Themen ihrer Fotografien sindLGBT-Subkulturen, Liebe, Sexualität, Drogen und Gewalt.[1] Dabei gewährt diebisexuelle Fotografin sehr persönliche Einblicke in ihr Lebensumfeld.[2] Ihre Bilder sind von einer schonungslosen Direktheit geprägt, die auch vor intimen Momenten nicht zurückschreckt. Ihre bekannteste Arbeit ist die TonbildschauThe Ballad of Sexual Dependency (1980–1986). Goldin gewann im März 2007 denHasselblad Photography Award. Nach der Überwindung einer Abhängigkeit von dem SchmerzmittelOxycontin engagierte sich Goldin ab 2018 als Aktivistin gegen die PharmaunternehmerfamilieSackler und die Treiber derOpioidkrise in den USA.[3]
Nan Goldin wurde 1953 in Washington, D.C. geboren. Drei Jahre nach demSuizid ihrer acht Jahre älteren Schwester Barbara Holly im Jahr 1964[4] verließ Nan Goldin bereits im Alter von 14 Jahren Ende der 1960er Jahre ihr Elternhaus und zog mit Freunden zusammen. Nach Anfängen als Amateurfotografin und einer ersten Ausstellung ihrer Bilder begann Nan Goldin 1974 ein Studium an derSchool of the Museum of Fine Arts inBoston. Nach ihrem Abschluss ging sie 1978 nachNew York, wo sie auch heute überwiegend lebt und arbeitet. Ihr künstlerischer Durchbruch war ihre zwischen 1980 und 1986 entstandene DiashowThe Ballad of Sexual Dependency.[5]
Eingeladen von Alf Bold (1946–1993), dem damaligen Programmleiter desArsenal-Kinos, reiste sie 1982 erstmals nach Berlin.[6] In der Folge kam sie jährlich nach West-Berlin. Sie fotografierte 1984 das Plakat-Motiv für dieBerliner Filmfestspiele. Goldin freundete sich mitElke Kruse,Nikolaus Utermöhlen undWolfgang Müller an, den Mitgliedern der BandDie Tödliche Doris. Diese fotografierte sie sowohl in West-Berlin als auch bei deren Auftritten inThe Kitchen in New York 1984 und 1987 imMoMA und in Paris.
Goldin hielt ihr Leben und das Leben und Sterben ihrer Freunde mit der Kamera fest. Sie dokumentierte körperliche Misshandlungen,AIDS-Erkrankungen und die Folgen von Drogenmissbrauch. Kritiker warfen ihr vor, mit ihren intimen Einblicken in die DrogenszeneHeroin schick zu machen.[7] Goldin selbst nahm auch Drogen und war für einige Zeit von Heroinabhängig.[7] Seit 1988 lebte sie überwiegend drogenfrei. Nach der Operation an einer Hand 2014 wurde ihrOxycodon als Schmerzmittel verschrieben, wovon sie unmittelbar abhängig wurde.[8]
Ein Bild ihrer InstallationThanksgiving wurde in England wegen des Verdachts der Kinderpornografie beschlagnahmt.[9] Im Jahr 2009 wurde sie als Ehrengast eingeladen die Hauptausstellung eines der weltweit größten Fotofestivals, derRencontres d’Arles, zu kuratieren und lud für „Nan's Guests“ viele befreundete Kollegen ein, so u. a.David Armstrong,Leigh Ledare,Boris Mikhailov,Anders Petersen undAnnelies Strba.[10][11]
Etwa 2014 trat bei Goldin eineMedikamentenabhängigkeit von dem SchmerzmittelOxycontin auf, das ihr nach einer Operation verschrieben worden war.[12][13] Hohe Dosen davon, die sie sich illegal verschaffte, brachten sie in Lebensgefahr. Seit ihrem Entzug engagiert sie sich alsAktivistin gegen „Blutgeld“ aus Opioiden.[7] Ab 2018 initiierte sie in mehreren Museen, unter anderem am New YorkerGuggenheim, amMET und in derNational Gallery in London, Proteste gegen Spenden der Sackler-Familie, da deren Angehörige als Besitzer vonPurdue Pharma nicht nur alsMäzene bekannt sind, sondern auch wirtschaftlich in dieOpioid-Epidemie in den USA verwickelt sind. Ihnen wird vorgeworfen, die Gefahren des von ihnen vertriebenen Medikaments bewusst verharmlost zu haben.[14][15]
Goldin versteht sich alsAntizionistin und unterstützt die KampagneBoycott, Divestment and Sanctions (BDS). Bei der Eröffnung einer Ausstellung mit Werken von ihr in derNeuen Nationalgalerie in Berlin sagte sie im November 2024 angesichts der aktuellenisraelischen Kriegführung in Gaza, was sie dort sehe, erinnere sie an diePogrome im zaristischen Russland, denen ihre Großeltern, die außerdem denHolocaust überlebt haben, entronnen seien.[18]Israel begehe gerade einenVölkermord.[19] Mit diesen Äußerungen löste sie einenEklat aus.Klaus Biesenbach, der Direktor der Neuen Nationalgalerie, der anschließend eine Gegenposition formulieren wollte, wurde von propalästinensischen Aktivisten im Publikum mit lautstarken Sprechchören zunächst daran gehindert.[18] Als sich die Lage beruhigt hatte, las er die Rede noch einmal vor[20]. Goldin selbst richtete sich unter anderem auf Instagram entschieden gegen ein Symposium, das alle Stimmen miteinander ins Gespräch bringen wollte, obwohl man ihr zuvor angeboten hatte, die Eröffnungsrede zu halten.[21]
2011 wurde Nan Goldin derReminders Day Award im Rahmen der „Reminders Day Aidsgala“ verliehen. Mit ihrer fotografischen Arbeit hat sie AIDS ein individuelles, nicht-voyeuristisches und menschliches Gesicht gegeben und damit maßgeblich zur Enttabuisierung der Krankheit beigetragen. 2019 nahm sie denKunstpreis Ruth Baumgarte für ihr Lebenswerk entgegen.[23]Auf der „Power-100“-Liste der ZeitschriftArt Review wurde Nan Goldin 2019 weltweit als Nummer 2 geführt, jedoch „nicht als künstlerisch einflussreich, sondern weil der von ihr angeführte internationale Protest gegen die Mäzenaten-Familie Sackler so erfolgreich war.“[24] DieAkademie der Künste (Berlin) sprach ihr 2022 denKäthe-Kollwitz-Preis zu. Ebenfalls im Jahr 2022 hob das deutsche KunstmagazinMonopol in seinem Ranking der 100 weltweit einflussreichsten Künstlerinnen und Künstler des Jahres Nan Goldin (nebenRuangrupa) auf den ersten Platz.[25]
2009: Ehrengast der Rencontres d'Arles, Diaschau derBallad erstmals mit Livemusik derTiger Lillies,[29] Dia- und FilminstallationSisters, Saints and Sibyls;[30] Goldin kuratiert außerdem die zentrale Ausstellung im Atelier de Méchanique (Nan's Guests)[31][32]
2024/2025:High Noon: Nan Goldin, David Armstrong, Mark Morrisroe, Philip-Lorca diCorcia. Werke aus der Sammlung F.C. Gundlach.Deichtorhallen Hamburg[38]
Werner Funk, Thomas Osterkorn, Andreas Petzold:Nan Goldin.Stern – Bibliothek der Fotografie, Portfolio Nr. 11. Hamburg:Gruner + Jahr, 1998,ISBN 3-570-19166-4.
↑Beate Scheder:Fotografin über US-Opioidkrise: „Wir leben in gefährlichen Zeiten“. In:Die Tageszeitung: taz. 9. Juli 2019,ISSN0931-9085 (taz.de [abgerufen am 28. März 2023]).
↑Alf Bold (1946–1993). Universität der Künste Berlin, abgerufen am 29. September 2022. Intimacy. In: Schwules Museum. Abgerufen am 29. September 2022 (Ausstellungsbeschreibung).
↑abcKia Vahland: Profil: Nan Goldin. In: Sueddeutsche Zeitung. 26. März 2019, abgerufen am 29. August 2019.
↑Joanna Walters, Vanessa Thorpe:Nan Goldin threatens London gallery boycott over £1m gift from Sackler fund. In:The Observer. 17. Februar 2019,ISSN0029-7712 (theguardian.com [abgerufen am 23. März 2019]).
↑Sandra Kegel:Die Boykottkultur macht den Diskurs zunichte. Warum ein Berliner Symposium zu „Kunst und Aktivismus in Zeiten der Polarisierung“ im Vorfeld zum Scheitern gebracht werden soll. In:Frankfurter Allgemeine Zeitung.Nr.273, 22. November 2024,S.11.