Abszess

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Klassifikation nachICD-10
L02.-Hautabszess, Furunkel und Karbunkel
L02.0Hautabszess, Furunkel und Karbunkel im Gesicht
L02.1Hautabszess, Furunkel und Karbunkel am Hals
L02.2Hautabszess, Furunkel und Karbunkel am Rumpf
L02.3Hautabszess, Furunkel und Karbunkel am Gesäß
L02.4Hautabszess, Furunkel und Karbunkel an Extremitäten
L02.8Hautabszess, Furunkel und Karbunkel an sonstigen Lokalisationen
L02.9Hautabszess, Furunkel und Karbunkel, nicht näher bezeichnet
L73.2Hidradenitis suppurativa
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ICD-10 online (WHO-Version 2019)
Oberschenkelabszess

EinAbszess (veraltetAbszeß) ist eine (umschriebene)Eiteransammlung (früher auchApostem genannt) in einer nicht präformierten Körperhöhle, die durchentzündliche Gewebseinschmelzung entsteht. Die Einschmelzung des Gewebes wird alsAbszedierung bezeichnet (im Falle einer Lungentuberkulose auch als „Kavernisierung“).

Alshämorrhagischer Abszess wird ein bluthaltiger Eiterherd bezeichnet.

Dersubphrenische Abszess (unter demZwerchfell gelegen), derperityphlitische Abszess (neben demWurmfortsatz gelegen) und derDouglasabszess sindpathologisch gesehen (im Gegensatz zuintraabdominellen Abszessen) keine Abszesse, sondern abgekapselteEmpyeme in derBauchhöhle.

Inhaltsverzeichnis

Diagnostik

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Ursache

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Abszesse können ohne offenbare äußere Ursache auftreten. Aber sie können auch Folge einerOperation, einerSpritze, einesFremdkörpers oder durch eine Abwehrschwäche des Betroffenen begünstigt sein.

Die Mehrzahl der Abszesse wird durch eineInfektion mitBakterien hervorgerufen. Krankheitserreger ist bei chronischem Auftreten oft eine Form desStaphylococcus aureus. Selten gibt es sterile Abszesse (sogenanntekalte Abszesse), aus deren Eiter sich keine Erreger isolieren lassen.

Die oberflächlichen Abszesse zeigen eine typischeEntzündungsreaktion mit Erwärmung (Hyperthermie) in der Umgebung. Es gibt selten aber auch kalte Abszesse ohne eine solche, typisch beiTuberkulose.

Mehrfache und wiederkehrende Abszesse können auf einenPVL-bildendenStaphylokokkus hindeuten.[1]

Abszesse im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich

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Bakterielle Entzündungen, die von Zähnen oder dem Zahnhalteapparat ausgehen, werdenodontogene Infektionen genannt. Sie können Ursache für die Bildung eines (odontogenen) Abszesses in dieser Körperregion sein.

Abszesse im Bereich der Brust und des Brustkorbs

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EinMammaabszess kann aus einer puerperalen oder non-puerperalenMastitis entstehen oder auch als Folge einer postoperativenWundheilungsstörung.[2]

Als Folge einer schweren (und nekrotisierenden)Lungenentzündung, nachAspiration und bei abwehrgeschwächten Patienten kann einLungenabszess entstehen. Dies ist eine lokalisierte und abgekapselte Eiterung innerhalb eines Lungenbezirks.[3] Lungenabszesse werden meist antibiotisch sowie chirurgisch mithilfe einerAbszessdrainage behandelt.[4] Die bei einer Lungentuberkulose zuweilen stattfindende Einschmelzung (Abszedierung) von Lungengewebe wird alsKavernisierung bezeichnet.[5]

Abszesse des Gehirns

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Auch Abszesse im Gehirn, etwa als Kleinhirnabszess können auftreten.

Abszesse im Bereich der Wirbelsäule

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Durch Spinalanästhesie oder Epiduralanästhesie kann bei bakterieller Kontamination ein spinaler Abszess[6] im Rückenmarkskanal oder ein epiduraler Abszess (Epiduralabszess, erstmals 1762 vonMorgagni beschrieben und erstmals erfolgreich 1901 von Barth operiert[7]) zwischen Dura und Periost verursacht sein.[8]

Abszesse im Bereich des Bauches

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Bei intraabdominellen Abszessen handelt es sich häufig um polymikrobielle Infektionen mit Nachweis von Anaerobiern, Enterobacteriaceae, Streptokokken und Enterokokken. Spezielle Abszesse des Bauchraums sind dereiterbildendeLeberabszess, der Milzabszess,Retroperitonealabszess undPankreasabszess.[9] Subphrenische Abszesse können die Folge entzündlicher Prozesse im Oberbauch sein, aber bei auch bei eitrigen Prozessen im Pleuraraum durch Durchwanderung durch das Zwerchfell entstehen.[10]

Abszesse im Bereich des Urogenitalsystems

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Hier kommen beispielsweise renale Abszesse (Abszesse im Bereich der Nieren) in Frage, die mit Antibiotika und falls nötig Drainage behandelt werden.[11]

Hautabszesse

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Abszesse im Bereich derHaut sindkutan bis subkutan gelegene Eiteransammlungen, die keine Abgrenzung zum umgebenden Gewebe aufweisen. Bei einem reifen Abszess existiert zentral ein gelblich-grünliches Areal mit einer gut spürbarenFluktuation, umgeben von einem tiefenErythem. Auf Berührung kann sich Eiter entleeren.[12] Hautabszesse treten zum Beispiel im Rahmen vonFurunkolose undPyodermie auf. Aber auch dieAcne inversa (Hidradenitis suppurativa) kann vor allem die Ursache für immer wiederkehrende Abszesse in den großenBeugeregionen des Körpers, wieAchseln,Leistenregion oderGesäß sein. Nicht jeder Abszess bedeutet aber eine solch schwerechronischentzündlicheDermatose.

Pathologie

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Histologisch (bei Untersuchung unter demLichtmikroskop) zeigt sich eine umschriebene und dichte Ansammlungneutrophiler Granulozyten (die größte Untergruppe derweißen Blutkörperchen), die durch die Freisetzung vonEnzymen das ortsständige Gewebe zersetzen und dadurch die Abszesshöhle ausbilden. Je nach Entstehungsort und Ursache der Entzündung können sich zudem eingeschlossene Haarschaftanteile (rupturierteFollikulitis), Fremdkörper (Trauma) oderKonkremente (bei Nierenabszess vonNierensteinen) finden. Fragmente untergegangenen und nicht vollständig zersetzten Gewebes können alsSequester ebenfalls frei in der Abszesshöhle liegen.

Zum Umgebungsgewebe ist die Abszesshöhle durch diepyogene Membran (Abszessmembran) begrenzt. Über diesen Wall ausGranulationsgewebe wandern weitere neutrophile Granulozyten in die Abszesshöhle ein. Außerdem enthält die pyogene Membran einkernigeMakrophagen (Fresszellen) und – speziell im Falle von enthaltenem Fremdmaterial – mehrkernigeRiesenzellen, die den Höhleninhaltresorbieren. Fremdmaterialien können unter dem Mikroskop je nach Beschaffenheit durch die Untersuchung mitpolarisiertem Licht, im Höhleninhalt enthaltene Erreger durch Spezialfärbungen hervorgehoben werden.

Nach außen grenzt an die Abszessmembran eine saumartigeFibrosezone, innerhalb derer aktivierteFibroblasten (bindegewebsbildende Zellen) die Ausbildung einer Pseudokapsel bewirken, welche die Entzündung lokal begrenzt. Kann die Entzündung schließlich durch dasImmunsystem oder eine angemessene Therapie eingedämmt werden, wird die Abszesshöhle zunächst durch Granulationsgewebe und schließlich bindegewebig ersetzt. Innerhalb oder am Rand dieses Narbenareals könnenGranulome aus Fremdmaterial und angelagerten Aggregaten mehrkerniger Riesenzellen verbleiben.

  • Inhalt der Abszesshöhle mit segmentkernigen neutrophilen Granulozyten, Makrophagen und Resten zerfallenen Gewebes
    Inhalt der Abszesshöhle mit segmentkernigen neutrophilen Granulozyten, Makrophagen und Resten zerfallenen Gewebes
  • In der Gram-Färbung positive Bakterien (Ausstrichpräparat)
    In der Gram-Färbung positive Bakterien (Ausstrichpräparat)
  • Fadengranulom: chirurgisches Nahtmaterial und mehrkernige Riesenzellen
    Fadengranulom: chirurgisches Nahtmaterial und mehrkernige Riesenzellen

Vom Abszess abzugrenzen ist die abszedierende eitrige Entzündung im Rahmen einerPhlegmone. Hierbei breitet sich ein dichtes Infiltrat aus neutrophilen Granulozyten ohne Begrenzung durch eine Abszessmembran diffus im Gewebe aus.[13]

  • Abszedierende Entzündung ohne begrenzende Abszessmembran
    Abszedierende Entzündung ohne begrenzende Abszessmembran

Komplikationen

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Wird ein Abszess nicht ausreichend bzw. unsachgemäß behandelt, kann er sich durch die Hautfistelnd entleeren, in Körperhöhlen (etwa in die Lunge oder alsExsudat in denPleuraraum[14]) oder Hohlorgane einbrechen oder über die Blutbahn streuen, einenHirnabszess oder andere Organabszesse bewirken oder im schlimmsten Fall über eineSepsis („Blutvergiftung“) zum Tode des Betroffenen führen.

Therapie

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Um einen Abszess baut der Körper einen Schutzwall ausGranulationsgewebe auf, die sogenannte Abszessmembran. In diesem Randwall konzentriert der Körper Abwehrzellen. Da im Blut befindlicheAntibiotika in der Regel durch diese Membran nicht in ausreichender Konzentration in die Abszesshöhlediffundieren, ist alleinige antibiotische Behandlung oft nicht ausreichend.

Die Therapie besteht im Eröffnen und Abfließenlassen des Eiters. Dies geschieht in Form einer Operation, bei der nach Eröffnung (bzw. Spaltung des Abszesses) und Entleerung bzw. Ausräumung die Abszesshöhle gespült und eine perkutaneDrainage eingelegt wird. Bei unzugänglichen Abszessen, die häufig in der Bauchhöhle oder imRetroperitoneum vorkommen, wird untersonografischer oderCT-Kontrolle eineperkutanePunktion undDrainage vorgenommen. Bei größeren oder schlecht zugänglichen Abszessen erfolgt die Operation unter Anästhesie (Narkose,Spinalanästhesie oderRegionalanästhesie). In Ausnahmefällen werden Weichteilabszesse in lokaler Infiltrationsanästhesie eröffnet, welche allerdings das Risiko der Keimverschleppung in sich birgt und weniger wirksam ist als andere Anästhesieverfahren.

Der abgesaugte Eiter wirdbakteriologisch untersucht, um festzustellen, welche Erreger die Entzündung verursacht haben.

In der Regel und insbesondere bei Sepsis kommt zusätzlich eine Behandlung mit einem oder mehrerenAntibiotika in Frage. Beim Nachweis von PVL-bildenden Staphylokokken im Rachenraum bietet sich eine vierwöchige Therapie mit einem Antibiotikum in Form einer Nasensalbe an. Intensive Hygienemaßnahmen wie das Kochen der Bettwäsche und Handtücher sind begleitend erforderlich.

Zitat

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Zur Therapie des Abszesses gilt noch immer unbeschränkt das lateinische Zitat:

Ubi pus, ibi evacua.”

„Wo Eiter ist, dort entleere (ihn).“

Siehe auch

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Literatur

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  • Marianne Abele-Horn:Antimikrobielle Therapie. Entscheidungshilfen zur Behandlung und Prophylaxe von Infektionskrankheiten. Unter Mitarbeit von Werner Heinz, Hartwig Klinker, Johann Schurz und August Stich, 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Peter Wiehl, Marburg 2009,ISBN 978-3-927219-14-4, passim.

Weblinks

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Commons: Abszess – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Abszess – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

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  1. Bernhard Weigel, Michael L. Nerlich:Praxisbuch Unfallchirurgie. Springer-Verlag, 2011,ISBN 978-3-642-10789-4,S. 870 (google.com). 
  2. Diethelm Wallwiener, Walter Jonat, Rolf Kreienberg, Klaus Friese, Klaus Diedrich, Matthias W. Beckmann:Atlas der gynäkologischen Operationen. 2008, Georg Thieme Verlag,ISBN 978-3-13-159517-1, S. 652 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Joachim Frey:Krankheiten der Atmungsorgane. In:Ludwig Heilmeyer (Hrsg.):Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 599–746, hier: S. 686–689 (Lungenabsceß).
  4. Marianne Abele-Horn (2009), S. 96 f. (Lungenabszess).
  5. Klaus Holldack, Klaus Gahl:Auskultation und Perkussion. Inspektion und Palpation. Thieme, Stuttgart 1955; 10., neubearbeitete Auflage ebenda 1986,ISBN 3-13-352410-0, S. 88 f.
  6. Gerd-Gunnar Hanekop, Dietmar Beck:Rückenmarknahe Pharmakotherapie. In: Eberhard Aulbert, Friedemann Nauck,Lukas Radbruch (Hrsg.):Lehrbuch der Palliativmedizin. Mit einem Geleitwort von Heinz Pichlmaier. 3., aktualisierte Auflage. Schattauer, Stuttgart 2012,ISBN 978-3-7945-2666-6, S. 208–223, hier: S. 213–216.
  7. Wolfgang Seeger, Carl Ludwig Geletneky:Chirurgie des Nervensystems. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.):Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973,ISBN 3-87185-021-7, S. 229–262, hier: S. 252.
  8. Marianne Abele-Horn (2009), S. 68 (Subdurales Empyem, epiduraler Abszess).
  9. Marianne Abele-Horn (2009), S. 126–129 (Intraabdominelle Abszesse).
  10. Hans von Haberer:Lebenswichtige, dringliche Operationen in der Bauchhöhle! In:Münchener Medizinische Wochenschrift. Band 95, Nr. 1, 2. Januar 1953, S. 61–69, hier: S. 67.
  11. Marianne Abele-Horn (2009), S. 138.
  12. Ingrid Moll (Hrsg.):Dermatologie (= Duale Reihe). 6. Auflage. Thieme, Stuttgart 2005,ISBN 978-3-13-126686-6,S. 34. 
  13. Max Eder, Peter Gedigk (Hrsg.):Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie. 33., neubearb. Auflage. Springer, Berlin 1990,ISBN 0-387-51899-1,S. 138. 
  14. Berthold Jany, Tobias Welte:Pleuraerguss des Erwachsenen – Ursachen, Diagnostik und Therapie. In:Deutsches Ärzteblatt. Band 116, Nr. 21, (Mai) 2019, S. 377–385, hier: S. 379.
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