EinMolekularstrahl oderMolekülstrahl (englischmolecular beam, MB) ist ein gerichteter Materiestrahl ausMolekülen. Molekularstrahlen finden vielfältige Anwendungen in derAtom-,Molekül-,Cluster- undOberflächenphysik, in derOberflächenchemie sowie in derphysikalischen Chemie. Eine technisch relevante Anwendung ist dieMolekularstrahlepitaxie.
Die Methode wurde 1911 vonLouis Dunoyer de Segonzac und ab 1919 vonOtto Stern entwickelt[1][2], der unter anderem dafür den Nobelpreis erhielt.
Zur Erzeugung von Molekularstrahlen gibt es verschiedene Methoden, die einen starken Einfluss auf die Geschwindigkeit, dieTemperatur, dieDichte und dieDivergenz des Molekularstrahls haben.
Bei diesem (auch als Knudsen-Zelle bezeichneten) Aufbau wird ein Gas aus einem Reservoir durch eine kleine Öffnung in eine Vakuumkammer expandiert. Der Düsendurchmesser ist bei dieser Methode viel kleiner als diemittlere freie Weglänge der Moleküle (Knudsen-Zahl größer 1), sodass der Austritt von Molekülen nicht den Zustand des Gases vor der Öffnung beeinflusst. Die Geschwindigkeitsverteilung und die Energieverteilung der internen Freiheitsgrade (Schwingungen, Rotation) der ausgetretenen Moleküle entsprechen derMaxwell-Boltzmann-Verteilung des Gases im Reservoir. Sie hängen also nur von der Molekülmasse und der Temperatur des Gases ab. Die mittlere Geschwindigkeit kleiner Moleküle liegt bei Raumtemperatur im Bereich einiger hundert Meter pro Sekunde.
Der so entstandene Molekularstrahl wird gelegentlich alseffusiver Strahl oderKnudsenstrahl bezeichnet. Wird ein Strahl mit einer schmaleren Geschwindigkeitsverteilung als der Maxwell-Boltzmann-Verteilung benötigt, können Moleküle mit der gewünschten Geschwindigkeitsverteilung durch Einsatz einesGeschwindigkeitsselektors aus dem Effusivstrahl herausgefiltert werden.
Ähnlich wie bei der Effusivquelle wird auch bei der Düsenstrahlmethode ein Gas aus einem Reservoir in eine Vakuumkammer expandiert, jedoch herrschen bei Verwendung eines hinreichend hohen Drucks qualitativ andere Expansionsbedingungen: Diemittlere freie Weglänge der Gasmoleküle muss viel kleiner als der Düsendurchmesser sein, damit die ungerichtete thermische Bewegung der Moleküle durch Stöße untereinander in eine gerichtete Bewegung umgewandelt werden kann.[3] Hierbeigleichen sich die Axialgeschwindigkeiten der Moleküle in der Expansionszone der Düse aneinander an, es erfolgt eineadiabatische Abkühlung aller Freiheitsgrade der Moleküle. Diekinetische Energie der Moleküle wird fast vollständig in Translationsenergie umgewandelt, es entsteht ein Düsenstrahl aus Molekülen mit einer sehr niederen Temperatur der internen Freiheitsgrade (Rotation, Vibration).
Sowohl die Geschwindigkeit als auch die Temperatur des Strahls hängen vom Druck im Reservoir und von der Temperatur der Düse ab. Die erreichbare Temperatur ist nach unten durch die Bildung vonClustern und die damit verbundene Freisetzung vonKondensationsenthalpie begrenzt. Die Clusterbildung lässt sich unterdrücken durch Beimischung eines Edelgases (seeded beam). Bei hinreichend geringer Konzentration der Moleküle sind die Strahleigenschaften durch das Trägergas bestimmt. Mit leichten Trägergasen lassen sich hohe Geschwindigkeiten erreichen (Beispiel:Helium mit bei Raumtemperatur), für niedere Geschwindigkeiten wird ein schweres Trägergas wie z. B.Xenon verwendet ().
Ein hinter der Düse angebrachter Strahlabschäler (englisch:skimmer) und eine geeignete Anordnung von Blenden ermöglichen die Ausbildung eineskollimierten Strahlprofils. Damit die Qualität des Düsenstrahls nicht durch Stöße mit Restgas beeinträchtigt wird, muss in der Vakuumkammer ein Druck kleiner aufrechterhalten werden, was den Einsatz mindestens einerVakuumpumpe mit hohemSaugvermögen erfordert. Eine geeignete Formgebung der Düse vermindert den Öffnungswinkel des Strahls und damit die notwendige Saugleistung.
Ein großes Anwendungsgebiet von Molekularstrahlen sindStreuexperimente, bei welchen die Strahlen an gasförmigen, flüssigen oder festenTargets gestreut werden.
Bei derMolekularstrahl-Methode werden Molekular- oder Atomstrahlen über Kreuz angeordnet. Bei der Kollision der Moleküle können diese miteinander chemisch reagieren, weiterhin können An- oder Abregungsprozesse von Schwingungen und Rotationsbewegungen stattfinden. Durch Untersuchung der Geschwindigkeitsverteilungen, der chemischen Zusammensetzung und der internen Anregungen der gestreuten Teilchen können vielfältige Informationen über die intermolekularen Wechselwirkungen und über die Reaktionsprozesse der beteiligten Moleküle gewonnen werden.
In analoger Form können Molekularstrahlen an Grenzflächen von Feststoffen oder Flüssigkeiten gestreut werden.
Ein weiteres Anwendungsgebiet ist dieMolekularstrahlepitaxie zur Abscheidung vondünnen Schichten auf Oberflächen.