
DieNachrichtenschule inFlensburg-Mürwik in derMürwiker Straße 201–203 entstand in den 1920er Jahren auf dem dort befindlichenStützpunkt Flensburg-Mürwik. Sie war eine von mehreren in Deutschland eingerichtetenMarinenachrichtenschulen. Ihre Kasernen- und Schulgebäude aus den 1930er Jahren sind heute alsKulturdenkmale Mürwiks eingetragen. Genaueres zu den Schulen, die den Gebäudekomplex später nutzten, stehen in den jeweiligen Artikeln.
Im Jahre 1920 wurden zunächst Räumlichkeiten derTorpedoschule genutzt, um die Nachrichtenschule einzurichten. Sie übernahm dieSignal-,Fernschreib- undFunkausbildung für die gesamteReichsmarine. Von 1925 bis 1934 waren beide Schulen unter dem Namen Torpedo- und Nachrichtenschule zusammengelegt.[1] Im September 1934 wurden die beiden Schulen wieder getrennt.[2] In der Zeit danach war die Nachrichtenschule auch unter dem NamenMarine-Nachrichtenschule Mürwik bekannt.[3][4]

Die Gebäude, die bis heute militärisch genutzt werden, wurden für die Schule in den 1930er Jahren in direkter Nachbarschaft zurMarineschule Mürwik errichtet.[6] Durchgehend wurden sie in Formkubisch, flachgedeckterKlinkerbauten errichtet,[7] denennationalsozialistische Architekturelemente beigefügt wurden.[8][9] Von 1933 bis 1939 entstanden die Gebäude „Brandenburg“, „Hansa“ und „Preußen“ sowie das Fähnrichsheim (heute: Offiziersheim) und das Schulgebäude.[10] Das Torgebäude, „Deutschland“, entstand zwischen 1937 und 1939.[11] Die Gebäudenamen erinnern an die traditionsreiche deutsche Seegeschichte derHanse undMarine. Die auf den Schulgebäuden befindlichen Türme sind den Brücken von Kriegsschiffen nachempfunden und gehörten zur Ausbildung für den Flaggen-Signalbetrieb.[12] Über dem Eingangsportal desmonumentalen Gebäudes „Deutschland“ wurde ein großer, steinernerReichsadler angebracht, darüber ein Fahnenmast, an dem heutzutage dieDeutschlandfahne gehisst wird.[13][14]
Zum sehr auffälligen Adler des Portals veröffentlichte dieBundeswehr die folgende Stellungnahme: „Bei dem über dem Torhaus angebrachten Adlersymbol handelt es sich um einentnazifiziertesHoheitsabzeichen aus derZeit des Nationalsozialismus. Es ist in der aktuellen Gestaltung strafrechtlich unbedenklich. […] Der Adler ist noch heute das Wappentier der Bundesrepublik Deutschland. […] Zur Zeit des Nationalsozialismus verband man das Symbol des Adlers mit demHakenkreuz. […] Die meisten der ab 1934 erbauten neuen Wehrmachtkasernen erhielten […] eine künstlerische Ausgestaltung des nationalsozialistischen Hoheitszeichens. […] Die Adlerskulptur ist ein bildhafter Überrest deutscherMilitärgeschichte des 20. Jahrhunderts. Nur […] wenige haben sich […] erhalten. Sie sind Erinnerungszeichen an einem historischen Ort und zugleich in ihrer veränderten Gestalt an einem weiterhin militärisch genutzten Gebäude als Lesezeichen für die Stellung von Streitkräften in einerDiktatur bzw. einerDemokratie zu verstehen und somit für diehistorisch-politische Bildung von äußerst großem Nutzen. […] Die Kasernenanlage in Flensburg ist zudem in dieDenkmalliste des Landes Schleswig-Holstein eingetragen. Somit ist einer […]Reversibilität ein Riegel vorgeschoben.“[15] Eine aufgestellte Tafel beim Portal erläutert heute die besagten Zusammenhänge ebenfalls.
Am 28. Mai 1936, also noch vor Fertigstellung aller Gebäude, fand ein streng geheimer und somit nicht öffentlicher BesuchAdolf Hitlers beimHafen vor der Marineschule Mürwik statt. Hitler besichtigte dabei die Marineschule wie wohl auch Teile der Nachrichtenschule. Unter anderem nahm Hitler während seines Besuches die Parade der Nachrichtenabteilung ab. Am Abend nahm Hitler des Weiteren am Nachttorpedoschießen des zeitgleich eingetroffenen PanzerschiffesAdmiral Graf Spee teil.[16][17][18]
Als 1938 die Ausbildungskapazitäten der Schule erreicht wurden, wurde dieMarine-Nachrichtenschule Aurich eingerichtet.
Bei denLuftangriffen auf Flensburg während desZweiten Weltkrieges wurden die Gebäude der Nachrichtenschule nicht getroffen. Beim Luftangriff vom 2./3. Mai 1945 auf die Schule starben bei der Endhaltestelle derStraßenbahnlinie 3 vor dem großen Kasernentor durch vier abgeworfene Sprengbomben eine Luftwaffenhelferin und sechs Soldaten.[19] Der Gebäudekomplex lag in den letzten Kriegstagen imSonderbereich Mürwik. Die Kommunikationsanlagen der Nachrichtenschule dienten derletzten Reichsregierung unterKarl Dönitz als Befehlsübermittlungsstand. Die Reichsregierung wurde am 23. Mai 1945 verhaftet.[20]

Unmittelbar nach dem Krieg dienten die Gebäude der Mürwiker Straße 201–203britischen Soldaten alsKaserne (Quantock Barracks).[22][23][24] Des Weiteren wurde sie zur Unterbringung vonFlüchtlingen undVertriebenen genutzt.[25] Am 21. Juni 1945 wurde dort vom alliierten (britisch-amerikanischen)TICOM(Target Intelligence Committee) auch ein (damals) hochgeheimes Protokoll eines Verhörs des deutschen Marineoffiziers,Lt. z.SHans-Joachim Frowein sowie des deutschenKryptoanalytikersWilhelm Tranow erstellt, das sich miteigenen Untersuchungen zur Sicherheit der Enigma-M4 im Jahr 1944 befasste. In dieser Zeit warb auch der britische Journalist und GeheimdienstmitarbeiterSefton Delmer Mitarbeiter des in den letzten Kriegstagen nach Mürwik verlegtenMarinenachrichtendienstes an, unter ihnen offenbar auch Tranow. Mit ihrer Hilfe gründete Delmer im August 1945 inHamburg die erste Nachrichtenagentur Deutschlands, denGerman News Service, der später den deutschen NamenDeutscher Pressedienst erhielt.[26]
Am 27. Oktober 1945 wurde auf Befehl derbritischen Besatzungsmacht dieProvincial Training School Schleswig-Holstein (Polizeischule der Provinz Schleswig-Holstein) in der Nachrichtenschule eingerichtet. Im März 1946 wurde diese Schule in die ehemaligeMarine-Ausbildungskaserne inEckernförde-Carlshöhe verlegt und dort in „Landespolizeisschule Schleswig-Holstein“ umbenannt. Die besagte Schule verblieb dort, bis sie im Juli 1950 nachKiel verlegt wurde. Anschließend zog sie nachEutin um, befand sich über längere Zeit im dort nahegelegenenMalente und ist zurzeit wieder in Eutin selbst.[27][28][29] Im Jahr 1948 zogen die britischen Soldaten ab,norwegische Soldaten bezogen ihre Unterkünfte in der Kaserne.[30][31] Die Norweger, welche auch den Standort bei derGrenzland-Kaserne von den Briten übernahmen, blieben die nächsten fünf Jahre.[32] Ab 1952 nutzte derBundesgrenzschutz die Gebäude der Nachrichtenschule.[33] Die letzten norwegischen Soldaten verließen Flensburg am 29. April 1953 auf dem Schiff „Svalbard“.[34][35]
1956 wurden die Gebäudeeinheiten schließlich von der neu eingerichtetenMarinefernmeldeschule übernommen. Hinzu kamen noch einige weitereMarineeinheiten. In den 1970er Jahren wurden auf dem Gelände zusätzliche Unterkunftsgebäude errichtet.[36] Die Marinefernmeldeschule existierte bis 2002. Im anschließenden Jahr bezog die 2003 aufgestellteSchule für Strategische Aufklärung der Bundeswehr das Areal, die 2024 zu einer Außenstelle desAusbildungszentrums CIR wurde.
54.81052059.4579781Koordinaten:54° 48′ 37,9″ N,9° 27′ 28,7″ O