| Mecklenburgisch-Vorpommersch | ||
|---|---|---|
Gesprochen in | Deutschland | |
| Linguistische Klassifikation |
| |
| Sprachcodes | ||
| ISO 639-2 | nds (Niederdeutsch) | |
DasMecklenburgisch-Vorpommersche (auchMecklenburg-Vorpommersch; EigenbezeichnungenMękelborgsch undVörpommersch) bildet eineDialektgruppe desOstniederdeutschen und wird überwiegend inMecklenburg-Vorpommern gesprochen. Diese Dialekte sind einander äußerst ähnlich und besitzen gegeneinander keine scharfe Dialektgrenze, sondern fließende Übergänge.
Wie in allen ostniederdeutschen Dialekten fehlt der westniederdeutsche verbale Einheitsplural auf-t; stattdessen lautet der Einheitsplural-(e)n. Daneben kommt seit dem 19. Jahrhundert als Folge des Rückgangs derniederdeutschen Sprache auch der zweiförmige Plural analog zum Standarddeutschen vor. Ein spezifisches Kennzeichen der mecklenburgisch-vorpommerschen Dialekte ist das Kosesuffix-ing, z. B. inPoot ‘Pfote’ >Pöting ‘Pfötchen’,Änning ‘Ännchen’,lies’ ‘leis’, ‘langsam’, ‘vorsichtig’ >liesing ‘mucksmäuschenstill’, ‘ganz vorsichtig’.[1]
sprachbezogen:
grammatikbezogen:
Das definierende Merkmal des Mecklenburg-Vorpommerschen, das es von den westlich, östlich und südlich benachbarten niederdeutschen Mundarten abhebt, ist die Hebung von mnd.ê undô vorr (ierst ‚erst‘,Uhr ‚Ohr‘,hüren ‚hören‘; sog. Mecklenburgisch-VorpommerscheErhöhung). Weit verbreitet und Abgrenzungsmerkmal nach Süden und Osten ist zudem dieDiphthongierung von mnd.ê undô (hei ‚er‘,tau ‚zu‘), wobei diesen Diphthongen dieMonophthonge e (für mnd.ê1, ê2a) undo (für mnd.ô2) gegenüber stehen. Das Mecklenburg-Vorpommersche greift bis in das nördliche Brandenburg aus. Da Teile des Märkischen ebenfalls eine Hebung vonê undô vorr besitzen, ist ein wesentliches zusätzliches Unterscheidungsmerkmal zum Märkischen die Nutzung des Artikelsdat gegenüber märkischdet.
NachWiesinger (1983, S. 882f., 885f.)[2] gehören zum Mecklenburgisch-Vorpommerschen folgende Dialektbereiche mit folgenden Merkmalen:
Die Dialekte des historischenMecklenburg (Strelitzisch, Schwerinerisch sowie die dazwischenliegenden Gebiete, die in ihren lautlichen Merkmalen mit dem Vorpommerschen übereinstimmen) werden traditionell auch alsMecklenburgisch zusammengefasst. Das Mecklenburgische geht im Westen fließend in dasHolsteinische über, jedoch stellen dasWestmecklenburgische (nördlich, westlich und südwestlich vonRatzeburg) und dasOstholsteinische (nördlich vonLübeck) die Mecklenburgisch-Vorpommersche Erhöhung nicht. Das Holsteinische teilt mit dem Mecklenburgischen einige Eigenheiten, welche sich in Holstein jedoch je nach Region mit den Charakteristika desNordniedersächsischen abwechseln. Im Gebiet um Ratzeburg, das z. T. noch zum mecklenburgischen Dialektraum gezählt wird, existiert ein Dialektübergang, der sich teilweise bis auf dasHamburger Platt (Marsch) auswirkt und Eigenheiten des Mecklenburgischen und Holsteinischen innerhalb einzelner Dialekte tauscht und vermischt. So kennen die Gebiete westlich von Schwerin etwa den Einheitsplural auf-t, dieVierlande in Holstein aber dieDiphthongierung und die in Mecklenburg-Vorpommern häufigere Verdrängung desv durch dasb, wie etwa in den Wortenaven bzw.aben. Der Wortschatz der mecklenburgischen Dialekte wurde inRichard WossidlosMecklenburgischem Wörterbuch erfasst.
Nach Osten hin geht das Mecklenburgische fließend in den vorpommerschen (westpommerschen) Dialekt über, der inVorpommern gesprochen wird. Das Vorpommersche weist einige westslawische Einflüsse auf. Typisch ist eine harte, knappe Aussprache. Der Wortschatz der vorpommerschen Dialekte wird imPommerschen Wörterbuch dokumentiert.
Im Süden und Osten wird das Mecklenburg-Vorpommersche durchmärkische Dialekte begrenzt, im Süden durch dasNordmärkische, im Osten durch dasMittelpommersche, wobei in beiden Fällen Übergangsareale existieren. Charakteristische Merkmale des Mecklenburg-Vorpommerschen, die es von beiden scharf abhebt, sind die Diphthongierung von mnd.ê undô und die mecklenburg-vorpommersche Erhöhung vorr. Da ihm die Diphthongierung fehlt, bildet das Strelitzische als mecklenburgischer Dialekt auf märkischem Substrat einen Übergangsbereich zum Mittelpommerschen, wird jedoch aufgrund der Hebung vorr und aus wortgeographischen Gründen zum Mecklenburgisch-Vorpommerschen gerechnet (Teuchert 1934, S. 34).[3][4] Da das verbliebene Sprachgebiet des Mittelpommerschen klein ist, an der östlichen Peripherie des Bundeslandes liegt und als wenig erforscht gilt, wird ihm in der Sprachpolitik von Mecklenburg-Vorpommern kein Sonderstatus eingeräumt.
Die Aussprache des Mecklenburgischen und Vorpommerschen wird gemeinhin mit „breit“ bezeichnet. Was heute als direkte Diphthongierung wahrgenommen wird (s. u.), wurde bis zum 20. Jahrhundert eher als breite Aussprachegemeinniederdeutscher Wörter verstanden. Daher finden sich selbst in spezifisch mecklenburgischen Grammatiken noch Hinweise darauf, dass dasê zuei und dasô zuau tendiere, ohne dass dies in der Schrift besonders kenntlich gemacht wurde. Die „breite“ Aussprache ist gleichbedeutend mit eineroffeneren Aussprache der Vokale. Im Folgenden wird vor allem vom Schwerinerischen die Rede sein, da andere Dialektgebiete je nach Gebiet dessen Eigenschaften teilen, nicht teilen und/oder Züge desMärkischen undMittelpommerschen tragen. Im Allgemeinen kann das Mittelpommersche als gegenüber dem Vorpommerschen konservativeres Sprachgebiet gelten, welches der mittelniederdeutschen Lautung näher bleibt.
Im Vorpommerschen liegen die Besonderheiten des Mecklenburg-Vorpommerschen dagegen in derselben Stärke wie im Mecklenburgischen vor und fanden sich sogar östlich des Mittelpommerschen auch inHinterpommern.
In Silben mit tiefer Betonung (für gewöhnlich markiert durch einzelne oder keine Konsonanten am Silbenende, z. B.bok undhe) kennt das klassische Niederdeutsche kein langesô (/oː/) oder langesê (/eː/). Stattdessen stehen dort dieDiphthonge/oʊ/ und/eɪ/. Im Schwerinischen und Vorpommerschen führt die offenere Aussprache dazu, dass der Diphthong-Charakter dieser Laute deutlicher hervortritt. Besonders im Schwerinischen werden viele Wörter, welche in anderen niederdeutschen Dialekten mito (/oʊ/) gesprochen werden, mitau (/ɔʊ/ oder/aʊ/) gesprochen, was sich auch auf die Umlaute überträgt. So wirdö (/øʏ/) zuäu (/œʏ/ oder sogar/ɔɪ/). Diese breiteren Aussprachen treten nicht unabhängig voneinander auf. Hat ein Dialektei für mittelniederdeutschê, so kennt er ebenfallsau für mittelniederdeutschô. Welche Laute diphthongiert werden, hängt von der Sprachgeschichte ab: Wörter, die imUrgermanischen noch auf <au> (mnd.ô2) lauteten, haben auch im Mecklenburgischen ein reines O (z. B. urgerm.*augo und nds.oge, aber urgerm.bōks → meckl.bauk (bok ‚Buch‘)). Als Faustregel kann gelten, dass das Mecklenburgische nie <au> hat, wo es im Deutschen steht.
Die mecklenburgische Diphthongierung ist spätestens seit ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts schriftlich belegt (tausahmen ‚zusammen‘ [1734],Sei ‚Sie‘ [1734]).[5] Sie war aber zu Beginn des 18. Jahrhunderts noch nicht abgeschlossen, denn nach Teuchert (1934, S. 32) hat die Mecklenburgischen Landesteilung von 1702 ihre Ausbreitung auf das Mecklenburgisch-Strelitzische verhindert.[4]
Im Urgermanischen war jedesg ein Stimmhafter velarer Frikativ/ɣ/, der in vielen (hoch)deutschen Dialekten durch den Plosiv/g/ verdrängt wurde. Durch deutschen Einfluss verbreitete sich dieser Plosiv spätestens im 19. Jahrhundert auch in den niederdeutschen Gebieten.[6] Das Mecklenburgische erhielt sich das frikativische G jedoch lange vor E und I. Noch heute ist dasweiche G außerdem in norddeutscher Aussprache zu finden, insbesondere zwischen Vokalen. Mit diesem frikativischen G ist auch zu erklären, dass das G bei derAuslautverhärtung in Norddeutschland zu/x/, also zuch, und dessenAllophonen wird und nicht zu einemk (vgl. das markante norddeutscheTach! mit dem standard- und süddeutschenTak! oder das standard- und norddeutschelustich mit dem süddeutschenlustik).
Außerdem ersetzte das G vielerorts in Mecklenburg-Vorpommern den älteren Halbvokal/w/ (gnawen → gnagen), der mit dem Vorrücken des Hochdeutschen verschwand.
Das Mecklenburgisch-Vorpommersche vokalisiert, wie viele nordniederdeutsche Dialekte, das R. Das heißt, dass das eigentlich gerollte R im Auslaut und in Verbindung mit den mit der Zunge gebildeten Konsonanten (N, L, S, z. T. D/T) zu einem vokalischen Laut (Schwa) wird. Vor diesem R wechseln einige Vokale. Diesen Vorgang bezeichneteKarl Nerger als „Erhöhung“ (im Gegensatz zurBrechung; vgl.Vokaltrapez); auch der Begriff „Hebung“ wird verwendet. Die Wechsel sind: O→U, E→I, Ö→Ü, A→O. Die letzte Entwicklung, sowie einen Wechsel E→A vor konsonantischem R (/r/), machen fast alle nordniederdeutschen Dialekte mit; Worte wieJor (mnd.jar ‚Jahr‘) undBarg (mnd.berg ‚Berg‘) sind in ganz Norddeutschland verbreitet. Typisch mecklenburgisch-vorpommersch sind jedoch Worte wieNurd ‚Norden‘,Kirl ‚Kerl‘ undhüren ‚hören‘. Diese Entwicklung war zumindest im 19. Jahrhundert nicht vollständig durchgeführt, und im Gebiet vonRatzeburg undLauenburg, die mit dem Rest Mecklenburgs klassischerweise ein Dialektgebiet bildeten, liegt sie nur partiell vor. Bereits abLudwigslust kann man zwar eine Umformung vonwer ‚war‘ zum typisch mecklenburgisch-vorpommerschenwir finden, aber z. B.Ber ‚Bier‘ macht nur die Diphthongierung mit und wirdBeir (sprich wie hd. ‚Bayer‘) statt wie im sonstigen MecklenburgBir (wie im Hd.). Dieser Zustand mag sich inzwischen gewandelt haben, da die letzte umfassende Erhebung 1876–1880 mit derErhebung durch Wenker geschah.
Die mecklenburgisch-vorpommersche Erhöhung hat sich nach Teuchert (1934) kurz vor der Landesteilung in Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin (1702) durchgesetzt, da sie sowohl Schwerinisch als auch Strelitzisch erfasst hat.[4]
Durch Ausfall eines mittelniederdeutschen-e am Wortende entsteht im mvp. ähnlich wie in anderen niederdeutschen Mundarten die sog. „Überlänge“ des vorangehenden Vokals, die orthographisch durch Apostroph’ angezeigt werden kann,[7] vgl.Apokope und Apostroph unten. Überlänge äußert sich u. a. durch Ausbleiben der Auslautverhärtung nachfolgender Konsonanten („gleich als ob am Ende ein stillese nachwirke“, Nerger 1869, S. 154) und ist beispielsweise in der Flexion bedeutungsunterscheidend.[8]
Nach Ritter (1832, S. 12) wird „der Vocal der tief betonten Wörter […] zu einer wahren Länge ausgedehnt, bei hell betonten Silben aber der erste auf den Vocal folgende Consonant länger gehört, und der letzte Consonant lautet allein nach, oft mit einem unmerklich angedeuteten e, z. B. Lew’ (Liebe), gesprochen Le'w, Le-èw, wogegen lew (lieb) rein gesprochen wird; eben so lang’ (lange), gesprochen lann'g, dagegen lang wie lank. Dadurch wird der nun auslautende Consonant sehr weich gesprochen“[9].
Das S [/s/] vor Konsonanten wird im Strelitzschen und Teilen Vorpommerns zu SCH [/ʃ/] verändert, gleich dem Deutschen. Snacken, Strand und Spiker werden zwar häufig mit S geschrieben, in vielen, wenn nicht allen,ostniederdeutschen Dialekten spricht man sie jedoch als schnacken, Schtrand und Schpiker aus. Mit der Auflösung der ostniederdeutschen Gebiete inPommern undOstpreußen immigrierten viele Sprecher östlicher Dialekte nach Mecklenburg, sodass auch im Meckl.-Schwerinerischen die Veränderung von S zu SCH nun manchmal auftritt.
Im Inlaut wird häufiger B [/b/] verwandt, wo in anderen Dialekten ein V [/v/] steht.[10][11][12][13][14][8] So finden sichto (zu),töven (warten),Aven (Ofen) undgrön (grün) in Mecklenburg alstau,täuben,Aben (auchAwen) undgräun. In Rostock, Grenzen zu anderen Dialekten und in vielen Pommerschen Gebieten werden die Wörter ebenfalls mit O gebildet.[15]
Postvokalischesr wird vielfach vokalisiert, in einem Teil des Dialektgebietes word dadurch auslautendes-er als-e artikuliert wird. Die Grammatik von Ritter (1832) schreibt daher systematisch-é, daher dort Schreibungen wieSchepè für sonst üblicheresSchäper ‚Schäfer‘.[9] Wo hier aus Ritter zitiert wird, wird-er geschrieben.
Regional verbreitet ist Rhotazismus, d. h., die Aussprache von intervokalischem mnd.d oderdd als gerolltes/r/. Teilweise findet das auch Eingang in die Schreibung, so etwa bei Ritter (1832), der z. B. für 1.sg.prt vondon ‚tun‘ sowohlded‘ als auchder‘ ‚(ich) tat‘ angibt (Ritter 1832, S. 84).[9]
Das Mecklenburgische und Vorpommersche, bedingt durch die offenere Aussprache, verfügen über eigene Laute, welche in anderen Dialekten desNiederdeutschen nicht vorkommen. Diese werden, je nach Verlag, dargestellt durch die Buchstaben Œ (Æ) und Ę oder auch durch Ä, Ae und Oe. Ein weiterer Buchstabe, welcher im ganzensächsischen Raum Verwendung findet, ist Å.
DasÅ/å tritt in der Schrift vor allem im Pommerschen auf, wo es zum einen anzeigt, dass ein als O gesprochener Laut vor einem langen R im Wortstamm ein A ist. Vor einem vokalischen R wandelt sich in niederdeutschen Dialekten das lange A als O, auch dort, wo das lange A sonst dem deutschen A entspricht (Jor ‚Jahr‘). Es kam in den östlichen Gebieten des heutigenMecklenburg-Vorpommern nicht selten vor, dass dort ein Å geschrieben wurde. Dass dies im Westen selten geschah, ist mit Konvention zu erklären, da die Grammatik und Aussprache dort z. T. identisch sind.[16]
In ganz Norddeutschland zu finden ist außerdem die Verwendung des Å anstelle des A, da die meisten Dialekte das lange A wie ein skandinavisches Å sprechen [/ɒː/ oder/ɔː/]. Dies vor allem in neuerer Zeit, wo sich imNiederdeutschen eine dialektbezogen-aussprachekonforme Schreibweise gegenüber einer etymologisch-wortstammbildenden durchsetzt. Dort findet sich dann das klassisch alswater geschriebene „Wasser“ entsprechend der Aussprache [/ʋɒːtɜ/], orientiert an der hochdeutschen Standardsprache, alsWåder wieder.[17]
DasĘ/ę bezeichnet ein „tonlanges E“ [/ɛ:/].[18] Es steht zum einen in Wörtern, die durch Lautwandel einen neuen Laut angenommen haben, d. h. von bestimmtenaltsächsischen Vokalgruppen stammen; etwa Worte, die ein kurzes I in einer offenen Silbe führten. Beispiele sindas.filu und meckl.vęl (viel) oder as.givan und meckl.gęven (geben). Auch derName Mecklenburgs hat durch dieses Lautgesetz sein Ę erhalten: Mikilinborg → Mękel(e)nborg. Ebenso wurde slawisch Liubice zu Mecklenburgisch Lübęke. Außerdem ist dieses E der Umlaut des kurzen A, wie in Singulargrass, Pluralgręser. Je nach Autor und Herausgeber wechselt Ę relativ frei mitÄ. Ę ist eher eine Wörterbuchschreibung, da auf elektronischen Endgeräten für die meisten Autoren schwer zu schreiben.
DasÆ/æ und Œ/œ bezeichnen denselben Laut [/ɶː/], welcher der Umlaut des langen A ist und vom Ä zu trennen ist, wenn der Schriftsatz es ermöglicht. Klanglich handelt es sich um ein langes Ä mit starker Beimischung des offenen Ö.[19] Auch dieser Laut wird häufig mit dem Zeichen<Ä> bezeichnet. Im 19. Jahrhundert gingen einige Autoren davon aus, dass dieser Laut nur im Mecklenburgischen vorkomme.
Das Zeichen Œ hat sich in jüngerer Zeit verbreitet, da der Laut selbst aufgrund des Ö-Beiklangs in Verkürzungen mit einem Ö verwechselt werden kann, bzw. auch als solches geschrieben wird. (de Mœl, die Mühle →de Möller, der Müller; jedoch urspr. abgeleitet vonmalen, mahlen). Die Wörter mit kurzem Ö sind aber jüngeren Ursprungs (mnd.molarene, Müller). Weiteren Einfluss darauf muss man wohl dem Deutschen zurechnen, welches diese Wörter zumeist mit OE umschreibt, sowie nicht zuletzt der großen Ähnlichkeit von æ und œ im Frakturschriftsatz, in welchem der überwiegende Großteil der bekannten niederdeutschen Literatur veröffentlicht wurde.
Die Verwendung des Œ birgt die Gefahr, dass man fälschlich einen O-Umlaut annimmt, was zu Fehlern bei Konjugation und Deklination führen kann. So ist der Singular vonVœgel/Vægel etwaVagel und nichtVogel. Dies ist zudem für die Aussprache wichtig, da die Mecklenburger, insbesondere der mittel-/ostmecklenburgische Dialekt Fritz Reuters, das lange A mit wenig bis ohne Charakter des O spricht. So findet man etwa in dessen Werken ausschließlich die Schreibung mit æ/ae und ä.
Vagel findet z. B. in der Aussprache desniedersächsischen Dialektraumes z. T. die Realisierung als „Voogel“, im mecklenburgischen und pommerschen Raum hingegen eine Aussprache wie „Våågel“ (mit einem Laut wie im englischen water) je nach Gebiet.[19]
Weiter zur Verwirrung trägt bei, dass die deutschen Transkriptionen dieser Wörter für gewöhnlich „oe“ verwenden und die westniederdeutschen Dialekte an der entsprechenden Stelle Ö oder ÖÖ schreiben und auch sprechen. Der Unterschied zwischen Ö /ø:/ und Æ/Œ /ɶː/ ist im Osten bedeutungsunterscheidend (Hög', Höhe;Hæg'/Hœg', Freude).
Tabelle zur Übersicht der Umlautbeziehung:
| Umlautwort | abgeleitetes oder ableitendes Wort | Anmerkung |
|---|---|---|
| dæmlig | damelen | Ursprung für das Deutsche „dämlich“ |
| kænen | ik kan | können, erste Person Singular |
| Slætel | slaten | Schlüssel, geschlossen, Partizip von sluten |
| Vægel | Vagel | Plural, Singular |
| knækern | Knaken | knöchern, Knochen |
Zur Bezeichnung der sog. „Überlänge“ von Vokalen wird dort, wo früher ein E stand, welches wie im Nordniederdeutschen häufig stumm wurde (sieheApokope), heute oft ein Apostroph geschrieben, das die Auslautverhärtung verhindert. Wie im Deutschen und Niederländischen werden D, B und W am Ende eines Wortes und am Ende einer Silbe vor einem Konsonanten zu T, P und F. (Dod spricht man wie „doht“.)Ein G wird an diesen Stellen als CH gesprochen.Ein Apostroph macht deutlich, wo früher ein E stand und dass die vorstehenden Buchstaben diesen Wandel nicht durchmachen, da sie quasi noch im Inlaut stehen. Dies ist auch bedeutungsunterscheidend. Eine Orientierungshilfe zur Aussprache kann das Englische geben, wo die Auslautverhärtung nicht stattfindet und das Wortcold (kalt, im niederdeutschen ebenfallskold) tatsächlich mit D am Ende gesprochen wird.
| Plattdeutsch | Deutsch |
|---|---|
| de Dod | der Tod |
| de Dod’ | der Tote |
| ’n Hus | ein Haus (Nominativ) |
| ’n Hus’ | einem Hause |
Eine sehr gängige Ausnahme istDag (Tag, kurzes A), wo neben dem PluralDag'auch der PluralDag üblich ist, wobei sich dieser das lange A der ursprünglichen Zweisilbigkeit (früherDage) erhält. Zuweilen wird der Unterschied schriftlich kenntlich gemacht. (Dach/Dag oder Dagg/Dag; Dag/Daag eher im Westen üblich)
Ein anderes System war, jedem Laut einem Buchstaben zuzuordnen, sodass der Tod als derDot geschrieben wurde, der Tote aber als derDod.
Weiterhin benutzen sehr viele moderne (mindestens seit 1800) Texte im mecklenburgisch-vorpommerschen Dialekt dasw im Wort, ohne dass sich der Lautwert vonv> [/v/] zuw [/ʋ/] geändert hätte. Vor allem der sich stark an derstandarddeutschen Rechtschreibung orientierendeFritz Reuter leistete dieser Entwicklung Vorschub, während Philologen wieKarl Nerger diese Entscheidung eher kritisch sahen. Sie ist zum Teil vielleicht damit zu erklären, dass dasv immittelniederdeutschenAnlaut immer alsf gesprochen wurde, was sich im Mecklenburger Dialekt zum Teil auf denInlaut bei Fremdwörtern übertrug.Veninsch (‚giftig‘; von frz.venin) spricht man als „feniensch“ aus, David als „Dafiet“. ImWesten hingegen spricht man dasv heute im Anlaut von Fremdwörtern wie in der Originalsprache.[20]
| Schreibung | Lautschrift | Beispiel nach Herrmann-Winter[21] | hochdeutsche Entsprechung |
|---|---|---|---|
| a | [a] | as ‚als, wie‘ | meist kurzesa |
| a | [a;] (vor r) | Barch ‚Berg‘, Kark ‚Kirche‘ | meist kurzese oderi |
| e | [ɛ] | em ‚ihn, ihm‘, etzlig ‚etlich, einige‘ | meist kurzese oderi |
| e (ee, eh) | [e:] | een ‚ein‘, ehr ‚ihr‘, Bickbeer ‚Heidelbeere‘, Kleed ‚Kleid‘ | meistei oder langese |
| i | [i]/[ɨ] | mit ‚mit‘, schippern ‚mit dem Schiff fahren‘, villicht ‚vielleicht‘ | meist kurzesi, auch langesi oderei möglich |
| i (ie,ih) | [i:] | glieks ‚gleich‘, Ies ‚Eis‘, mihrst ‚fast, zum Teil‘ | meistei |
| o | [ɔ] | von ‚von‘, Zigorr ‚Zigarre‘ | meist kurzes a oder o |
| o, a, å (oh, ah, åh) | [ɔ:] | Affohrt ‚Abfahrt‘, Vagel ‚Vogel‘, Wor ‚Ware‘ | meist langesa odero |
| o (oo) | [o:] | wo ‚wo‘, Book ‚Buch‘, Spieskoort ‚Speisekarte‘, nooch ‚genug‘, Bom ‚Baum‘, grot ‚groß‘, Hosten ‚Husten‘ | meist au, langes u oder langeso |
| u | [ʊ] | Zägenbuck ‚Ziegenbock‘, Wulf ‚Wolf‘ | meist kurzes u oder o |
| u (uh, uu) | [u;] | Tuurt ‚Torte‘, Stuf ‚Stube‘, Buer ‚Bauer‘, Buk ‚Bauch‘ | meistau oder langesu |
| ö | [œ] | Wöddel ‚Wurzel‘, Köst ‚Schmaus, Kost, Festessen‘ | meist kurzeso oderu mit Umlaut |
| æ, œ (ä, ö, +h) | [œ:]~[æ:] | oewertügen ‚überzeugen‘, Boegel ‚Bügel‘, moegen ‚mögen‘, moeten ‚müssen‘, Koetel ‚Kotstückchen‘, Loepel ‚Löffel‘, Koeksch ‚Köchin‘ | meist langesü oder ö |
| ę (ä, ää, äh) | [ɛ:] | Spältüüch ‚Spielzeug‘, woväl ‚wieviel‘, Klappräkner ‚Laptop, wörtlich Klapprechner‘, gägen ‚gegen‘, bäätsch ‚bissig‘ | meist langesi, kurzes oder langese |
| ö (öö, öh) | [ø:] | bedöwen ‚betäuben‘,Döp ‚Taufe‘, Hö ‚Heu‘, grön, gräun ‚grün‘ | meisteu oderäu, auch langesü |
| ü | [ʏ] | üm ‚um‘, ümmer ‚immer‘, wünschen ‚wünschen‘ | meist kurzes ü |
| ü (üh, üü) | [y:] | uphüren ‚aufhören‘, Füer ‚Feuer‘, Sük ‚Seuche‘, Jüüch ‚Jauche‘ | meisteu |
| au | [aʊ̯] | Kauken ‚Kuchen‘, Austmand ‚August‘ | meist langesu, auchau |
| eu, äu | [ɔɪ̯] | vergnäuglich ‚vergnüglich‘, Schleuf ‚Schleife‘ | meist langesü |
| ei | [aɪ̯] | affdreigen ‚abdrehen‘, Afdeilung ‚Abteilung‘ | meist langese, auch ei |
Vor allem an den Vokalen wird klar, dass die niederdeutsche Lautung aus der hochdeutschen (oder umgekehrt) kaum voraussagbar ist. Das unterstreicht, dass es sich hierbei nicht um einen Dialekt des Deutschen, sondern des Niederdeutschen handelt.
| Schreibung | Lautschrift | Beispiel nach Herrmann-Winter[21] | hochdeutsche Entsprechung |
|---|---|---|---|
| b | [b] | Brut ‚Braut‘, warben ‚werben‘ | meistb |
| tz, z | [t͡s] | sprützen ‚spritzen‘, Zääch ‚Ziege‘ | meistz, tz (sind meist Lehnworte) |
| tsch | [t͡ʃ] | Zitsch ‚Narzisse‘, Natschon ‚Nation‘, Älditsch ‚Eidechse‘, knutschen ‚küssen‘ | meisttsch oder Lateinisch-ti- |
| d | [d] | Düwel ‚Teufel‘, Zoddel ‚Zottel‘, dit ‚dies‘, Dack ‚Dach‘ | meistt oderd |
| f,v | [f] | Witfru ‚Witwe‘, afarbeiden ‚abarbeiten‘, tauvör ‚zuvor‘ | meistf oderb |
| g | Am Wortende:[ɣ]/Sonst:[g] | tüdlig ‚wunderlich‘, toglieks ‚zugleich‘ | meistg |
| h | [ɦ], auch Zeichen für Vokallänge | wurhen ‚wohin‘ | meisth |
| j | [j]/[ʝ] | Vöhrjohr ‚Vorjahr‘ | meistj |
| k (ck) | [k] | wieken ‚weichen‘, Wark ‚Werk‘, wecke ‚welch‘ | meistk oderch |
| l | [l] | Wulf ‚Wolf‘, lütt ‚klein‘ | meistl |
| m | [m] | mitnähmen ‚mitnehmen‘ | m |
| n | [n] | nähmen ‚nehmen‘ | meistn |
| ng, n(k) | [ŋ], Allophon von /n/ vor Velar | Zislaweng ‚Trick‘, Unkel ‚Onkel‘ | ng, n(k) |
| p | [p] | versupen ‚ertrinken‘, püüstern ‚anhaltend blasen‘,Pierd ‚Pferd‘ | meistpf, f oderp |
| r | [r]/[ʀ]/[ʁ] | püüstern ‚anhaltend blasen‘, run ‚runter‘ | meistr |
| s | [s],[z] vor Vokal | püüstern ‚anhaltend blasen‘, sweiten ‚schwitzen‘, suer ‚sauer‘ | meists, z. T.sch |
| sch | [ʃ] | schweiten (neben sweiten) ‚schwitzen‘, schluten ‚schließen‘ | meistsch |
| t | [t] | tauierst ‚zuerst‘, dormit ‚damit‘, bet ‚bis‘, bäten ‚bisschen‘, dat ‚das, dass‘ | meistt, tz,z, ss oderß |
| w | [v] | wieken ‚weichen‘, hewwen ‚haben‘ | meistw oderb |
| ch | [x] | wurachen ‚hart arbeiten‘, Winterdach ‚Wintertag‘ | meistg oderch |
| ch | [ç], Allophon von [x] | Zääch ‚Ziege‘, wohrschienlich ‚wahrscheinlich‘ | meistg oderch |
Nach ar/er/ir/or/ur [a:], V+[ɐ]
Substantive unterscheiden wie im Hochdeutschen drei Genera (mask., fem., neut.),Vader m. ‚Vater‘,Moder f. ‚Mutter‘,Kind n. ‚Kind‘ (Wiggers 1858, S. 18).[22] Teilweise weicht die Geschlechtszuordnung vom Hochdeutschen ab:
Zum Zusammenfall des mnd. Dativ und Akkusativ siehe unten.
Genera und Kasus werden morphologisch nur in der Flexion der Artikel und Adjektiva angezeigt,
Nomina unterscheiden nur Singular und Plural (Wiggers 1858, S. 20–33):[22]
| m. | f. | n. | |
|---|---|---|---|
| -en | Ap ‚Affe‘, pl.Apen | Katt ‚Katze‘, pl.Katten | Schapp ‚Schrank‘, pl.Schappen |
| Umlaut | Vagel ‚Vogel‘, pl.Vägel | Mus ‚Maus‘, pl.Müs | Bok ‚Buch‘, pl.Böker |
| -s | Hamer ‚Hammer‘, pl.Hamers | Diern ‚Mädchen‘, pl.Dierns | Mäten ‚Mädchen‘, pl.Mätens |
| unregelmäßige | Smid ‚Schmied‘, pl.Smed | Schip ‚Schiff‘, pl.Schep | |
| sonstige | Dag ‚Tag‘, pl.Daag | Schap ‚Schaf‘, pl.Schap Licht ‚Licht‘, pl.Lichter |
Nach Wiggers (1858, S. 20)[22]
| m.sg. | f.sg. | n.sg. | pl. | |
|---|---|---|---|---|
| nom. | de | de | dat | de |
| akk. | den | de | dat | de |
Mnd. Dativ und Akkusativ sind zusammengefallen. Eine ursprüngliche Dativform ist erhalten intom iersten.
Nach Wiggers (1858, S. 20)[22] und Nerger (1869, S. 189):[8]
| m.sg. | f.sg. | n.sg. | |
|---|---|---|---|
| nom. | een (en, ’n, ’nen) | eene (en, ’ne) | een (en, ’n) |
| akk. | eenen (’nen, ’n) | eene (en, ’ne) | een (en, ’n) |
Nach Nerger (1869, S. 189) liegen ursprüngliche Dativformen vor mit f.sg.dat.’ner und n.sg.dat.’nen (neben’n).[8]
Nach Wiggers (1858, S. 34–37)[22] und Nerger (1869, S. 188–189)[8]
| m. | f. | n. | |
|---|---|---|---|
| bestimmt | |||
| nom.sg. | de gele (gel') Vagel ‚der gelbe Vogel‘ | de blage (blag') Koh ‚die blaue Kuh‘ | dat swarte (swart) Hohn ‚das schwarze Huhn‘ |
| akk.sg. | den gelen Vagel | de blage (blag’) Koh | dat swarte (swart) Hohn |
| pl. | de gele Vägel | de blagen Käuh | de swarten Höhner |
| unbestimmt | |||
| nom.sg. | een (’n, ’nen) dullen (dull) Hund ‚ein toller Hund‘ | eene (en, ’n) smucke (smuck) Diern ‚ein hübsches Mädchen‘ | een (’n) lütt/lüttes (lüttet) Kind ‚ein kleines Kind‘ |
| akk.sg. | eenen (’nen, ’n) dullen (dull’, dull) Hund | eene (en, ’n) smucke (smuck) Diern | een (’n) lütt/lüttes (lüttet) Kind |
| pl. | dulle (dull’, dull) Hund' | smucke (smuck) Dierns | lütte (lütt) Kinder |
Mussaeus (1829, S. 30) listet sämtliche Formen noch ohne Apokopie.[23]
Nach Nerger (1869, S. 188–189) liegen ursprüngliche Dativformen vor mit:[8]
Die Situation ist allerdings durch das analogische Vordringen von Formen auf-en in andere Kasus (Nerger 1869, S. 188)[8] verunklart. Dementsprechend listet z. B. Wiggers (1858) die "Dativform"’ndullen Hund auch für Nominativ und Akkusativ.[22]
Nach Nerger (1869, S. 188) ist unbest.nom.sg.m. auch-er (een duller Hund) möglich, sofern es sich um Anredeformen handelt.[8] Die Endung-es im Neutrum unbestimmter Adjektve ist hochdeutschen Ursprungs, die Endung-et ist veraltet, nach Nerger ist die reguläre Form endungslos.[8]
Die Steigerungsformen werden ähnlich dem Hochdeutschen mit-er und-st gebildet, die weitere Deklination folgt der der Adjektive (Wiggers 1858, S. 39):[22]
Nach Mussaeus (1829, S. 32f.):[23]
| 1. | 2. | 3.m. | 3.f. | 3.n. | |
|---|---|---|---|---|---|
| nom.sg. | ick ('ck) | du | hei | sei | et oder ’t, gewöhnlicher dat |
| gen.sg. | (miener) | (diener) | (siener) | (ehrer) | (siener) |
| acc.sg. | mi | di | em (en) | ehr (s') | et oder ’t, gewöhnlicher dat |
| nom.pl. | wi | ji | sei | ||
| gen.pl. | (unser) | (juer) | (ehrer) | ||
| obj.pl. | uns | ju | sei | ||
Nach Wiggers (1858, S. 43):[22]
| 1. | 2. | 3.m. | 3.f. | 3.n. | refl. | |
|---|---|---|---|---|---|---|
| nom.sg. | ik | du | he | se | dat (’t) | |
| obj.sg. | mi | di | em | er | sik | |
| nom.pl. | wi | ji | se | |||
| obj.pl. | uns | jug (ju) | se | sik | ||
Und nach Nerger (1869, S. 190):[8]
| 1. | 2. | 3.m. | 3.f. | 3.n. | refl. | |
|---|---|---|---|---|---|---|
| nom.sg. | ik | dû, du | he, hê, hei | se, sê, sei | et, t | |
| gen.sg. | (mîner) | (dîner) | (sîner) | |||
| dat.sg. | mî | dî | (em, en) | (ēr) | (em, en) | sik |
| akk.sg. | mî | dî | em, en | ēr, se | et, t | sik |
| nom.pl. | wî | jî | se, sê, sei | |||
| gen.pl. | (unser) | (jûger) | (sîner) | |||
| dat.pl. | uns | jûch, jû | (en) | sik | ||
| akk.pl. | uns | jûch, jû | se, sê, sei | sik | ||
3.sg.f.akk. findet man nach Mussaeus (1829, S. 33) „[b]ei denen, die viel Hochdeutsch hören […] [als] apostrophierte[s]s’ für den weibl. Akkusativehr, aber niesei, z. B. ick häww s’ seihn — ich habe sie gesehen.“[23]
Der Objektkasus der Personalpronomen folgt meist ursprünglichen Dativformen. Als separate Dativformen listet Nergerem, en 3.sg.n. unden 3.pl. für den Objektfall neben den o. g.[8]
Unterschiede zwischenhe undhei (usw.) sind regionale Aussprachevarianten, der Unterschied zwischendat und’t bzw.jug undju besteht im Grad der Verkürzung. Die Formet ist nach Nerger (1869, S. 190) „äußerst selten im Gebrauche“[8] und gilt sonst als eher typisch für das Märkische.
„Aus Irrthum verwendet man [...]ēr“ in Analogie zur 3.sg.f. „auch als Objectscasus des Plurals“. (Nerger 1869, S. 190).[8]
Nach Wiggers 1859, S. 45[22] und Nerger (1869, S. 191):[8]
| 1. | 2. | 3.m | 3.f | 3.n | |
|---|---|---|---|---|---|
| sg. | mien | dien | sien | ehr | sien |
| pl. | uns' (uns) | jug' (jug) | ehr | ehr | ehr |
Nach Wiggers 1859, S. 45–46[22] und Nerger (1869, S. 191):[8]
| m. | f. | n. | pl. | |
|---|---|---|---|---|
| proximal (‚diesen‘) | ||||
| nom. | diss, disse | diss, disse | dit | diss, disse |
| akk. | dissen | diss, disse | dit | diss, disse |
| distal (‚jenen‘) | ||||
| nom. | dee (de, dei) | dee (de, dei) | dat | dee (de, dei) |
| akk. | den (denn) | dee (de, dei) | dat | dee (de, dei) |
Nach Nerger (1869, S. 191) liegen ursprüngliche Dativformen für den Objektfall vor mit n.sg.dat.dissen bzw.dem, denn sowie pl.dat.dissen. Der Dativdem steht nicht attributiv.[8]
In Verbindung mit Präpositionen steht für das Neutrum oftdor (dor heff ik nich van hürt ‚davon habe ich nichts gehört‘). Vereinzelt kommen in Verbindung mit Präpositionen noch alte Dativformen vor (in dem wier ik sollen ‚darin hätte ich sein sollen‘ d. h. ‚beinahe wäre ich gefallen‘).[22]
Ritter (1832, S. 80f) beschreibtdiss als „das Pronomen, welches das Nähere bezeichnet“ undde als „[d]as Pronomen, welches das Entferntere angiebt“, analog auch Wiggers (1859, S. 45). Ein weiteres distales Pronomen istjene, in dem zumindest Ritter (S. 81) aber hochdeutsche Entlehnung vermutet.[9]
Nach Wiggers (1859, S. 54–66),[22] ergänzt nach Nerger (1869, S. 156–167).[8]
| 1.sg | 2.sg | 3.sg | 1.pl | 2.pl | 3.pl | |
|---|---|---|---|---|---|---|
| schwache Konjugation: halen ‚holen‘ | ||||||
| ind.prs. | ik hal | du halst | halt | wi halen | ji halen (halt) | se halen |
| ind.prt. | ik halt (hald, halde) | du haltst (haldst) | halt (halde, hald) | wi halten (halden) | ji halten (halden), halt (haldet, haldt) | se halten (halden) |
| ipv. | hal | halt | ||||
| part. | halt | |||||
| starke Konjugation: kamen ‚kommen‘ | ||||||
| ind.prs. | kam | kümmst | kümmt | kamen | kamen (kamt) | kamen |
| ind.prt. | keem | keemst | keem | keemen | keemen (keemt) | keemen |
| ipv. | kam, kumm | kamt | ||||
| part. | kamen | |||||
| starke Konjugation: maken ‚machen‘ | ||||||
| ind.prs. | mak | makst | makt | maken | maken (makt) | maken |
| ind.prt. | mök | mökst | mök | möken | möken (mökt) | möken |
| ipv. | mak | makt | ||||
| part. | makt | |||||
| starke Konjugation: fangen ‚fangen‘ | ||||||
| ind.prs. | fang | fangst | fangt | fangen | fangen (fangt) | fangen |
| ind.prt. | füng (älter feng) | füngst (älter fengst) | füng (älter feng) | füngen (älter fengen) | füngen (füngt) (älter fengen, fengt) | füngen (älter fengen) |
| ipv. | fang | fangt | ||||
| part. | fungen | |||||
Nach Nerger (1869, S. 156) waren-en und-t im Mecklenburgischen des 19. Jahrhunderts gleichberechtigt, Spuren (Einflüsse) eines Einheitsplurals auf-t „verharr[en] nur noch in den westlichen Theilen des Landes neben demen“.[8]
Nach Ritter (1832, S. 100) scheint es das Partizip Präsens nicht zu geben, da es in der Landsprache seiner Zeit fast nie angetroffen werde, bzw. sofern es doch auftritt, wie im Hochdeutschen formal dem Infinitiv entspricht und daher womöglich entlehnt sei.[9]
Die Vorsilbege- wird nach Ritter (1832, S. 100) für das Partizip Präteritum nur verwendet, wenn es adjektivisch gebraucht wird, jedoch nie in der Verbalflexion.[9]
Nach Nerger (1869, S. 167–169) flektieren die Hilfsverbensin/wesen ‚sein‘,don ‚tun‘ undhebben ‚haben‘ und einige Modalverben (moeten ‚müssen‘,soelen ‚sollen‘,moegen ‚mögen‘,koenen ‚können‘,willen ‚wollen‘) irregulär. (Daneben auchbringen ‚bringen‘,denken ‚denken‘,dünken ‚dünken‘,gahn ‚gehen‘,stahn ‚stehen‘ undweten ‚wissen‘):[8]
| sin/sien/wesen ‚sein‘ | hebben ‚haben‘ | don (daun) ‚tun‘ | moeten ‚müssen‘ | koenen ‚können‘[24] | soelen ‚sollen‘[24] | willen ‚wollen‘[25] | |
|---|---|---|---|---|---|---|---|
| 1.sg.ind.prs. | bün | hevv, hef | do | moet | kann | sall (schall) | will |
| 2.sg.ind.prs. | büst | hest | deist | moest | kannst | sast (schasst) | wisst (wullt) |
| 3.sg.ind.prs. | is | het (heft) | deit | moet | kann | sall (schall) | will |
| 1.pl.ind.prs. | sünt | hebben | don | moeten | koenen | soelen (schoelen) | willen |
| 2,pl.ind.prs. | sünt | hebben (heft) | don, dot | moeten | koenen (koent) | soelen (schoelt) | willt |
| 3.pl.ind.prs. | sünt | hebben | don | moeten | koenen | soelen (schoelen) | willen |
| 1.sg.ind.prt. | was, wier | hadd | deed | möst (müst) | könnt (künnt) | söll, süll (schöll, schüll, schull) | woll (wull) |
| 2.sg.ind.prt. | wierst | haddst | deedst | wosst (wusst) | |||
| 3.sg.ind.prt. | was, wier | hadd | deed | woll (wull) | |||
| 1.pl.ind.prt. | wieren | hadden | deeden | wollen (wullen) | |||
| 2.pl.ind.prt. | wieren (wiert) | hadden, haddt | deeden, deedt | wollt (wullt) | |||
| 3.pl.ind.prt. | wieren | hadden | deeden | wollen (wullen) | |||
| ipv.sg. | wes (wees, sie) | hevv, hef | do | ||||
| ipv.pl. | weest (siet) | heft | dot | ||||
| part. | wesen, weest, west | hat | dahn | möst (müst) | könnt (künnt) | söllt, süllt (schüllt, schullt) | wollt (wullt) |
Die Variationsall -- schall ist regional. Ritter (1832, S. 91) beschreibt ersteres als „Stadtsprache“, letzteres als „Landsprache“.[9]
Die Derivation ist sehr vielfältig und kann daher hier nur in Auswahl einiger charakteristischer Formen beschrieben werden. Darstellung folgt hier Wiggers (1859)[22] und Mussaeus (1829).[23]
Allgemein gilt die niederdeutsche Syntax als schlecht erforscht,[26] die Anmerkungen hier beziehen sich daher auf Einzelbeobachtungen. Die traditionelle Annahme, dass „[d]ie eigentliche Bildung eines Satzes […] im Ganzen der gewöhnlichen und hochdeutschen entspricht“ (Ritter 1832, S. 124)[9] ist naheliegend, aber im Widerspruch zu den untigen Beobachtungen und weitgehend unbewiesen, insbesondere solange keine syntaktisch annotierten Korpora des Mecklenburgisch-Vorpommerschen bzw. des Niederdeutschen insgesamt existieren.
Im allgemeinen sind Dativ und Akkusativ gegen Ende der mittelniederdeutschen Zeit zu einem Einheitsfall ("Objektfall") zusammengefallen, der formell meist dem mittelniederdeutschen Akkusativ entspricht. Dies war zunächst ein lautlicher Prozess (Apokopie von finalem-e, Schwächung von-m zu -n, Assimilation von auslautendem-r), hat sich durch Analogie aber weiter verbreitet (Nerger 1869, S. 170f). In einigen Formen sind Reste ursprünglicher Dativformen erkennbar.[8] Traditionell wird der Objektfall als „Akkusativ“ bezeichnet (Mussaeus 1829, S. 23),[23] worunter aber immer, soweit nicht anders ausgeführt, der Dativ als formgleich mit inbegriffen ist (so explizit Ritter 1832, S. 67).[9] Sachlich richtiger ist hierfür jedoch die Bezeichnung als „Objektfall“ oder „Akkudativ“.
Der Dativ erfährt deutliche Kennzeichnung in Kontraktionen mit Präpositionen, wo noch das Dativ-M des ehemaligen Artikelsdeme auftritt, bzw. bei sächlichen Substantiven der alte Dativ-Artikelden. Tatsächlich entstand der Dativartikelden über ein Lautgesetz des Mittelniederdeutschen: Dort trat mit der Zeit dieAkopierung ein und die E am Ende von Wörtern wurden stumm. Wörter, welche ein-me am Ende geführt hatten, wurden ohne E dann häufig mit-n statt mit-m gesprochen.[27] Eine Trennung von Dativ und Akkusativ kann, über die Artikel hinaus, dann auch in der Aussprache festgestellt werden. Wie im Deutschen und Niederländischen werden D, B und W am Wortende als T, P und F gesprochen. Als Überbleibsel eines ursprünglichen Dativ-E zeigt sich dann eine fehlendeAuslautverhärtung, welche durch einen Apostroph deutlich gemacht wird.[28] Die Schreibung mit Apostroph bzw. die „überlange“ Aussprache kann daher genutzt werden, um Dativformen und Akkusativformen zu unterscheiden, dies allerdings nur für mittelniederdeutsch stimmhafte Konsonanten bei Maskulina und Neutra im Singular (Nerger 1869, S. 171).[8]
| Plattdeutsch | Deutsch | Anmerkung |
|---|---|---|
| dat Liw | der Körper | sprich Lif/Lihf/Lief (IPA: [liːf]) |
| in’n Liw’ | im Körper | sprich Liew |
| Ik ga tau’n/taum Pird’. | Ich gehe zum Pferde. | siehe unten |
| Ik ga tau dat Pird. | Ich gehe zu dem Pferd. | Hier geschieht eine Auslautverhärtung, da es sich tatsächlich um den Akkusativ handelt, der steht, wo ein vergessener Dativ stehen sollte. |
| Ik ga tau einen Pird’. | Ich gehe zu einem Pferde. | |
| Ik köp ein Pird. | Ich kaufe ein Pferd. | |
| Ik ga tau(r) Fru. | Ich gehe zur Frau. | siehe unten |
| Ik ga tau de Fru. | Ich gehe zu der Frau. | |
| de Wulf – de Wülw’ | der Wolf – die Wölfe | Singular, Plural |
| de Wülwen/Wülben – de Wülw’ | den Wölfen – die Wölfe | Dativ, Akkusativ |
Dabei ist unklar, ob Kontraktionen mit -r und -m demAltsächsischen undMittelniederdeutschen entspringen oder hochdeutschen Einflusses sind. Bereits das Altsächsische zeigte eine Vermischung von Akkusativ- und Dativformen, ohne dabei aber einen Einheitsfall aufzubauen. Im Mittelniederdeutschen setzte sich dieser Trend fort. Zudem ist eine Mischung und Verwechslung von N und M zu beobachten, wobei das Schrifttum mit fortschreitender Standardisierung auch vom regional Gesprochenen abwich und schriftlich grammatische Unterscheidungen gemacht wurden, die beim Sprechen nicht hörbar, aber bewusst waren. Weiterhin spricht für einen hochdeutschen Ursprung das Fehlen eines weiblichen Artikels „der“, wobei Ritter in seiner 1832 niedergeschriebenen Grammatik noch als weibliches Akkusativpronomen „de(re)“ verzeichnet. Ungeachtet dessen, welchen Ursprungs diese Formen sind, treten sie allerdings seit mindestens dem 14. Jahrhundert durchgehend in niederdeutschen Texten auf. Wenn diese Kontraktionen als fremd empfunden werden, werden sie durch die Verkürzung des Artikels (Ik ga tau’n Mann/tau Fru.), bzw. durch die Langform ersetzt.
Das in neuerer Zeit stumme Dativ-E jedoch ist zweifelsfrei niederdeutschen Ursprungs.[27] Ebenso, dass in Kontraktionen ein ’n als Dativindikator fürdeunddat steht.
Außerdem wird der Akkusativ bei der Verkürzung des Objektpronomensem, ursprünglich Dativpronomen, zu ’n, ursprünglich vonen, deutlich.
Der mnd. Genitiv ist weitgehend geschwunden und wird meist umschrieben mit einer Possessivphrase in Verbindung mit einem Dativ- (~Akkusativ-) Argument (den Kaptein sien Schip ‚das Schiff des Kapitäns‘) oder einer Präpositionalphrase mitvan (de Kaptein van dat Schip ‚der Kapitän des Schiffes‘,dat Schip van den Kaptein ‚das Schiff des Kapitäns‘). (Wiggers 1858, S. 31)[22]
Mussaeus 1829 (S. 23f.) listet:[23]
Die Umschreibung mitvan zeigt immer nur die Herkunft oder Zugehörigkeit, niemals den Besitz (Mussaeus 1829, S. 63).[23]
Reste des Genitivs sind teilweise in Adverbialen sowie Substantiven, die Personen bezeichnen, erhalten. Nach Nerger (1869, S. 170) z. B. ins'abends "abends",weswegen ‚weswegen‘,vael goods ‚viel Gutes‘,nix slimms ‚nichts Schlimmes‘,Vaders Hus ‚Vaters Haus‘,Nawers Gorden ‚Nachbars Garten‘.[8] Nach Mussaeus (1829, S. 24) sind diese Formen „wie man [sie] zuweilen in den Städten etc. hört“" allerdings nach dem Hochdeutschen gebildet(Mauders Hus) oder daraus entlehnt(üm Gotts Willen) und „[n]icht ächt-platt“.[23]
Analog zum Hochdeutschen kann praktisch jedes nicht intransive Verb um die Angabe dessen erweitert werden, für den diese Tätigkeit stattfindet (semantische Rolle „Benefaktor“). Im Hochdeuitschen ist das der sog. „freie Dativ“, etwa inIch habeihm den Garten gemacht, und diese Konstruktion ist auch die Grundlage für die o. g. Umschreibung des Genitivs (den Kaptein sien Schip wörtlich ‚dem Kapitän.DAT sein Schiff.AKK‘). Im mvp. sind Dativ und Akkusativ zu einem Objektfall (bzw. im Akkusativ) zusammengefallen, so dass der Begriff „freier Dativ“ nicht angewendet werden sollte, aber die Konstruktion ist analog.
Nach Wiggers (1859, S. 109) wird „[d]er Dativ des persönlichen Fürworts der zweiten Person [auch] nicht selten in Gesprächen eingemischt, in der Absicht, das Erzählte dadurch dem Angeredeten recht nahe zu bringen und ihn zur Zustimmung aufzufordern“, z. B.
Morphologisch vertritt dabei der Objektkasus den Dativ. Da dies zu Uneindeutigkeiten gegenüber dem Akkusativ führen kann, kann der Benefaktor durch die Präpositionför ausgedrückt werden (Mussaeus 1829, S. 63):[23]
Eine dem Mecklenburgisch-Vorpommersche eigene Bildung ist die ungenaue Mengenangabe, die mit dem unbestimmten Artikel Singular und einer Form der Nachsilbe -ere/-erne gebildet wird, wobei das darauffolgende Zahlwort durch den Artikel zum Substantiv wird.
Adverbien bestimmen wie im Hochdeutschen Verben näher, jedoch auch andere Adverbien oder Adjektive. Sie können daher gesteigert werden (Mussaeus 1829, S..57), z. B.[23]
Im 19. Jahrhundert sehr gebräuchliche Adverbien waren nach Mussaeus (1829, S. 58)nu ‚nun‘,hüt ‚heute‘,morgen, gistern, oft, raken ‚oft‘,wol, man ‚nur‘,all ‚schon‘,jichens ‚irgends‘,tauwielen ‚zuweilen‘,mittau ‚zuweilen‘,mittaumol ‚zuweilen‘,nich, nichen, nix, narens ‚nirgends‘,äwerall, hier, dor, hierhen, dorhen, wohen, wur, woher, etc.[23]
Konjunktionen schließen wie im Hochdeutschen Worte oder Sätze aneinander an. Mussaeus (1829, S. 58) listet für das frühe 19. Jahrhundertun, ok, denn, as, donn, wieder ‚weiter‘,noch, äwerdem, hernahst, nahher, nahst, nahsten, wenn, wennihr, falls, sünst, awer, awerst, äwerst, doch, obgliek, obwohl, obschons, allein, välmihr ‚vielmehr‘,indem, wur ‚wo‘,sied ‚seit‘,sieddem, entwäder, oder, wäder ‚noch‘,dunn, wiel, dorher, dörüm, wurtau (wotau), worup (woup), wurunt, womit, wurhen (wohen), wurher (woher), wurbie. Die Konjunktionenuter ‚außer‘ undutgenamen ‚ausgenommen‘ dienen auch als Präpositionen.[23]
Diese Liste beinhaltet neben klassischen Konjunktionen auch sog.Diskursmarker.
Wie im Hochdeutschen steht das Subjekt im deklarativen Hauptsatz meist satzinitial(Dei Mann is wiß un worhaftig mien Fründ) im sog.Vorfeld. Beginnt der Satz mit einem Adverb, steht das Subjekt nach dem Verb(Hüt is hei mien Mann). (Mussaeus 1829, S. 64)[23] Das Objekt folgt dem Verb(Ik heww den Minschen seihn) bzw., falls das Subjekt nicht satzeinleitend steht, dem Subjekt(Hett hei den Kopmann bedragen?) (Mussaeus 1829, S. 65).[23]
Die Bildung von Fragesätzen ist weitgehend analog dem Hochdeutschen (vgl. Mussaeus 1829, S. 64).[23] Die Wortstellung der Adjektive entspricht dem Hochdeutschen (Mussaeus 1829, S. 68).[23]
Bei komplexem Verben stehen nicht-finite Verbbestandteile normalerweise am Satzende (rechte Satzklammer), z. B.ick heww dat nich dacht. „[I]st der Satz aber lang, so wird […] das Particip gerne vor einen der Zusätze gesetzt“ (Mussaeus 1829, S. 75):
In moderner Terminologie entspricht das einerNachfeldbesetzung.
In postverbaler Stelliung kann wie im Hochdeutschen das indirekte Objekt vor dem direkten Objekt stehen, doch ist umgekehrte Wortstellung möglich (analog demScrambling im Deutschen) (Mussaeus 1829, S. 65f.):
Das Niederdeutsche wird i. a. nicht alsPro-Drop-Sprache diskutiert, aber nach Mussaeus (1829, S. 69) wird „[o]ft […] der Nominativ ausgelassen“:
Neben den Vollformen der Personal- und Demonstrativpronomen stehen auch Kurzformen, die v. a. postverbal verwendet werden. Nach Nerger (1869, S. 193) sind das:[8]
Die reduzierten Formen können gehäuft werden, und "[n]irgends finden sich häufiger Contrahirungen als bei diesen persönl. Pronom" (Mussaeus 1829, S. 33), z. B. in[23]
Nach Mussaeus (1829, S. 33) wird oft „das Wort:sölwer odersölwen (selber) angehängt, gewöhnlich ersteres bei der Einzahl, letzteres bei der Mehrzahl:ick sölwer, wi solwen, etc.“[23]
Wiggers 1859, S. 108: „Hinter dem Subjekt […] wird sehr häufig der Artikel als Fürwort pleonastisch vor dem Zeitwort eingeschoben […] eben so häufig nach dem unmittelbaren Objekt […], wenn dasselbe dem Zeitwort vorangeht.“ In moderner Terminologie ist das eineLinksversetzung, z. B.
Linksversetzung tritt auch bei Fragen und Ausrufungen auf (Mussaeus 1829, S. 69)[23]:
Wiggers 1859, S. 108: „Soll auf das Subjekt oder Objekt ein besonderer Nachdruck gelegt werden, so bedient man sich dazu gern der Einkleidung in einen Relativsatz.“ In moderner Terminologie ist das einSpaltsatz;
Wiggers 1859, S. 109: „Sätze, in denen das Subject den unbestimmten Artikel hat oder ein Plural ohne Artikel ist, werden mitdor da oder einem dem Satz angehörigen Adverbium eingeleitet.“ Die Konstruktion entspricht exakt dem „existentialthere“ im Englischen, weniger dessen hochdeutscher Umschreibung mit „es gibt“, z. B.
„[I]n leidenschaftlicher (Rede)“ (Mussaeus 1829, S. 64–66) ist nicht-kanonische Wortstellung möglich:[23]
AusMecklenburg:
AusVorpommern:
Zur Pflege der mecklenburgisch-vorpommerschen Variationen des Niederdeutschen engagieren sich folgende Sprachgesellschaften:
Nachbarmundarten: