Weiße Meerzwiebel

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Weiße Meerzwiebel

Weiße Meerzwiebel (Drimia maritima),
Illustration aus Koehler 1887

Systematik
Monokotyledonen
Ordnung:Spargelartige (Asparagales)
Familie:Spargelgewächse (Asparagaceae)
Unterfamilie:Scilloideae
Gattung:Drimia
Art:Weiße Meerzwiebel
Wissenschaftlicher Name
Drimia maritima
(L.)Stearn

DieWeiße Meerzwiebel (Drimia maritima, veraltet auchScilla maritima undUrginea maritima), auch kurzMeerzwiebel (von mittelhochdeutschmerzwibolle) genannt, ist eine Pflanzenart aus der GattungDrimia innerhalb der Familie derSpargelgewächse (Asparagaceae). Sie ist, wie auch dasArtepitheton aussagt, imMittelmeerraum heimisch.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung und Ökologie

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Vegetative Merkmale

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Die Weiße Meerzwiebel ist eine ausdauerndekrautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen nichtblühend von etwa 50 Zentimetern, einschließlich des Blütenstandes bis zu 150 Zentimetern. Ihre nur grundständigenLaubblätter sind breit-lanzettlich, bis zu 50 Zentimeter lang, überdauern das Winterhalbjahr und welken im Frühsommer, d. h. die Pflanze „zieht ein“. Sie übersteht die sommerliche Trockenzeit alsGeophyt im Ruhezustand mit Hilfe einer auffallend mächtigen Zwiebel, die Anlass zur Namensgebung der ganzen Pflanze war. Die Zwiebel kann mehr als 15 Zentimeter im Durchmesser erreichen, wird bis zu 3 Kilogramm schwer und ragt oft aus dem Boden heraus. Je nach Rasse kann sie von weißer oder roter Farbe sein.

Generative Merkmale

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Im Herbst (August bis Oktober), bevor die Blätter austreiben, erscheint der reichblütige,traubigeBlütenstand mit bis zu 40 Zentimeter Länge.

Die zwittrige Blüte ist radiärsymmetrisch und dreizählig. Die sechsBlütenhüllblätter sind bis 8 Millimeter lang, weißlich, mit purpurfarbenem oder grünem Mittelnerv.

Vorkommen und Systematik

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Die Erstveröffentlichung der mediterranen Meerzwiebel erfolgte unter dem Namen (Basionym)Scilla maritima durchCarl von Linné. Die Neukombination zuDrimia maritima(L.) Stearn wurde 1978 durchWilliam Thomas Stearn inAnn. Mus. Goulandris, 4, S 204 veröffentlicht. WeitereSynonyme fürDrimia maritima(L.) Stearn sindCharybdis maritima(L.) Speta,Urginea maritima(L.) Baker,Urginea scillaSteinh.[1]

Die Weiße Meerzwiebel gehört zu einer Artengruppe (Drimia maritima agg.), die untereinander morphologisch schwierig und eherkaryologisch zu unterscheiden sind. Diese Artengruppe besiedelt den ganzen Mittelmeerraum.[2]

Die Weiße Meerzwiebel im engeren Sinn (Drimia maritima) kommt nur inMarokko,Portugal,Spanien (auch auf den Kanaren),Frankreich und Italien vor.[3] Sie gedeiht meist inKüstennähe, aufWeiden undGarigues, wächst auch auf Sandböden und Felsfluren. VomWeidevieh wird sie gemieden. In den USA, in Indien und Pakistan wurdenKulturen angelegt.

Bilder

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  • Habitus und Laubblätter
    Habitus und Laubblätter
  • Blütenstand
    Blütenstand
  • Blütenstände
    Blütenstände
  • Radiärsymmetrische Blüte
    Radiärsymmetrische Blüte

Inhaltsstoffe

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Die wichtigstenpharmakologisch wirksamen Substanzen sind circa 12 verschiedeneHerzglykoside aus der Gruppe derBufadienolide mit einem Gehalt von insgesamt 0,2 bis 0,4 %, besondersScillaren A (0,06 %),Proscillaridin A (0,05 %) undGlucoscillaren A (0,05 %)[4]; der Gehalt variiert je nach Herkunft. Die rote Zwiebel enthält vor allemScillirosid, während die weiße Zwiebel hauptsächlich Scillaren A enthält.[5] Weiterhin sei auf den Gehalt vonFlavonoiden undAnthocyanen hingewiesen.[6]

Medizinische Bedeutung

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DasDeutsche Arzneibuch (DAB) führt die Meerzwiebel (Scillae bulbus) alsArzneidroge. Bei der Droge handelt es sich um quer und längs geschnittene, mittlere, fleischige Zwiebelschuppen, welche von nach der Blütezeit gesammelten Pflanzen stammen.[7] Man bedient sich der weißzwiebeligen Rasse.[4] Das DAB fordert einen Gehalt von 0,15 bis 4,0 % an Bufadienoliden;[7] medizinisch wichtige Vertreter sind dabei Scillaren A[6] und Proscillaridin A. Die Droge selbst ist heutzutage kaum mehr im Einsatz; stattdessen wird reines Proscillaridin angewendet.[7] DasIndikationsgebiet sind leichte Formen derHerzinsuffizienz (herzkraftsteigernde Wirkung).[6]

Pharmakologie

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Pharmakokinetik

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Die Weiße Meerzwiebel, kurz meist Meerzwiebel (lateinischScilla, auchScylla), wirkt zwar ähnlich wie Glykoside ausFingerhut (Digitalis),[8] ist jedoch schneller und weniger lang wirksam als diese. Zudem tritt der Effekt der Kumulation (Anreicherung bei mehrmaliger Anwendung) in geringerem Umfang auf als beiDigitalis. DieperoraleBioverfügbarkeit liegt bei 25 %.[4]

Toxikologie

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Die Meerzwiebel ist stark giftig, daher sind die Wirkstoffe genau zu dosieren. Giftig ist die gesamte Pflanze, besonders jedoch die Zwiebel.Peroral (durch den Mund) zugeführte Mengen zwischen 0,1 und 1,5 g der Meerzwiebel haben bei Kindern zu Todesfällen geführt. Mögliche Symptome einerIntoxikation (Vergiftung) sind unter anderemKardialgie (Herzschmerzen),Dysurie,Hämaturie und Störungen imVerdauungstrakt. Der Tod kann durch eine Herzlähmung und damit einhergehendenKreislaufstillstand eintreten. Inhalierte Partikel bewirken einenNiesreiz. Äußerlich können kleingeschnittene Pflanzenteile zuBlasenbildung undDermatitis führen. Die Therapie erfolgt symptomatisch.[5]

Geschichte

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Rumor argumentiert, dass es sich bei demakkadischensikillu/šigillu/ešigillu, abgeleitet vonsumerisch Ú.SIKIL (reine Pflanze), um Meerzwiebel handeln könnte.[9] Eine Beschreibung findet sich imšammu šikinšu[10] Sikillum wurde gegen Husten und Leibschmerzen eingesetzt. Nach einem babylonischen Rezept (BAM 515 ii 49[11]) konnte die Pflanze auch bestimmte Augenkrankheiten heilen.[12] In derAntike wurde die Meerzwiebel als Arzneipflanze genutzt.[13]Theophrast undPlinius empfahlen sie wegen ihrer harntreibenden Wirkung,Dioskurides verwendete sie beiWassersucht und Asthma.

Albertus Magnus nahm eineregelfördernde Wirksamkeit an. ImLorscher Arzneibuch des 8. Jahrhunderts findet sich (auf Blatt 31v) eine kreislaufstärkende Behandlung mit der (scillarenhaltigen) Meerzwiebel.[14] Im 18. Jahrhundert wurde die direkte Wirkung auf das Herz entdeckt.[15] Weiterhin war die Anwendung als Rattengift (Rodentizid) gebräuchlich.[5] Verwendet wurde die Meerzwiebel in frischem oder getrocknetem Zustand sowie alsExtrakt,Tinktur undAcetum, wobei ihre diuretische Wirkung bis ins 20. Jahrhundert im Vordergrund stand.[16]

Literatur

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  • Karl Hiller, Matthias F. Melzig (Hrsg.):Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg/Berlin 2003 = Directmedia Publishing, Berlin 2005,ISBN 3-89853-544-4 (=Digitale Bibliothek. 144).
  • Renate Germer:Handbuch der altägyptischen Heilpflanzen (=Philippika. Band 21). Harrassowitz, Wiesbaden 2008.

Weblinks

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Commons: Weiße Meerzwiebel (Drimia maritima) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Drimiamaritima imGermplasm Resources Information Network (GRIN),USDA,ARS, National Genetic Resources Program. National Germplasm Resources Laboratory, Beltsville, Maryland. Abgerufen am 9. September 2021.
  2. Peter Schönfelder, Ingrid Schönfelder:Die neue Kosmos-Mittelmeerflora. Franckh-Kosmos-Verlag Stuttgart 2008,ISBN 978-3-440-10742-3, S. 380.
  3. Drimia maritima. In:POWO =Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew:Kew Science, abgerufen am 8. September 2021.
  4. abcStahl & Schild:Pharmazeutische Biologie 4; Drogenanalyse II: Inhaltsstoffe und Isolierungen, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart/ New York, 1981,ISBN 3-437-20209-X.
  5. abcRoth, Daunderer & Kormann:Giftpflanzen – Pflanzengifte, 5. Auflage, NIKOL Verlag, 2008,ISBN 3-86820-009-6.
  6. abcde Gruyter: Pschyrembel; Klinisches Wörterbuch. 261. Auflage, 2007, Walter de Gruyter, Berlin, New York,ISBN 978-3-11-018534-8.
  7. abcBettina Rahfeld:Mikroskopischer Farbatlas pflanzlicher Drogen, Spektrum Akademischer Verlag, 2009.ISBN 978-3-8274-1951-4.
  8. Mannfried Pahlow:Das große Buch der Heilpflanzen, Bechtermünz Verlag (Lizenzausgabe für Weltbild Verlag GmbH, Augsburg 2000),ISBN 3-8289-1839-5.
  9. Maddalena Rumor:Akkadian Sikillu and Greek Σκíλλα in their Medical and Magico-ritual Contexts. In: Marie Lorenz (Hrsg.):Patients and Performative Identities at the Intersection of the Mesopotamian technical Disciplines and their Clients. University Park, Penn State University Press/Eisenbrauns, 2020, S. 169–192. Stable URL:https://www.jstor.org/stable/10.5325/j.ctv1j2cx1z.11
  10. Maddalena Rumor:Akkadian Sikillu and Greek Σκíλλα in their medical and magico-ritual Contexts. In: Marie Lorenz (Hrsg.):Patients and performative Identities at the Intersection of the Mesopotamian technical Disciplines and their Clients. University Park, Penn State University Press/Eisenbrauns, 2020, S. 171.
  11. Franz Köcher:Die babylonische und assyrische Medizin in Texten und Untersuchungen. De Gruyter, Berlin 1963–1980.
  12. Maddalena Rumor:Akkadian Sikillu and Greek Σκíλλα in their Medical and Magico-ritual Contexts. In: Marie Lorenz (Hrsg.):Patients and performative Identities at the Intersection of the Mesopotamian technical Disciplines and their Clients. University Park, Penn State University Press/Eisenbrauns, 2020, S. 179.
  13. Jerry Stannard:Squill in ancient and Medieval materia medica: With special reference to its employment for dropsy. In:Bulletin of the New York Academy of Medicine Neue Folge. Band 50, 1974, S. 684–713.
  14. Gundolf Keil:Einleitung. In: Gundolf Keil (Hrsg.):Das Lorscher Arzneibuch. (Handschrift Msc. Med. 1 der Staatsbibliothek Bamberg); Band 2: Übersetzung von Ulrich Stoll und Gundolf Keil unter Mitwirkung von AltabtAlbert Ohlmeyer. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1989, S. 7–14, hier: S. 14, Anm. 62.
  15. Pistoia:Le piante della salute, Arnoldo Mondadori Editore, S.p.A., Milano.
  16. Wolf-Dieter Müller-Jahncke,Christoph Friedrich, Ulrich Meyer:Arzneimittelgeschichte. 2., überarb. und erw. Auflage. Wiss. Verl.-Ges, Stuttgart 2005,ISBN 978-3-8047-2113-5,S. 72. 
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