bereits 1223.
Im Februar 1930 wandte Tucholsky den Begriff erstmals auf Nationalsozialisten an:
„Die tiefe Blutsverwandtschaft zwischen diesen Richtern und allem, was Militär heißt, ist evident; man hat das ja wieder aus den letzten Prozessen gegen die Nazis gesehen.“
ImIllustrierten Lexikon der deutschen Umgangssprache vonHeinz Küpper steht 1984, sinngemäß übereinstimmend mit demHistorical Dictionary of German Figurative Use vonKeith Spalding (Oxford 1984): „Die Verkürzung ‚Nazi‘ bezog sich 1903 auf die ‚Nationalsozialen‘ unterFriedrich Naumann.“ Die erste bekannte Verwendung des WortesNationalsozialist ist laut Angaben der Sprachberatung derUniversität Vechta noch älter; so wies Cornelia Berning nach – imDeutschen Adelsblatt 1887 unter der ÜberschriftFürstBismarck der erste Nationalsozialist.[10]


Ab etwa 1930 wurde der Ausdruck inAnalogie zuSozi (Sozialist oderSPD- bzw.SPÖ-Anhänger) schärfer distanzierend für die AnhängerAdolf Hitlers gebraucht. Nach demZweiten Weltkrieg entstand auch die WortschöpfungEntnazifizierung, womit in erster Linie die systematische Entfernung von Nationalsozialisten ausöffentlichen Ämtern gemeint war.
Der amerikanische JournalistRon Rosenbaum meinte 1998 in seinem BuchExplaining Hitler: The Search for the Origins of His Evil, dassNaso eine übliche Abkürzung fürNationalsozialist gewesen sei, bis der JournalistKonrad Heiden das WortNazi in seinen Artikeln popularisiert habe, wohl wissend um seine angeblich negativeKonnotation in Bayern.[11]
Inrealsozialistischen Systemen, beispielsweise derDDR, wurden offiziell sowohl die BegriffeNazi(s) undNazismus als auch die BezeichnungenNationalsozialist(en) undNationalsozialismus vermieden, vermutlich wegen des dort stets affirmativ verwendeten Wortbestandteils-sozialismus. Genutzt wurden stattdessen die BezeichnungenFaschist(en) undFaschismus.[12]
DieZusammensetzungNeonazi bezeichnet heute einen Anhänger nationalsozialistischen Gedankenguts, der dieZeit des Nationalsozialismus nicht selbst erlebt hat;Altnazis haben hingegen ihre Gesinnung nach 1945 nicht abgelegt.
In der Schweiz wurde zum Beispiel die inBasel undZürich bis 1976 erschienene linksliberale[13]National-Zeitung, ein Vorläuferblatt derBasler Zeitung, umgangssprachlich insbesondere auch in der Kinder-Beilage alsNazi-Zyttig bezeichnet,[14] wie auch dieSchweizerische Fussball-Nationalmannschaft alsNati bezeichnet wird, was nur mit einem geringfügig kürzeren Vokala als beiNazi ausgesprochen wird.[15] Beides hat mit der Bezeichnung als Nationalsozialist nichts zu tun.
Im angelsächsischen (und internationalen)Sprachgebrauch findet sich die KurzformNazi wesentlich häufiger als die Herkunftswörter und wird auch zur Bezeichnung der damaligenPolitik,Ideologie undKriegsführung gebraucht.
So teilte die Sprachauskunft derUniversität Vechta mit: „Einige wenige Nazi-Belege für die Zeit nach 1945, meist Hinweise darauf, dass das Wort als Fremdwort im Englischen, auch im Französischen oder im Türkischen zu finden ist, bietet das Archiv derGesellschaft für deutsche Sprache in Wiesbaden.[…]“ In derKölnischen Rundschau vom 18. September 1998 stand ein Artikel über deutsche Fremdwörter imamerikanischen Englisch, der unter anderem folgenden Abschnitt enthielt: „Eine befremdliche Karriere hat […] das Wort ‚Nazi‘ gemacht. In den nördlichen US-Bundesstaaten versteht man darunter wertfrei jede Art von Fanatiker. Ein ‚tobacco nazi‘ ist ein leidenschaftlicher Raucher, ein ‚jazz nazi‘ ein Jazz-Fetischist.“ Diese Darstellung nannte Colin McLarty von derCase Western Reserve University (Cleveland, Ohio) teilweise falsch und merkte an, dass eintobacco nazi nicht jemand sei, der gerne raucht, sondern im Gegensatz rigoros die Einhaltung vonRauchverboten erzwinge. Einjazz nazi sei nicht lediglich ein passionierter Jazzliebhaber, sondernintolerant gegenüber jeder anderen Art von Musik. Man solle daher das amerikanisch-englische WortNazi, welches alles andere als „wertfrei“ sei, am ehesten mit „Fanatiker“, „Extremist“ oder „Fundamentalist“ übersetzen.[16]
Jargonbegriffe wie etwa „Grammatiknazi“ (englischgrammar nazi) lösten nach Medienberichten 2015 in Russland aufgrund sprachlicher Missverständnisse staatliche Ermittlungen aus.[17][18]