





DieMechanisierung der Landwirtschaft ist einEntwicklungsprozess, in dessen Verlauf sich zwischen dem Ende des 19. und der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in denIndustriestaaten die Produktions- und Wirtschaftsmethoden radikal veränderten. Infolge der Mechanisierung und damit verbundenenIndustrialisierung ist die Gesamtzahl der menschlichen Arbeitskräfte in derLandwirtschaft enorm gesunken. Diese Entwicklung hatte enorme Auswirkungen für den Arbeitsmarkt und auf die Bevölkerungsentwicklung von ländlichen und städtischen Gebieten, denn während die Einwohnerzahl in den Dörfern auf dem Lande stetig abnahm, stieg sie gleichzeitig in den Städten rapide an (sieheLandflucht).
Ein erster Schritt derMechanisierung war das Aufkommen vonDreschmaschinen, die zunächst noch mit Muskelkraft (häufig vonPferden) betrieben wurden. DieHeuernte konnte in einigen Regionen zweimal im Jahr stattfinden; es war eine körperlich anstrengendeArbeit.[1] Im Verlauf des Fortschritts beim Bau vonVerbrennungsmotoren und der Erfindung motorbetriebenerKraftfahrzeuge kam es zu ersten Überlegungen und Versuchen, diese Technik auch als Arbeitserleichterung und für eine Effektivitätssteigerung in der Landwirtschaft einzusetzen. Ende des 19. Jahrhunderts wurden erste Versuche mit motorbetriebenenZugmaschinen gemacht, frühen Vorläufern derTraktoren, welche sich zunächst jedoch noch als zu schwach erwiesen. Parallel zu den heute üblichen Verbrennungsmotoren wurde in der Frühzeit der Motorisierung auch noch mitdampfbetriebenen Fahrzeugen gearbeitet, welche zwar unhandlich und schwer waren und sich imAutomobilbereich deshalb mittelfristig nicht durchsetzten, für den stationären Betrieb an Feldrändern oder in landwirtschaftlichen Betrieben als Antriebseinheiten für weitere Geräte jedoch gut eigneten. Größere Betriebe begannen deshalb teilweise mit der Beschaffung von sogenanntenLokomobilen. Da nun eine verlässliche Kraftquelle zur Verfügung stand, wurden auch weitere Geräte entwickelt, die sich mit ihrer Hilfe betreiben ließen, etwa dieBallenpresse für Heu und Stroh.
Parallel fand auch die Weiterentwicklung zunächst mitTragpflügen und dann bei Traktoren oder Ackerschleppern mit Verbrennungsmotoren statt. InDeutschland kam diese Entwicklung in den 1920er Jahren insbesondere durch die Traktoren-Entwicklungen von der beiden FirmenHeinrich Lanz AG undDeutz AG in Gang. Die Heinrich Lanz AG wurde seit 1921 mit ihren Modellen des „Lanz Bulldog“ so populär, dass die Bezeichnung Bulldog bis heute regional in Deutschland zur Gattungsbezeichnung für Traktoren wurde. Daneben etablierte sich die Deutz AG mit ihren von einemDieselmotor betriebenen Traktorenmodellen, die in den 1930er Jahren große Verkaufserfolge errangen. Zusammen mitHanomag konnten somit drei Unternehmen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts den Traktorenmarkt und die Mechanisierung der Landwirtschaft in Deutschland dominieren.
Die Mechanisierung der Landwirtschaft wurde durch dieAgrarwirtschaft und Agrarpolitik im Deutschen Reich (1933–1945) maßgeblich rund zehn Jahre lang staatlicherseits erheblich unterstützt, um mit Steigerung der heimischen Lebensmittelproduktion eineAutarkie Deutschlands zu erreichen.
Viele Traktoren der 1920er bis 1960er Jahre besaßen eine kuppelbare Riemscheibe, die im Stationärbetrieb zumTreibriemenantrieb einer Vielzahl von Zusatzgeräten (wieGroßmahlwerk,Dreschmaschine,Windfege,Ballenpresse, Heu- und Erntegutförderer,Feldhäcksler (Ernteguthäcksler),Steinbrecher,(Brennholz)-Kreissäge,Kegelspalter, Wasserpumpe, Werkstattmaschinen etc.) genutzt werden konnte und so die Vorteile einer Acker- und Zugmaschine und eines stationären Antriebsmotors zum Betrieb von Zusatzgeräten vereinen konnten. Dadurch konnten viele schwere Arbeiten durch menschliche Arbeitskräfte erleichtert und effektiver gemacht werden. Zudem wurdenBalkenmähwerke (Mähbalken) an Traktoren, traktorgezogene landwirtschaftliche Geräte, wiePflüge,Eggen,Sämaschinen,Walzen,Kartoffelroder,Heuwender,Schwader,Heulader,Transportanhänger etc., sowie – insbesondere in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts – eine Vielzahl vonzapfwellenbetriebenen gezogenen oder stationärenZusatzgeräten entwickelt und erleichterten und rationalisierten zunehmend den Einsatz menschlicher Arbeitskraft in der Landwirtschaft.
Die technische Entwicklung wurde allerdings auch maßgeblich in denUSA vorangetrieben, wo die riesigen Anbauflächen imMittleren Westen nur noch mit Maschinen bearbeitet werden konnten. Erste Versuche mit kombiniertenMähdreschmaschinen gab es bereits im 19. Jahrhundert. Selbstfahrende Mähdrescher wurden dann in den 1930er Jahren in den USA konstruiert. Traktoren wie auch Mähdrescher setzten sich dort seit den 1930er Jahren verstärkt durch, inEuropa lief die Entwicklung wesentlich langsamer ab, wohl auch, weil die durchschnittliche Betriebsgröße erheblich geringer, die Anschaffung großer und teurer Maschinen weniger lohnend erschien oder schlicht finanziell nicht machbar war.
Die Verbreitung von Traktoren erreichte in den 1950er bis frühen 1960er Jahren ihren Höhepunkt (Schlepperboom). Seitdem ist zwar die Zahl der zugelassenen Traktoren rückläufig, hingegen ist bei anderen landwirtschaftlichen Geräten ein weiterertechnischer Fortschritt mit Leistungssteigerungen zu beobachten, welche jedoch zu einem höheren Energieverbrauch führen.