Max von Gruber

Maximilian Franz Maria Gruber, seit 1908Ritter von Gruber (*6. Juli1853 inWien,Kaisertum Österreich; †16. September1927 inBerchtesgaden), war einösterreichisch-deutscherMediziner,Botaniker,Physiologe,Bakteriologe undHygieniker. Gruber gilt als einer der Begründer der modernen Hygiene und Serologie; er beschäftigte sich zudem mit Themen derRassenhygiene.[1]
Leben
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]Max Gruber, Sohn vonIgnaz Gruber, einem der ersten Ohrenärzte Österreichs, wuchs in Wien auf. Nach Abgang vom renommiertenSchottengymnasium studierte GruberMedizin undChemie an den UniversitätenWien,München undLeipzig. 1876 wurde er in Wien zum Doktor der Medizin promoviert und war danach drei Jahre Assistent am Chemischen Institut in Wien. Seine weitere Ausbildung erhielt er in München unterMax von Pettenkofer,Carl von Voit undCarl von Nägeli. 1882habilitierte er sich in Wien im Fach Hygiene, arbeitete dann ein Semester unter dem PhysiologenCarl Ludwig in Leipzig und übernahm 1884 alsaußerordentlicher Professor die Leitung des Instituts für Hygiene und Bakteriologie an derUniversität Graz. Ab 1887 lehrte er in Wien, wo er als Nachfolger vonJosef Nowak zum Direktor des Hygienischen Institutes ernannt und 1891 zum Ordinarius berufen wurde.[2]
1896 entdeckte Gruber, zusammen mit seinem englischen KollegenHerbert Durham (1866–1945), die sogenannteAgglutination (Agglutinationsreaktion der Bakterien, die er bereits in Band 43 derMünchener Medizinischen Wochenschrift beschrieben hat), besprach die Theorie aktiver und passiver Immunität gegenüber Cholera, Typhus und ähnlichen Krankheitsprozessen[3] und begründete damit die spätereSerologie.Fernand Widal zeichnete dafür verantwortlich, dass diese Methodeen gros in der Praxis eingesetzt werden konnte (Gruber-Widal-Reaktion).
1902 wurde Gruber als Ordinarius für Hygiene und Nachfolger des mit ihm befreundetenHans Buchner Direktor desHygiene-Instituts inMünchen. 1908 erhielt er denVerdienstorden der Bayerischen Krone und dadurch die Erhebung in den bayerischenPersonaladel. In seiner Münchener Zeit wandte er sich zunehmend rassenhygienischen Fragestellungen zu. Von 1910 bis 1922 war er Vorsitzender der DeutschenGesellschaft für Rassenhygiene. Im Jahr 1911 definierte er die Rassenhygiene als „Hygiene des Keimplasmas“[4] und richtete mitErnst Rüdin die rassenhygienische Abteilung der Ersten Internationalen Hygieneausstellung in Dresden ein.[5] Während des Ersten Weltkriegs engagierte er sich als nationalistisch-politischer Redner für einen deutschen „Siegfrieden“ und ein vergrößertes deutsches Kolonialreich.[6] Max von Gruber war Mitglied imAlldeutschen Verband.[7] 1917 nahm er die Herausgeberschaft der vonJulius Friedrich Lehmann gegründetenrassistisch-nationalistischen ZeitschriftDeutschlands Erneuerung an (unter anderem zusammen mitHouston Stewart Chamberlain). Zusammen mit Lehmann und dem HistorikerKarl Alexander von Müller gründete Max von Gruber im Oktober 1917 den bayerischen Landesverband derDeutschen Vaterlandspartei.[8]1919 war er Mitbegründer derDeutschnationalen Volkspartei in Bayern. Im selben Jahr habilitierte sich der RassenhygienikerFritz Lenz[9] bei ihm.
Im März 1923, mit fast 70 Jahren, beantragte Max von Gruber seineEmeritierung; sein Nachfolger als Direktor desHygiene Instituts an der Universität München wurde ab 1925Karl Kißkalt, wie von Gruber Mitglied derGesellschaft für Rassenhygiene. Am 1. Dezember 1923 wurde Max von Gruber mit 38 von 40 Stimmen für drei Jahre zum Präsidenten derBayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt, Anfang 1924 trat er das Amt an. Max von Gruber war am 15. November 1910 zum ordentlichen Mitglied der Akademie ernannt worden. Bereits Ende März 1915 war ihm von der bayerischen Regierung die Präsidentschaft als Nachfolger des plötzlich verstorbenenKarl Theodor von Heigel angeboten worden, d. h. ernannt und nicht gewählt. Damals hatte er noch abgelehnt, mit der formalen Begründung, dass er sich nicht für würdig genug hielt.[10]
Während eines Ferienaufenthalts inBischofswiesen beiBerchtesgaden starb Max von Gruber am Nachmittag des 16. September 1927 völlig unerwartet an einemHerzinfarkt; die Beisetzung fand am 19. September unter großer Anteilnahme im MünchnerWaldfriedhof statt. Sein Nachfolger als Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften wurde der AltphilologeEduard Schwartz.
Bekannte Familienmitglieder waren sein Bruder, der ArchitektFranz von Gruber, und seine Söhne, derGeodätOtto von Gruber sowie derChemikerWolfgang Gruber.
Nach Max von Gruber wurde eine kleine Seitenstraße amKlinikum Schwabing in München benannt.[11] In dieser wurde 1928 auch der Max-von-Gruber-Brunnen, gestaltet vonKarl Knappe, errichtet.[12]
Er wurde auch vier Mal für denMedizinnobelpreis nominiert, erhielt ihn aber nie.[13]
Veröffentlichungen (Auswahl)
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Hygiene des Geschlechtslebens – dargestellt für Männer. Verlag Ernst Heinrich Moritz, Stuttgart 1903.
- Führt die Hygiene zur Entartung der Rasse? In:Münchner Medizinische Wochenschrift.Band 50, 1903,S. 1713–1718 und 1781–1785 (Textarchiv – Internet Archive). und (Textarchiv – Internet Archive)
Literatur
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Helmut Gruber (Hrsg.):Gratwanderungen. Lebenserinnerungen von Wolfgang Gruber (1886–1971). Carl Hanser Verlag, München 2018.
- Hans-Peter Kröner:Gruber, Max von. In:Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage,Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.):Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin u. a. 2005,ISBN 3-11-015714-4, S. 513.
- Fridolf Kudlien:Max von Gruber und die frühe Hitlerbewegung. In:Medizinhistorisches Journal. Bd. 17, 1982,ISSN 0025-8431, S. 373–389.
- Karl Bernhard Lehmann:Max v. Gruber zum 70. Geburtstag. In:Münchner Medizinische Wochenschrift.Band 70, 1923,S. 879–881 (Textarchiv – Internet Archive).
- Jürgen Peter: Der Einbruch der Rassenhygiene in die Medizin: Auswirkungen rassenhygienischen Denkens auf Denkkollektive und medizinische Fachgebiete von 1918 bis 1934. Mabuse-Verlag, Frankfurt 2004.
- Uwe Puschner:Wissenschaft und Weltanschauung: Max von Gruber. In: Ina Ulrike Paul, Sylvia Schraut (Hrsg.):Rassismus in Geschichte und Gegenwart. Eine interdisziplinäre Analyse. Festschrift für Walter Demel, Peter Lang, Frankfurt am Main 2018 (Zivilisationen & Geschichte 55),ISBN 978-3-631-76619-4, S. 45–80.
- Gernot Rath: Gruber, Max von. In:Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966,ISBN 3-428-00188-5, S. 177 f. (Digitalisat).
- Gruber Max von. In:Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1959, S. 83.
- Otto Frank:Max von Gruber. Festrede gehalten in der öffentlichen Sitzung der B. Akademie der Wissenschaften zur Feier des 169. Stiftungstages am 4. Juli 1928. München 1928.online
Weblinks
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Max von Gruber im Katalog derDeutschen Nationalbibliothek
- Eintrag zuMax von Gruber imAustria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Hygiene des Geschlechtslebens. Auflage von 1912.
- Aufbau und Funktion der Herz-Lungen-Maschine (HLM). (Website der Herzchirurgischen Klinik, UK Erlangen)
- Jörg Beuthner:06.07.1853 - Geburtstag des Mediziners Max von Gruber.WDRZeitZeichen vom 6. Juli 2013 (Podcast).
Einzelnachweise
[Bearbeiten |Quelltext bearbeiten]- ↑Holger Münzel:Max von Frey. Leben und Wirken unter besonderer Berücksichtigung seiner sinnesphysiologischen Forschung. Würzburg 1992 (=Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 53), S. 185–186 (Max <v.> Gruber).
- ↑Heinz Huber:Geschichte der Medizinischen Fakultät Innsbruck und der medizinisch-chirurgischen Studienanstalt (1673–1938). Böhlau, Wien 2010, S. 242.
- ↑Georg B. Gruber:Hundert Jahre Münchener Medizinische Wochenschrift. In:Münchener Medizinische Wochenschrift. Band 95, Nr. 1, 2. Januar 1953, S. 1–10, hier: S. 7.
- ↑Paul Diepgen,Heinz Goerke:Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 61.
- ↑Ernst Klee:Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2001,ISBN 3-10-039310-4, S. 27.
- ↑Wolfgang U. Eckart:Die deutsche Ärzteschaft im Furor teutonicus, Deutsches Ärzteblatt, Heft 17/2014, S. A.728–A.732,[1]
- ↑Rainer Hering:Konstruierte Nation: der Alldeutsche Verband, 1890 bis 1939, Christians 2003, S. 191
- ↑Der Gründungsaufruf ist auf den 2. Oktober 1917 datiert. Matthias Berg: Karl Alexander von Müller - Historiker für den Nationalsozialismus (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 88). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2014, S. 74.
- ↑Ernst Klee:Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. 2001, S. 34.
- ↑Helmut Gruber (Hrsg.): Gratwanderungen. Lebenserinnerungen von Wolfgang Gruber (1886–1971). Carl Hanser Verlag, München 2018, S. 65, 172f, 412f.
- ↑Die Max-von-Gruber-Straßein OpenStreetMap
- ↑Max-von-Gruber-Brunnen. In: Stadtgeschichte München. Abgerufen am 5. November 2024.
- ↑https://www.nobelprize.org/nomination/archive/show_people.php?id=3673
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Hugo Ritter von Seeliger | Präsident der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1924 bis 1927 | Eduard Schwartz |
Personendaten | |
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NAME | Gruber, Max von |
KURZBESCHREIBUNG | österreichisch-deutscher Mediziner, Biologe und Eugeniker |
GEBURTSDATUM | 6. Juli 1853 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 16. September 1927 |
STERBEORT | Berchtesgaden |
- Hygieniker
- Biologe
- Rassentheoretiker
- Mediziner (19. Jahrhundert)
- Mediziner (20. Jahrhundert)
- Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied im Alldeutschen Verband
- Mitglied der Deutschen Vaterlandspartei
- DNVP-Mitglied
- Träger des Verdienstordens der Bayerischen Krone (Ritter)
- Ritter III. Klasse des Verdienstordens vom Heiligen Michael
- Nobilitierter (Bayern)
- Person (Cisleithanien)
- Absolvent der Universität Wien
- Österreicher
- Deutscher
- Geboren 1853
- Gestorben 1927
- Mann