Namibia (seltenNamibien;[4] amtlichRepublik Namibia; deutsche Aussprache [naˈmiːbi̯a];englischRepublic of Namibia) ist ein Staat imsüdlichen Afrika und grenzt (im Uhrzeigersinn) anAngola,Sambia,Botswana,Südafrika und denAtlantischen Ozean. Namibia ist aufgrund des großen Flächenanteils derNamib das nach derMongolei am zweitdünnsten besiedelte Land der Welt. Das Land hat etwa 3,022 Millionen Einwohner (Stand 2023), überwiegend Christen vieler verschiedener Ethnien. Die größte Bevölkerungsgruppe bilden mit knapp 50 % dieOvambo. DieHauptstadt und größte Stadt Namibias istWindhoek.
Die trockene Landschaft war ursprünglich von den Völkern derSan („Buschleute“) und derDamara besiedelt. Etwa seit dem 14. Jahrhundert wandertenBantu in das Land ein. Das Gebiet des heutigen Namibia wurde im Jahre 1884 ein „Schutzgebiet“ desDeutschen Reiches und blieb bis zum Ende desErsten Weltkrieges eine deutsche Kolonie mit dem NamenDeutsch-Südwestafrika. In den Jahren 1904 bis 1908 schlug die deutsche Kolonialmacht denAufstand der Herero und Nama gewaltsam nieder und verübte dabei einen Völkermord. 1920 stellte derVölkerbund das weiterhin alsSüdwestafrika bezeichnete Gebiet unterMandatsverwaltung von Südafrika – faktisch als südafrikanische Fremdverwaltung –, die eine eigeneRechtsordnung nach sich zog und während derApartheid zu einer tiefgehenden Integration in die Hoheitsgewalt des Staates Südafrika führte. Erst am 21. März 1990 erlangte Namibia (mit Ausnahme vonWalvis Bay und denPenguin Islands, die 1994 nachfolgten) dank desNamibischen Befreiungskampfes die Unabhängigkeit vonSüdafrika. Der 21. März ist seitdemNationalfeiertag des Landes.
Namibia hat eine stabile parlamentarische Demokratie.[5]
Namibia liegt zwischen 18° und 30° südlicher Breite sowie 12° und 25° östlicher Länge in den Tropen und Subtropen.
Provinzen NamibiaGroße Flüsse undRiviere in Namibia
Namibia wird im Osten nachBotswana hin von derKalahari, im Süden nachSüdafrika hin vomOranje – auchOrange River genannt –, im Westen vom Südatlantik und im Norden nachAngola hin vomKunene und demOkavango begrenzt. Im Nordosten erstreckt sich zudem ein etwa 450 km langer und bis zu 50 km breiter Landfinger zwischen den nördlich angrenzenden Ländern Angola undSambia und dem südlich angrenzenden Botswana – derCaprivizipfel, welcher im östlichen Bereich vomSambesi und vom Unterlauf desKwando begrenzt wird. Am Ende des Zipfels wird eine Grenze zuSimbabwe um etwa 150 Meter nur sehr knapp verfehlt. Bei der Gegend handelt es sich um das weltweit einzige (wenn auch unechte)Vierländereck zwischen vier Staaten.
Neben den genannten Grenzflüssen gibt es nochzahlreiche weitere Flüsse, von denen aber kein einziger mit Sicherheit ganzjährig Wasser führt. Außerhalb der Regenzeit finden sich nur ausgetrocknete Flussbetten (Riviere).
Das gesamte Staatsgebiet Namibias umfasst etwa 824.292 km². Namibia ist landschaftlich im Wesentlichen durch zwei Wüsten geprägt. Im Westen durch die von der südafrikanischen ProvinzNordkap bis weit nach Angola hineinreichenden Namib und im Osten durch dieKalahari. Zwischen beiden Wüsten liegt das durchschnittlich 1700 Meter hohe, um die HauptstadtWindhoek herum auch die 2000-Meter-Marke überschreitende Binnenhochland. Einer der markantesten Berge ist derEtjo, höchster Berg jedoch ist der rund 2600 Meter hoheKönigstein imBrandbergmassiv, nahe der Küste, etwa 200 Kilometer nördlich der KüstenstadtSwakopmund. Im Osten geht das Binnenhochland allmählich in das rund 1200 Meter hoch gelegene, von Trockenvegetation bedeckte Kalahari-Hochland über.
Das Gebiet des heutigen Namibia gilt als einer der ältesten Teile derErdkruste. Schon lange vor der Entstehung des SuperkontinentesGondwana bildeten sich vor mehr als zwei Milliarden Jahren im Gebiet des heutigen Afrikas zweiSchelfe: derKongo-Kraton und der Kalahari-Kraton. Letzterer umfasst große Teile des heutigen Namibia. Durch verschiedenetektonische Vorgänge entstand dann vor etwa 550 Millionen Jahren ein riesiges, zusammenhängendes Festlandgebiet, das die heutigen (Teil-)KontinenteAfrika,Südamerika, Australien, Indien und dieAntarktis umfasste: Gondwana.
Vor etwa 150 Millionen Jahren begann dieser Superkontinent allmählich in die heute bekannten Kontinente zu zerbrechen und auseinanderzudriften. Die besonderen, über Jahrmillionen andauernden klimatischen Verhältnisse in Südwestafrika führten dazu, dass viele geologische Strukturen, Vorgänge und Erscheinungen besonders gut erhalten und deshalb auch heute noch zu beobachten sind. Dazu gehört letztlich auch die Namib, die damit als ältesteWüste der Welt gelten darf.
Das durchschnittliche Klima Namibias ist heiß und trocken. Das weitestgehendaride Klima istsubtropischkontinental. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Landesteilen:
In derNamib westlich der Abbruchstufe sind Niederschläge äußerst selten. Es weht das ganze Jahr über ein warmer, kräftiger Wind. Sogar im Winter erreichen die Temperaturen oft 25 °C und mehr. In den heißesten Sommermonaten Dezember und Januar liegen die Temperaturen meist deutlich über 30 °C, während sie in den kältesten Monaten, Juli und August, nachts bis zum Gefrierpunkt sinken können, tagsüber dann aber wieder auf rund 25 °C steigen. Morgens und abends ist besonders im Winter mit Temperatursprüngen von mehr als 20 °C innerhalb weniger Stunden zu rechnen. ImBinnenhochland kann es wegen der großen Höhe nachts sogar Frost und in ganz seltenen Jahren auch Schneefälle geben. Tagsüber ist es dort nicht ganz so heiß wie in der Wüste. In derKalahari verhält es sich ähnlich wie in der Namib. Die Niederschläge sind etwas häufiger, aber immer noch wüstentypisch selten.
Das Gebiet zwischen Namib und Atlantik gehört weltweit zu den Regionen mit dem besten Klima fürastronomische Beobachtungen. Die dort errichtetenAstrocamps werden deshalb von vielen Sternfreunden insbesondere für Zwecke derHimmelsfotografie aufgesucht.
Das Klima derAtlantikküste wiederum wird durch den kaltenBenguelastrom bestimmt. Dieser kühlt den vorherrschenden Südwestwind stark ab, was infolge vonKondensation die Bildung von (Regen-)Wolken verhindert und regelmäßig einen dichten anhaltenden Nebel in Bodennähe erzeugt. Im Sommer ist es hier angenehm kühl und in den Wintermonaten mitunter auch tagsüber empfindlich kalt. Die Wassertemperatur erreicht selten mehr als 15 °C.
DerCaprivi-Streifen hingegen ist geprägt von meist sicheren Niederschlägen in der Regenzeit. Diese haben ein ausgedehntes Flusssystem und einen subtropischen Savannenwald entstehen lassen. Die Luftfeuchtigkeit ist hier, im Gegensatz zu den anderen Landesteilen, relativ hoch.
Im zentralen Hochland, das den größten Teil Namibias einnimmt, herrschtSommerregen vor, das heißt mit zwar unregelmäßigen, aber gelegentlich sehr heftigen Regenfällen zwischen November und April ist zu rechnen; der äußerste Süden dagegen liegt im Winterregengebiet, so dass – wenn überhaupt – Regenfälle vor allem in den Monaten Juni und Juli auftreten. Bei aller Unregelmäßigkeit der Regenfälle hinsichtlich Häufigkeit und Ergiebigkeit nehmen diese ausgehend vom Süden mit unter 50 mm pro Jahr in Richtung Nordosten mit bis zu 600 mm pro Jahr deutlich zu, was allerdings regionale Trockenperioden von mehreren Jahren nicht ausschließt.
Aufgrund der besonderen klimatischen Verhältnisse ist eine landwirtschaftliche Nutzung des Landes nur in beschränktem Maße möglich: im Hochland vor allem Viehzucht (im Norden eher Rinder, im Süden eher Schafe und Ziegen), im relativ regenreichen Norden auch Ackerbau. Eine Besonderheit der Namib sind dieDünen im Gebiet vonSossusvlei. Die Sterndünen gehören mit weit über 400 Metern Höhe zu den höchsten der Welt. Der Reiz dieser Dünenlandschaft liegt aber nicht allein in ihrer Höhe, sondern vor allem in ihrem vom Feuchtigkeitsgehalt und vom Sonnenstand abhängigen Farbenspiel.
In Namibia wird sich auf Grund des anthropogenenKlimawandels die Durchschnittstemperatur erhöhen und es wird längere und heißere Dürrezeiten geben. Die Tiere und Pflanzen werden die Auswirkungen der Erderwärmung am meisten spüren. „Das Klima in Namibia wird sich zu einem durchgehenden Sommer verändern“, so Duncan Mitchell. Die Niederschlagsmenge wird in Namibia zudem um etwa 40 Prozent fallen. „BeiGobabeb wird es ab dem Jahr 2050 weniger als zehn Millimeter regnen“, so Duncan Mitchell. In der Namib, wo es im Schnitt 100 Millimeter regnet, wird es dann nur noch 60 mm Regen pro Jahr geben.[6]
In Namibia gibt es zahlreiche Naturschutzgebiete, darunterNationalparks, Wildschutzgebiete oder Naturreservate. 2013 standen 138.163,7 km² unter staatlichem Schutz. Teils zählen die Parks zum UNESCO-Welterbe, wie zum Beispiel dasNamib-Sandmeer. Unter anderem gehören zu den Nationalparks dieSkelettküste, derNamib-Naukluft-Nationalpark sowie derEtosha-Nationalpark.[7]
Namibia ist extrem dünn besiedelt. Nach derMongolei gilt Namibia als der am dünnsten besiedelte unabhängige Staat der Erde. Die Bevölkerung ist konzentriert auf wenige Städte und den fruchtbaren Norden des Landes. Rund 44 Prozent der Bevölkerung leben in den RegionenOmusati,Oshana,Ohangwena undOshikoto. Ein Drittel lebt in Zentralnamibia, wo allein in Windhoek mehr als 300.000 Menschen ihren Wohnsitz haben. Im Süden des Landes leben lediglich sieben Prozent der Einwohner; der Westen und die Namib mit Ausnahme der Hafenstädte sind nahezu menschenleer. Etwa 57 Prozent der Bevölkerung leben in ländlichen Gebieten.
Insgesamt hat Namibia (Stand 2023) etwa 3,02 Millionen Einwohner. In den Jahren zwischen 1970 und 1990 hat sich die Einwohnerzahl mehr als verdoppelt, in den folgenden zehn Jahren hat sie um etwa 30 Prozent zugenommen. In der Dekade 2001 bis 2011 nahm sie um nur noch 15 Prozent zu. Zum Zwischenzensus 2016 lag sie bei 2.324.388. Das Bevölkerungswachstum lag zwischen 2011 und 2023 bei drei Prozent.[15]
Die Anzahl der Geburten pro Frau lag 2022 statistisch bei 3,2, die der Region Ost- und Süd-Afrika betrug 4,3.[16] Mitte der 1970er Jahre betrug der Wert noch über 6,5 Kinder pro Frau.[17] Das derzeitige jährliche Bevölkerungswachstum liegt bei etwa 1,9 Prozent.[18]
Die Zahl der Bürgerkriegsflüchtlinge aus Angola erreichte 2001 mit etwa 32.000 einen Höhepunkt;[19] viele wurden nach Ende des Bürgerkriegs repatriiert. Doch ist die Grenze insbesondere beiOshikango relativ durchlässig, sodass sie pro Jahr in beiden Richtungen von einigen 10.000 Menschen überquert wird, von denen ein Teil länger oder dauerhaft in Namibia bleibt. Die Wanderung in der entgegengesetzten Richtung ist geringer.
Obwohl die nationale Amtssprache Englisch ist, ist Namibia ein mehrsprachiges Land, wie diese Beispiele auf Deutsch, Afrikaans undOshivambo zeigen
Die heutigen Namibier sind unterschiedlicher Herkunft aus mehreren Wanderungsbewegungen zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert im südlichen Afrika. Die Vielfältigkeit der Bevölkerung spiegelt sich in den gesprochenen Sprachen wider. Mit denBantusprachen, denKhoisan-Sprachen und denindogermanischen SprachenAfrikaans,Englisch,Deutsch und Portugiesisch sind drei große Sprachgruppen mit insgesamt mehr als 30 Einzelsprachen bzw. Dialekten in Namibia vertreten.
Die verbreitetsten in Namibia gesprochenen Bantusprachen sindOshivambo,Otjiherero,RuKwangali undSiLozi. Zudem werdenSetswana und weitere Bantusprachen in derKavango-Region und derSambesi-Region gesprochen. In Namibia gesprochene Khoisan-Sprachen sindKhoekhoegowab und die Sprachen derSan (Juǀ’hoan,Naro,ǃXóõ,Khwe und!Kung).[20][21] Die von den Europäern eingeführten indogermanischen Sprachen werden von einem kleinen Bevölkerungsteil als Erstsprache gesprochen, wobei besonders unter Farmarbeitern das Afrikaans alsVerkehrssprache sehr verbreitet ist.
48,9 % der afrikanischen Bevölkerung (Zensus 2011)[22] gaben an, Oshivambo als Erstsprache zu sprechen, 11,3 % Khoekhoegowab, 10,4 % Afrikaans, 8,6 % Otjiherero und 8,5 %Kavango-Sprachen. Ein großer Teil der Bevölkerung spricht Afrikaans als Zweitsprache. Von der europäischen Bevölkerung sprechen 60 % Afrikaans, 32 % Deutsch und 7 % Englisch.
Von 1884 bis 1915 war DeutschAmtssprache inDeutsch-Südwestafrika, von 1916 bis 1920 geduldete Umgangssprache. Von 1920 an waren inSüdwestafrika Englisch und Afrikaans alleinige Amtssprachen. Von 1984 bis 1990 hatte Deutsch, in den deutschen Siedlungsgebieten, den Status einer „semi-offiziellen Amtssprache“ neben Afrikaans und Englisch. Um endgültig mit derApartheid und Fremdherrschaft abzuschließen und um keine Bevölkerungsgruppe zu bevorteilen, wurde die als „neutral“ betrachtete Sprache Englisch zur alleinigen Amtssprache erhoben. Neben der Amtssprache Englisch genießen jedoch weitere Sprachen als sogenannteNationalsprachen eine bevorzugte Stellung.
Deutsch ist die Muttersprache von etwa 1 % (etwa 20.000–30.000)[23][24] der Bevölkerung und Zweit- bzw. Drittsprache von rund 100.000 Menschen. Im täglichen Leben ist Deutsch eine wichtige Verkehrssprache vor allem in der Wirtschaft und im Tourismus.
Obwohl Englisch nur von 3,4 % der Bevölkerung als Muttersprache gesprochen wird,[22] hat sich der Anteil derer, die fließend Englisch sprechen, seit der Unabhängigkeit erheblich erhöht. Das ist vor allem auf den konsequenten Gebrauch des Englischen in Schulen, Ämtern und Medien zurückzuführen. Jedoch unterscheidet sich das in Namibia gesprochene Englisch aufgrund des geringen Anteils an Muttersprachlern durch diverse Eigenarten von den Standardvarietäten des Englischen. So ist besonders unter der ländlichen Bevölkerung Namibias einePidgin-ähnlicheMischsprache entstanden, die mitunter alsNamlish bezeichnet wird.
Unter den ungefähr 125.000 Weißen Namibiern sind vor allem Deutsch, Afrikaans und Englisch (bedingt auch Portugiesisch) verbreitet. Die meisten Weißen leben, abgesehen von den Farmern, in den Städten Mittel- und Südnamibias wie z. B.Windhoek,Swakopmund,Lüderitz oderOtjiwarongo.[25]
Dieportugiesische Sprache, die fünfthäufigste Sprache der Welt, wird vor allem durch den ehemaligenBürgerkrieg in Angola von rund 110.000 Menschen in Namibia gesprochen. Außerdem leben rund 5.000 weiße Portugiesen (nach der Unabhängigkeit Angolas 1975 nachSüdwestafrika gekommen) im Land. Das Land ist Beobachter der Gemeinschaft portugiesischsprachiger Länder.[26]
Die restlichen 13 % der Einwohner, insbesondere San, Himba und Caprivianer, sind Anhängertraditioneller Religionen. DerIslam spielt in Namibia eine untergeordnete Rolle, die Anzahl der Muslime in Namibia wird auf wenige Tausend geschätzt. Der größte muslimische Sakralbau des Landes ist dieQuba-Moschee in der Hauptstadt. Nur etwa sieben Familien (Stand November 2015) im ganzen Land folgen demJudentum; dieSynagoge Windhoek ist die einzige aktive im ganzen Land.[28]
Der vorschulische Bildungsbereich Namibias ist zum Großteil unter privater Trägerschaft. In den Städten gibt es Kindergärten und Vorschulen, auf dem Land wird die Vorschulbildung oft informell organisiert. Auf Farmen werden wegen der großen Entfernungen zu den nächstgelegenen Ortschaften teilweiseFarmschulen eingerichtet. Die Primär- und Sekundärbildung in Namibia ist kostenlos.
Der sekundäre Bildungsbereich (Schulen, Berufsschulen und Gymnasien) wird vomBildungsministerium geleitet. Ein umfassendes System von Berufsschulen gibt es in Namibia noch nicht. Für einzelne handwerkliche Berufe (Maurer, Klempner, Automechaniker, Schneider) gibt es Berufsschulzentren (Vocational Training Centers, VTC), vereinzelt bietet auch die Namibia University of Science and Technology berufsschulähnliche Ausbildungsrichtungen an (zum Beispiel Hotelier, Landvermesser, Buchhalter). Die meisten Berufe werden jedoch informell durch Anlernen gelehrt, ohne Lehrplan, Noten und offiziellen Abschluss.
Für Jugendliche mit Behinderung gibt es in Windhoek zwei staatlich geförderte Bildungseinrichtungen, die Dagbreek School für geistig Behinderte und den Ehafo Trust, eine berufsbildende Einrichtung für Menschen mit Behinderungen aller Art.
In Namibia stieg die mittlere Schulbesuchsdauer Überfünfundzwanzigjähriger von 5,6 Jahren im Jahr 1990 auf 7 Jahre im Jahr 2018 an. Sie ist damit eine der längsten in Afrika.[29] Die Bildungspflicht in Namibia beträgt 7 Jahre. Die erwartete Schulbesuchsdauer der jungen Generation beträgt 12,6 Jahre.[29]
Die Alphabetisierungsrate betrug 2018 91,5 % der erwachsenen Bevölkerung.[29] Namibia war eines der wenigen Länder in Afrika, in denen die Rate bei Frauen höher als bei Männern war.[30] Die Ausgaben für das Bildungswesen lagen 2018 bei 3,1 % des BIP.[29]
Die Gesundheitsausgaben des Landes betrugen im Jahr 2021 9,4 % des Bruttoinlandsprodukts.[31] Im Jahr 2017 praktizierten in Namibia 6 Ärztinnen und Ärzte je 10.000 Einwohner.[32] Die Sterblichkeit bei unter 5-jährigen betrug 2022 37,9 pro 1000 Lebendgeburten.[33]
Etwa 11,8 Prozent der Bevölkerung zwischen 15 und 64 Jahren waren 2019 mitHIV/AIDS infiziert.[34] Anfang der 2000er Jahre lag die HIV-Rate bei etwa ein Fünftel. 2015 wurden 4,1 % der Neugeborenen durch ihre Mutter mit dem Virus angesteckt; 13 Jahre zuvor waren es noch ein Drittel.[35] Am schwersten ist die Region Sambesi mit 22,3 %, am wenigsten Kunene mit 7,6 % betroffen.[36] Seit Nachweis des ersten HIV-Falls in Namibia 1986 wurden mehr als 240.000 Fälle nachgewiesen. Zwischen 1990 und 2021 starben daran mehr als 119.000 Menschen im Land.[37] Ende 2024 wurde die Zahl der Infizierten in Namibia mit knapp 230.000 angegeben, was etwa 7,5 Prozent der Bevölkerung entspricht.[38]
Dadurch war die durchschnittlicheLebenserwartung bei Geburt deutlich gefallen. Sie lag 1990 bei etwa 62 Jahren und im Jahr 2005 nur noch bei 52 Jahren.[39] Im Zeitraum von 2010 bis 2015 betrug sie dank der Fortschritte im Kampf gegen die AIDS-Epidemie wieder 61,8 Jahre.[40] Bis 2019 ist sie weiter auf 63,7 Jahre gestiegen.[41]
Der Name des Staates leitet sich von der WüsteNamib ab, die den gesamten Küstenraum des Landes einnimmt. Er wurde bei der Unabhängigkeit als neutrale Bezeichnung gewählt, um keines der vielen namibischen Völker zu benachteiligen. Als Schöpfer des NamensNamibia giltMburumba Kerina.[42]
Die trockenen Landstriche Südwestafrikas sind schon seit vielen Tausend Jahren Lebensraum und Heimat für die Völker derSan undDamara. Portugiesische Seefahrer entdeckten das Land erstmals im 15. Jahrhundert für Europa. Eine nennenswerte Besiedelung blieb jedoch wegen der unwirtlichen Verhältnisse in den Küstenregionen lange Zeit aus. Im Zuge zahlreicher afrikanischer Völkerwanderungen drangen, im 17. Jahrhundert beginnend,Herero-,Nama-,Orlam- undOvambo-Stämme ins Land ein. Erst im 19. Jahrhundert setzte eine starke Zuwanderung europäischer Siedler ein. Diese stammten vorwiegend aus Portugal, England und dem deutschen Sprachraum.
Bis 1884/85 kam das Land mit Ausnahme derWalvis Bay, welche unter britischem Einfluss blieb, unter die Herrschaft desDeutschen Reiches und wurde zurKolonie Deutsch-Südwestafrika. Im Mai 1885 trafen die ersten deutschen Beamten ein, unter ihnen ReichskommissarHeinrich Ernst Göring. Er schloss mit Hilfe von ansässigen Missionaren mit den Herero ein Schutzbündnis. Den Herero wurde Schutz vor den Nama unterHendrik Witbooi versprochen; im Gegenzug mussten sie sich verpflichten, den Deutschen Handelsfreiheit zu gewähren und ohne deutsche Zustimmung kein Land zu verkaufen. Als sich zeigte, dass die deutsche Verwaltung zu einem solchen Schutz nicht in der Lage war, kündigten die Herero das Abkommen und vertrieben die Beamten unter Göring. In Folge wurden etwa 20 Soldaten unterCurt von François entsandt, was kaum mehr als eine symbolische Präsenz darstellte. Curt von François ging mit diesen Soldaten mit rücksichtsloser Strenge gegen die Herero vor und brachte diese so innerhalb kürzester Zeit gegen sich auf. In der Folge mussten die „Schutztruppen“ laufend verstärkt werden.
1894 setzte der deutsche Reichstag Curt von François ab und ernannteTheodor Leutwein zum Gouverneur von Deutsch-Südwestafrika. Leutwein hatte nur ein sehr beschränktes militärisches Budget und versuchte deshalb, die deutsche Herrschaft möglichst kostengünstig und mit wenig Einsatz eigener militärischer Mittel zu festigen, indem er verschiedene einheimische Führer zur Zusammenarbeit bewog. 1897 dezimierte eine Rinderpest die großen Viehbestände der Herero. Die weißen Siedler waren viel weniger betroffen, weil sie ihr Vieh impfen konnten. Die Herero verloren mit den Viehherden die Grundlagen ihrer autonomen und autarken Lebensweise und mussten zunehmend bei den Weißen in Lohnarbeit treten.
Ziel vieler weißer Siedler war, den Hererohäuptlingen Land abzukaufen. Sie verkauften deshalb den Herero oft über mehrere Jahre auf Kredit europäische Konsumgüter. Viel später präsentierten sie dann die Rechnungen und trieben die Schulden ein, die mit Vieh und Land bezahlt werden mussten. Es kam auch vor, dass Händler Waren, an denen die Herero kein Interesse hatten, einfach in den Dörfern von den Wagen warfen und später auf Bezahlung pochten.[44] Diese Vorgehensweisen führten zu Konflikten zwischen den Vertretern der deutschenKolonialherrschaft und den Völkern der Kolonie. So kam es zwischen 1904 und 1908 zumAufstand der Herero und Nama und zur Vernichtung zehntausender Herero und Nama.
ImErsten Weltkrieg wurde das Land von den britischen Truppen Südafrikas eingenommen und mit dem Ende des Krieges vomVölkerbund 1920 alsMandatsgebiet der Südafrikanischen Union zur Verwaltung übergeben. Diese hielt das Land bis zu seiner Unabhängigkeit am 21. März 1990 trotz intensiver internationaler Bemühungen und eines zwei Jahrzehnte andauernden bewaffneten Kampfes gegen die 1960 gegründeteSüdwestafrikanische Volksorganisation (SWAPO) besetzt.
Das Gebiet des heutigen Namibia wurde zuerst vermutlich vor 2000 (bis 2500) Jahren von den aus Zentral- oder sogar Nordafrika zugewandertenSan besiedelt. Es sind zwar in NamibiaFelsgravuren gefunden worden, die auf eine deutlich ältere Besiedlung als 2000 Jahre hinweisen, die Felsmalereien inTwyfelfontein sind vermutlich über 10.000 Jahre alt, jedoch können sie nicht mit der erforderlichen Sicherheit den San zugeordnet werden. Deren eindeutig zuzuordnendenFelsmalereien sind zum Teil deutlich über 1000 Jahre alt und wurden erst im 19./20. Jahrhundert gänzlich eingestellt.
Im Zuge der afrikanischen Nord-Süd-Völkerwanderung drangen zwischen dem 17. und 18. Jahrhundert aus demBetschuanaland (heutigesBotswana) zunächst die zu denBantustämmen gehörenden viehzüchtendenHerero, im 19. Jahrhundert dann aus der Kapprovinz dieNama und sodann aus gleicher Richtung dieAfrikaner nach Namibia ein. Sie alle führten einen Vernichtungsfeldzug gegen die San und drängten diese in Richtung Osten in dieKalahari ab, wo sie auf eineWildbeuterwirtschaft reduziert wurden. Dort leben die San auch heute noch – von den Regierungen Südafrikas, Botswanas und Namibias mehr geduldet als willkommen, da sie sich bislang hartnäckig allen „Zivilisierungsbemühungen“ widersetzen.
Die Besiedelung durch deutsche Einwanderer begann gute hundert bis hundertfünfzig Jahre nach den ersten Einwanderern der heute dort lebenden schwarzen Stämme und zweihundert Jahre nach der Besiedlung durch Niederländer, den sogenanntenBuren oderAfrikaanern, am Kap und Umgebung und der GründungKapstadts 1652, beziehungsweise fast 400 Jahre nach der Entdeckung durch die Portugiesen (Bartolomeu Diaz, 1488) und der späteren Gründung einer Kolonie. Letztere hielt sich aber wegen zunehmender Schwierigkeiten mit denKhoi Khoi nicht und wurde nach einer Strafexpedition des portugiesischen Vizekönigs, die samt seiner Person nie zurückkehrte, aufgegeben und später von den Niederländern abgelöst.
„Deutsch-Südwest“-Devotionalien in einem Schaufenster inSwakopmund
Nachdem es dem deutschen KaufmannFranz Adolf Eduard Lüderitz gelungen war, durch Verträge mit einheimischen Stammesführern weite Landstriche zu erwerben („Lüderitzbucht“), wurde das Land vom Oranje bis zum Kunene 1884 zum „Schutzgebiet“Deutsch-Südwestafrika und sodann zurdeutschen Kolonie erklärt. Die Nachricht von sagenhaften Diamantenfunden löste geradezu eine „Goldgräberstimmung“ im kaiserlichen Deutschen Reich aus. In der Lüderitzbucht konnte man die Klippekies, wie die Diamanten bezeichnet wurden, im Sand des Strandes und im Hinterland in den Dünen der Wüste auflesen. Im Zuge dessen wurde zehn Kilometer von Lüderitz entfernt im Landesinnern die DiamantenschürferstadtKolmannskuppe gegründet. Der davon ausgelöste Zuzug von Händlern und Farmern sowie deren Landnahme stießen auf zunehmenden Widerstand der einheimischen Herero und Nama. Das rüde Vorgehen der Siedler stieß besonders bei den Herero auf Widerstand.
Die sich Ende des 19. Jahrhunderts dramatisch verschlechternde wirtschaftliche Situation der Herero zwang sie zu weiteren Landverkäufen und schließlich zur Lohnarbeit bei deutschen Siedlern. Anhaltende Konflikte zwischen den Siedlern und der einheimischen Bevölkerung konnten durch denKaptein der HereroSamuel Maharero und den Gouverneur Deutsch-SüdafrikasTheodor Leutwein nicht gelöst werden. Es kam in der Folge zu einem deutschen Kolonialkrieg gegen die Herero und Nama, der von 1904 bis 1908 dauerte und sich zu einem Vernichtungskrieg auswuchs, der schätzungsweise 60.000 bis 70.000 Männer, Frauen und Kinder das Leben kostete.[45]
Im Januar 1904 erfolgte ein durch Samuel Maharero geleiteter Aufstand der Herero und Nama. Mit insgesamt etwa 15.000 Mann unterGeneralleutnantLothar von Trotha wurde der Aufstand der Herero bis zum August 1904 in derSchlacht am Waterberg niedergeworfen. Der größte Teil der Herero floh daraufhin in die fast wasserloseOmaheke. Von Trotha ließ diese abriegeln und die Flüchtlinge von den wenigen dort vorhandenen Wasserstellen verjagen, so dass tausende Herero mitsamt ihren Familien und Rinderherden verdursteten. Den so in die Wüste Gejagten ließ von Trotha im sogenannten Vernichtungsbefehl mitteilen: „Die Herero sind nicht mehr deutsche Untertanen. […] Innerhalb der deutschen Grenze wird jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiber und keine Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurück oder lasse auch auf sie schießen. […] und das Schießen auf Weiber und Kinder so zu verstehen ist, dass über sie hinweggeschossen wird, um sie zum Laufen zu zwingen. Ich nehme mit Bestimmtheit an, dass dieser Erlass dazu führen wird, keine männlichen Gefangenen mehr zu machen, aber nicht zu Grausamkeiten gegen Weiber und Kinder ausartet.“[46] Die Überlebenden wurden enteignet, inKonzentrationslager gesperrt und zuZwangsarbeit gezwungen. Die Misshandlungen, unzureichende Ernährung und die schlechten hygienischen Bedingungen in diesen Lagern haben in dieser zweiten Phase des Völkermordes an den Herero zum Tod der Hälfte aller Gefangenen geführt.[45]
Im Anschluss an den Hererokrieg erhoben sich im Oktober 1904 im Süden des Landes dieWitbooi – einOrlam-Stamm, der während des Hererokrieges noch auf deutscher Seite gekämpft hatte. Diesem Aufstand schlossen sich die Fransman-Nama an; nach der Kapitulation der Witbooi 1905 führten die Nama den Guerillakampf unterSimon Kooper undJakobus Morenga bis 1908 weiter, was diesem Aufstand den NamenNamaaufstand gab.
Die Nachricht über den Ausbruch desErsten Weltkrieges erreichte Deutsch-Südwestafrika am 2. August über dieFunkstreckeNauen –Kamina und die sich noch im Bau befindendeGroßfunkstation in Windhoek.[47] Nach Bekanntwerden des Kriegsausbruchs befahl GouverneurTheodor Seitz am 7. August 1914 die allgemeineMobilmachung der Truppe. Es kam zu diversen Gefechten mit denUnionstruppenSüdafrikas, aber auch zu Auseinandersetzungen mit den Portugiesen inAngola. Einige Burenverbände aus Südafrika, die gegen ihre Regierung gekämpft hatten, wurden zum Teil zerschlagen und zogen sich über denOranje zurück, um sich den deutschen Truppen anzuschließen. Zu Beginn des Krieges gelang es deutschen Truppen, den Südafrikanern schwere Verluste beizufügen, doch sie verloren an Boden und mussten schließlich aufgeben.[48]
Am 9. Juli 1915 unterzeichneten der Kommandeur derSchutztruppe, Oberstleutnant Franke, sowie der kaiserliche Gouverneur Seitz und der Generaloberkommandeur der Südafrikanischen UnionLouis Botha einen Waffenstillstandsvertrag, der einer Kapitulation gleichkam.
Deutsch-Südwestafrika wurde während desErsten Weltkrieges von Südafrika besetzt und durch Beschluss desVölkerbundes 1920 derSüdafrikanischen Union alsMandatsgebiet zugeteilt. Der südafrikanischen Verwaltung gelang es in den Folgejahren, den ehemals starken deutschen Einfluss nachhaltig zu reduzieren und Namibia zu „südafrikanisieren“ – einschließlich der Ausdehnung derApartheidspolitik auf das Mandatsgebiet. Namibias weißen Wählerinnen und Wählern wurde von 1947 bis 1977 eine Vertretung im südafrikanischen Parlament garantiert.[49] Südafrikas Verhalten löste nach demZweiten Weltkrieg zahlreiche, allerdings vergebliche Versuche derUNO aus, Südafrika das ehemalige Völkerbundmandat zu entziehen; dies wurde vor der UNO-Vollversammlung gefordert, da Südafrika nicht seinen Informationspflichten über das Gebiet gegenüber dem Gremium nachkam.[50] Erst nachdem derInternationale Gerichtshof in Den Haag 1971 die südafrikanische Verwaltung für illegal erklärt hatte, war Südafrika 1972 bereit, Südwestafrika nach einer angemessenen Übergangszeit in die Unabhängigkeit zu entlassen.
Das Verhalten Südafrikas war aber auch in Südwestafrika selbst auf zunehmenden und aus dem Kreis der internationalen Staatengemeinschaft unterstützten Widerstand gestoßen. Die Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes verlieh diesem Widerstand die gewünschte Legitimation, was letztlich sogar dazu führte, dass die mehrheitlich von denOvambo getragene und mit vermuteter Finanzunterstützung aus der Sowjetunion operierende UnabhängigkeitsbewegungSüdwestafrikanische Volksorganisation (SWAPO) 1973 von der UNO dasAlleinvertretungsrecht für Namibia zuerkannt bekam. Unter großem Druck ermöglichte Südafrika 1978 Wahlen zu einer konstituierenden Versammlung, in der Schwarze ebenfalls wählen durften. Die Hauptoppositionsgruppe, die einen sehr starken Frauenflügel hatte, boykottierte die Wahlen.[49]
Die propagandistisch vorgetragene Befürchtung der Apartheidspolitiker Südafrikas, möglicherweise einen kommunistisch regierten oder sozialistischen Nachbarstaat zu bekommen, rechtfertigte für sie einen Jahrzehnte dauernden asymmetrischen Krieg gegen in- sowie ausländische Apartheidsgegner und Befreiungsbewegungen in Namibia undAngola.Pieter Willem Botha nutzte am 6. September 1978 die krankheitsbedingte Abwesenheit von PremierministerVorster, um als damaliger Verteidigungsminister auf dem Parteitag derNasionale Party inBloemfontein vor der Übernahme des Gebiets vonSouth West Africa durch eine 7500 Mann starke UN-Einsatzgruppe und der so möglichen Etablierung der „marxistischen Feindesmacht“ durch die SWAPO, die in einen „Marxisten-Staat“ an den Grenzen zu Südafrika münden könne, zu warnen.[51]
Der Krieg endete 1988 mit dem Waffenstillstand zwischen Südafrika und Angola und der sich daran anschließenden Vorbereitung von Wahlen in Namibia. Der größte Teil der über 60.000 Flüchtlinge, die 1963–1989 in SWAPO-Camps inAngola,Sambia undTansania gelebt hatten, wurde nach 1990 repatriiert.[52] Sie wurden von vielen angolanischen Bürgerkriegsflüchtlingen begleitet.
Bei den Wahlen vom 7. November 1989 galt erstmals für Frauen und Männer das allgemeine aktive und passive Wahlrecht. Damit war dasFrauenwahlrecht erreicht.[53]
Am 21. März 1990 erhielt Namibia, nach 106-jähriger Fremdbestimmung, seineUnabhängigkeit. Das allgemeine Wahlrecht für Erwachsene wurde Teil der Verfassung.[49] Nach der Unabhängigkeit regierte der SWAPO-FührerSam Nujoma als mit deutlicher Mehrheit gewählter Präsident das Land in drei Amtsperioden. Die demokratischen Oppositionsparteien, unter anderem auch dieDemokratische Turnhallenallianz (DTA), blieben untereinander zerstritten. Eine weitere Amtsperiode war nach der namibischen Verfassung nicht möglich, so dass 2004 der bisherige Minister für Landfragen,Hifikepunye Pohamba – ebenfalls Ovambo und SWAPO-Mitglied – zum zweiten Präsidenten gewählt wurde. Am 21. März 2005 wurde er, im Beisein mehrerer afrikanischer Präsidenten, in Windhoek vereidigt. Nach zwei Amtsperioden Pohambas übernahmHage Geingob das Amt des Staatspräsidenten. Er wurde durch seinen Tod am 4. Februar 2024 frühzeitig durchNangolo Mbumba abgelöst. Seit dem 21. März 2025 istNetumbo Nandi-Ndaitwah, die erste Frau im Amt des Staatspräsident von Namibia.
Namibia ist seit 1990 eineRepublik mit einemsemipräsidentiellen Regierungssystem. Die Abstimmung hierüber fand 1989 statt, was man auch als Beginn der Unabhängigkeit sehen kann.Staatsoberhaupt ist derPräsident, der alle fünf Jahre neu gewählt wird. DieNamibische Regierung besteht aus einem Premierminister, der zusammen mit dem Kabinett vom Präsidenten ernannt wird. DasParlament Namibias besteht aus zwei Kammern. Die eine Kammer ist der Nationalrat mit 42 Sitzen (bis 2013 26 Sitze). Jede der 14 Verwaltungsregionen (bis 8. August 2013 13) entsendet alle fünf Jahre drei (bis August 2013 zwei) Vertreter. Die andere Kammer ist die Nationalversammlung mit 104 (bis August 2013 78) Sitzen, von denen 96 in allgemeiner Wahl gewählt und acht vom Präsidenten bestimmt werden. Die Amtszeit beträgt fünf Jahre.
Eine eigenständige namibische Rechtskultur hat sich bis heute nicht entwickelt. Aus historischen Gründen besteht das namibische Recht somit im Wesentlichen aus dem übernommenenRecht Südafrikas, d. h. demRoman-Dutch Law als Mischsystem zwischencommon law undrömischem Recht.
Die Nationalversammlung ist das Legislativorgan, das heißt Gesetze können nur von ihr erlassen werden. DerNationalrat hat lediglich eine beratende Funktion, um den Belangen der einzelnen Regionen ausreichendes Gehör zu schenken. Das höchste Gericht Namibias ist derSupreme Court, dessen Richter vom Präsidenten eingesetzt werden.
Leitlinie der Außenpolitik des Landes ist es laut Präsident Hage Geingob, „keine Feinde und nur Freunde“ zu haben. Das Land versucht dabei ausgewogene diplomatische Beziehungen zu haben und fühlt sich aufgrund seiner eigenen Geschichte der multilateralen Zusammenarbeit verpflichtet. Wichtigster außenpolitischer Bezugspunkt ist für Namibia der große Nachbar Südafrika, der der mit Abstand wichtigste Handelspartner des Landes ist. Mit Südafrika sowie Botswana,Lesotho undEswatini ist Namibia durch dieZollunion des Südlichen Afrika (Southern African Customs Union, SACU) verbunden. Der namibische Dollar ist im Verhältnis 1:1 an den südafrikanischenRand gekoppelt. Das Land ist zudem Mitgliedsstaat derAfrikanischen Union,Southern African Development Community (SADC), die eine vertiefte Integration des südlichen Afrikas zum Ziel haben. Neben der regionalen Zusammenarbeit sind die Mitgliedsbeziehungen imCommonwealth of Nations sowie Beziehungen zurEuropäischen Union, derVolksrepublik China, denVereinigten Staaten undNordkorea von Bedeutung.[62][63]
Deutschland pflegt aufgrund der gemeinsamen Kolonialgeschichte (1884–1915) und der daraus erwachsenden besonderen Verantwortung Deutschlands sowie der deutschsprachigen Minderheit im Land äußerst intensiveBeziehungen zu Namibia. In den letzten zwei Jahrzehnten hat Deutschland in Namibia Entwicklungshilfe in Höhe von ca. 1 Mrd. Euro geleistet (höchste deutsche Leistung pro Kopf in Afrika). Das deutsch-namibische Sonderverhältnis kam zum Ausdruck in zahlreichen weiteren hochrangigen politischen Kontakten auf Regierungsebene. Dazu zählen u. a. die Besuche von BundeskanzlerKohl (1995) und BundespräsidentHerzog (1998) in Namibia sowie die Deutschland-Besuche von Staatspräsident Nujoma (1996 und 2002) und Staatspräsident Pohamba (2005). Bundespräsident a. D.Köhler vertrat die Bundesrepublik Deutschland bei den Feierlichkeiten anlässlich des 25. Jahrestags der Unabhängigkeit Namibias und Amtseinführung des neuen Präsidenten Geingob im Jahr 2015. Jedes Jahr besuchen knapp 100.000 deutsche Touristen das Land, weshalb die Deutschen die größte außerafrikanische Touristengruppe sind und für das Land eine hohe wirtschaftliche Bedeutung einnehmen.[64]
Die Namibian Defence Force (NDF) wurde nach der Unabhängigkeit Namibias 1990 gegründet. DieVerfassung Namibias (Kapitel 15) legt die Grundzüge der NDF als „Verteidiger des Territoriums und der nationalen Interessen“ fest. Die Streitkräfte sind somit im In- und Ausland rechtlich einsetzbar. Die Hauptaufgabe ist die Sicherung der Souveränität und der territorialen Unabhängigkeit Namibias durch Schutz gegen ausländische Angreifer. Zudem kann die NDF zur Unterstützung von zivilen Aufgaben eingesetzt werden, zum Beispiel im Falle von Naturkatastrophen aber auch zum Schutz von Regierungsgebäuden.
Namibia gab 2017 knapp 3,4 Prozent seiner Wirtschaftsleistung oder 434 Millionen US-Dollar für seine Streitkräfte aus.[65][66]
Namibia ist invierzehn Regionen eingeteilt. Jede Region wird von einemRegionalrat(regional council) regiert, und je nach Größe der Region, weiter in sechs bis zwölf Wahlkreise(constituencies) unterteilt. Insgesamt gibt es121 Wahlkreise.
Die Kommunen gliedern sich in Gemeinden (Stand Mai 2015: 17), Städte, Dörfer und Siedlungen. 2016 lebten 47,6 % der Bevölkerung in Städten oder städtischen Räumen.Windhoek, die Hauptstadt Namibias, ist die mit Abstand bevölkerungsreichste und wirtschaftlich wichtigste Stadt in Namibia. Die größten Städte sind (Stand Zensus 2011):[67]
Obwohl das Land zu den reicheren Staaten Afrikas zählt, ist dieArbeitslosigkeit in Namibia hoch (34,1 Prozent im Jahr 2018.[68]) Aufgrund der niedrigen Löhne einerseits und der sehr unvollkommenen steuerlichen Erfassung des Einkommens andererseits zahlten 2007 nur knapp 134.000 Einwohner Namibias Steuern.[69] Nach demGini-Koeffizienten belegt Namibia weltweit einen der letzten Plätze und weist demnach eine sehr ungleiche Einkommensverteilung auf. Korruption stellt vor allem in der öffentlichen Auftragsvergabe ein Hindernis für ausländische Investoren dar.[70] Namibia ist 2011 der Aufstieg in die Gruppe der „upper middle income countries“(Länder mit höherem mittleren Einkommen) derVereinten Nationen gelungen.
Daneben spielen dieFischerei und derTourismus eine immer größere Rolle. Dagegen ist die verarbeitende Industrie in Namibia nur schwach ausgeprägt, so dass ein großer Teil der Konsumgüter und Maschinen eingeführt werden muss.
Obwohl dieDeutschnamibier nur 0,9 % (um die 20.000 Personen) der Gesamtbevölkerung ausmachen, tragen sie einen großen Teil zur Wirtschaft bei und besitzen großeFarmen in Namibia.[73]
18 Prozent der Bevölkerung leben unter der namibischenArmutsgrenze (Stand November 2016), gegenüber 28,7 Prozent 2009.[74]
DieLandwirtschaft spielt traditionell eine große Rolle. NebenSubsistenzwirtschaft exportiert Namibia auch große Mengen an Fleisch und tierischen Produkten. Die Landwirtschaft ist neben dem Staat der größte Arbeitgeber des Landes.
Für die Kultivierung sind unter anderem die NutzpflanzenPerlhirse, Mais und der Anbau derLuzerne in derKalahari von Bedeutung.[75]
Etwa 12 Prozent desBruttoinlandsprodukts (BIP; Stand 2012[76]) von Namibia wird vomBergbau erwirtschaftet.Rohstoffe Namibias sind vor allemUran undDiamanten, daneben werden auch große Mengen Kupfer, Gold, Blei und Zinn gefördert. Berühmt ist dasDiamantensperrgebiet um Lüderitz. Die größte Uranmine der Welt ist dieRössing-Mine nordöstlich von Swakopmund. Ein bedeutendes Kupfervorkommen befindet sich beiTsumeb, und die ehemals weltgrößte Zinnmine befand sich inUis. 2021 wurde mitHyphen Hydrogen Energy ein namibisches Unternehmen gegründet, das ein großes Wasserstoffprojekt in Namibia realisieren soll, um zukünftig Wasserstoff zu produzieren.
Große Erdölvorkommen vor der Küste wurden 2023 nachgewiesen.
Die Größe des Landes, seine vielfältigen Landschaftsformen und sein Tierreichtum hatten bereitsSüdwest-Afrika in den 1950er Jahren zu einem interessanten Reisegebiet werden lassen – zunächst vor allem für die benachbarten südafrikanischen Touristen, die hier unberührte Natur und unendlich erscheinende Weite fanden. Zudem stand Namibia damals unter südafrikanischer Verwaltung, so dass es für die zu dieser Zeit isolierten Südafrikaner keinerlei Einreise- und Aufenthaltshürden gab.
2011 trug der Tourismus 11 % zumBIP bei und ist damit der zweitwichtigste Wirtschaftszweig des Landes. Es wurden mehr als 11 MilliardenNamibia-Dollar umgesetzt.
Dieser Artikel oder nachfolgende Abschnitt ist nicht hinreichend mitBelegen (beispielsweiseEinzelnachweisen) ausgestattet. Angaben ohne ausreichenden Beleg könnten demnächst entfernt werden. Bitte hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst undgute Belege einfügst.
Diverse Angaben, auch konkrete Zahlen, sind hier ohne Beleg.
Das Schienennetz des staatlichen TransportunternehmensTransNamib stammt in seiner Grundstruktur noch aus derdeutschen Kolonialzeit und wurde zunächst vor allem durch militärische Bedürfnisse bestimmt. Es ist inzwischen auf 2626 Kilometer Länge ausgebaut worden und verbindet wichtige wirtschaftliche Zentren Namibias. Der Bau neuer Strecken und die Sanierung bestehender wird seit 2011 weiter vorangetrieben. Der Schienenverkehr spielt vor allem in der Güterbeförderung eine Rolle; in der Personenbeförderung ist er dagegen fast ohne Bedeutung.
In Namibia trifft derTripolis-Windhoek-(Kapstadt)-Highway mit demTrans-Kalahari Corridor zusammen. Das namibische Straßennetz ist gut ausgebaut und erschließt alle bewohnten Gebiete des Landes. Es ist etwa 45.000 Kilometer lang, davon sind rund 80 Prozent nicht asphaltierte Pisten, meist mit Kiestragschicht, die regelmäßig oder nach Bedarf mit demGrader instand gehalten werden. Nur die Nationalstraßen, einige Hauptstraßen sowie die wichtigsten innerstädtischen Straßen (etwa 6700 Kilometer) sind asphaltiert. In Namibia herrscht wie in allen Nachbarstaaten mit AusnahmeAngolasLinksverkehr. Mit bis zu 700 Verkehrstoten pro Jahr hat Namibia – bezogen auf die Einwohnerzahl – die weltweit höchste Todeszahl zu verzeichnen.
Eine private Flugpiste auf einer Farm in derKalahari
Namibia ist gut in das regionale Flugnetz eingebunden. Es gibt direkte Flugverbindungen nachEuropa undVorderasien. Internationale Flughäfen besitzen die LandeshauptstadtWindhoek mit demHosea Kutako International Airport, der etwa 45 Kilometer östlich der Stadt liegt sowie die HafenstadtWalvis Bay (Flughafen Walvis Bay). Darüber hinaus verfügt jeder größere Ort in Namibia, sowie vieleFarmen, über eigeneLandeplätze. In Namibia gibt es zahlreicheCharterflug-Unternehmen.
Die beidenTiefwasserhäfen Namibias befinden sich in Walvis Bay und in Lüderitz. Vier weitere Häfen sind im Bau beziehungsweise in Planung (Stand 2015).
In Namibia existieren dreizehn gesetzlicheFeiertage. Fällt ein Feiertag auf einen Sonntag, ist der folgende Montag grundsätzlich ebenfalls ein Feiertag.
DerHererotag ist ein am letzten Wochenende im August in der namibischen StadtOkahandja stattfindender Tag zum Gedenken an dieSchlacht am Waterberg. Er ist kein gesetzlicher Feiertag, wird jedoch von denHerero als solcher empfunden.
Namibia verfügt trotz der geringen Bevölkerungszahl und der Vielzahl an Sprachen über zahlreiche Zeitungen. Die größte Tageszeitung des Landes ist die englischsprachigeThe Namibian, die auch Texte aufOshivambo enthält. Zweitgrößte Tageszeitung ist dieNamibian Sun (ebenfalls in englischer Sprache), gefolgt von derafrikaanssprachigenRepublikein. Staatlich getragen wird die englischsprachigeNew Era. DieAllgemeine Zeitung erscheint auf Deutsch und ist die älteste Zeitung des Landes. „Die Republikein“, „Allgemeine Zeitung“ und „Namibian Sun“ gehören zurNamibia Media Holdings (NMH).[80]
DieNamibian Broadcasting Corporation (nbc) ist die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt in Namibia mit drei Fernsehprogrammen und zahlreichen Rundfunkprogrammen in neun Sprachen, darunter Deutsch. Zudem gibt es diverse privateHörfunksender, darunter das deutschsprachigeHitradio Namibia und mitOne Africa Television undNTV zweiprivate Fernsehsender. Satellitenfernsehen wird vor allem durch den südafrikanischen DienstDStv und für deutschsprachige durchSatelio ermöglicht.
Die NichtregierungsorganisationReporter ohne Grenzen sieht in Namibia eine zufriedenstellende Lage für die Pressefreiheit.[81]
Im Jahr 2020 nutzten 41 Prozent der Einwohner Namibias das Internet.[82]
Der NamibierHelmut Kangulohi Angula verfasste einen auch ins Deutsche übersetzten autobiographischen Roman über die Zeit des Unabhängigkeitskampfes derSWAPO (Zweitausend Tage des Haimbodi ya Haufiku). Ähnliche Themen behandeltJoseph Diescho. In einem Flüchtlingslager inAngola geboren wurde die AutorinRachel Valentina Nghiwete, die 2010 ihre AutobiographieValentina: The exile child veröffentlichte.
Giselher Hoffmann, Nachkomme deutscher Siedler, und die in Dresden geboreneLisa Kuntze schrieben Romane und Erzählungen in deutscher Sprache.
Der nationale RugbyverbandNamibia Rugby Union wurde im März 1990, im Jahr der Unabhängigkeit, gegründet und trat im selben Jahr demIRB, heute World Rugby, bei. Er ist außerdem Mitglied vonRugby Africa. DieNationalmannschaft der Männer ist eine der besten Afrikas und qualifiziert sich häufig für dieWeltmeisterschaft als eine von zwei afrikanischen Mannschaften, nach den südafrikanischenSpringboks. Sie ist zudem neunfacherAfrikameister und dreimaliger Vizeafrikameister.
DieIcestocksport Association of Namibia wurde 2004 gegründet und nahm im selben Jahr und 2008 an der Weltmeisterschaft teil. Der Verband wurde 2005 und 2007 Afrikameister.
Henning Melber:Namibia. Gesellschaftspolitische Erkundungen seit der Unabhängigkeit. Brandes und Apsel, Frankfurt am Main 2015,ISBN 978-3-95558-109-1.
Toubab Pippa (Hrsg.):Von der Bosheit im Herzen der Menschen. Hendrik Witbooi und die schwarz-weiße Geschichte Namibias. Löhrbach 2004,ISBN 3-922708-31-5.
Nick Santcross, Gordon Baker, Sebastian Ballard:Namibia Handbook. 3. Auflage. Footprint, Bath (England) 2001,ISBN 1-900949-91-1 (englisch, Reiseführer, Standardwerk).
Marion Wallace:Geschichte Namibias. Von den Anfängen bis 1990. Brandes und Apsel, Frankfurt am Main 2015,ISBN 978-3-95558-063-6.
↑Horst Drechsler:Südwestafrika unter deutscher Kolonialherrschaft. Der Kampf der Herero und Nama gegen den deutschen Imperialismus (1894–1915). Akademie-Verlag, Berlin 1966.
↑abDominik J. Schaller:Kolonialkrieg, Völkermord und Zwangsarbeit in Deutsch-Südwestafrika. In: Dominik J. Schaller u. a.:Enteignet, Vertrieben, Ermordet – Beiträge zur Genozidforschung. Chronos, Zürich 2004.
↑Jan-Bart Gewald:The Great General of the Kaiser. In:Botswana Notes and Records. Band 26, S. 74.
↑Stats Newsletter December 2016. CRAN, 7. März 2017.
↑Andreas Vogt:Nationale Denkmäler in Namibia. Ein Inventar der proklamierten nationalen Denkmäler in der Republik Namibia. Gamsberg Macmillan, Windhoek 2006,ISBN 99916-0-752-8.
↑Andreas Rothe:Media System and News Selection in Namibia. 2010.
Dieser Artikel enthält Schriftzeichen aus dem Alphabet der im südlichen Afrika gesprochenenKhoisansprachen. Die Darstellung enthält Zeichen derKlicklautbuchstabenǀ,ǁ,ǂ und ǃ. Nähere Informationen zur Aussprachelanger odernasaler Vokale oder bestimmterKlicklaute finden sich beispielsweise unterKhoekhoegowab.