Merw
37.66416666666762.184722222222Koordinaten:37° 39′ 51″ N,62° 11′ 5″ O
Merw (neupersisch مرو,DMGMarw, auchMerv,altpersisch𐎶𐎠𐎼𐎦𐎿Marguš,russischМерв) war imAltertum eineOasenstadt inMargiana im Südosten des heutigenTurkmenistan inZentralasien.[1] Die Ruinen der Stadt wurden von derUNESCO zumWeltkulturerbe erklärt.
Geographie
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die Überreste des alten Merw amBinnendelta desMurgab liegen bei der KleinstadtBairam Ali, knapp 30 km östlich der modernen StädteMurgap undMary, von denen letztere bis 1930 ebenfallsMerw genannt wurde.[2] Der Ort, einst eine wichtige Station an derSeidenstraße, befindet sich im Südwesten desAmudarja, etwas nördlich desKarakumkanals und eines Teilstücks der Trasse derTranskaspischen Eisenbahn.
Geschichte
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Der Platz ist seit derJungsteinzeit besiedelt. Den ersten Höhepunkt erlebte Merw im 2. Jahrtausend v. Chr. Der älteste Teil ist eine alsErk-Kala bekannte, zwölf Hektar große, befestigte Siedlung ausachämenidischer Zeit.
Während desAlexanderzugs wurde Merw erobert, inAlexandria he Margiane (griech. Ἀλεξάνδρεια τῆς Μαργιανής / ἡ Μαργιανή,dt.Alexandria in Margiana) umbenannt und zu einer griechischenPolis ausgebaut. VomSeleukidenkönigAntiochos I. wurde der Ort zerstört, aber unter dem NamenAntiochia in Parthien (Ἀντιόχεια τῆς Παρθίας / ἡ Πάρθη, auch: τῆς Μαργιανής / ἡ Μαργιανή) wieder aufgebaut. Diese heute alsGyaur-Kala bekannte Stadt wurde in den folgenden Jahrhunderten von denParthern, danach bis zum Ende der Antike von denSassaniden beherrscht.
651 n. Chr. wurde in Merw der letzte SassanidenkönigYazdegerd III. ermordet. Im Zuge derislamischen Expansion fiel die Stadt bald darauf an diemuslimischenAraber, die das sassanidischePerserreich erobert hatten. Zu dieser Zeit, in die auch die große und die kleineKyz-Kala datieren, fungierte der GelehrteElias von Merw alsnestorianischer Erzbischof von Merw. Derpersische GeneralAbū Muslim, mit dessen Hilfe dieAbbasiden in dieser Stadt gegen dieUmayyaden revoltierten, stammte aus Merw. Die Stadt war unteral-Ma'mūn (813–833) Hauptstadt. Der bedeutendste aus Merw stammende Gelehrte war der jüdische Astronom und AstrologeSahl ibn Bischr. In diese Zeit fällt der Bau befestigter Burgen (Rabat), zweier buddhistischer und eines christlichen Klosters.
Merw wurde 1037 von denSeldschuken erobert und vonTschaghri Beg zur Hauptstadt des Ostens erhoben. Der Schwerpunkt der Stadt verschob sich westwärts, zu einem Ort, der heuteSultan-Kala genannt wird. Dieser befestigte Platz hat einen unregelmäßigen rechteckigen Grundriss. Dort finden sich das imposanteMausoleum desSultansAhmad Sandschar (gest. 1157), welcher ebenfalls in Merw residierte, und die ZitadelleSchahriyar-Ark aus dem 11. Jahrhundert. Auch das Mausoleum von Muhammad ibn Zaid, das Viertel der Töpfer und andere Ruinen in den Vororten stammen aus dieser Epoche.[3]


Bei der Eroberung unter dem MongolenTolui Khan, Sohn desDschingis Khan, im Jahre 1221 wurde die blühende Metropole zerstört und die Bevölkerung fast vollständig ermordet. Nach Meinung einiger Historiker wurden im Zuge der Belagerung mehr als 1 Million Menschen getötet, mehrere Hunderttausend davon Flüchtlinge, die in die Stadt geflohen waren. Damit ist die Belagerung eine der blutigsten Eroberungen der Weltgeschichte. Davor war Merw ein wichtiges Zentrum derChoresm-Schahs. Es erfolgte nur ein teilweiser Wiederaufbau, dessen südlich vonSultan-Kala gelegene Ruinen alsAbdullah-Khan-Kala bekannt sind.
Merw wurde vom mongolisch-turkmenischen ErobererTimur im Jahre 1380 erneut geplündert. Intimuridischer Zeit (14./15. Jh.) entstanden unter anderem die beiden Aschab-Mausoleen. 1505 besetzten dieUsbeken die Stadt und fünf Jahre später wurde sie wieder vonPersien erobert, das bis 1524 und dann erneut von 1601 bis 1747 dort herrschte. Der Ort verlor nun jede Bedeutung.
Von den Persern gezwungen, mussten dieTurkmenen im 19. Jahrhundert ihre Heimat verlassen und im östlichenChorasan undTransoxanien siedeln, also auch bei Merw. Ab 1823 gehörte Merw zumKhanat Chiwa. Nach kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Persien und den Turkmenen kam der Ort 1883 durch GeneralKomarow unterrussische Herrschaft. 1884 wurde etwa 30 Kilometer westlich ein russisches Militär- und Verwaltungszentrum gegründet, das ebenfalls den NamenMerw (russischМерв) erhielt; seit 1937 ist die turkmenische NamensformMary offiziell. 1925 wurde das Gebiet Teil derSowjetrepublikTurkmenistan, das mit demZerfall der Sowjetunion seine Unabhängigkeit erlangte.
Die Verwüstungen Merws durch dieKara Kitai, Mongolen, Afghanen usw. vernichteten viele Kulturzeugnisse und haben nur einige Ruinen chorasanisch-seldschukischer Baukunst hinterlassen. Außer den Ruinen religiöser Bauten überdauerten nur Artefakte aus Keramik, hingegen keine Handschrift und keine Miniatur, obwohl bekannt ist, dass allein Merw zwölf Bibliotheken besaß.[4]
Ausgrabungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Erste Untersuchungen der über 70 km2 verteilten Ruinen fanden 1880 statt. Intensivere archäologische Untersuchungen erfolgten durch die Expeditionen unterEvgen Michael Masson 1946–53 und darauf durch seine SchülerinMargarita Filanowitsch. Zu den bekanntesten Funden der Ausgrabungen in Merw zählt die sogenannteMerw-Vase aus der Zeit der sassanidischen Herrschaft.
Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Erk-Kala
- Große Kyz Kala
- Kleine Kyz Kala
- Mauer des zum Schahriyar-Ark gehörenden Kepter-Chana
- Aschab-Mausoleen

Ausstellungen
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Eine AusstellungMargiana – Ein Königreich der Bronzezeit in Turkmenistan zurOxuskultur fand im Jahr 2018 im BerlinerNeuen Museum statt. Anschließend wurde diese Ausstellung sowohl inHamburg als auch in den MannheimerReiss-Engelhorn-Museen gezeigt. Die Exponate stammten aus Ausgrabungen inGonur Depe aus jüngster Zeit. Ergänzt wurden sie durch großformatige Fotos der FotografinHerlinde Koelbl.[5][6]
Sonstiges
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Die russische Staatsbank gab 1993 eineGedenkmünze zum 2500. Jahrestag der Gründung der Stadt heraus.
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Institut Istorii Im. Š. Batyrova. [Red. kollegija: M. A. Annanepesov (otv. red.) …]:Merv v drevnej i srednevekovoj istorii tezisy dokladov naučnogo simpoziuma [Akademija Nauk Turkmenskoj SSR]; Ašchabad 1990 (Ylym); (In kyrill. Schr., russ., Geschichte 800 v. Chr.-500)
- Edmund O’Donovan (1844–1883):The Merv oasis: travels and adventures east of the Caspian during the years 1879-80-81 including five months' residence among the Tekkés of Merv. London 1882 (Smith, Elder & Co.), 2 Bde.
- Georgina Herrmann:Monuments of Merv: Traditional Buildings of the Karakum. The Society of Antiquaries of London, London 1999
- Klaus Pander:Zentralasien. DuMont Kunst Reiseführer, Ostfildern; 6. Auflage 2005,ISBN 3-7701-3680-2
- Gabriele Puschnigg:Ceramics of the Merv oasis: recycling the City. Left Coast Press, Walnut Creek (Calif.) 2006,ISBN 978-1-59874-225-1 (Keramikfunde, Geschichte S. 224–651)
- Margiana. Ein Königreich der Bronzezeit in Turkmenistan. Ausstellung im Neuen Museum Berlin, 2018
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Eintrag auf der Website des Welterbezentrums der UNESCO (englisch undfranzösisch).
- UCL Institute of Archaeology:Ancient Merv Project
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Siehe auchMary (Turkmenistan).
- ↑Mayers Großes Universallexikon, Vol 9, S. 293
- ↑Great Soviet Encyclopedia, New York 1977, Vol. 16, S. 143
- ↑Lazar Israelowitsch Albaum, Burchard Brentjes:Herren der Steppe. Zur Geschichte und Kultur mittelasiatischer Völker in islamischer Zeit. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1978, S. 47.
- ↑Rolf Brockschmidt:Die vergessene Göttin. In:Der Tagesspiegel. 24. April 2018,ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 11. Mai 2018]).
- ↑Andreas Kilb:Vorantike Kulturschätze: Im Land unter den Schwingen des Adlers. In:FAZ. 7. Mai 2018,ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 11. Mai 2018]).
- Ort in Turkmenistan
- Archäologischer Fundplatz in Turkmenistan
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