DieMediendidaktik ist eine Teildisziplin derPädagogik bzw. derErziehungswissenschaft. Hier wird sie einerseits derMedienpädagogik und andererseits derDidaktik zugeordnet. Mediendidaktik beschäftigt sich mit der Verwendung und der Gestaltung von technischenMedien für Lehr- und Lernsituationen. Handlungs- und Forschungsfelder sind dieHochschullehre[1], derSchulunterricht[2] sowie non-formale und informelle Lernkontexte, z. B. in derErwachsenen- und Weiterbildung[3]. Verwandte Bereiche sind dieMedienerziehung und dieMedienkunde.
Der Gegenstandsbereich der Mediendidaktik umfasst in einem weiten Verständnis die didaktisch sinnvolle Gestaltung von Lehr- und Lernsituationen mit Medien. Mediendidaktische Überlegungen basieren dabei häufig auf einem technischen Medienbegriff. Dabei gehen die didaktischen Potenziale und Wirkungen nicht allein von spezifischen Medien aus, sondern entfalten sich nur in Verbindung mit einem didaktischen Konzept und unter Berücksichtigung der jeweiligen Kontextbedingungen der Lehr- und Lernsituationen[4][5].
Je nach wissenschaftlicher Perspektive und dem jeweiligen Handlungsfeld fokussieren mediendidaktische Fragestellungen unterschiedliche Schwerpunkte. Im Kontext der Unterrichtsforschung wird häufig die Wirksamkeit mediengestützter Lehr- und Lernsituationen für fachliche Lernprozesse untersucht. Wurde aus einer technikzentrierten Perspektive in früheren Untersuchungen häufig nach der Lernwirksamkeit (digitaler) Medien gefragt, wird der Blick zunehmend auf die Wirksamkeit bestimmter methodischer Arrangements mit Medien gerichtet bzw. die spezifischen Bedingungen des Lernens in den Blick genommen[6]. Aus lerntheoretischer Sicht wird zunehmend die Wirkmächtigkeit der Mediendidaktik in den Fokus gerückt und das Prinzip der kritisch-emanzipativen Prüfung als Gegenentwurf zu empirischer Einseitigkeit angewendet[7]. Aus einer psychologischen Perspektive stellt sich bei der Gestaltung von multimedialen Lerngegenständen die Frage, wie unterschiedliche Codierungsformen und Sinnesmodalitäten kombiniert werden können, um Lernprozesse zu unterstützen[8]. Aus einer gestaltungsorientierten Perspektive beschäftigt man sich mit der Frage, wie die Konzeption von Lehr- und Lernangeboten erfolgen kann und in welcher Weise Medien zur Bearbeitung von Bildungsproblemen beitragen[9].
Unterschieden wird die Mediendidaktik erstens von derMedienerziehung, die einen kompetenten Umgang mit technischen Medien – gegenwärtig besonders mit demInternet – zu vermitteln sucht. Zweitens wird sie von derinformationstechnischen Bildung unterschieden, in deren Rahmen der praktische Gebrauch vonHardware undSoftware vermittelt wird. Zugleich erfolgt auch in mediendidaktischen Kontexten zunehmend eine Auseinandersetzung mit der Frage, welche Medienkompetenz bei den Lernenden vorausgesetzt werden kann, um sinnvoll mit Medien lernen zu können.
Nach einer Skizze der Gesamtentwicklung des Mediendidaktik-Begriffs und seiner Abgrenzung gegenüber anderen Schlüsselbegriffen der Medienpädagogik beschreibt Gerhard Tulodziecki Mediendidaktik als Teilgebiet der Medienpädagogik und der Didaktik, „das alle potenziell handlungsanleitenden Sätze zur Verwendung und Gestaltung von medialen Lernumgebungen bzw. von Medien für das Lernen und Lehren und deren Reflexion unter Einbezug empirischer Forschungsergebnisse und normativer Vorstellungen bzw. medienkundlicher und medientheoretischer sowie lern-lehr- und bildungstheoretischer Grundlagen umfasst“.[10]
Überlegungen zum bestmöglichen Einsatz von Unterrichtsmedien gibt es, seit es Unterrichtsmedien gibt. In seinem BuchOrbis sensualium pictus (1653/1658) hatte sich bereitsComenius Gedanken darüber gemacht, welche Hilfsmittel benutzt werden sollten, um Lerninhalte an Kinder und Jugendliche heranzutragen.[11]
Eine wissenschaftliche, d. h. systematisch theoretisch fundierte Mediendidaktik entstand aber erst in den 1960er Jahren, alsPaul Heimann – „unter dem Eindruck der zunehmenden Bedeutung elektronischer Massenmedien“[12] – die Medienwahl erstmals als eine didaktische Entscheidung herausstellte, der ebenso viel Aufmerksamkeit und Sorgfalt gebühre wie den Entscheidungen über Ziele, Inhalte und Methoden.[13] Heimann hielt Medium, Ziel, Inhalt und Methode für eng miteinander verknüpft und legte diese These dem für den deutschsprachigen Raum überaus einflussreichenBerliner Modell zugrunde.
In den frühen 1970er Jahren haben einige Erziehungswissenschaftler, darunterDieter Baacke, den Terminus „Mediendidaktik“ verwendet, um „Medienpädagogik“ generell zu bezeichnen. Dieser Sprachgebrauch wurde Mitte der 1970er Jahre wieder aufgegeben.[14]
Außerhalb des deutschsprachigen Raumes ist der Interdependenzthese teilweise widersprochen worden, etwa vonRichard E. Clark (USC Rossier School of Education), einem Vertreter desInstruktionsdesigns. Clark vertritt die Ansicht, dass zwischen der Medienwahl und den übrigen Entscheidungsfeldern keine Abhängigkeit bestehe, da „bei genauerer Analyse jeder Inhalt, jedes Ziel, jede Methode mit jedem Medium vermittelt werden kann.“[15] Dieser Auffassung wurde u. a. von Robert B. Kozma widersprochen, der in einer heute berühmten Debatte die Ansicht vertrat, dass es einen engen Zusammenhang zwischen Medienwahl und didaktischen Kontextvariablen gibt[16]. In den USA entstanden in den ausgehenden 1960er und in den 1970er JahrenMedientaxonomien: Ordnungsschemata, in denen Medien nach bestimmten Kriterien klassifiziert wurden. Die Taxonomien sollten es Lehrern vereinfachen, für jeden Unterrichtszweck das passende Medium zu bestimmen. Einige basierten aufEdgar Dales 1946 entwickeltem „Erfahrungskegel“.[17] Eine weitere einflussreiche Taxonomie wurde 1969 vonRobert Gagné eingeführt;[18] Gagné hatte in den 1960er Jahren maßgeblich an der Entwicklung des Instruktionsdesigns mitgearbeitet. Heute werden mediendidaktische Ansätze im englischsprachigen Raum insbesondere unter dem Begriff derEducational Technology behandelt.
Im deutschsprachigen Raum entwickelte sich in den ausgehenden 1960er Jahren – als Gegenbewegung zum bis dahin vorherrschenden lehrerzentrierten Unterrichtsverständnis – eineschülerzentrierte Mediendidaktik (gelegentlich als „handlungs- und teilnehmerbezogene Mediendidaktik“ bezeichnet), die neuen Lerntheorien Rechnung zu tragen versuchte und Medien nicht mehr allein nur dem Lehrer, sondern auch den Schülern überlassen wollte, damit diese die Medien, anstatt sie nur passiv wahrzunehmen, aktiv als Lernmittel nutzen und sogar selbst würden erschaffen können.[19]
Anfang der 1990er Jahre entstand einekonstruktivistische Mediendidaktik, die ebenfalls vom Schüler ausging, ihr theoretisches Fundament aber in der vonJean Piaget begründetenkonstruktivistischen Lernpsychologie fand. Ihr Hauptvertreter,Kersten Reich, ging davon aus, dass Lernen nicht Sammeln und Speichern von Information, sondern aktive gedankliche Konstruktion sei, die durch das Erschaffen eigener Lernmittel stimuliert und unterstützt werde. Ähnlich wie die schülerzentrierte Mediendidaktik stellte daher auch die konstruktivistische Didaktik die kreativen Prozesse über eine rein rezeptive Mediennutzung.[20]
Die empirischen Forschungsansätze sind bei der Beantwortung der Frage, welche Konzepte zur Verwendung von Medien in Lehr-Lernprozessen sich unterscheiden lassen und welche Überlegungen damit verbunden sind, von Bedeutung. Hierbei wird zwischen Untersuchungen zu allgemeinen Medieneffekten und zu speziellen Medienmerkmalen von interaktionsorientierten Studien undEvaluationen unterschieden. Außerdem sind diese Forschungsansätze mit verschiedenen theoretischen Annahmen und Ansätzen zur Mediengestaltung verbunden, nämlich die medientaxonomischen Ansätze (Differenzierung der Medien bezüglich ihrer Eigenschaften und Eignungen für unterschiedliche Lehraufgaben) und die lerntheoretischen Ansätze (Bezüge zu unterschiedlichen Grundorientierungen) Insgesamt unterscheidet man dann letztendlich zwischen fünf Konzepten der Medienverwendung: Lehrmittelkonzept, Arbeitsmittelkonzept, Bausteinkonzept, Systemkonzept, Lernumgebungskonzept. (vgl. Tulodziecki, 1997)
Siehe auch die Fußnoten und Personenartikel zu den unter „Forschung und Lehre“ genannten Persönlichkeiten.
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