„Was die doppelhörnige Mitra mit den gleichmäßigen Spitzen bedeutet: die gleichmäßig vollkommene Kenntnis des Alten und Neuen Testamentes.“[1]
Seit dem 11. Jahrhundert entwickelt sich die Mitra, die zu denPontifikalien gehört, in der Kirche (außer in den meistenOstkirchen) zur heutigen Form. Die Bedeckung des Hauptes besteht an Stirn- und Nackenseite aus den beiden kopfstehenden Schilden(cornua). Das Innenfutter der Mitra ist immer noch einer Mütze ähnlich. Umfasst wird dieses von festerem Stoff, der vorne und hinten spitz zuläuft. Nach hinten hängen zweiPendilien-Bänder, die so genannten Infuln oderVittae, bis auf die Schultern herab; diese beiden Bänder stehen symbolisch für dasAlte und dasNeue Testament.
In derkatholischen Kirche des Westens entwickelten sich drei verschiedene Klassen von Mitren.[2]
Mitra pretiosa – die „kostbare Mitra“ ist üblicherweise reich verziert (vor allem ältere Mitren sind manchmal mit Juwelen und Halbedelsteinen ausgestattet und mit Goldfäden bestickt)
Mitra auriphrygiata – die „goldene Mitra“ wird entweder aus einem durchgehend goldfarbenen Stoff gearbeitet oder ist aus weißer Seide, in die Gold- und Silberfäden eingestickt sind.
Mitra simplex – die „einfache Mitra“ besteht aus weißemSeidendamast, Seide oder Leinen. DieVittae enden in roten Fransen.
Während der Pontifikalfunktionen wurden in der Regel immer zwei Mitren gebraucht, d. h. entweder Mitra pretiosa und Mitra auriphrygiata oder aber Mitra auriphrygiata und Mitra simplex.
In derorthodoxen Kirche ist die Mitra (μίτρα) eine hohe gewölbte, kronenförmige Mütze (Stephanos (Bischofskrone)). Statt der Bänder wird die Mitra dort nach hinten von einem Tuch umschlossen. Die Mitra (Krone) wird vom Bischof, aber auch vonErzpriestern getragen, denen dieses Recht verliehen wurde. Sie werden Mitrophoroi (Mitrenträger) genannt. Ursprünglich bestand die Mitra aus einem Metallreif, über dem zwei kreuzförmig gebogene Metallstreifen angebracht waren. Das Metall wurde mitEmail,Edelsteinen undPerlen geschmückt, wobei der Zwischenraum mitSamt,Seide oder Metallplättchen ausgefüllt wurde. Diese Verzierungen symbolisieren die Vielfalt derTugendenChristi. An vier Seiten des Metallreifs warenSymbole der vierEvangelisten (Mensch, Löwe, Stier und Adler) oder kleineIkonen angebracht.[4] Da diese Metall-Mitren zwei bis drei Kilogramm wogen, setzten sich seit dem Ende des 18. Jahrhunderts leichtere, gestrickte Mitren durch, die mit kostbaren Stoffen verziert waren.[5] In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden in derGriechisch-orthodoxen Kirche zum ersten Mal Mitren getragen, deren Vorbild dieKaiserkrone derbyzantinischen Kaiser war. In Russland wurde 1589 zuerst eine Mitra verliehen. Russische Mitren sind größer als griechische und sitzen daher über den Augenbrauen, während griechische Mitren die Stirn weitgehend unbedeckt lassen. Die Mitra wird vomGroßen Einzug bis zurKommunion abgesetzt. Der Bischof trägt während der Lesung des Evangeliums die Mitra, während andere Mitrenträger sie absetzen.[6]
Die Mitra tritt unter den sakralen Kleidungsstücken abendländischer Bischöfe erst im 11. Jahrhundert auf, bei ostkirchlichen Bischöfen noch viel später. Die genaue Herkunft ist unsicher. Ursprünglich war die Mitra nur eine Art Mütze, vereinzelt auch nur ein Stirnband. Eigentlich ein Kennzeichen persischer Fürsten, wurde es über allerlei Umwege von den Bischöfen übernommen. Eine andere Meinung besagt, dass bereits bei Würdenträgern imRömischen Reich eine Mitra zumOrnat zählte und von der Kirche diese Kopfbedeckung übernommen wurde.[7] Doch auch die Herkunft von einemFischkopf wird diskutiert.
Die Mitra ist in derHeraldik eineWappenfigur, die allgemein auf einen Bischof oder anderen hohen Heiligen hinweisen soll – etwa einen Ortsgründer, Orts- oder Kirchenpatron. Dargestellt wird die Mitra meist in Silber oder Gold mit goldenen Bändern, die zu beiden Seiten herabhängen. Es gibt auch Wappen, in denen Mitra undBischofsstab gemeinsam eine Wappenfigur ergeben. Die Mitra kann auch auf demSchildrand ruhen oder ganz allgemein imOberwappen sein. Mitren wurden (und werden z. T. gegen die gültige Regel) in derkirchlichen Heraldik eingesetzt, um den Rang eines Wappenträgers zu bezeichnen (Bischof, infulierter Abt), wobei jedoch in der katholischen Kirche das Wappen von Bischöfen und Kardinälen üblicherweisenicht von einer Mitra, sondern von einemGalero überhöht ist. Den Wappenschild mit einer Mitra zu bekrönen ist seit 1969 für kirchliche Würdenträger, den Papst ausgenommen, nicht mehr erlaubt. Die Mitra ist seither den Wappen von kirchlichen Institutionen vorbehalten, z. B. einemBistum oder einerAbtei. Papst Benedikt XVI. ersetzte in seinem Wappen die zuvor inPapstwappen üblicheTiara durch eine Mitra.
Eine bestimmte Abfolge von Straßen inWürzburg wird als „Bischofsmütze“ oder „Bischofshut“ bezeichnet, da sie in ihrer fünfeckigen Form an eine solche erinnert. Basis ist das rechtsseitige Mainufer; es schließen sich Juliuspromenade, Theaterstraße, Balthasar-Neumann-Promenade und Neubaustraße an.[8]
DerLäufer imSchach wird im englischen Sprachraumbishop genannt. Sein Symbol ist eine Mitra.
Bruno Bernhard Heim:Wappenbrauch und Wappenrecht in der Kirche. Walter, Olten 1947.
Joseph Braun:Die liturgische Gewandung im Occident und Orient nach Ursprung und Entwicklung, Verwendung und Symbolik. Herder, Freiburg (Breisgau) 1907,S. 424–498 (Unveränderter reprografischer Nachdruck. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1964).
Bernhard Sirch:Der Ursprung der bischöflichen Mitra und päpstlichen Tiara (= Kirchengeschichtliche Quellen und Studien. Bd. 8). EOS-Verlag, St. Ottilien 1975,ISBN 3-920289-57-9 (Zugleich: Diss. Univ. München, 1973).
Dieter Philippi:Sammlung Philippi. Kopfbedeckungen in Glaube, Religion und Spiritualität. St. Benno Verlag, Leipzig, 2009,ISBN 978-3-7462-2800-6.
Heidi Blöcher:Die Mitren des Hohen Mittelalters. Abegg-Stiftung, Riggisberg 2012,ISBN 978-3-905014-51-8. [neue Erkenntnisse bringende kunsthistorische Studie]
Petra Janke:Bemerkungen zu den barocken Mitren aus Altenberg. In:Cistercienser Chronik 126 (2019), S. 84–99. [Studie zu Gebrauch und Stil der Mitren in einer Zisterzienserabtei]
↑Nikodemus C. Schnabel:Die liturgischen Gewänder und Insignien des Diakons, Presbyters und Bischofs in den Kirchen des byzantinischen Ritus, Echter Verlag, Würzburg 2008, 115–123.
↑Elisabeth Trenkle:Liturgische Geräte und Gewänder der Ostkirche, Slavisches Institut, München 1962, 46f.
↑Athanasios Papas:Liturgische Gewänder, in:Reallexikon zur byzantinischen Kunst 5 (1995), 741–775, hier 766–769.
↑Bernhard Sirch:Der Ursprung der bischöflichen Mitra und der päpstlichen Tiara, Eos Verlag, St. Ottilien 1975.