Animalischer Magnetismus
Animalischer Magnetismus, auchMesmerismus genannt, ist die Bezeichnung für eine im 18. Jahrhundert behauptete, demMagnetismus analoge Kraft am Menschen, die vonFranz Anton Mesmer (1734–1815) propagiert wurde. Der Begriff leitet sich vom lateinischenanimal („Geschöpf, Lebewesen, Tier“) her. Mesmer selbst sprach auch vom „tierischen Magnetismus“, der in der Lage sei, eine durch die Störung derLebenskraft verursachte Krankheit zu heilen. Die davon abgeleitete Heilmethode (genannt auchHypnotismus), die auch Hypnosetechniken einsetzte („Mesmerisieren“), erfuhr zwischenzeitlich große öffentliche Beachtung.François Roustang sieht im animalischen Magnetismus „die Geburtsstunde der Hypnose“.[1][2] Sie war zeitgenössisch von erheblicher medizinischer und geisteswissenschaftlicher Bedeutung. Etwa ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Konzept zunehmend als unwissenschaftlich verworfen. Nachfolgetechniken haben, abgesehen von derHypnose, randständige Bedeutung imalternativmedizinischen Bereich und derEsoterik.
Entstehungsgeschichte
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Medizinischer Einsatz von Magneten war in der Heilkunde zu Mesmers Zeit weit verbreitet. Acht Jahre nach seiner auch die Entstehungsgeschichte des animalischen Magnetismus aufzeigendenDissertationDe planetarum influxu behandelte Mesmer am 28. Juli 1774 erstmals die 29-jährige „Jungfer Oesterlin“ mit Magneten. „Die schlimmsten Zustände bei ihr waren, dass das Blut ungestümm in den Kopf drang, und fürchterlichste Zahn- und Ohrenschmerzen verursachte, welche mit Wahnwitz, Wuth, Erbrechen und Ohnmachten verbunden waren“, berichtete er. Er unternahm einen Behandlungsversuch, bei dem er während eines Anfalls Stahlmagnete an ihr befestigte. Das vorübergehende Ausbleiben der Symptome nach dieser sehr schmerzhaften Behandlung führte er aber nicht auf die Magnete, sondern aufgrund einer spontanen Eingebung auf eine weitere, unsichtbare Kraft zurück. Den Begriff des animalischen Magnetismus benutzte er erstmals, als er sich notierte, dass er bei den Beschwerden einen zyklischen Verlauf wahrnehme. Er erklärte dies durch eine „Art von Ebbe und Fluth, welcher der thierische Magnetismus im Körper verursachet“.
Mesmer hoffte darauf, mit seiner Theorie die Medizin zu revolutionieren. Dabei legte er aber eine quasireligiöse, in der Literatur seiner Kritiker teilweise als wahnhaft bezeichnete Gewissheit über die Richtigkeit seiner Theorie an den Tag, mit der er sich gegen Kritik immunisierte.
Im Jahr 1843 legte der MedizinerJames Braid seine Arbeit über den Hypnotismus vor.[3]
Begriffe des animalischen Magnetismus
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]1771 glaubte Mesmer entdeckt zu haben, wonach man in der medizinischen Forschung vergangener Jahrhunderte erfolglos gesucht hatte: ein zentralesAgens des menschlichen Organismus zur Steuerung von Nerven, Muskeln und Körpersäften.
Das unsichtbare Prinzip, von ihmFluidum (vergleichbar demPneuma der Antike und dem Fluidum in der Lehre vonFriedrich Hoffmann[4]),All-Flut oder auchLebensfeuer (wegen seiner Fähigkeit, Blockaden zu schmelzen) genannt, sollte das All und sämtliche Organismen durchfluten.[5] Im Körper des Menschen wirke es, „indem die Ströme des Allgemein-Flüssigen durch die Nerven auf den innersten Organismus der Muskelfieber einfließen und ihre Verrichtungen bestimmen“. Dieses Prinzip sollte durch entsprechende Vorkehrungen oder durch Berührungen durch geeignete Heiler (Magnetiseure) gelenkt werden können.[6] Dies schien der Schlüssel zum Heil, denn dieStockung dieser Zirkulation war für Mesmer die Ursache aller Krankheiten. Diese werde erst durch eine heilsameKrise gelöst, weshalb seine magnetischen Heilmethoden das Ziel hatten, eine solche Krise künstlich zu erzeugen.
Mesmers Theorie im Kontext
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]In seinem 1766 bis 1800 entwickelten Konzept vom animalischen Magnetismus (bzw. „animalischen Vitalismus“[7]) greift Mesmer populäre wissenschaftliche Themen seiner Zeit wie Elektrizität, Gravitation und Magnetismus auf. Alsideengeschichtliche Vorgänger Mesmers werden oftParacelsus[8] und der englische ArztRobert Fludd (1574–1637) angegeben, während die Vorarbeit für diemagnetische Kur demUniversalgelehrtenAthanasius Kircher (1602–1680), einemJesuitenpater, zugeschrieben wird, der bereits von einem mineralischen und einem tierischen Magnetismus sprach.[9] Große Ähnlichkeit zeigt sich auch mit dem schottischen ArztWilliam Maxwell (Medicina magnetica, 1679) und dessenpanvitalistischer Vorstellung, dass die Seele ein Lebensgeist sei, der körperliche Grenzen überwinde. Er berichtete auch von seiner eigenen Erfindung von Kuren mit magnetischem Wasser. Mesmer bestritt allerdings, Maxwell gelesen zu haben.
Mesmer selbst bezog sich aufIsaac Newton. Dieser hatte eine Anziehungskraft zwischen allen Massen (Gravitation) propagiert und war dabei von einer ArtÄther ausgegangen. In ähnlicher Weise setzte Mesmer einen Äther voraus, eben jenes Fluidum, in welchem Kräfte zwischen lebendigen Körpern aufeinander wirken.
Sein Ausgangspunkt war die im 18. Jahrhundert entdeckte Tatsache, dass bestimmte Anordnungen verschiedener Metalle und Flüssigkeiten einfluidum erzeugen, das Nerven und Muskeln reizt. Ohne Kenntnis der elektromagnetischen Phänomene griffen Mesmer und andere Wissenschaftler auf „vitalistische“ Modelle zurück: Sie nahmen an, einen unsichtbaren „Lebensstoff“ gefunden zu haben, der den Organismus durchströmt und von geeigneten,medial begabten Personen auch ausgesendet werden kann. Nicht ausgeschlossen werden konnten indische und chinesische Vorstellungen, die in den Großstädten Europas damals bereits en vogue waren. Zumindest ist die Vorstellung des Lebensstoffes, welcher den Körper durchströmt, identisch mit der indischen Konzeption vonPrana und der fernöstlichen Vorstellung desChi.
Aus der damals gängigen, auf den Schweizer ArztAlbrecht von Haller (1708–1777) zurückgehenden Theorie, dass übersteigerte mechanische oder elektrische Anspannung der Nerven Krankheiten auslösen (noch heute sprechen wir vom „überspannten Nervenkostüm“), entwickelte Mesmer die Vorstellung, dass sein Fluidum im Kranken ungleich verteilt sein könnte und er versuchen müsse, dies auszugleichen. (Möglicherweise hat dieses Modell seine Wurzeln schon in der antikenHumoralpathologie. Allerdings sind die vier Säfte nicht identisch mit dem einen animalischen Magnetismus, sondern eben viererlei Formen wie Galle und Blut, die aufgrund ihrer Mischverhältnisse den Charakter des Menschen prägen sollen.) Zusammenfassend ist die Theorie und Praxis, wie sie Mesmer erdachte, beiKarl Christian Wolfart (Mesmerismus) dargelegt. Sie sollte das von Mesmer praktizierte Heilverfahren erklären und untermauern.
Mesmers praktische Behandlungsweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Einzeltherapie
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Die von Mesmer angewandte praktische Vorgehensweise wird deshalb im Original aus dem Buch von Christian Wolfart zitiert, weil individuelle Fehlinterpretationen bei der referierenden Darstellung möglich sind.
Das Aufspüren des Krankheitsherdes nach Mesmer wird so beschrieben:
„1. Es geschieht mit der Hand die erste Anwendung, indem man dieselbe über den in Stockung geratenen Theil, welcher sich gemeiniglich durch eine leichte im Innern der Hand wahrgenommene Wärme merkbar macht, führt und allda verweilen läßt.“
Das Auslösen der Heilkrise nach Mesmer wird so beschrieben:
„Hat man sich vorläufig darin sicher gestellt, so berühre man beständig die Ursache der Krankheit, unterhalte die symptomatischen Schmerzen bis man sie in kritische verwandelt. Hierdurch unterstützt man die Anstrengung der Natur gegen die Ursache der Krankheit, und führt sie zu einer heilsamen Krise, das einzige Mittel, von Grund aus zu heilen.“
Mesmer setzte zur Übertragung der magnetischen Heilströme auf die Hilfesuchenden folgende Verfahren ein: Handauflegen, Luftstriche (französisch:passes). Die Behandlung einer Frau mit Einschlafschwierigkeiten in Meersburg wurde in einer Handlungsanweisung so protokolliert: Der Arzt benutze beide Hände ohne die Patientin zu berühren und streiche damit von der Höhe des Scheitels über beide Arme bis zu den Fingerspitzen, danach bis zu den Zehen; nie dem Energiestrom entgegen.[12]
Gruppentherapie
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Mehrere Personen wurden gleichzeitig in einer Versammlung (Séance) magnetisiert. Hierzu benutzte Mesmer geschlossene, mit Sand oder Eisenspänen gefüllte Bottiche (französisch:baquets), die er magnetisierte und als Speicher der magnetischen Energie benutzte.[13] Rund um den Bottich waren geknotete Seile befestigt, mit denen sich die Patienten mit dem Bottich und untereinander verbanden, um den Energiefluss weiterzuleiten. Eisenstäbe ragten aus dem Deckel des Bottichs. Sie wurden von den Patienten auf die kranken oder schmerzenden Körperteile gerichtet.[14][15] An der Wand hingen Spiegel, Mesmer spielte auf derGlasharmonika oder ging auf die der Heilung besonders bedürftigen Patienten hinzu, um mit der Hand zu heilen.[12]
Behandlungserfolge durch magnetische Heilströme
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Der Karlsruher PhysikprofessorJohann Lorenz Böckmann gab ab 1787 die ZeitschriftArchiv für Magnetismus undSomnambulismus in acht Bänden heraus, in denen er Krankengeschichten aus Baden, Württemberg, Bremen und dem Ausland und Behandlungserfolge durch magnetische Heilströme dokumentierte. Der Berliner MedizinprofessorKarl Christian Wolfart gab ab 1811 das medizinisch-chirurgische WochenblattAskläpieion heraus, in dem er auch Heilerfolge des Magnetismus beschrieb.[16]
Reaktionen auf Mesmers Theorie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Seine schon von etlichen Zeitgenossen abgelehnte Theorie und die von ihm entwickelten Behandlungsmethoden (magnetische Kur) werden beide auch alsMesmerismus, die Anwendung alsHeilmagnetismus bezeichnet. Der animalische Magnetismus hatte enorme geistesgeschichtliche Wirkung und beeinflusste unter anderemSchellingsNaturphilosophie. Der Mesmerismus spielt eine paradoxe Rolle bei der Geschichte und lange verzögerten Anerkennung derAnästhesie. Bis 1847 verzögerten die Verwendung etwa von Lachgas als Partydroge und der Widerstand gegen Mesmers heute weitgehend mit Hypnosewirkungen erklärte Methoden den Einzug der Anästhesie in die Schulmedizin. Danach wurde versucht dem Mesmerismus mit der nunmehr wissenschaftlich anerkannten Inhalationsanästhesie den Boden zu entziehen. Die orthodoxe Medizin akzeptierte die Anästhesie damit erst zu einem Zeitpunkt, zu dem der Mesmerismus drohte, zur ernsthaften Konkurrenz zu werden.[17]
Zeitgenössische Heilmethoden als Basis
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Zu Zeiten von Mesmer war das medizinische Bestreben, die Körpersäfte der Patienten in Balance zu halten. Gängige Behandlungsmethoden waren: Medikamente, veränderte Ernährung, Operation, Brech- und Abführmittel,Klistierspritzen,Schröpfen undAderlass.[18]
Kommissionen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]1784 erklärte eine von der französischen Regierung einberufene wissenschaftliche Kommission, der unter anderemAntoine Laurent de Lavoisier undBenjamin Franklin angehörten, den Mesmerismus für unwirksam. Seine Heilerfolge seien Produkt von Einbildungskraft der Patienten (in heutiger Terminologie ein „Placebo-Effekt“) und Nachahmung. Nur der BotanikerAntoine Laurent de Jussieu veröffentlichte ein Minderheitenvotum, das ein positives Urteil über Mesmers Verfahren ausdrückte; allerdings beruhe es nicht auf einem Fluidum, sondern auf der Übertragung von Körperwärme.
1816 wurden in Berlin und in Bonn je ein Lehrstuhl für Animalischen Magnetismus eingerichtet.[19][20]
Die katholische Kirche erklärte den „Mißbrauch“ des Mesmerismus, d. i. den okkulten Gebrauch in Form von „Wahrsagen“, „Weissagen“, „Hellsehen“ usf. 1856 zum „Irrtum“. Der „reine Akt der Anwendung“ dagegen wurde keinesfalls für sittlich unerlaubt erklärt.[21]
Nachfolger
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Nachdem sich Mesmer zur Ruhe gesetzt hatte, übernahm sein Schüler, der französische AdligeMarquis de Puységur, die öffentlichen Behandlungen und fand zahllose Nachahmer. Ungeachtet des wissenschaftlichen Urteils blieb der Mesmerismus, dessen Begründer noch durchaus naturwissenschaftlich dachte, unter der französischen und deutschen Oberschicht sehr populär. Mehrere Schulen und Fachgesellschaften wurden zwischen 1780 und 1790 gegründet. UnterNapoleon wurde er zwar als adligerOkkultismus unterdrückt, gelangte aber sofort nach Napoleons Sturz wieder zur Blüte. Vor allem in Deutschland, wo der Mesmerismus nicht mehr zwischen Physik und Metaphysik unterschied,[22] ging er in die Hauptströmung derRomantik bzw. romantischen Wissenschaft, insbesondere derMedizin, ein. Basierend auf den „fluidalen“ Konzepten Mesmers publizierte Chauncy Hare Townshend 1840 dieFacts in Mesmerism, ein Standardwerk der englischsprachigen mesmeristischen Literatur. Townshend fügte Mesmers Theorien ein eigenes biophysikalisches, auf neurophysiologischen Erkenntnissen beruhendes, Modell hinzu.[23]
Soziale Komponente
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Da der mesmeristische Heilungsansatzgesellschaftsutopisches Potential besitzt (das gemeinschaftliche Erleben des Fluidums sollte Solidaritätsgefühle erzeugen und zum sozialen Handeln befähigen), tauchen seine Ideen auch im sozialpolitischen Diskurs auf. Mesmer selbst befürwortete ausdrücklich eine Anwendung seiner Lehre auf soziale Verhältnisse und veröffentlichte 1814 einen Verfassungsentwurf für die Schweiz. Zentrale Werte des Werks waren Harmonie und Natürlichkeit, vor allem die Fähigkeit zur Einstimmung auf die Natur. Eine wichtige Rolle sollten dabei Pädagogik und Medizin spielen. Auch der von Mesmer gegründete geheimeOrden der Harmonie und die gesellschaftlichen Zirkel der Mesmeristen (harmonische Gesellschaften) sahen sich selbst als Basis gesellschaftlicher Entwicklung.
Wirkung auf die Geistesgeschichte
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Der animalische Magnetismus floss in zahlreiche philosophische Ansätze ein. NachPeter Sloterdijk kannFriedrich SchellingsNaturphilosophie als eine umfassende Rationalisierung des animalischen Magnetismus verstanden werden.[24] AuchSchopenhauer äußerte sich positiv und befasste sich im Rahmen seiner Metaphysik des Willens mit der Thematik.Friedrich Schlegel widmete sich in seinen Tagebüchern ausführlich der magnetischen Behandlung einer Wiener Gräfin.Johann Gottlieb Fichte widmete sich ebenfalls dem Gebiet und nahm an magnetischen Sitzungen des ProfessorsKarl Christian Wolfart in Berlin teil.Dietrich Georg von Kieser, der auch mitJohann Wolfgang von Goethe persönlichen Kontakt pflegte, versuchte, den animalischen Magnetismus auf eine wissenschaftliche Grundlage zu stellen – im Sinne der romantischen Naturphilosophie. Er sah in ihm die „tellurische Kraft“ („allgemeinste Kraft des Erdlebens“) am Werk(siehe Abbildung).Literarisch verarbeitet wird der Mesmerismus verstärkt in der Epoche derRomantik und ihrem von Geister- und Wundergläubigkeit geprägten Weltbild. Eine Rolle gespielt hat wohl auch die Nähe des hypnotischen Bewusstseinszustands zum Traum, dem zu dieser Zeit eine besondere Bedeutung zugesprochen wurde. Werke, in welchen der animalische Magnetismus auftaucht, sind unter anderemDie Tatsachen im Fall Waldemar vonEdgar Allan Poe,Der Magnetiseur vonE. T. A. Hoffmann,Das Käthchen von Heilbronn vonHeinrich von Kleist,Mesmerische Offenbarung von Edgar Allan Poe,Mario und der Zauberer vonThomas Mann,Die andere Seite vonAlfred Kubin undDer Zauberbaum vonPeter Sloterdijk. In Mozarts OperCosì fan tutte tritt die gewitzte Despina als Doktor auf und kuriert mittels eines Magneten, den sie von Doktor Mesmer empfangen haben will, die gespielten Leiden der vorgeblichen Selbstmörder aus Liebeskummer, Ferrando und Guglielmo.Per Olov Enquists früher RomanDer fünfte Winter des Magnetiseurs verwebt historische und fiktive Quellen zu den magnetischen Heilkünsten. Die deutsche RockgruppeScorpions produzierte im Jahre 1980 ein LP-Album mit dem suggestiven TitelAnimal Magnetism. Der FilmLicht (auchMademoiselle Paradis) vonBarbara Albert (Drehbuch:Kathrin Resetarits) mitMaria Dragus als erblindetes Klavier-WunderkindResi undDevid Striesow als umstrittener ArztMesmer basiert auf dem RomanAm Anfang war die Nacht Musik vonAlissa Walser.[25]
Der animalische Magnetismus wird in dem FilmDie Hebamme 2 (2016) thematisiert und mehrfach szenisch dargestellt.[26]
Mesmerismus heute
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Zu den ersten Physiologen, die sich um 1880 bis 1890 mit Problemen des Hypnotismus befassten, gehörtenRudolf Heidenhain undWilliam Preyer.[27]
Mesmers Lehre und/oder Methoden leben in verschiedenen Richtungen noch heute weiter:
- Okkultismus: Inspiritistischen[28][29] Praktiken wird Mesmers Theorie als Grundlage angegeben, obwohl dieser ein erklärter Feind vonGeistheilung[30] war und für sich selbst Wissenschaftlichkeit in Anspruch nahm.
- Alternativmedizin undParapsychologie: Seit 1980 widmeten sich systematische Forschungen auf dem Gebiet der Parapsychologie unter anderem der Lehre Mesmers und erklärten ihn zum Vorreiter wissenschaftlicher Parapsychologie, da seine Veröffentlichungen auf Beobachtungen und Experimenten basierten.
- Psychologie undpsychosomatische Medizin: Da man als eigentliches Wirkprinzip der Mesmer’schen Methoden bald dieSuggestivkraft erkannt hatte, wurden diese unter anderem vonCharcot undFreud weiter erforscht und sind heute alsHypnotherapie Bestandteil dertiefenpsychologisch fundiertenPsychotherapie. Suggestive Verfahren haben außerdem Eingang in die psychosomatische Medizin gefunden.
- Sprachgebrauch: In der englischen Sprache wird das Verbto mesmerize für ‚be-/verzaubern‘, ‚in Bann ziehen (kommunikativ, charismatisch fesseln)‘ und ‚hypnotisieren‘ gebraucht.[31]
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Ernst Benz:Franz Anton Mesmer und die philosophischen Grundlagen des „animalischen Magnetismus“. Wiesbaden 1977.
- Bernadett Bigalke:Lebensreform und Esoterik um 1900. Die Leipziger alternativ-religiöse Szene am Beispiel der Internationalen Theosophischen Verbrüderung. Eragon-Verlag, Würzburg 2016,ISBN 3-95650-143-8.
- Reinhard Breymayer:Zwischen PrinzessinAntonia von Württemberg undKleistsKäthchen von Heilbronn. Neues zumMagnet- und Spannungsfeld des Prälaten Friedrich Christoph Oetinger, Noûs-Verlag Thomas Leon Heck, Dußlingen 2010;ISBN 978-3-924249-51-9. [Zur Ausstrahlung des Kabbalakenners und Magnetismus-Sympathisanten Oetinger auf das Umfeld vonHölderlin,Hegel und Heinrich von Kleist.]
- Robert Darnton:Der Mesmerismus und das Ende der Aufklärung in Frankreich, Ullstein, Frankfurt a. M./Berlin 1986;ISBN 3-548-35235-9.
- Paul Diepgen,Heinz Goerke:Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 30 und öfter.
- Gerhard Eis:Irrealer Magnetismus in der vorromantischen Fachliteratur. In:Medizinische Monatsschrift. Band 18, 1964, S. 66–69; auch in: Gerhard Eis:Vor und nach Paracelsus. Untersuchungen über Hohenheims Traditionsverbundenheit und Nachrichten über seine Anhänger. Stuttgart 1965 (=Medizin in Geschichte und Kultur. Band 8), S. 168–176.
- Joseph Ennemoser:Anleitung zur Mesmerischen Praxis, J. G. Cotta’scher Verlag, Stuttgart und Tübingen 1852
- Werner E. Gerabek:Magnetismus, animalischer (tierischer M., organischer M., Lebensmagnetismus, Mesmerismus). In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage,Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.):Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005,ISBN 3-11-015714-4, S. 882 f.
- Tilman Hannemann:Die Bremer Magnetiseure. Ein Traum der Aufklärung, Kleio Humanities, Bremen 2007,ISBN 978-3-9811211-2-4
- Justinus Andreas Christian Kerner:Franz Anton Mesmer aus Schwaben, Entdecker des thierischen Magnetismus. Erinnerungen an denselben, nebst Nachrichten von den letzten Jahren seines Lebens zu Meersburg am Bodensee. Literarische Anstalt, Frankfurt 1856
- Alexander Ferdinand Kluge:Versuch einer Darstellung des animalischen Magnetismus als Heilmittel. Realschulbuchhandlung, Berlin 1818 (Digitalisat)
- Isabella Frances Romer:Sturmer, a tale of mesmerism. To which are added other sketches from life, London 1841 (Digitalisat)
- George Sandby:Mesmerism and Its Opponents. With a narrative of cases, London 1848 (Digitalisat)
- Heinz Schott:Franz Anton Mesmer und die Geschichte des Mesmerismus, Stuttgart 1985
- Heinz Schott:Dr. Franz Anton Mesmer (1734–1815): Arzt und Naturphilosoph, Entdecker des animalischen Magnetismus. Dorfwerkstatt Gaienhofen, Folge 08-1999. In Zusammenarbeit mit dem Hermann-Hesse-Höri-Museum Gaienhofen am Bodensee.
- Franz Josef Schelver:System der allgemeinen Therapie im Grundsatz der magnetischen Heilkunst. Frankfurt am Main 1831. (Vorlesungen zum System der magnetischen Heilkunst).
- Alissa Walser:Am Anfang war die Nacht Musik, München 2010,ISBN 978-3-492-05361-7
- Katharine Weder:Kleists magnetische Poesie. Experimente des Mesmerismus, Göttingen 2008.
- Heinrich Werner: „Die Schutzgeister oder merkwürdige Blicke zweier Seherinnen in die Geisterwelt“, J.G. Cotta´sche Buchhandlung Stuttgart und Tübingen 1839
- Alison Winter:Mesmerized. Powers of Mind in Victorian Britain. Chicago 1998,ISBN 0-226-90219-6.
- Karl Christian Wolfart (Hrsg.):Mesmerismus oder System der Wechselwirkungen. Theorie und Anwendung des thierischen Magnetismus als die allgemeine Heilkunde zur Erhaltung des Menschen, Nicolai, Berlin 1814 (Nachdruck Amsterdam 1966,Ausschnitte als E-Text)
- Gereon Wolters (Hrsg.):Franz Anton Mesmer und der Mesmerismus. Universitätsverlag Konstanz, Konstanz 1988,ISBN 3-87940-335-X
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Mesmerismus und romantische Medizin
- Joseph Philippe François Deleuze (1753–1835):Instruction pratique sur le magnétisme animal (online)
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑G. F. W. Hegel,Le magnétisme animal. Naissance de l’hypnose, (übersetzt mit einer Einführung v. François Roustang), PUF, 2005
- ↑François Roustang,Was ist das - die Hypnose? (Hrsg.: Patricia Auer, Armin Weinrath), Turia + Kant, Wien/Berlin, 2025
- ↑Paul Diepgen,Heinz Goerke:Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 36.
- ↑Vgl.Paul Diepgen,Heinz Goerke:Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 26.
- ↑Bernadett Bigalke:Lebensreform und Esoterik um 1900. Die Leipziger alternativ-religiöse Szene am Beispiel der „Internationalen Theosophischen Verbrüderung“. Eragon-Verlag, Würzburg 2016,ISBN 978-3-95650-143-2,S. 80–82.
- ↑Bernadett Bigalke:Lebensreform und Esoterik um 1900. Die Leipziger alternativ-religiöse Szene am Beispiel der „Internationalen Theosophischen Verbrüderung“. Eragon-Verlag, Würzburg 2016,ISBN 978-3-95650-143-2,S. 82.
- ↑Vgl. etwa H. Orth, I. Kis:Schmerzbekämpfung und Narkose. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.):Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973,ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 24.
- ↑Vgl. auch Gerhard Eis:Irrealer Magnetismus in der vorromantischen Zeit. 1968.
- ↑Bernadett Bigalke:Lebensreform und Esoterik um 1900: Die Leipziger alternativ-religiöse Szene am Beispiel der „Internationalen Theosophischen Verbrüderung“. Eragon-Verlag, Würzburg 2016,ISBN 978-3-95650-143-2 (Für die ideengeschichtliche Verbindung zu Paracelsus und Kirchner siehe S. 77.).
- ↑Mesmerismus oder System der Wechselwirkungen, Theorie und Anwendung des thierischen Magnetismus als die allgemeine Heilkunde zur Erhaltung des Menschen. Mit dem Bildniß des Verfassers und 6 Kupfertafeln, hrsg. von Karl Christian Wolfart, Berlin, Nikolai 1814 (Nachdruck: E. J. Bonset, Amsterdam 1966, II. Abth., 13. Kapitel, 4. Anwendung, 2. Absatz, S. 115);Original als E-Text bei BSB - Bayerische Staatsbibliothek digital, MDZ - Münchener DigitalisierungsZentrum Digitale Bibliothek
- ↑Mesmerismus oder System der Wechselwirkungen, Theorie und Anwendung des thierischen Magnetismus als die allgemeine Heilkunde zur Erhaltung des Menschen. Mit dem Bildniß des Verfassers und 6 Kupfertafeln, hrsg. von Karl Christian Wolfart, Berlin, Nikolai 1814 (Nachdruck: E. J. Bonset, Amsterdam 1966, III. Abth., 9. Kapitel, Besondere Verfahrensarten, 2. Absatz, S. 180–181);Original als E-Text bei BSB - Bayerische Staatsbibliothek digital, MDZ - Münchener DigitalisierungsZentrum Digitale Bibliothek
- ↑abThomas Warndorf:„Die Pflicht, zum Nutzen der ganzen Menschheit tätig zu werden“. Der Arzt Franz Anton Mesmer. In: Museumsverein Meersburg (Hrsg.): Meersburger Spuren. Verlag Robert Gessler, Friedrichshafen, 2007.ISBN 978-3-86136-124-4, S. 56–65.
- ↑Heinz Schott:Dr. Franz Anton Mesmer (1734–1815): Arzt und Naturphilosoph, Entdecker des animalischen Magnetismus. Dorfwerkstatt Gaienhofen, Folge 08-1999, S. 4–7.
- ↑Ausstellung in Meersburg, Heilig-Geist SpitalMagie des Heilens. Die wundersamen Erkundungen des F. A. Mesmer vom 24. April bis 27. September 2015. Informationsblatt: Wie funktioniert Mesmers Heilmethode genau?
- ↑Thomas Knubben:Der Heilzuber des Franz Anton Mesmer. In: Harald Derschka und Jürgen Klöckler (Hrsg.): Der Bodensee. Natur und Geschichte aus 150 Perspektiven. Jan Thorbecke Verlag, 2018.ISBN 978-3-7995-1724-9. S. 152–153.
- ↑Karl Bittel:Der berühmte Hr. Doct. Mesmer. 1734–1815. Auf seinen Spuren am Bodensee im Thurgau und in der Markgrafschaft Baden mit einigen neuen Beiträgen zur Mesmer-Forschung. Aug. Feyel, Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung, Überlingen 1939. S. 12–13, 18.
- ↑Zuviel Angst vor heterodoxen Schulen, kann medizinische Innovation verhindern, M. Hänggi, Artikel in Schweizerische Ärztezeitung / Bulletin des médecins suisses / Bollettino dei medici svizzeri •2005;86: Nr. 32/33
- ↑Ausstellung in Meersburg, Heilig-Geist SpitalMagie des Heilens. Die wundersamen Erkundungen des F. A. Mesmer vom 24. April bis 27. September 2015. Informationsblatt: Aderlass und Klistierspritze - Der Stand der Heilkunst.
- ↑Corinna Treitel:A Science for the Soul: Occultism and the Genesis of the German Modern. Johns Hopkins University Press, Baltimore und London 2004, S. 35.
- ↑Vgl. auchWalter Artelt:Der Mesmerismus in Berlin (=Abhandlungen der geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz. Jahrgang 1965, Nr. 6).
- ↑Heinrich Denzinger:Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen. 38. Aufl. Herder, 1999. Nr. 2823–2825, S. 778/9
- ↑Paul Diepgen,Heinz Goerke:Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 30.
- ↑Siehe hierzu Sabine Kleine:Der Rapport zwischen tierischem Magnetismus und Hypnotismus. In:Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 13, 1995, S. 299–330; hier: S. 304–306.
- ↑Peter Sloterdijk:Sphären. Band 1, Suhrkamp, Frankfurt 1998, S. 243 ff.
- ↑geyrhalterfilm.com: Licht. Abgerufen am 2. Juli 2021.
- ↑Tilmann P.Gangloff: „Die Hebamme II“ - Historisches Drama mit viel Blut. In: Berliner Morgenpost. 16. Februar 2016, abgerufen am 4. Mai 2023.
- ↑Paul Diepgen,Heinz Goerke:Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 46.
- ↑Jacob Melo,O Passe ed. Federação Espírita Brasileira, 1998
- ↑Jacob Melo (Memento vom 26. Dezember 2014 imInternet Archive)
- ↑Vgl. auchRobert Jütte:Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute. C.H. Beck, München 1996,ISBN 3-406-40495-2, S. 103–114 (Mesmerismus und Geistheilung).
- ↑Mesmerize. In: PONS (Online Wörterbuch). PONS Gmbh., abgerufen am 1. Juli 2019.