9G-Tronic (Eigenschreibweise9G-TRONIC) ist die Verkaufsbezeichnung des 9-Gang-Wandler-Automatikgetriebes derMercedes-Benz Group für Längseinbau. Das Getriebe ist fürHinterrad-,Allrad-,Hybrid- sowiePlug-In-Hybrid-Antriebe geeignet und nach und nach in die meisten Baureihen eingeführt worden,[1] beginnend mit der VersionW9A 700 (Wandler-9-Gang-Automatik bis700 Nm Eingangsdrehmoment; Baureihe 725.0[1]) als Hauptmodell. Es wurde im September 2013 imMercedes-Benz E 350 BlueTEC vorgestellt und hat nach und nach sowohl das 7-Gang-Getriebe 7G-Tronic (Plus) als auch das 5-Gang-Getriebe 5G-Tronic ersetzt. Die Baureihe sieht Versionen für maximal 1.000 Nm Eingangsdrehmoment vor.[2]
Nach der 5G- und der 7G-Tronic handelt es sich um die 3. Generation moderner Automatikgetriebe. Die interne Bezeichnung lautet daherNAG3 (NeuesAutomatikGetriebe3. Generation).[3]
Das Jatco-Getriebe9AT basiert auf demselben, weltweit patentierten Radsatzkonzept.
Unterschiede in den Getriebeübersetzungen haben einen messbaren, direkten Einfluss auf die Fahrzeugdynamik, die Leistung, die Abgasemissionen und den Kraftstoffverbrauch.
2019 hat die Jatco Ltd mit Sitz inFuji (Shizuoka), Japan, die Lizenzfertigung zum Einsatz inNissan- undInfiniti-Fahrzeugen aufgenommen.[5][6] Bei dieser Version ist das Eingangsdrehmoment auf 700 Nm begrenzt,[7] wodurch jeder der Radsätze 1, 2 und 4 mit nur drei Planetenrädern auskommt.[8] Durch leicht abgewandelte Zähnezahlen erreicht es eine Spreizung von knapp 9,1:1.
Ein Hauptaugenmerk lag auf der Steigerung des Schaltkomforts, welche einerseits durch Maßnahmen der Steuerung und andererseits durch eine entsprechende Auslegung des Drehmomentwandlers erreicht wird. Derhydrodynamische Drehmomentwandler wurde größtenteils vom Vorgängergetriebe 7G-Tronic übernommen.
Die 9G-Tronic wird vollständig elektronisch gesteuert. Die Schaltelemente werden über eine neuartige hydraulische Direktsteuerung mit elektromagnetisch betätigten Ventilen angesteuert, was schnelle und gleichzeitig sanfte Gangwechsel ermöglicht. Im Vergleich zum Vorgängergetriebe, das über eine hydraulische Vorsteuerung verfügte, konnten die Leckageverluste so um 80 % reduziert werden.[10]
Für eine energieeffiziente Versorgung mit dem langlebigen synthetischen Fuel-Economy-Leichtlauföl ist das Getriebe mit zwei Ölpumpen ausgestattet: Einer im Vergleich zum Vorgänger deutlich verkleinerten, neben der Hauptwelle angeordneten, mechanischenFlügelzellenpumpe mit Kettenantrieb sowie einer elektrisch von einembürstenlosen Gleichstrommotor angetriebenenZahnringpumpe.[10] Die mechanisch angetriebene Pumpe ist für die Grundversorgung des Getriebes zuständig, wobei der Fördervolumenstrom abhängig von der Drehzahl des Antriebsmotors ist. Die Zusatzpumpe wird von der elektronischen Getriebesteuerung bei Bedarf zugeschaltet. Diese Bauweise ermöglicht die bedarfsgerechte Regelung des Schmier- und Kühlöl-Volumenstroms und macht die 9G-TronicStart-/Stopp-fähig.[1] Bei stehendem Antriebsmotor bleibt das Getriebe allein durch die Versorgung der elektrischen Zusatzpumpe anfahrbereit.
Beide Filterelemente sind in die Kunststoffölwanne integriert.
Mercedes-AMG hat das MCT 9G-Getriebe (MultiClutchTechnology) entwickelt. Es wurde erstmalig im E 63 4MATIC+ eingesetzt.
Das Getriebe entspricht im Wesentlichen der 9G-Tronic, bei welcher der Drehmomentwandler durch eine Nass-Anfahrkupplung (NAK) ersetzt ist. Das spart Gewicht und optimiert die Reaktion auf Betätigungen des Gaspedals. Es ist eine computergesteuerte Doppelkupplung.[11] Die Abkürzung MCT bezieht sich auf die Mehrscheiben-Kupplung. Es ist auf 900 Nm ausgelegt und bietet 4 Fahrmodi: „C“ (Komfort), „S“ (Sport), „S+“ (Sport plus) und „M“ (manuell), mit 0,1 Sekunden Schaltzeit in den Modi „M“ und „S+“. MCT-Fahrzeuge sind zudem mit der neuen „AMG Drive Unit“ als zentraler Steuereinheit mit allen Fahrdynamikfunktionen und innovativer Race-Start-Funktion ausgestattet.
Der Fahrer kann die Gänge entweder über Schaltpaddel am Lenkrad oder herkömmlich über den Wählhebel wechseln. Die neue Race-Start-Funktion ist eine Anfahrhilfe, die auch bei maximaler Beschleunigung eine optimale Traktion der angetriebenen Räder sicherstellt.
Die Hauptziele bei der Ablösung der 7G-Tronic waren die Senkung des Kraftstoffverbrauchs durch zusätzliche Gänge und die Vergrößerung der Gesamtspreizung bei gleichzeitiger Reduzierung der Herstellungskosten.
Die großeGangspreizung(a) ermöglicht eine Absenkung des Drehzahlniveaus (Downspeeding), was entscheidend zur Verbesserung der Energieeffizienz und damit zur Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs um 6,5 % beiträgt.[10] Außerdem verbessert sich durch das abgesenkte Drehzahlniveau derNoise-Vibration-Harshness-Komfort und das Außengeräusch wird um bis zu 4 dB(A) reduziert.[1] ImMercedes-Benz E 350 BlueTEC wird im 9. Gang bei einer Motordrehzahl von ca. 1350/min eine Geschwindigkeit von 120 km/h erreicht.[12] Unübertroffene Spreizung unter Automatikgetrieben für Längseinbau in Pkw. (b)
(a)
Erste Version mit einer Gesamtspreizung von über 9,1:1.[13] Wurde mit Einführung derBaureihe 213 2016 ohne Ankündigung durch eine etwas enger gestufte Variante ersetzt.
Da die Konstruktion des Vorgängers deutlich aufwendiger als die des direkten Konkurrenten 6HP und sogar des neuen 8HP-Modells von ZF mit einem Gang mehr war, musste laut Lastenheft mindestens ein Schaltelement entfallen. Dies wurde dank High-Speed-Computer-Aided-Design erreicht und führte zu einem weltweit patentierten Getriebekonzept, das mit dem gleichen Bauraum wie das Vorgängermodell auskommt und zudem 1 kg leichter ist.[2] Dabei wurden 85 Milliarden Getriebekonzepte untersucht.[14] Zusätzlich bietet das Aggregat die Möglichkeit zum nicht-sequentiellen schalten: in Extremsituationen kann man durch den Wechsel nur eines Schaltelements zum Beispiel von Gang 9 auf Gang 4 zurückschalten (Betätigung der Bremse C und Lösen der Bremse A).
Nach der 5G- und 7G-Tronic ist dieses Getriebe die 3. Generation,[3] bei der Reihenplanetengetriebe mit Parallelplanetengetrieben kombiniert wurden. Der daraus resultierende Fortschritt spiegelt sich in einem noch besseren Verhältnis zwischen der Anzahl der Gänge und der Anzahl der verwendeten Bauteile im Vergleich zu allen bisher von Mercedes-Benz verwendeten Layouts wider.
Automobilhersteller treiben die technische Entwicklung vor allem deshalb voran, um wettbewerbsfähig zu bleiben bzw. um die Technologieführerschaft zu erlangen oder zu verteidigen. Dieser technische Fortschritt unterliegt daher seit jeher wirtschaftlichen Zwängen
Für die Realisierung kommen nur Innovationen in Frage, deren relativer Zusatznutzen größer ist als der relative zusätzliche Ressourceneinsatz, d. h. derenökonomischeElastizität größer als 1 ist,
Dieerforderliche Innovations-Elastizität eines Automobilherstellers hängt von seinen Renditeerwartungen ab. Bei der Orientierung hilft die Grundannahme, dass der relative Zusatznutzenmindestens doppelt so hoch sein muss wie der relative zusätzliche Ressourceneinsatz
negativ, wenn das Ergebnis wächst und der Aufwand schrumpft,ist perfekt
3-Gang-Getriebe mit Drehmomentwandler haben den modernen Markt für Automatikgetriebe begründet und damit erst möglich gemacht, da sich diese Konstruktion als besonders gelungener Kompromiss zwischen Kosten und Leistung erwiesen hat
Es wurde zum Archetyp und beherrschte rund 3 Jahrzehnte lang den Weltmarkt und setzte den Standard für Automatikgetriebe. Erst als der Kraftstoffverbrauch in den Mittelpunkt des Interesses rückte, stieß diese Konstruktion an ihre Grenzen, weshalb sie heute vollständig vom Markt verschwunden ist
Geblieben ist die Orientierung, die sie als Referenzstandard (Bezugspunkt, Benchmark) für diesen Markt zur Bestimmung der Fortschrittlichkeit und damit der Marktstellung aller anderen, späteren Entwürfe bietet
Alle Getriebevarianten bestehen aus 7 Hauptbaugruppen
Die Übersetzungen der 9 Gänge sind in allen Versionen besser verteilt als bei den direkten Konkurrenten 8HP vonZF Friedrichshafen und viel besser als bei den 10-Gang-Getrieben vonFord/GM undAisin/Toyota. Die einzigen nennenswerten Schwächen sind die relativ kleine Stufe zwischen dem 5. und 6. und die zu kleine zwischen dem 6. und 7 Gang. Diese können nicht beseitigt werden, ohne dass alle anderen Gänge beeinflusst und damit Gangstufen beeinträchtigt werden. Andererseits ist diese Schwäche nicht übermäßig groß.
Alles in allem
ist der Mehraufwand, der sich in der akzeptablen Elastizität gegenüber dem ZF 8HP-Getriebe niederschlägt, mehr als gerechtfertigt und
im Vergleich zu den 10-Gang-Getrieben von Ford/GM und Aisin/Toyota wird das Fehlen des 10. Ganges durch die deutlich bessere Verteilung mehr als kompensiert.
Im Vergleich zu den VorgängergetriebenNAG1 (5G-Tronic) undNAG2 (7G-Tronic) ist das GetriebeNAG3 weitaus höher integriert, so dass im Servicefall Reparaturen nur durch Austausch ganzer Baugruppen möglich sind.[1] Dies betrifft beispielsweise die in der aus Kunststoff gefertigten Ölwanne fest integrierten Ölfilter.[13] Ein weiteres Beispiel ist das vollintegrierteMechatronikmodul mit Sensoren, Steuergerät und elektrohydraulischer Schaltplatte. Dieses Modul ist als Einheit zu ersetzen, auch wenn beispielsweise nur ein Sensor defekt ist.[13]
Bei Markteinführung war die9G-Tronic zunächst nur imMercedes-Benz E 350 BlueTEC verfügbar.[1] DasGLE Coupé (C 292) war die erste Baureihe, die von Beginn an mit der 9G-Tronic auf den Markt kam. Die 9G-Tronic war hier bereits zur Markteinführung in allen Modellen (außer AMG) serienmäßig verfügbar.
Verfügbarkeit der 9G‑Tronic in den einzelnen Baureihen
↑abcdChristoph Dörr · Henrik Kalczynski · Anton Rink · Marcus Sommer:Das Neungang-Automatikgetriebe 9G-Tronic von Mercedes-Benz, in: ATZ 116 (2014), Nr. 1, S. 40–45, Springer Vieweg, Wiesbaden
↑abHarald Naunheimer · Bernd Bertsche · Joachim Ryborz · Wolfgang Novak · Peter Fietkau:Fahrzeuggetriebe · Berlin/Heidelberg 2019 · S. 571–572
↑Thomas Harloff:Neun-Gänge-Menü. 27. Mai 2014 ([1]).