
Mathieu Amalric (*25. Oktober1965 inNeuilly-sur-Seine) ist einfranzösischer Film- und Theaterschauspieler, Filmregisseur und Drehbuchautor. Er begann Anfang der 1990er Jahre eine Schauspielkarriere und avancierte in den 2000er Jahren zu einem der populärsten Akteure Frankreichs. Bislang trat er in mehr als 50 Film- und Fernsehrollen, überwiegend Dramen, in Erscheinung. Einem breiten Publikum wurde er vor allem durch seine Zusammenarbeit mitArnaud Desplechin (unter anderem inIch und meine Liebe, 1996;Das Leben ist seltsam, 2004;Ein Weihnachtsmärchen, 2008) und Auftritten in internationalen Spielfilmproduktionen (Schmetterling und Taucherglocke, 2007;Ein Quantum Trost, 2008) bekannt.
Mathieu Amalric wuchs in einem intellektuellen Umfeld, fernab jeglicher religiöser Erziehung, auf.[1] Sein Vater, Jacques Amalric, war Korrespondent und Chefredakteur bei den führenden TageszeitungenLe Monde undLibération. Seine jüdische Mutter, Nicole Zand, stammt ausPolen und war Literaturkritikerin bei Le Monde.[2] Seine Großeltern mütterlicherseits, die aus demselben Dorf wie der FilmregisseurRoman Polański stammten, waren bei Ausbruch desZweiten Weltkriegs mit der Tochter nach Frankreich geflohen, weshalb er sich als Heranwachsender Ende der 1980er Jahre stark mit Polański identifizierte.[1] Die Eltern trennten sich, als er sein Zuhause verließ.[1] Er absolvierte dieÉcole normale supérieure und studierte orientalische Sprachen.[3] Zum Film kam er durch seine Eltern, die inMoskau die Bekanntschaft mit dem georgischen RegisseurOtar Iosseliani gemacht hatten.[4] Iosseliani, der gerne mit Laienschauspielern arbeitete, vertraute ihm im Alter von 18 Jahren die Nebenrolle des Julien in seiner KomödieDie Günstlinge des Mondes (1984) an, die er in Frankreich abdrehte.
Amalric trat dann erst wieder Anfang der 1990er Jahre als Schauspieler in Erscheinung, als er eine kleine Rolle inArnaud Desplechins preisgekröntem ThrillerDie Wache (1992) erhielt. Im Jahr darauf agierte er erneut unter der Regie von Iosseliani inJagd auf Schmetterlinge (1993). Daraufhin folgte eine langjährige Zusammenarbeit mit Desplechin, der Amalric als Hauptdarsteller in mehreren seiner Werke einsetzte. Er hatte ihn an der Filmschule kennengelernt, wo der Schauspieler (der nicht Student war) nachts seinen ersten Kurzfilm schneiden und bearbeiten durfte.[5] Den Durchbruch als Schauspieler ebnete ihm DesplechinsIch und meine Liebe (1996). In der Tragikomödie schlüpfte er in die Rolle eines orientierungslosen und zurückhaltenden Studenten, der sich aus der langjährigen Beziehung zu seiner Freundin (gespielt vonEmmanuelle Devos) heraussehnt und eine Affäre mit der Freundin eines Bekannten beginnt. Für den Part des Paul erhielt Amalric Lob seitens der Kritik und er wurde im Alter von 31 Jahren alsbester Nachwuchsdarsteller mit dem wichtigsten französischen Filmpreis, demCésar, ausgezeichnet.
Nach diesem Erfolg etablierte er sich mit weiteren Haupt- und Nebenrollen im französischen Kino, in Dramen wie auch in Komödien. Häufig gab er in Liebesdingen linkischen Figuren ein Gesicht, schlüpfte in die Rolle des wunderlichen oder depressiven Intellektuellen[2] und wurde „eine Art französischerWoody Allen“.[4] Diesen gab er beispielsweise inOlivier AssayasEnde August, Anfang September (1998), in dem eine kleine Gruppe von etwa 40-jährigen Intellektuellen privat wie beruflich ihren Platz im Leben suchen. Im selben Jahr war er inAndré Téchinés romantischem DramaAlice & Martin als homosexueller Schauspieler und Mitbewohner vonJuliette Binoche zu sehen. Sechs Jahre später folgte die dritte Zusammenarbeit mit Desplechin, der ihm in dem BeziehungsdramaDas Leben ist seltsam erneut die männliche Hauptrolle neben Emmanuelle Devos anvertraute. Der Film erzählt parallel die Geschichten der beiden Protagonisten eines ehemaligen Liebespaares; während die zweifach geschiedene Mutter eines 11-jährigen Sohnes und Kunstgaleristin Nora sich in den Vorbereitungen für ihre dritte Hochzeit befindet, landet ihr Ex-Geliebter, derViolinist Ismaël, in einer Nervenheilanstalt. Desplechins Film, in weiteren Rollen mitCatherine Deneuve undMaurice Garrel besetzt, stand in der Gunst von Kritik und Publikum und erhielt 2005 denLouis-Delluc-Preis sowie sieben César-Nominierungen. Amalric sicherte sich dabei erstmals die Auszeichnung für denbesten Hauptdarsteller.

Nach dem wiederholten Erfolg übernahm er kleinere Rollen im internationalen Kino, darunter die des zwielichtigen Informanten Louis inSteven SpielbergsOscar-nominiertem DramaMünchen (2005). Mehrere Darstellerpreise brachte ihm die Hauptrolle inNicolas Klotz’ WirtschaftsthrillerLa question humaine, in der er als Psychologe Simon Kessler den Geisteszustand des Generaldirektors (gespielt vonMichael Lonsdale) eines deutschen petrochemischen Konzerns prüfen soll. Schnell stößt Kessler aber auf Verbindungslinien und Parallelen zwischennationalsozialistischen Verbrechen undneoliberaler Gegenwart. Klotz lobte seinen Hauptdarsteller für dessen „chimäre Sensibilität“. „Ich denke, er ist obsessiv, aber auch sehr klar, sehr präzise und erlaubt auch, dass er angeleitet wird. In dieser Hinsicht ist er kindlich: er hat das Vertrauen, sich selbst einfach gehen zu lassen.“[1] Ebenfalls zu einem Erfolg bei der Kritik wurde 2007 die Hauptrolle inJulian SchnabelsSchmetterling und Taucherglocke, die eigentlich der US-AmerikanerJohnny Depp hätte übernehmen sollen.[6] In dem Drama, eine Verfilmung der Memoiren vonJean-Dominique Bauby, war Amalric als erfolgreicher Chefredakteur einer französischen Modezeitschrift zu sehen, der einen Schlaganfall erleidet. Unter demLocked-in-Syndrom leidend, flüchtet er sich in seine Fantasie und seine Erinnerungen. Sein Porträt in dem hochgelobten, Oscar-nominierten Experimentalfilm, denDer Spiegel als „bewegend zart“ und „leidensfähig“ bewertete,[7] brachte ihm in Frankreich erneut die wichtigsten Filmpreise ein, darunter2008 den zweiten César als bester Hauptdarsteller. Im selben Jahr agierte er erneut unter Desplechins Regie in dem FamiliendramaEin Weihnachtsmärchen nebenCatherine Deneuve undAnne Consigny, während er in demJames-Bond-FilmEin Quantum Trost als Gegenspieler vonDaniel Craig, Dominic Greene, zu sehen war.
Die Arbeit als Schauspieler sieht Amalric als Ablenkung von seiner wirklichen Karriere, der eines Filmemachers.[1][5][8] Nachdem ihm der Besuch derPariser FilmhochschuleIDHEC verwehrt geblieben war, realisierte er 1985 mitMarre de Café seine erste Regiearbeit auf8-mm-Film und arbeitete, durch einen Freund der Familie empfohlen, als Regieassistent fürLouis Malle(Auf Wiedersehen, Kinder, 1987)[1] und später auch fürPeter Handke(Die Abwesenheit, 1993). MitEs wird aufgegessen (1997) realisierte er seinen ersten Spielfilm, für den er auch das Drehbuch verfasste. Das semi-autobiografische Familienpsychogramm handelt vom erwachsenen Sohn einer angesehenen Literaturkritikerin, der in sein Elternhaus nach Paris zurückkehrt, um sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Es folgten unter anderem die SpielfilmeLe stade de Wimbledon (2001), derarte-FernsehfilmGleichstellung (2003) und mehrere Kurzfilme. Zudem unterrichtete Amalric an der FilmhochschuleLa fémis.[9] Für seinen SpielfilmTournée (2010), in dem er auch als Schauspieler auftrat, erhielt er denRegiepreis der63. Filmfestspiele von Cannes sowie mehrereCésar-Nominierungen.
Mathieu Amalric war mit der SchauspielerinJeanne Balibar verheiratet. Mit ihr stand er unter anderem inDie Wache,Ich und meine Liebe oderEnde August, Anfang September vor der Kamera; er vertraute ihr Rollen in seinen RegiearbeitenEs wird aufgegessen undLe stade de Wimbledon an. Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor.[10] Ein weiterer Sohn entstammt der Beziehung mit einer Drehbuchautorin.[1]
Internationale Filmfestspiele von Cannes
Copenhagen International Film Festival
Gijón International Film Festival
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Amalric, Mathieu |
| KURZBESCHREIBUNG | französischer Regisseur und Schauspieler |
| GEBURTSDATUM | 25. Oktober 1965 |
| GEBURTSORT | Neuilly-sur-Seine, Frankreich |