Mingo
DieMingo sind ursprünglich eine Gruppenordamerikanischer Indianerstämme derIrokesen-Sprachfamilie, die imOhio Country im Westen von Pennsylvania, im Osten von Ohio und im Norden West Virginia lebten. Kulturell und politisch standen sie den ebenfalls irokesischsprachigenErie,Wenro undSusquehannock nahe.
Während derBiberkriege (auch: Franzosen- und Irokesenkriege, 1640 bis 1701) sowie derFranzosen- und Indianerkriege (1689 bis 1763) vertrieb die militärisch mächtigeIrokesen-Liga im Kampf um das Handelsmonopol und der Jagdrechte imPelzhandel mehrere kleinere Irokesen- und Östliche Algonkin-Stämme nach Westen; andere wurden der Liga tributpflichtig und wiederum andere Völker wurden gänzlich ausgelöscht.
Als Reaktion auf die Aggression derIrokesen wendeten sich die Mingo und weitere nach Westen versprengte Gruppen (hierunter auch Teile derSeneca undCayuga)Neufrankreich zu, um gemeinsam gegen den Siedlungsdruck der englischen Kolonisten sowie der mit den Briten verbündeten Irokesen bestehen zu können.
Während des 18. Jahrhunderts wanderten Angehörige derWyandot, Susquehannock, Erie,Shawnee,Lenape und Munsee sowie Gruppen kleinerer indigener Völker ins Ohio Country sowie spätereNordwestterritorium (Territorium nördlich des Ohio Rivers) ein, dort wohnten diese meist in multiethnischen Dörfern zusammen, während dieser Zeit setzte dieEthnogenese der „Mingo“ ein.[Anm 1] Die Mingos wurden daher auch alsOhio-Irokesen,Ohio-Seneca oderSeneca of Sandusky bezeichnet.
Name
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Angloamerikaner nannten diese ZuwandererMingo bzw.Black Mingo („Schwarze Mingo“), manchmal auchBlue Mingo („Blaue Mingo“) – letzteres primär um diese Gruppe von den ebenfalls alsBlack Mingo/Minquas („Schwarze Mingo/Minquas“) bekanntenErie zu unterscheiden. Zudem wurden weitere irokesisch-sprachige Völker/Konföderationen als „Mingo/Minquas“ bezeichnet: dieSusquehannock alsWhite Mingo/Minquas („Weiße Mingo/Minquas“), dieWyandot (bis 1650:Huronen) alsLittle Mingo/Minquas („Kleine Mingo/Minquas“) und dieIrokesen-Liga alsBig Mingo/Minquas („Große Mingo/Minquas“).
Der heute gebräuchliche StammesnameMingos oderMinquas ist eineVerballhornung einer Sammelbezeichnung derÖstlichen Algonkin für die meist feindlichen Irokesisch-sprachigen Völker.[1]DieLenape und Munsee (traditionelle Feinde der Susquehannock und der Irokesen-Liga) nutzten dasEthnonymMengwe („ohne Penis“) bzw.Miqui („fremd, andersartig, weit weg“)[2], oftmals auch als („verräterisch“ oder „heimtückisch, listig“) wiedergegeben; dieNiederländer undSchweden – Handelspartner und direkte koloniale Nachbarn der Lenape und Munsee – übernahmen diesen Namen alsMinquas, später die Briten und Angloamerikaner alsMingos.[3]
Sie selbst hatten wie viele andereindigene Völker auch keine spezifische Stammesbezeichnung, sondern nannten sich einfachÖkwe'ôweshö'ö („Wirkliche, Wahre Personen, Menschen“; Einzahl:Ökwe'ôwe).
Geschichte
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Die Angehörigen des Stammes, der alsMingo bekannt wurde, hatten das Ohio-Gebiet als Teil eines indianischen Zuwandererstroms in der Mitte des 18. Jahrhunderts besiedelt. Dieses, in etwa dem heutigen US-BundesstaatOhio entsprechende, Gebiet war über mehrere Jahrzehnte hinweg nur sehr spärlich besiedelt gewesen. Die Ansiedlungen dieser Zuwanderer entwickelten sich in zunehmendem Maße zu einem Zusammenschluss der eingewanderten indianischen Bevölkerung. Diese entstammten vor allem den Stämmen derSeneca,Wyandot,Shawnee,Susquehannock undDelawaren. Das Ohio-Gebiet war bereits seit längerem das Jagdgebiet der Irokesen gewesen, weshalb dieIrokesenliga den Anspruch auch auf die nominelle Oberhoheit über dessen Bewohner erhob. Diese widersetzten sich jedoch diesem Anspruch und agierten in zunehmendem Maß weitgehend unabhängig von den Irokesen. Als 1763 derPontiac-Aufstand ausbrach, verbündeten sich viele Mingos mit den Angehörigen anderer Indianerstämme, um die britische Herrschaft über das Ohio-Gebiet zu beenden. Die Irokesenliga dagegen hielt weiterhin ihr traditionelles Bündnis mit den Briten aufrecht und stand damit den Mingos erneut feindselig gegenüber. Trotz einiger spektaktulärer Anfangserfolge endete der Pontiac-Aufstand schließlich mit einer völligen Niederlage der rebellierenden Indianerstämme. Der Mingo/Seneca-HäuptlingHauptguyasuta war einer der Anführer in dieser Auseinandersetzung.
Bis zum Anfang der 1830er Jahre entwickelte sich das im westlichen Ohio gelegene Siedlungsgebiet der Mingos zu einer prosperierenden Gemeinschaft. Durch den Ausbau ihrer Bauernhöfe und die Einrichtung von Schulen erfolgte dabei auch eine zunehmende Angleichung an die amerikanische Zivilgesellschaft. Ungeachtet dessen wurden die Mingos jedoch durch den 1830 erfolgten Erlass desIndian Removal Act gezwungen, ihre Besitzungen zu verkaufen und 1832 nach Kansas umzusiedeln. In Kansas trafen die Mingos dann mit mehreren Seneca-Sippen zusammen und beide Stämme teilten sich dort dieNeosho Reservation. Nach demAmerikanischen Bürgerkrieg zog der Stamm erneut weiter, nunmehr in das heutigeOttawa County im US-BundesstaatOklahoma. Seit 1937 bezeichnet sich der Stamm offiziell alsSeneca-Cayuga Tribe of Oklahoma und zählt heute über 2.400 Mitglieder. Mit den sechs Nationen der ehemaligen Irokesenliga werden noch immer diverse kulturelle und religiöse Verbindungen gepflegt.
Sprache
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Mingo-Sprache bzw.Unyææshæötká' oderÖkwe'öwékhá'[4] ist eine nördlicheIrokesen-Sprache, die sprachlich große Ähnlichkeiten mit der Sprache derSeneca undCayuga aufweist.Ihre Sprache war ursprünglich im östlichen Ohio, westlichenPennsylvania und inWest Virginia verbreitet und diente während der Western Confederacy als bedeutendeVerkehrssprache unter den verbündeten Stämmen. Es ist einepolysynthetische Sprache mit äußerst komplexem Verbgebrauch und zählt mit aktuell schätzungsweise höchstens fünf Sprechern zu dentodgeweihten Sprachen (moribund). In den letzten Jahren hat es jedoch ein gesteigertes Interesse an der Wiederbelebung dieser Sprache gegeben, insbesondere unter den Nachkommen der Mingos.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- James Thomas Flexner:Lord der Mohawks, Sir William Johnson – Mittler zwischen Indianern und Weißen. F.A. Brockhaus, Wiesbaden 1981,ISBN 3-7653-0334-8.
- Francis Parkman:The Conspiracy of Pontiac (Vol. 1+2). – Boston: Little, Brown & Co, 1885 <reprinted 1969>
Anmerkungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Neufindung oder Neuidentifikation von Stämmen und Volksgruppen oder die Entstehung neuer Stämme war an der vorrückenden Frontier nichts Ungewöhnliches. Neben den Mingos, können dieWyandot (ehemals Huronen und Tionontati sowie Neutrale), dieSeminolen sowie die Delawaren (Lenni Lenape) genannt werden.
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Brinton, Daniel G., C.F. Denke, and Albert Anthony.A Lenâpé - English Dictionary. Biblio Bazaar, 2009.ISBN 978-1103149223
- ↑Brinton, 81 + 85
- ↑Brinton, Daniel G., C.F. Denke, and Albert Anthony.A Lenâpé - English Dictionary. Biblio Bazaar, 2009.ISBN 978-1103149223
- ↑West Virginia Mingo