Nancy Chodorow
Nancy Julia Chodorow (*20. Januar1944 inNew York City) ist eineUS-amerikanischeSoziologin,Psychoanalytikerin undFeministin. Sie hat die Beziehung zwischen Mutter und Kind untersucht und feministische Theorien auf die traditionelleFreudsche Psychoanalyse angewandt. Ein großer Teil ihrer Arbeit wurde für die Entwicklung der feministischen Psychoanalyse genutzt.[1]
Werdegang
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nancy Chodorow machte 1966 ihren Abschluss amRadcliffe College. Dort studierte sie bei denAnthropologenBeatrice Whiting und ihrem MannJohn W. M. Whiting. Chodorows Arbeit, die heute als vorfeministisch eingestuft wird, konzentrierte sich auf Persönlichkeits- undKulturanthropologie.[1] IhreLehrtätigkeit begann 1973, als sie amWellesley College Frauenstudien unterrichtete. Im folgenden Jahr wurde Chodorow alsAssistenzprofessorin für Soziologie an dieUniversity of California, Santa Cruz, berufen. Im Jahr 1975 promovierte sie an derBrandeis University im Fachbereich Soziologie.[2] Unter der Anleitung vonPhilip Slater wurde Chodorow dahingehend beeinflusst, ihre Studien auf die unbewussten Phänomene derPsychoanalyse zu konzentrieren. An der UC Santa Cruz blieb sie bis 1986, als ihr eine Stelle alsProfessorin für Soziologie an derUniversity of California, Berkeley, angeboten wurde. Nach ihrerPromotion absolvierte sie von 1985 bis 1993 eineklinische Ausbildung am Psychoanalytischen Institut inSan Francisco. Während ihrer Amtszeit als Professorin unterrichtete sie zahlreiche Themen, darunter psychoanalytische Theorie/klinische Methoden, Psychoanalyse,Gender/Sexualität, psychoanalytische Soziologie, Anthropologie und feministische Theorien/Methoden. Nancy Chodorow unterrichtete diese Themen bis zu ihrerPensionierung im Jahr 2005 und ist derzeit eineemeritierte Professorin an der University of California, Berkeley.[1]
Ihren Durchbruch hatte Chodorow bei ihren Arbeiten über die zentrale Rolle derMütter bei derKindererziehung und bei der Betonung derFamilie als wichtigstem Ort der Geschlechtersozialisation. Mit ihrer Neubewertung der Art und Weise, wie die psychologische Dynamik desGeschlechtersystems historischen Veränderungen und Entwicklungen unterworfen ist, hat sie bedeutende Beiträge zur feministischen Theorie geleistet.[3] Als Chodorows einflussreichstes Buch giltThe Reproduction of Mothering: Psychoanalysis and the Sociology of Gender (1978). Die wissenschaftliche ZeitschriftContemporary Sociology zählte das Werk in den 1990er Jahren zu den zehn wichtigsten Büchern der letzten fünfundzwanzig Jahre.[4] In diesem Buch stellt sie die traditionelle Ansicht in Frage, dass Frauen biologisch dazu vorbestimmt sind,Säuglinge zu versorgen. Sie argumentiert, dass die Mutterschaft das psychologische Bedürfnis der Frau nach gegenseitigerIntimität befriedigt.[5] Chodorow beschreibt auch den Unterschied in den Beziehungen von Müttern zu ihren Söhnen im Vergleich zu ihren Töchtern. Sie stellt fest, dass Mütter ihren Söhnen alsKleinkindern nahe stehen, ihre männlichen Kinder jedoch als andersartig betrachten und mit ihnen nicht das gleiche Gefühl desEinsseins teilen, dass sie mit ihren Töchtern erleben. Sie behauptet, dass reife Männer, die an eine psychologisch intime Beziehung nicht gewöhnt sind, die Bemutterung daher eher den Frauen überlassen.[3]
Chodorow ist der Ansicht, dass die Freudsche Psychoanalyse keine allgemeingültigen Aussagen über diepsychische Entwicklung machen kann. Sie muss die kulturellen und historischen Bedingungen der jeweiligen Zeit berücksichtigen. Sie charakterisiert Freuds Werk als eine Beschreibung der Entwicklung von Frauen in einerpatriarchalischen Gesellschaft. Anstatt dass seine Arbeit aus der klinischen Beobachtung heraus entstanden ist, veranschaulicht Chodorow, dass Freuds Arbeit unbegründete Aussagen darüber macht, wieFrauen undMänner sein sollten.[3]
Auszeichnungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Stipendien
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- 1966–68, 1972–73:National Institutes for Mental Health fellowship
- 1969–70:Brandeis University fellowship
- 1970–72:National Science Foundation fellowship
- 1980–81:Stanford Center for Advanced Study in the Behavioral Sciences fellowship
- 1991–92:American Council of Learned Societies fellowship
- 1995–96:National Endowment for the Humanities fellowship
- 1995–92:Guggenheim fellowship
- 2001–02:Radcliffe Institute for Advanced Study fellowship[6]
Forschungsstipendien
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- 1981–86:Russel Sage Foundation grant
- 1982–85, 1985–86:National Endowment for the Humanities grant[6]
Preise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- 1979:Jessie Bernard Award von derAmerican Sociological Association für ihr BuchThe Reproduction of Mothering
- 1991:Editions Ichiko prize (Tokyo)
- 2000:L. Bryce Boyer Prize von derSociety for Psychological Anthropology für ihr BuchThe Power of Feelings: Personal Meaning in Psychoanalysis, Gender and Culture
- 2000:Distinguished Contribution to Women and Psychoanalysis Award von derAmerican Psychological Association[6]
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- The Reproduction of Mothering: Psychoanalysis and the Sociology of Gender. University of California Press, 1978,ISBN 0-520-03892-4.
- Feminism and Psychoanalytic Theory. Yale University Press, 1989,ISBN 0-300-05116-6.
- Femininities, Masculinities, Sexualities: Freud and Beyond. University Press of Kentucky, 1994,ISBN 0-8131-0828-4.
- The Power of Feelings: Personal Meaning in Psychoanalysis, Gender, and Culture. Yale University Press, 1999,ISBN 0-300-08909-0.
- Individualizing Gender and Sexuality: Theory and Practice. Taylor & Francis Ltd, 2011,ISBN 0-415-89357-7.
- Nancy Chodorow and The Reproduction of Mothering Forty Years On. Hg.: Petra Bueskens. Palgrave Macmillan, 2021,ISBN 3-030-55589-5.
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑abcNancy Chodorow. Abgerufen am 16. April 2023.
- ↑Nancy J. Chodorow. Abgerufen am 24. April 2023 (englisch).
- ↑abcNancy Chodorow: Theory & Contributions | StudySmarter. Abgerufen am 16. April 2023 (britisches Englisch).
- ↑Contemporary Sociology, 1996, review of The Reproduction of Mothering. Abgerufen am 28. April 2023.
- ↑The Reproduction of Mothering; Feminism and Psycohoanalytic Theory; Femininities, Masculinities and Sexualities; The Power of Feelings (Book Reviews). Abgerufen am 24. April 2023.
- ↑abcChodorow, Nancy (Julia) 1944- | Encyclopedia.com. Abgerufen am 16. April 2023.
Personendaten | |
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NAME | Chodorow, Nancy |
ALTERNATIVNAMEN | Chodorow, Nancy Julia (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanische Soziologin, Psychoanalytikerin und Feministin |
GEBURTSDATUM | 20. Januar 1944 |
GEBURTSORT | New York City |