Die ersten schriftlichen Nachweise von Maultrommelmachern in Molln stammen aus der Zeit um 1650: Im Grundbuch derHerrschaft Steyr, das 1647 angelegt wurde, werden einPankraz Hueber Maultrummelmacher (Breitenau, alte Nr. 114) und sein NachbarGeorg Schneidersperger Maultrummelmacher vom Häusl bey der Pruggen (Breitenau, alte Nr. 118) genannt. Laut Trauungsmatrikeln heiratete im Jahr 1650 der „Trumblmacher“ Sebastian Salzhueber eine Margarete und am 20. Oktober 1657 der „Thrummerlmacher“ Wolfgang Stainer eine Margareta.[2]
Urkunden, die sich direkt auf die Herstellung der Maultrommeln beziehen, finden sich erstmals in den 1670er-Jahren: Am 20. März 1673 beschwerten sich fünf, durch Krieg und andere Misslichkeiten beeinträchtigte MollnerHufschmiede bei der Verwaltung, dass sie um ihren Lebenserwerb gebracht werden, weil die (körperlich leichte) Herstellung von Kloben (Ausgangsprodukt für die Maultrommeln) nicht nur durch (nicht mehr voll arbeitsfähige) Hufschmiede, sondern auch durch irgendwelche Sensenschmiede und Bauernknechte vorgenommen werde.[3] Laut Ratsprotokoll des Jahres 1677 ersuchen die „gesambten Trumblmacher zu Molln“ die Herrschaft um den Erlass einer dringend notwendigenHandwerksordnung. Im Jahr 1679 trat dann tatsächlich die erste Handwerksordnung für die Maultrommelmacher in Kraft.[4]
Ursprünglich wurden die Kloben – ähnlich wie die Nägel in einerNagelschmiede – handgeschmiedet. Vor allem ältere oder gebrechliche Hufschmiede, die nur mehr leichtere Arbeiten ausführen konnten, verdienten damit ihren Lebensunterhalt.[3]
Mit der Zeit bildete sich der Beruf des „Klöbenschmiedes“ heraus. Das Roheisen wurde vorzugsweise aus Wendbach in der KatastralgemeindeTrattenbach vonTernberg bezogen, wo eine Eisensorte hergestellt wurde, die für die Erzeugung der Kloben geeignet war. Seit den 1930er-Jahren wird als Ausgangsmaterial ein starker, gewalzterDraht mitrhombischem Querschnitt verwendet, von dem geeignet lange Stücke abgezwickt werden.[5]
In den 1820er-Jahren gab es in der Umgebung von Molln insgesamt 6 Klobenschmiede,[6] davon zwei „Glöbenschmiden“ direkt in Molln:[7]
Robert Stöger auf der Waldeckersölde, wo schon imTheresianischen Kataster um 1750 ein Maultrommelmacher nachweisbar ist.[8]
Der Rohling wird gerade gestreckt, seine Enden werden gefeilt, und das Meisterzeichen wird eingestanzt. Am Amboss werden die beiden Endstücke um 90 Grad abgewinkelt. Mit zwei Zangen wird die Rundung hergestellt.[5] Danach wird der Rahmen in seine endgültige Form gebracht. Die Kerbe für die Zunge wird mit einer Handpresse in den Rohling gedrückt.[5][10]
Früher wurden die Kloben in Putzmühlen gereinigt.[5] Diese mit groben Sägespänen gefüllten Holztrommeln wurden durch fließende Gewässer angetrieben. Tausend Kloben wurden darin etwa 24 Stunden lang durcheinandergeschüttelt, bis das Eisen blank gescheuert war.[11]
Die Zungen (Federn, Lamellen) werden mit einer großen Schere aus dem Stahlblech geschnitten, zugefeilt, zweimal rechtwinkelig gebogen und gehärtet.[5][10]
Im letzten Produktionsschritt werden die beiden Halbfabrikate miteinander verbunden. Die Zunge wird in den Rahmen „geschlagen“.[10] Das Musikinstrument muss abschließend gestimmt werden.[5]
Die Frauen und Kinder in der Stube vergoldeten früher bei Bedarf die Maultrommeln und packten sie auf kleine Holzgestelle, um die empfindlichen Stahlzungen zu schützen.[5]
Klangdemonstration und Klangspektrum der Wechselspieltechnik der Mollner Maultrommel
Die Maultrommelmacher unterstanden ursprünglich der Eisenobmannschaft und waren ab 1625 imVerlagssystem derInnerberger Hauptgewerkschaft integriert. DerVerlag war ein Liefervertrag zwischen Produzenten und Abnehmern, wobei sich im Eisenhandel sogar Verlagsketten bildeten. Es gab auch einen Sensenverlag.[15]
Im 19. Jahrhundert wurde die Abhängigkeit von den Verlegern unerträglich, sodass 15 von 21 Meistern im Jahr 1891 eine Genossenschaft bildeten,[16] die bis 1938/39 bestand.[17]
2 Meister unterstanden jedoch derHerrschaft Leonstein und 3 derHerrschaft Garsten. Für einige Meister wurden mehrere Stöcke angeführt: 7 Meister arbeiteten an 3 Stöcken, 3 Meister hatten 4 Stöcke, 1 Meister hatte 5 und 1 Meister sogar 6 Stöcke.
1851 nahmen 5 Mollner Maultrommelmacher an derErsten Weltausstellung inLondon teil, und zwar Franz Grabner, Karl Schwarz, Franz Schwarz senior und junior, Ignaz Schwarz.[17]
Bei der Landesausstellung 1893 inLinz erhielten die Mollner Maultrommelerzeuger die Silberne Medaille (Urkunde bei Firma Schwarz).[17]
Bei der Landesausstellung für Industrie und Gewerbe 1898 inSteyr erlangten die Mollner Maultrommelerzeuger das Diplom 1. Klasse (Urkunde bei Firma Schwarz).[17]
Das 3.Internationale Maultrommelfestival fand 1998 in Molln statt und wurde vom 1992 gegründeten Österreichischen Maultrommelverein organisiert.[24]
Angela Mohr:Die Geschichte der Mollner Maultrommelerzeugung. Reihe Kulturgüter in Molln, Ennsthaler, Steyr 1998.
Maria Himsl:Die Maultrommel. In:Heimatkunde des politischen Bezirkes Kirchdorf an der Krems. Band 3, Linz 1938–1939 (abgedruckt in Angela Mohr, 1998, S. 94–99).
Karl Magnus Klier:Volkstümliche Musikinstrumente in den Alpen. Bärenreiter, Kassel 1956.
Regina Plate:Kulturgeschichte der Maultrommel (=Orpheus-Schriftenreihe zu Grundfragen der Musik. Band 64). Verlag für systematische Musikwissenschaft, Bonn 1992,ISBN 3-922626-64-5.
↑Trauungsbuch Molln. In: matricula-online.eu. 20. Oktober 1657, abgerufen am 10. März 2024 („Wolfgang Stainer solutus ein Thrummerlmacher“ im Trauungsbuch Molln, letzter Eintrag rechts unten).
↑abcdefgElfriede Lies: Herstellung von Maultrommeln. Aufgenommen 1966 bei der Maultrommelerzeugung Karl Schwarz Molln/Oberösterreich. In: mediathek.at. 1966, abgerufen am 10. März 2024 (tonloses Flash Video; 1:00 Abzwicken der Drahtstücke; 1:40–2:45 Biegen der Kloben; 3:18–3:25 Befüllung der Trommel; 3:42–3:50 Trommellauf; 3:50–4:15 Zuschnitt der Zungen; 4:20–4:50 Hämmern (dünnes Rollen) der Zungen; 5:35–6:05 Zufeilen der Zungen; 6:10–6:40 Biegen der Zungen; 6:45–6:55 Härten=Stählen der Zungen; 7:10–7:55 Entnahme der Kloben aus der Trommel; 8:00–8:15 Härten der Kloben; 8:15–8:40 Nuten der Kloben; 8:45–9:15 Einschlagen der Zunge in den fertigen Kloben („Nieten“); 9:40–10:30 Justierung von Zungen; 10:38–11:00 Verpackung; Die Wiedergabe-Probleme bei Minute 1:10 können durch Vorspringen auf etwa 2:00 und Rücksprung auf 1:20 behoben werden).
↑abBenedikt Pillwein (Hrsg.):Geschichte, Geographie und Statistik des Erzherzogthums Oesterreich ob der Enns und des Herzogthums Salzburg. Mit einem Register, welches zugleich das topographische und genealogische Lexikon ist und der Kreiskarte versehen. Geographisch-historisch-statistisches Detail nach Distrikts-Kommissariaten. 1. Auflage. Zweiter Theil:Der Traunkreis. Joh. Christ. Quandt, Linz 1828,Distrikts-Kommissariat Steinbach: Molln,S.435 (Google eBook). 2. Auflage 1843 (Google Book)
↑Oberösterreichisches Landesarchiv: Archiv der Herrschaft Steyr, Schachtel 1014, Fasc VII.
↑Oberösterreichisches Landesarchiv: Antrag vom 30. Mai 1807 zu Molln in der Urkunde vom 7. Juni 1807 im Archiv der Herrschaft Steyr, Schachtel 1014, Fasc 815.
↑Ignaz Gielge:Topographisch-historische Beschreibung aller Städte, Märkte, Schlösser, Pfarren und anderen merkwürdigen Örter des Landes Österreich ob der Enns. In alphabetischer Ordnung von ihrem möglichst erhobenen Ursprunge bis zum Wiener Friedensschlusse 1809. Zweiter Teil von I bis Q. Wels 1814, S. 208–188 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑Willibald Girkinger, Marktgemeinde Molln:Molln. Nationalparkgemeinde im Steyrtal. Freya Verlag, Linz 2014,ISBN 978-3-99025-114-0, S. 10, 242–245 („Musikhaus Schwarz“), 246–247 („Maultrommelerzeuger Josef Jofen“), 306–309 („Franz Wimmer – Maultrommelmacher, Menschenfreund, Geschichtenerzähler“).