Muslim

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Dieser Artikel befasst sich mit der Bezeichnung der Angehörigen des Islam. Für Namensträger sieheMuslim (Begriffsklärung).
Syrische Musliminnen im Portikus derUmayyaden-Moschee inDamaskus (2008)
Chinesischer Muslim (Hui-Chinese) im Hof derMoschee zu Xi’an inXi’an (2005)

EinMuslim (arabisch مسلم muslim), früher meist (seit etwa 1990 seltener)Moslem[1][2] oder umgangssprachlich veraltetMohammedaner[3] (eigentlich ein ‚Anhänger der LehrenMohammeds‘), ist ein Angehöriger desIslams oder Kind muslimischer Eltern.

Bei dem WortMuslim handelt es sich um das Partizip Aktiv zum IV. Stamm vonسلم salima ‚wohlbehalten sein, unversehrt sein‘ →أسلم aslama ‚sich hingeben, sich ergeben, sich unterwerfen‘: „Der sich (Gott) Ergebende“.[4] Das im IV. Stamm ausgedrücktesich unterwerfen ist nicht im Sinne einer weltlichen Kapitulation zu verstehen, die mit dem X. Stamm ausgedrückt wird:استسلم istaslama ‚kapitulieren‘ →مستسلم mustaslim ‚der kapitulierende‘.[5]

Die explizit weibliche Form im Deutschen istMuslimin, auchMoslemin. Seit den 1990er Jahren wird für die weibliche Form zunehmend auch dasarabische WortMuslima verwendet.[6][7] Der weibliche Plural lautetMusliminnen oderMuslimas.

Der BegriffMuselman, früher auch „Muselmann“ (vgl. auchpersisch مسلمان,DMGmosalmān); gilt im Deutschen als historisch-literarisch bis veraltet.[8] In mehreren anderen Sprachen, darunter auch solchen islamisch geprägter Länder, gehört er jedoch zum aktuellen Sprachgebrauch (z. B. französischMusulman, türkischMüslüman, persischMosalman).

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

2015 wurde die Zahl der Muslime weltweit auf 1,8 Milliarden geschätzt.[9] Damit sind sie nach denChristen die zweitgrößteReligionsgemeinschaft.

Die Zahl derMuslime in Deutschland wird anhand der Herkunft und der Mitgliedschaft inislamischen Vereinen geschätzt, da der Islam nicht inöffentlich-rechtlichen Religionsgesellschaften organisiert ist, in denen Muslime eingeschriebenes Mitglied sind. Der Islam kennt keinen mit der Kirchenmitgliedschaft vergleichbaren Status.

Als religiöse Bezeichnung

Eine romantische Darstellung des europäisch-klassizistischen KünstlersJean-Léon Gérôme aus dem Jahr 1865 mit dem TitelGebet in Kairo

Muslim ist, wer das islamische Glaubensbekenntnis (arabischSchahāda) im vollen Bewusstsein gesprochen hat. Bindend ist es nach islamischem Recht, wenn er dies vor zwei volljährigen muslimischen Zeugen spricht. Nach islamischem Selbstverständnis ist jedes Neugeborene ein Muslim (sieheFitra) und wird gegebenenfalls erst später durch äußere Einflüsse (z. B. Erziehung) vom islamischen Glauben abgebracht. Mit dem Eintritt in die Geschlechtsreife bekunden auch sie dies durch das Sprechen des Glaubensbekenntnisses (u. a. bei jedemGebet).

Ein Muslim ist, nach islamischem Selbstverständnis, einMonotheist, derMohammed als letztenProphetenGottes (Allahs) anerkennt. Orthodoxe Muslime glauben, dass derKoran das offenbarteWort Gottes ist, das Mohammed durch denErzengel Gabriel übermittelt wurde.

Derhanafitische Rechtsgelehrteasch-Schaibānī zitiert in seinemKitāb as-Siyar einenHadith, dem zufolge der Prophet Mohammed sagte: „Muslime sollen sich einander gegen den Außenstehenden unterstützen, das Blut aller Muslime hat den gleichen Wert, und derjenige, der am niedrigsten steht (d. h. der Sklave), kann alle anderen binden, wenn er einenTreueid leistet.“[10]

Abgrenzung zu Mu'min

Im Koran wird zwischen Muslimen, die sich rein formal zum Islam bekennen, und wirklichen Gläubigen (mu'min) unterschieden:

„Die Wüstenaraber sagten: „Wir glauben!“ Sage ihnen: „Ihr glaubt nicht. Sagt lieber: ‚Wir haben uns nur scheinbar ergeben‘ (den Islam angenommen). Der Glaube ist nicht in eure Herzen eingedrungen. Wenn ihr Gott und Seinem Gesandten gehorcht, belohnt Gott euch voll und ganz für eure Werke.“ Gott ist voller Vergebung und Barmherzigkeit.
Die wahrhaft Gläubigen (mu'min) sind die, die sich zu Gott und Seinem Gesandten bekannt haben und keinen Zweifel hegen und mit ihrem Vermögen und ihrem Leben auf Gottes Weg kämpfen. Das sind die Rechtschaffenen.“

Sure 49:14-15

„Wir haben den Islam angenommen“ (aslamnā), das Bekenntnis zum Islam, ist nur eine Äußerung (qaul = „Parole“), Glaube (īmān) dagegen ist sowohl Äußerung als auch Tat. Die Annahme des Islam durch verbale Bekundung während Mohammeds Wirken war zunächst die Garantie dafür, dass die arabischen Stämme derArabischen Halbinsel von den Muslimen weiter nicht mehr bekämpft wurden. Damit stuft der Koran den Glauben höher ein als den bloß formalen Eintritt in den Islam. Die Exegese interpretiert an dieser Stelle das Schlüsselwortaslamnā („wir haben den Islam angenommen“) nicht nur in dem sonst üblichen Sinne der Unterwerfung unter den (einzigen) Gott, sondern versteht die Worte der Beduinen im Sinne von „sich ergeben“ und „kapitulieren“ (istaslamnā) aus Furcht vor Gefangenschaft und weiterer kriegerischen Auseinandersetzung.

DieSufis unterscheiden ebenfalls zwischen einem Muslim und einem „Gläubigen“. Nach ihrer Auffassung unterwirft sich ein Muslim lediglich äußerlich den Geboten Gottes, ein Gläubigerglaubt jedoch auch unerschütterlich daran und ist sich dessen bewusst, dass er ununterbrochen „vor seinem Schöpfer steht“.

Als ethnische Bezeichnung

In einigen Ländern wird der Begriff „Muslim“ auch alsethnische Bezeichnung verwendet. Dies war zum Beispiel auch in derSozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien (1962–1992) der Fall. Dort veröffentlichten in den 1960er Jahren muslimische marxistische Historiker eine große Anzahl von Arbeiten über die Geschichte der bosnischen Muslime (Bosniaken) und lieferten eine „wissenschaftliche“ Legitimierung für die Anerkennung einer muslimischen Staatsnation. Bei der Volkszählung von 1971 gab die überwältigende Mehrheit der bosnischen Muslime ihre Nationalität als „Muslim im Sinne einer Nation“ an. Diese Bezeichnung wurde 1974 in der neuen jugoslawischen Verfassung offiziell anerkannt. Ein Problem an dem Konzept der neuen bosnischen muslimischen Nationalität war seine Zweideutigkeit, denn der Begriff konnte sowohl die Zugehörigkeit zu einer religiösen Gemeinschaft als auch einer Nationalität bedeuten. Ein Atheist muslimischer Nationalität konnte mithin nicht von einem muslimischen Gläubigen einer anderen Nationalität (albanisch, türkisch) unterschieden werden. Um das Problem zu lösen, wurde das Wort Muslim, wenn es die Nationalität bezeichnete, mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben (Musliman), wenn es die Religionszugehörigkeit bezeichnete, dagegen mit kleinem Anfangsbuchstaben (musliman). Die jugoslawische Politik bemühte sich in der Folgezeit darum, das muslimische Nationalitätskonzept von jeglicher religiöser Konnotation fernzuhalten, doch haben anthropologische Studien gezeigt, dass diese Unterscheidung nicht vollständig aufrechterhalten werden konnte. Auch in den 1980er Jahren war für viele bosnische Muslime die nationale Identität noch eng mit dem Islam verbunden.[11]

Mohammedaner

Die Bezeichnung „Mohammedaner“ für einen Muslim wird von Muslimen im deutschen Sprachraum im Allgemeinen abgelehnt, da Mohammed zwar verehrt, aber nicht angebetet wird und damit – gemessen an der Bezeichnung „Christ“ – nicht den StellenwertJesu Christi imChristentum einnimmt.[12]

Das arabischemuhammadi / محمدي /muḥammadī / ‚mohammedanisch, Mohammedaner‘ hingegen findet sich auch in anderen islamischen Literatursprachen wiePersisch,[13][14] (Osmanisch-)Türkisch[15] oderUrdu.[16]

Die Vergöttlichung Mohammeds ist einzelnen Strömungen des Islam jedoch nicht gänzlich fremd: So galt der Muhammadiyya („Die Mohammedaner“) imIrak des 8. und 9. Jahrhunderts Mohammed sowohl als der unbekannte Gott, der sich dem Menschen nicht erschließt, als auch als einzig wahre Manifestation Gottes auf Erden.[17] Auch in einigen Strömungen desSufismus setzt ab etwa 1100 eine mystische Strömung ein, für die MohammedLogos oder universelles Geistwesen ist, das entsprechend verehrt wird.[18] Vergleiche dazu auchMuhammadiyah, eine islamische Vereinigung inIndonesien.

Im arabischsprachigen islamischen Schrifttum, z. B. in derKoranexegese vonIbn Kathīr, benutzt man die Ausdrücke wie „prophetische Gesetzgebung“ als Synonym zur „mohammedanischen Gesetzgebung“. Dieislamische Gemeinschaft bezeichnet Ibn Kathir auch als „mohammedanische Umma“.[19]Ibn Hadschar al-ʿAsqalānī spricht neben derSunna des Propheten Mohammed auch von der „mohammedanischen Sunna“ bzw. von der „mohammedanischen Botschaft“.[20]

Literatur

  • K. Timm, S. Aalami:Die muslimische Frau zwischen Tradition und Fortschritt (=Veröffentlichungen des Museums für Völkerkunde Leipzig. Heft 29). Berlin 1976.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Muslim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Moslem – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wiktionary: Muslim – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Muslim – Zitate

Einzelnachweise

  1. DWDS-Wortverlaufskurve für "Muslime" · "Moslems". Basis: DWDS-Zeitungskorpus (ab 1945). Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, abgerufen am 3. Oktober 2019. 
  2. Vergleichsgrafik für Muslim, Muslime, Moslem, Moslems. 1945 bis 2008. In: Google Books Ngram Viewer. Abgerufen am 7. Oktober 2019. 
  3. SieheMohammedaner, der. In: Duden online. Abgerufen am 30. Januar 2017.  Vgl. Mathile Hennig (Hrsg.):Duden. Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle. Bibliographisches Institut, 2016.S. 643 in der Google-Buchsuche, s. v.Mohammedaner, Mohammedanerin sowie Arent Jan Wensinck:Muslim. In:The Encyclopaedia of Islam.New Edition. Band 7. Brill, Leiden/New York 1993, S. 688.
  4. Siehe Francis Joseph Steingass:The Student’s Arabic-English Dictionary. W. H. Allen, 1884. S. 505, s. v. (سلم)salim sowie Hans Wehr:Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart. Harrassowitz, 1985. S. 591, s. v. سلمsalima. Vgl. El-Said Muhammad Badawi und Muhammad Abdel Haleem:Arabic-English Dictionary of Qurʾanic Usage. Brill, 2000. S. 452, s. v. مُسْلِمmuslim
  5. Siehe Hans Wehr:Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart. Harrassowitz, Wiesbaden 1985, S. 591, s. v. سلمsalima. Vgl. Mustafa Sinanoğlu:İslâm (الإسلام). In:Türkiye Diyanet Vakfı İslâm Ansiklopedisi (online): „İslâm'ın sözlük anlamındaki inkıyâd ve itaat her ne kadar mutlak ise de kelimenin örfteki kullanımı sadece 'doğruya ve hakka uyma' mânası taşır. Yanlışa ve kötüye boyun eğme şeklinde bir teslimiyet İslâm'a aykırıdır ve isyan olarak nitelendirilir.
  6. DWDS-Wortverlaufskurve für "Moslemin" · "Muslimin" · "Muslima". Basis: DWDS-Zeitungskorpus (ab 1945). Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache, abgerufen am 3. Oktober 2019. 
  7. SieheMuslima. In: Duden online. Abgerufen am 30. Januar 2017.  Vgl. Mathile Hennig (Hrsg.):Duden. Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle. Bibliographisches Institut, 2016.S. 646 in der Google-Buchsuche, s. v.Muslim, Muslima / Muslimin
  8. SieheMuselmann, der. In: Duden online. Abgerufen am 30. Januar 2017. 
  9. The changing global religious landscape. In: Pew Research Center. 5. April 2017, abgerufen am 2. März 2021. 
  10. Zit. nach Majid Khadduri:The Islamic Law of Nations: Shaybānī's Siyar. Baltimore: The Johns Hopkins Press 1966. S. 93.
  11. Vgl. Armina Omerika:The Role of Islam in the Academic Discourses on the National Identity of Muslims in Bosnia and Herzegowina, 1950-1980. In: Nadeem Hasnain (Hrsg.):Beyond Textual Islam. New Delhi 2008, S. 58–96, hier: S. 58–61.
  12. Ralf Elger, Friederike Stolleis (Hrsg.):Kleines Islam-Lexikon. Geschichte – Alltag – Kultur. Beck, München 2001. Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2002 (online).
  13. Francis Joseph Steingass:A Comprehensive Persian-English Dictionary. London 1892.
  14. Sulayman Hayyim:New Persian-English Dictionary. Teheran 1936–1938.
  15. V. Bahadır Alkım u. a. (Hrsg.):New Redhouse Turkish-English Dictionary. Istanbul 1991. (darinMuhammedi explizit als „Muhammadan, Muslim“).
  16. John T. Platts:A dictionary of Urdu, classical Hindi, and English. London 1884.
  17. Etan Kohlberg:Muḥammadiyya. In:The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Band 7:Mif–Naz. Brill, Leiden 1993. S. 459a.
  18. Fritz Meier:Zwei Abhandlungen über die Naqšbandiyya. Istanbul 1994. S. 232.
  19. Ibn Kathir:Die Koranexegese. Tafsir al-Qur'an. Dar al-fikr. Beirut. Band 1, S. 556; Band 2, S. 60, 81;
  20. Ibn Hadschar:Fath al-bari (Kommentar zual-Buchārī). Kairo. Band 2, S. 81; Band 9, S. 12; Band 13, S. 334
Normdaten (Sachbegriff):GND:4040921-1(lobid,OGND,AKS) |LCCN:sh85089077
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