Malwida von Meysenbug, geboren alsMalwida Rivalier (geboren28. Oktober1816 inKassel; gestorben26. April1903 inRom), war einedeutscheSchriftstellerin, die sich auch politisch und alsFörderin von Schriftstellern und Künstlern betätigte.
Amelie Malwida Wilhelmina Tamina Rivalier wurde 1816 als neuntes von zehn Kindern deskurhessischen HofbeamtenCarl Rivalier (1779–1847) geboren. Ihr Vater wurde 1825 mit Namensmehrung durchvon Meysenbug in den erblichen kurhessischen Adelsstand erhoben, wodurch auch Malwida in den Rang einerFreiin aufstieg. Der badische Diplomat und PolitikerWilhelm Rivalier von Meysenbug war ihr Bruder.
Künstlerische und literarische Anregungen erhielten die Kinder von der Mutter Ernestine geb. Hansell, die sie u. a. mit der GedankenweltFriedrich Schlegels undRahel Varnhagens vertraut machte.[1] Aufgrund politischer Unruhen in Kurhessen zog die Mutter mit Malwida und deren jüngeren Schwester 1832 nachDetmold. Durch die Bekanntschaft mit dem Theologiestudenten und PfarrerssohnTheodor Althaus, der ihr Liebhaber wurde, löste sich Malwida in den folgenden Jahren von ihrer konservativen Prägung und wurde Vertreterinaufklärerischen Gedankenguts. Insbesondere sollte sie sich zeitlebens mit dem Christentum auseinandersetzen; in den 1840er Jahren befasste sie sich mit der PhilosophieHegels und der materialistischenJunghegelianer. Sie trat energisch fürFrauenemanzipation ein und kam so mitsozialistischen Kreisen in Verbindung. Schließlich unterstützte sie dieMärzrevolution von 1848, was sie endgültig in Widerspruch zu ihrer eherreaktionären Familie brachte. Mit Hilfe einiger Freunde gelang es ihr auch, als Zuschauerin amVorparlament in derFrankfurter Paulskirche teilzunehmen.
Ab 1850 studierte von Meysenbug an der HamburgerHochschule für das weibliche Geschlecht, um Erzieherin zu werden. Nach dem frühen Tod Theodor Althaus’ im Jahre 1852emigrierte sie, auch um einer drohenden Verhaftung zu entgehen, nachLondon. Dort lernte sie unter anderemGottfried undJohanna Kinkel,Carl Schurz,Therese Pulszky undAlexander Herzen kennen. Herzen, bei dem sie wohnte, machte sie mit weiteren Persönlichkeiten des Londoner Exils bekannt; darunter warenGiuseppe Mazzini,Ferdinand Freiligrath undGiuseppe Garibaldi. Für den WitwerAlexander Herzen übernahm sie die Erziehung seiner Töchter Olga (1850–1953) und Natalie (1844–1936); besonders zu ersterer entwickelte sie eine starke mütterliche Zuneigung.
In den Jahren 1860/61 lebte Malwida von Meysenbug mit Olga inParis, dem damaligen kulturellen Zentrum Europas. Sie war dort häufig Gast beiRichard Wagner, dessen vertrauteste Freundin sie nebenMarie von Schleinitz war. Auch mitCharles Baudelaire undHector Berlioz stand sie in Beziehung; über Wagner kam sie in Kontakt mit der PhilosophieArthur Schopenhauers, welche sie – in eigener Interpretation – für sich selbst übernahm.
1869 erschienanonym der erste Band derMemoiren einer Idealistin Malwida von Meysenbugs, zunächst auf Französisch; nach einer erweiterten Übersetzung erschienen 1875 und 1876 auch ein zweiter und dritter Band.
Als enge Freundin Wagners war von Meysenbug Trauzeugin bei dessen Hochzeit mitCosima 1870. Bei der Grundsteinlegung desBayreuther Festspielhauses 1872 lernte sieFriedrich Nietzsche kennen, dessen Gönnerin und Freundin sie wurde und blieb. Am 17. August 1873 zog sie für viereinhalb Monate nachBayreuth;[2][3] schon inTribschen hatte Richard Wagner sie eingeladen, „ganz hierher zu kommen“. Cosima bezeichnete Malwida von Meysenbug in ihrem Tagebuch als „vortreffliche Freundin“, Richard hingegen erwies sich plötzlich als religiöser Eiferer und warf ihr vor, ihren Zögling nicht getauft zu haben. Am 4. Januar 1874 verließ sie Bayreuth wieder. Im Juli 1876 kam sie anlässlich der erstenFestspiele nochmals für einige Monate in die Stadt.[2]
Seit 1874 war von Meysenbug im Alter von 58 Jahren auf ärztliches Anraten inItalien geblieben und Olga nach deren Hochzeit mitGabriel Monod nicht weiter gefolgt. In Tradition derSalons derHenriette Herz oderRahel Varnhagen lud sie oft junge Künstler und Schriftsteller zu sich ein. Mit Nietzsche,Paul Rée und dem Studenten Albert Brenner verbrachte sie den Winter 1876/1877 inSorrent. Im Frühjahr 1882 stellte sie Nietzsche und Rée in ihrer Wohnung in Rom die jungeLou von Salomé vor. In Rom begann ihre eigentliche Laufbahn als Schriftstellerin.
Ihr einziger RomanPhädra von 1885 war vom Bayreuther Kunsterlebnis geprägt. Die Menschheit des ausgehenden 19. Jahrhunderts sei „regenerationsbedürftig“, diese Regeneration könne allein durch die deutsche Kunst, durch das Werk Richard Wagners, erfolgen. Wegen seines Klimas schied Bayreuth als „neues Olympia“ der höchsten Kunst und der Vollendung allerdings aus. „Auf einer Insel“, so die Dichterin, müsse die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts einen neuen Anfang nehmen.Korfu sollte diese Funktion erfüllen: Die besten aus allen Völkern sollten dorthin auswandern, um ein neues Olympia zu schaffen, wohin einmal im Jahr das Volk pilgern könne.[2]
DieIdealistin von Meysenbug war nicht immer mit den inhaltlichen Aussagen ihrer „Buben“ einverstanden, blieb aber vor allem mit dem Menschen Nietzsche befreundet. Als sie im Frühsommer 1888 Nietzsche für seine harten Worte imFall Wagner tadelte – sie war Wagner immer eng verbunden geblieben –, warf er ihr jedoch völliges Unverständnis seiner Werke vor und brach den Kontakt mit ihr ab. Sie schrieb dies später dem beginnenden Wahnsinn Nietzsches zu.
1890 lernte Malwida von Meysenbug in Rom den 50 Jahre jüngerenRomain Rolland kennen; er wurde ihr letzter enger Vertrauter und der Briefwechsel ist Zeugnis einer großen Freundschaft. 1903 starb Malwida von Meysenbug in Rom und wurde dort, auf eigenen Wunsch ohne geistliche Begleitung, auf demCimitero acattolico an derCestius-Pyramide beigesetzt.
Malwida von Meysenbug war 1901 die erste Frau, die für denLiteraturnobelpreis nominiert wurde.[4]
Zwei Schulen in Kassel und Berlin hießen vorübergehendMalwida-von-Meysenbug-Schule.
Am 7. Juli 2021 wurde eine Skulptur der New Yorker Künstlerin Linda Cunningham in Kassel auf demPlatz der 11 Frauen eingeweiht, die auch Malwida von Meysenbug ehrt.[5]
Ausgewählte Schriften. Herausgegeben vonSabine Hering und Karl-Heinz Nickel. 278 S. Ulrike Helmer Verlag, Königstein/Taunus 2000,ISBN 3-89741-039-7.
Personendaten | |
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NAME | Meysenbug, Malwida von |
ALTERNATIVNAMEN | Meysenbug, Malwida Freiin von; Meysenbug, Malvida von |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Schriftstellerin |
GEBURTSDATUM | 28. Oktober 1816 |
GEBURTSORT | Kassel,Hessen |
STERBEDATUM | 26. April 1903 |
STERBEORT | Rom,Italien |