Musikdrama

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springenZur Suche springen
Lohengrin (1850) vonRichard Wagner,Oper Oslo, 2015
Die Gezeichneten (1918) vonFranz Schreker,Opéra de Lyon, 2015
Die tote Stadt (1920) vonErich Wolf­gang Korngold,Oper Graz, 2015

Musikdrama ist eine 1833 vonTheodor Mundt eingeführte Bezeichnung für dieOper als „Einheit von Dichtkunst und Tonkunst“.

Inhaltsverzeichnis

Definitionen allgemein und mit Bezug auf Richard Wagner

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

Mundt formulierte seine Definition explizit im Unterschied zum „musikalischen Drama, in welchem die Musik nur als Intermezzo mitspielte“.[1]

Später (und bis heute) wurde das Begriffswort Musikdrama mit den WerkenRichard Wagners und seiner Nachfolger in Zusammenhang gebracht. Dichtung, Musik und szenische Darstellung bilden dabei eine untrennbare Einheit, die Wagner auch alsGesamtkunstwerk bezeichnet hat.

Wagner selbst wehrte sich gegen die Bezeichnung Musikdrama, die eine Verkürzung des widersinnigen Ausdrucks „musikalisches Drama“ sei, nämlich „ein Drama […], welches entweder selbst Musik macht, oder auch zum Musikmachen tauglich ist, oder gar Musik versteht, etwa wie unsere musikalischen Rezensenten.“[2] Ein Musikdrama sei der Wortbedeutung nach ein Drama „zum Zweck der Musik“, so wie ein herkömmlichesLibretto. Dagegen wollte Wagner umgekehrt die Musik ganz in den Dienst des Dramas stellen. DasDrama sei schon in seiner ursprünglichen antiken Gestalt untrennbar mit Musik verbunden.

Dennoch hat sich der Ausdruck Musikdrama eingebürgert. Charakteristisch für Musikdramen ist ihre formale Einheit, die ohne Unterbrechungen oder aneinander gereihte, nur in sich geschlossene Formen und Sätze (wieTerzett,Finale usw.) auskommt. Wiederkehrende Motive (Leitmotive) schaffen den Zusammenhang. Im Gegensatz zurNummernoper gliedert sich die Musik nicht mehr inArien undRezitative, sondern unterstützt und deutet beständig den wie im gesprochenen Drama fortlaufenden Text. Wagner nannte dieses Verfahren, als musikalische Variante des BegriffsSchauspiel, „ersichtlich gewordene Thaten der Musik“[3].

Als Paradebeispiel in diesem Sinne gilt Wagners 1865 uraufgeführtes und nicht mehr als „Oper“, sondern als „Handlung“ bezeichnetes WerkTristan und Isolde. Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Musikdrama geradezu zur Norm für „ernste“ Opernkomponisten. SelbstEngelbert Humperdincks MärchenoperHänsel und Gretel (1893) ist dem Wagnerschen Musikdrama nachgebildet (Humperdinck war Wagners Assistent imBayreuther Festspielhaus). In den 1920er-Jahren zerfiel das Musikdrama in neuere oder wiederentdeckte ältere Musiktheaterformen. FürRichard Strauss blieb es dagegen zeitlebens Vorbild.

Entstehung

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]

In seiner umfangreichen SchriftOper und Drama (1851) macht Wagner sich Gedanken über eine Erneuerung der Oper, die mit einer politischen und gesellschaftlichen Erneuerung einhergehen müsse. Damit entwirft Wagner ein Programm, das er in den nächsten Jahrzehnten insbesondere mit seinem HauptwerkDer Ring des Nibelungen ausführen wird. Wagner will als dramatische Dichtung allein das gelten lassen, was vollkommen im musikalischen Ausdruck aufgehen könne. Musikalisch sei nur, was dem Ausdruck der dichterischen Absicht diene. Unentbehrlich dazu ist das Orchester als Träger des Dramas, als Begleiter und Kommentator der Handlung. Es übernimmt damit die Funktion, die derChor in der antikenTragödie hatte.

Siehe auch

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  • Musikalisches Drama (eine spezielle ältere Form des "musikalischen Dramas", die mit der oben zitierten Definition von Mundt nicht in Einklang steht).

Literatur

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  • Theodor Mundt: Kampf eines Hegelianers mit den Grazien. Eine philosophische Humoreske. In: Theodor Mundt:Kritische Wälder. Blätter zur Beurtheilung der Literatur, Kunst und Wissenschaft unserer Zeit. Wolbrecht, Leipzig 1833, S. 33–58.
  • Carl Dahlhaus:Wagners Konzeption des musikalischen Dramas. Deutscher Taschenbuch-Verlag u. a., München u. a. 1990,ISBN 3-423-04538-8.

Einzelnachweise

[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]
  1. Musikdrama. In:Wilibald Gurlitt,Hans Heinrich Eggebrecht (Hrsg.):Riemann Musiklexikon. 12., völlig neubearbeitete Auflage. Sachteil:A–Z. Schott, Mainz 1967,S. 605 (Textarchiv – Internet Archive). 
  2. Richard Wagner, „Über die Benennung Musikdrama“, in: Ders.,Gesammelte Schriften und Dichtungen, Leipzig: Siegel 1907, Bd. 9, S. 303
  3. Richard Wagner, „Über die Benennung Musikdrama“, in: Ders.,Gesammelte Schriften und Dichtungen, Leipzig: Siegel 1907, Bd. 9, S. 306
Normdaten (Sachbegriff):GND:4043582-9(lobid,OGND,AKS)
Abgerufen von „https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Musikdrama&oldid=246701722
Kategorie: